L 8 U 3739/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 U 3818/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3739/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04.09.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines vom Kläger erlittenen Arbeitsunfalles vom 20.02.1997 im Zugunstenverfahren streitig.

Der 1964 geborene Kläger war im Bundesgebiet beschäftigt und lebt seit dem Jahre 2000 dauerhaft in seinem Heimatland K ... Am 20.02.1997 verletzte sich der Kläger in Ausübung einer versicherten Tätigkeit als Hilfskraft bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten am Kopf. Am Unfalltag fanden sich keine äußeren Verletzungen sowie keine Hämatomschwellung, grob neurologisch waren keine Ausfälle und radiologisch in der Schädel- und Halswirbelsäulenaufnahme keine knöchernen Verletzungen zu erkennen. Es wurden eine Schädelprellung, ein Verdacht auf Commotio cerebri, eine HWS-Distorsion sowie eine "Reaktivierung eines paranoid-halluzinatorischen Syndroms" diagnostiziert (Zwischenbericht PD Dr. H. vom 03.03.1997 über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 20.02.1997 bis 24.02.1997 und Nachschaubericht vom 06.03.1997). Eine am 11.03.1997 durchgeführte MRT-Untersuchung ergab einen unauffälligen Befund (Bericht Dr. S. vom 11.03.1997). Der Kläger wurde am 11.03.1997 aus der ambulanten Behandlung entlassen. Der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit wurde zum 17.03.1997 bescheinigt (D-Arztbericht Dr. H. vom 19.03.1997).

Am 16.12.2010 beantragte der Kläger die Gewährung von Verletztenrente und Heilmittelversorgung. Er habe 1997 einen schweren Arbeitsunfall mit einer Schädelprellung, Gehirnerschütterung und einer Wirbelsäulenschädigung erlitten, weswegen die Invalidität unfallbedingt heute 50% betrage. Insgesamt sei er heute zu 100% invalide mit der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie.

Die Beklagte nahm medizinische Unterlagen zu den Akten. Nach den Berichten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. M. vom 01.06.1995, 05.10.1999 und 14.07.2000 befand sich der Kläger seit April 1995 in seiner regelmäßigen nervenärztlichen Behandlung auf Grund einer paranoiden Psychose/Schizophrenie mit akustischen Halluzinationen, Beinträchtigungs- und streckenweise auch Verfolgungsgefühlen, wobei trotz medikamentöser Behandlung keine völlige Symptomfreiheit habe erreicht werden können, weswegen sich der Kläger in der U. Klinik M. vom 05.05. bis 26.06.1997 in stationärer Behandlung befunden habe. Nach einem Bericht der Psychiatrische Klinik M. vom 14.07.1997 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 05.05. bis 26.06.1997 mit der Diagnose paranoide Schizophrenie habe der Kläger eine Exazerbation seiner seit etwa zweieinhalb Jahren bekannten paranoiden Schizophrenie erlitten, die unter Neuroleptikabehandlung weitgehend remittiert sei. In ärztlichen Äußerungen vom 15.03.2000 und 21.06.2000 berichtete der Hausarzt des Klägers Dr. H. , der Kläger befinde sich seit Januar 1994 in seiner allgemeinärztlichen Betreuung und habe etwa zu diesem Zeitpunkt eine schwere paranoide Schizophrenie mit paranoid-halluzinatorischen Symptomen entwickelt. Eine wesentliche Besserung habe nicht erreicht werden können; die schizophrene Dynamik seit trotz regelmäßiger psychiatrischer Behandlung unverändert. Zwar verlaufe die bei dem Kläger vorliegende schwere paranoide Schizophrenie häufig in Schüben, beim Kläger handle es sich aber um einen ausgesprochen chronischen Verlauf ohne Remission seit 1994.

Mit Bescheid vom 06.06.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch lägen nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei. Die Schädelprellung sei folgenlos ausgeheilt. Die psychische Beeinträchtigung sei nicht auf den Unfall vom 20.02.1997 zurückzuführen, sondern schon seit 1995 bestehend.

Hiergegen legte der Kläger am 01.07.2011 Widerspruch ein und vertiefte zur Begründung sein bisheriges Vorbringen. Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch lägen vor. Die Schädelprellung sei bis heute nicht ausgeheilt, sondern habe sich verschlimmert. Es gehe nicht um eine psychische Beeinträchtigung, sondern um die Folgen des Unfalles vom 20.02.1997. Eine Begutachtung sei durchzuführen. Der Kläger legte medizinische Unterlagen vor.

Die Beklagte nahm den Medizinischen Bericht des Dr. P. , K. , vom 22.11.2010 zu den Akten. Danach liege beim Kläger insbesondere eine paranoide Schizophrenie sowie eine Polyarthralgie rheumatischer Art vor. Aus den Unterlagen sei zu entnehmen, dass der Kläger im Januar 1994 sehr krank geworden sei. Trotz Behandlung durch Hausarzt und Psychiater habe sich sein Zustand in dieser Zeit nicht verbessert, weswegen er in die Psychiatrische Klinik M. in der Zeit von Mai 1997 bis Juni 1997 verbracht und dort mit der Diagnose paranoide Schizophrenie entlassen worden sei. Die Fähigkeit des Klägers zu arbeiten sei um 80 % reduziert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 13.10.2011 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage (Aktenzeichen: S 2 U 3481/11). Er machte zur Begründung geltend, die durch den Unfall vom 20.02.1997 erlittene Gehirnerschütterung, die Schädelprellung und die Wirbelsäulenverletzung seien nicht folgenlos ausgeheilt. Unzutreffend sei, dass hierdurch eine Schizophrenie verursacht worden sei. Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch lägen vor.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.07.2012 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zutreffend dargelegt, dass die vom Kläger beim Arbeitsunfall im Februar 1997 erlittene Schädelprellung folgenlos ausgeheilt sei und damit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaße nicht vorliege. Die schon seit dem Jahr 1994 bestehende psychische Erkrankung des Klägers könne nicht auf den Arbeitsunfall vom 20.02.1997 zurückgeführt werden.

Die gegen den Gerichtsbescheid vom 25.07.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 16.08.2012 eingelegte Berufung (Aktenzeichen: L 10 U 3523/12) wurde - ohne weitere Ermittlungen - mit Urteil vom 21.11.2013 zurückgewiesen. Die vom Kläger hiergegen beim Bundessozialgericht eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde durch Beschluss vom 01.04.2014 (Aktenzeichen: B 2 U 67/14 B) als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 14.01.2015 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag auf Anerkennung von Unfallrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 20.02.1997. Er machte zur Begründung geltend, es sei unzutreffend, dass die Gehirnerschütterung, Schädelprellung und Wirbelsäulenverletzung, die er bei dem Unfall erlittenen habe und die noch nicht folgenlos ausgeheilt seien, eine schwere paranoide Schizophrenie verursacht habe. Seine Erwerbsfähigkeit sei um wenigstens 20 bzw. nach der letzten Begutachtung unfallbedingt um 50 v.H. gemindert. Es gehe nicht um eine psychische Beeinträchtigung, sondern um Folgen des Unfalles vom 20.02.1997. Mit einer Begutachtung sei er einverstanden. Der Kläger legte medizinische Unterlagen vor.

Mit Bescheid vom 25.08.2015 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen ab. Die Unfallfolgen seien folgenlos ausgeheilt. Daher bestehe keine MdE in rentenberechtigender Höhe. Die festgestellten Befunde seien unfallunabhängige Erkrankungen, die schon seit 1995 bestünden.

Gegen den Bescheid vom 25.08.2015 legte der Kläger mit Schreiben vom 14.09.2015 Widerspruch ein. Er wiederholte zur Begründung sein Antragsvorbringen. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 15.12.2015 erneut Klage beim SG. Er wiederholte zur Begründung sein bisheriges Vorbringen und legte im Verlauf des Klageverfahrens ärztliche Unterlagen (aus dem K.) vor, die das SG übersetzen ließ.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2018 wies das SG die Klage unter Bezug auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21.11.2013 ab. Nach dem Abschluss dieses Verfahrens würden weiterhin lediglich die Diagnosen eines Zustandes nach Gehirnerschütterung und einer (eindeutig unfallunabhängigen) paranoiden Schizophrenie bescheinigt. Auch nach zusätzlicher Auswertung der beigezogenen Verwaltungs- und Gerichtsakten aus den anderen Verfahren ließen sich keine Feststellungen treffen, die eine Neubewertung des Unfallzusammenhangs begründen könnten. Es bleibe weiterhin dabei, dass der Diagnose eines Zustandes nach erlittener Gehirnerschütterung keine wie auch immer geartete für die Erwerbsfähigkeit bedeutsame Gesundheitsstörung entnommen werden könne. Nach medizinischer Erfahrung ließen die beim Arbeitsunfall erlittenen Verletzungen länger andauernde Unfallfolgen nicht erwarten. Es bleibe dabei, dass die fortbestehenden Gesundheitsstörungen des Klägers nicht, auch nicht anteilig, auf das angeschuldigte Unfallereignis vom 20.02.1997 zurückgeführt werden können.

Gegen den dem Kläger am 10.10.2018 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 19.10.2018 eingelegte Berufung. Er hat zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Die Gehirnerschütterung, Schädelprellung und Wirbelsäulenverletzung hätten nur durch den Unfall verursacht werden können und seien unfallbedingt. Die Unfallfolgen seien nicht folgenlos ausgeheilt, sondern hätten sich verschlimmert. Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch lägen vor. Es gehe nicht um eine psychische Beeinträchtigung, sondern um die Unfallfolgen. Die unfallbedingte MdE betrage nach neuen Begutachtungen durch Dr. M. vom 07.12.2015 und Dr. S. vom 07.12.2015 wenigstens 20 v.H. bis 50 v.H. Alle medizinischen Unterlagen befänden sich bei der Beklagten. Mit einer Begutachtung sei er einverstanden.

Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04.09.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheids vom 06.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 und Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2015 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. bis 50 v.H. zu zahlen sowie den sich ergebenden Nachzahlungsbetrag mit 4 % jährlich zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Gerichtsbescheid sei weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Klägerschriftsätze vom 08.05.2019 und 14.06.2019, Beklage Schriftsatz vom 29.05.2019).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten des SG im Verfahren S 2 U 3481/11 und des LSG im Verfahren L 10 U 3523/12 sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst. Der Kläger erstrebt bei Auslegung seines Begehrens (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) die Aufhebung sowohl des streitgegenständlichen Bescheides vom 25.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2015 und die Rücknahme der früheren, bestandskräftig gewordenen Verwaltungsentscheidung vom 06.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 gemäß § 44 SGB X, soweit die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des am 20.02.1997 vom Kläger erlittenen Arbeitsunfalls abgelehnt wurde, sowie ihm wegen dieses Arbeitsunfalls Verletztenrente zu gewähren. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder nach Wahl des Versicherten mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Es kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18; LSG Bad.-Württ. vom 25.01.2013 - L 8 U 4645/11 -, juris).

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 m. w. H.). Dabei ist innerhalb des Zugunstenverfahrens maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des zur Überprüfung gestellten Bescheides der Zeitpunkt seines Erlasses (vgl. Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44, RdNr. 24 i.V.m. RdNr. 9). Zur Beurteilung der Fehlerhaftigkeit des streitgegenständlichen Bescheids kommt es im Übrigen nicht auf den Stand der Erkenntnis bei Erlass, sondern bei Überprüfung an. Erforderlich ist dazu eine rückschauende Betrachtungsweise im Lichte einer - eventuell geläuterten - Rechtsauffassung zu der bei Erlass des zu überprüfenden Verwaltungsaktes geltenden Sach- und Rechtslage. In diesem Sinne beurteilt sich die Rechtswidrigkeit nach der damaligen Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (vgl. Schütze, a.a.O., RdNr. 10 m.w.N.).

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Vollrente geleistet, bei einer MdE wird eine Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalles vom 20.02.1997 nicht gegeben, weshalb die streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden sein.

Das LSG hat bereits in seinem rechtskräftigen Urteil vom 21.11.2013 - L 10 U 3523/12 - in den Entscheidungsgründen unter Bezug auf den Gerichtsbescheid des SG vom 25.07.2012 - S 2 U 3481/11 - ausgeführt, dass dem Kläger kein Rentenanspruch zusteht, da die vom Kläger bei dem Arbeitsunfall vom 20.02.1997 erlittenen Verletzungen (Schädelprellungen, Gehirnerschütterung und HWS-Distorsion) folgenlos ausgeheilt seien und damit eine unfallbedingte MdE in rentenberechtigendem Grad nicht vorliege. Im Einzelnen hat das LSG in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 21.11.2013 - L 10 U 3523/12 - ausgeführt: "Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Verletztenrente (§ 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger kein Rentenanspruch zusteht, da die bei dem Arbeitsunfall im Februar 1997 erlittene Schädelprellung folgenlos ausgeheilt ist und damit eine (unfallbedingte) MdE in rentenberechtigendem Grade nicht vorliegt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Auch das Vorbringen im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Kläger räumt selbst ein, dass die bei ihm vorliegende paranoide Schizophrenie eine "naturelle" Krankheit ist, die unfallunabhängig besteht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie schon ab dem Jahr 1994 ärztlicherseits dokumentiert und wiederholt als in erheblichem Ausmaß bestehend bestätigt wurde. So berichtete Dr. M. in seiner Stellungnahme vom Juni 1995 von einer paranoiden Psychose, derentwegen der Kläger sich bei ihm erstmalig im Januar 1995 vorgestellt habe und seit April 1995 in regelmäßiger Behandlung befinde. Trotz medikamentöser Behandlung habe völlige Symptomfreiheit bisher nicht erreicht werden können (vgl. Bl. 13-7 Rückseite VA). In seiner ärztlichen Stellungnahme vom 21.06.2000 berichtete der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. von einer schweren paranoiden Schizophrenie, wobei es sich bei dem Kläger um einen ausgesprochen chronischen Verlauf ohne Remission seit 1994 handele. Die in enger Zusammenarbeit zwischen Fachpsychiatrie und Hausarzt erfolgende Behandlung sei lediglich in der Lage, die schwere psychopathologische Dynamik etwas zu dämpfen (Bl. 13-10 Rückseite VA). Diese Erkrankung geht - so die nervenärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 05.10.1999 (Bl. 13-6 VA) - auch mit körperlichen Missempfindungen einher. Nach dem Unfall vom Februar 1997 ging der Chefarzt der Chirurgie im Kreiskrankenhaus F. , Privatdozent Dr. H. , im Zusammenhang mit der von ihm diagnostizierten, beim Unfall erlittenen Gehirnerschütterung und Halswirbelsäulendistorsion von einer "Reaktivierung eines paranoid-halluzinatorischen Syndroms" aus. Das von ihm deswegen zum Ausschluss eines hirnorganischen Prozesses und Ausschluss eines Unfallzusammenhangs veranlasste MRT des Schädels ergab jedoch einen unauffälligen Befund (vgl. hierzu Arztbrief des Radiologen Dr. S. vom 11.03.1997 - Bl. 5 VA). Zeitnah zu dem Arbeitsunfall wurde sodann vom 05.05.1997 bis 26.06.1997 eine stationäre Behandlung in der Psychiatrischen Klinik der L. U. M. unter der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie durchgeführt. In dem hierüber vom Oberarzt der Klinik, Privatdozent Dr. M. erstellten Bericht (Bl. 13-9 VA) wird indes der Unfall vom Februar 1997 nicht erwähnt und auch nicht auf eine besondere Schwindelsymptomatik eingegangen. Der Kläger gab vielmehr an, seit etwa zweieinhalb Jahren Stimmen zu hören und sich durch "eine Gruppe Deutscher mittels Computer über das Medium "sein Blutes" beeinflusst zu fühlen. Auch der behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. ging in seiner bereits erwähnten Stellungnahme von einem seit 1994 ausgesprochen chronischen Verlauf aus, ohne den Arbeitsunfall im Jahr 1997 zu erwähnen.

Auf Grund dieser ärztlichen Bekundungen steht für den Senat fest, dass der weitere Verlauf des Gesundheitszustandes des Klägers nach dem Unfall vom Februar 1997 in überragender Weise von der vorbestehenden paranoiden Psychose geprägt ist. Es ist hier ein gravierendes psychiatrisches Krankheitsbild dokumentiert, das bereits vor dem Unfall bestand und bis heute vorliegt, demgegenüber sich das Unfallereignis als geringfügig erweist. Dies steht in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur. Danach ist davon auszugehen, dass eine Gehirnerschütterung ohne Nachweis einer Hirnschädigung - wie hier der Fall - zu keinen dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen führt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage S. 185). Den Unterlagen über die Zeit nach erfolgter Behandlung ist zu entnehmen, dass letztendlich die paranoide Psychose schon damals als allein wesentlich für die nach dem Unfall bestehende Symptomatik angesehen wurde.

Dies wird durch die ca. 13 Jahre später erstellten Bescheinigungen von Dr. S. (Bl. 38-1 ff. VA) und Dr. P. (Bl. 38-3 [Rückseite] VA) sowie die im zeitlichen Zusammenhang damit erfolgte Beantragung einer Verletztenrente bei der Beklagten nicht in Frage gestellt. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der von Dr. S. gestellten Diagnose eines Zustands nach erlittener Gehirnerschütterung keine wie auch immer geartete, aktuell bestehende Gesundheitsstörung entnommen werden kann. Wie bereits ausgeführt, sind nach medizinischer Erfahrung bei den beim Arbeitsunfall erlittenen Verletzungen zeitlich unbegrenzte Folgen ausgeschlossen; dies gilt neben der Gehirnerschütterung auch für die weiterhin vom Kläger geltend gemachte Schädelprellung ohne sichtbare äußere Verletzung bzw. Beule (vgl. den Durchgangsarztbericht des Dr. H. vom 06.03.1997, Bl. 21-1 VA). Soweit Dr. H. in diesem Arztbericht zugleich die Diagnose einer HWS-Distorsion stellte, wurde eine solche Distorsion in sämtlichen späteren aktenkundigen Arztberichten nicht mehr thematisiert. Auch Dr. S. sowie Dr. P. sprachen in ihren Arztberichten keine, die Halswirbelsäule betreffende Gesundheitsstörungen an. Soweit Dr. S. auf Schwindelerscheinungen hinweist, lagen solche bereits im März 1997 vor. Die entsprechenden Untersuchungen (MRT vom 11.03.1997) ergaben aber schon damals keinen Zusammenhang mit dem Unfall. Zu beachten ist im Übrigen, dass Dr. P. den Arbeitsunfall in seinem medizinischen Bericht zwar erwähnte, ihn jedoch in keinerlei Zusammenhang mit den aktuell von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen brachte. Es besteht deshalb vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, weitere Gutachten einzuholen. Entgegen seinem Vorbringen erlitt der Kläger im Februar 1997 eben keinen schweren Arbeitsunfall.

Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen, hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit nicht aufgezeigt, wie das SG in den Entscheidungsgründen im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 04.09.2018 zutreffend dargestellt haben dürfte. Neue Gesichtspunkte hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Der Kläger wiederholt vielmehr lediglich sein Vorbringen in dem von ihm gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2011 zuvor geführten Rechtsstreit. Dass der Arbeitsunfall vom 20.02.1997 eine dauerhafte Gesundheitsstörung verursacht hat, lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen und wird vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan. Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen."

Diesen Erwägungen schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung an, die er sich für das vorliegende Berufungsverfahren zur Begründung seiner Entscheidung voll zu Eigen macht. Neue Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung ermöglichen, hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgetragen. Der Kläger wiederholt vielmehr lediglich sein Vorbringen in dem von ihm gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 zuvor geführten Rechtsstreit. Dass der Arbeitsunfall vom 20.02.1997 eine dauerhafte Gesundheitsstörung verursacht hat, lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen und wird vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan. Über die von der Beklagten berücksichtigte folgenlos ausgeheilte Schädelprellung hinaus sind - entgegen der Ansicht des Klägers - keine weiteren Unfallfolgen festzustellen. Auch den vom Kläger im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits vorgelegten ärztlichen Unterlagen, soweit sie nicht bereits Gegenstand des Rechtsstreites gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 waren, lässt sich kein Anhaltspunkt für das Vorliegen verbliebener Folgen des Unfalls vom 20.02.1997 nachvollziehbar entnehmen. Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren ausdrücklich auf neue "Gutachten" des Dr. M. (Bl. 4 SG-Akte) und des Dr. S. (Bl 5 SG-Akte) jeweils vom 07.12.2015 beruft, handelt es sich um Konsultationsberichte, denen sich keine Aussage zu unfallbedingten Gesundheitsstörungen des Klägers entnehmen lassen (Übersetzungen Bl. 25 Rückseite und 26 SG-Akte). Für das Vorliegen der vom Kläger behaupteten Unfallfolgen gibt es in den vorliegenden medizinischen Unterlagen keinen Anhaltspunkt.

Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich damit als rechtmäßig. Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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