S 1 KR 170/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 1 KR 170/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Beiträgen für die Zeit von Dezember 0000 bis Juni 0000 streitig.

Der Kläger war bis zur Vollendung des 00. Lebensjahres am 00.00.0000 über seinen Vater bei der X. versichert. Als Versicherter einer ausländischen Krankenkasse erhielt er Leistungen durch die Beklagte zu 1) als aushelfendem Träger. In der nachfolgenden Zeit hatte nach Aktenlage und eigenen Vortrag keine Einkünfte und war weder privat noch gesetzlich krankenversichert.

Auf Veranlassung des Jobcenters des Kreises E, das dem Kläger ab 00.00.0000 Arbeitslosengeld II bewilligte, beantragte der Kläger am 00.00.0000 bei der Beklagten zu 1) eine Krankenversicherung. Die Beklagte zu 1) stellte mit Bescheid vom 00.00.0000, abgeändert durch Bescheid vom 00.00.0000, den Beginn der Mitgliedschaft zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 00.00.0000 fest und setzte die entsprechenden (auf die Anwartschaftsbeiträge reduzierten) Mindestbeiträge für die Zeit von Dezember 0000 bis Juni 0000 unter Berücksichtigung der Verjährung der Beiträge für die Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 fest.

Der Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, in der Beitragszeit keine Einkünfte erzielt zu haben, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000).

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 00.00.0000 vor dem Sozialgericht erhobenen Klage. Das Sozialgesetzbuch sehe eine einkommensbezogene Beitragserhebung vor. Er habe aber in der Zeit von Dezember 0000 bis Juni 0000 weder Einkommen noch "Sozialkontakt zu irgend einer Form der Gesellschaft" gehabt. Lebenskosten seien ausschließlich durch das Einkommen der Eltern/des Vaters bestritten worden.

Der Kläger beantragt seinem Vortrag entsprechend sinngemäß,

den Bescheid vom 00.00.0000 und 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie bleiben bei ihrer Auffassung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über den Rechtsstreit entscheiden, obwohl der ordnungsgemäß geladene Kläger nicht zum Termin erschienen ist. Der Kläger wurde auf die Möglichkeit nach § 110 Abs. 1 S. 2 SGG mit der Ladung hingewiesen.

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Die Beklagte zu 1) hat die Beiträge zur Krankenversicherung und im Namen der Beklagten zu 2) die Beiträge zur Pflegeversicherung zutreffend festgesetzt.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b) Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) sind versicherungspflichtig Personen, die wie der Kläger im streitigen Zeitraum keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren. Für Personen, die am 00.00.0000 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, beginnt gemäß § 186 Abs. 11 S. 3 SGB V die Mitgliedschaft an diesem Tag. Mit Beginn der Mitgliedschaft beginnt die Beitragspflicht nach § 223 Abs. 1 SGB V. Danach sind, soweit wie hier für den noch streitigen Zeitraum noch keine Verjährung gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) eingetreten ist, Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit das SGB V nichts Abweichendes bestimmt. Nach § 250 Abs. 3 SGB V haben Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V mit Ausnahme der aus Arbeitsentgelt und aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragenden Beiträge ihre Beiträge allein zu tragen. Die Höhe der zu zahlenden Beiträge bestimmt sich für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen gemäß § 227 SGB V nach § 240 SGB V. Diese Regelungen gelten gemäß § 57 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) für die Pflegeversicherung entsprechend.

Der Kläger war vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II nach Aktenlage weder privat noch gesetzlich krankenversichert und ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Nach der bindenden gesetzlichen Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V bestand demnach ab dem 00.00.0000 (antragsunabhängig) eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung, die von der Beklagten rückwirkend durchzuführen war. Die rückwirkende Durchführung sollte nach der Begründung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung, mit dem § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zum 01.04.2007 in Kraft getreten ist, verhindern, dass die Betroffenen selbst über den Beginn des Versicherungsschutzes entscheiden und ihn bis zu dem Zeitpunkt hinausschieben, indem die anfallenden Krankheitskosten die zu entrichtenden Beiträge übersteigen (BtDrs. 17/13947 S. 38). Beiträge sind daher mit Ausnahme der verjährten Forderungen für den gesamten Zeitraum der Mitgliedschaft zu zahlen.

Bezüglich der Höhe der Versicherungsbeiträge ist die Festsetzung der nach § 256a Abs. 1 SGB V i.V.m. § 1 der einheitlichen Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden des GKV-Spitzenverbandes auf die sog. Anwartschaftsbeiträge des § 240 Abs. 4a SGB V ermäßigten Beiträge nicht zu beanstanden. Ins¬besondere ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass eine weiter gehende Ermäßigung nicht in Betracht kommt, auch wenn der Kläger – wie von der Kammer unterstellt – in dem streitigen Zeitraum keine Einnahmen gehabt hat.

Das Bundessozialgericht hat in seiner Rechtsprechung die gesetzliche Beitragsbemessung nach Mindesteinnahmen in der freiwilligen Versicherung für Mitglieder, die nur unter dieser Grenze liegende oder überhaupt keine Einkünfte habe, ausnahmslos für verfassungsgemäß gehalten (Urteile vom 04.06.1981, 8/8a RK 10/80, vom 07.11.1991, 12 RK 37/90, vom 24.11.1992, 12 RK 44/92, und vom 18.02.1997, 1 RR 1/94). Dies gilt ebenso für die Beitragsbemessung der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherten (LSG Ba¬den- Württemberg, Urteil vom 16.08.2011, L 11 KR 3165/10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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