S 23 R 298/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 23 R 298/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 133/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1966 geborene Kläger beantragte am 16.8.2010 eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Er hatte am 16.4.2008 einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem er sich eine Fraktur eines Lendenwirbelkörpers zugezogen hatte. Anschließend erfolgte eine operative Versteifung des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts. Im März und April 2009 nahm er an einer Rehabilitationsmaßnahme teil. Er war zuletzt als Lagerist und Staplerfahrer tätig, wobei er auch zwischenzeitlich Bürotätigkeiten ausführte. Er verließ die Hauptschule ohne Abschluss und verfügt über keine Berufsausbildung. Seinen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte aus medizinischen Gründen ab. Der Widerspruch blieb erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, aufgrund seiner Rückenschmerzen und wegen Taubheitsgefühlen in den Armen und Beinen nicht mehr in der Lage zu sein, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen zu können.

Er beantragt,
ihm auf seinen Antrag vom 16.8.2010 unter Aufhebung des Bescheids vom 1.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.3.2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass das Leistungsvermögen des Klägers nicht eingeschränkt sei und bezieht sich dabei auf die Ergebnisse der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch das Einholen von Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers, sowie durch die Sachverständigengutachten der Ärzte Dr. E. (psychiatrisches Gutachten) und Prof. Dr. F. (orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten).

Dr. E. diagnostiziert in seinem Gutachten eine Angststörung und eine intermittierend auftretende reaktive depressive Störung. Er hält den Kläger aus Sicht des neurologisch-psychiatrischem Fachgebietes für erwerbsfähig, empfiehlt jedoch, die vorhandene Schmerzstörung durch den mit der Begutachtung beauftragten Orthopäden dahingehend beurteilen zu lassen, ob die Einnahme von hohen Dosen an Schmerzmitteln die kognitive und psychische Leistungsfähigkeit herabsetzt.

Prof. Dr. F. stellt in seinem orthopädischen Gutachten folgende Diagnosen:

Zusammenfassend konnten im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung vom 7.3.2013 und in Kenntnis der umfangreichen Befundlage folgende Diagnosen gestellt werden:

- Zustand nach LKW-1-Fraktur am 16.04.2008 (Arbeitsunfall) mit ventrodorsaler Spondylodese, in Fehlstatik ausgeheilt
- Erhebliche muskuläre Dysbalancen und Schwächen
- Leichte Funktionsstörung im Bereich beider Schultergelenke

Nicht orthopädische Diagnosen

- Therapieresistente Schmerzsymptomatik
- Ängste, leichte depressive Symptomatik
- Übergewicht
- Bluthochdruck, medikamentös behandelt, anamnestisch diabetische Stoffwechsellage ohne Medikation

Er hält den Kläger für in der Lage, sechs Stunden arbeitstäglich und mehr leichte Arbeiten in wechselnder Köperhaltung auszuführen.

Der Sachverständige Dr. E. hat sich in seiner daraufhin erbetenen ergänzenden Stellungnahme der Einschätzung des Prof. Dr. F. angeschlossen. Nach dem Bruch von zwei weiteren Lendenwirbeln im Februar 2013 wurde der Orthopäde Prof. Dr. F. erneut um eine medizinische Einschätzung gebeten. Dieser hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24.5.2013 darauf hingewiesen, dass er an seiner Einschätzung zum Leistungsvermögen des Klägers auch unter Berücksichtigung der aktuellen Befundberichte und des Entlassungsberichtes der Universitätsklinik Frankfurt am Main vom 17.1.2013 festhalte. Die Leistungsfähigkeit des Klägers habe sich hierdurch nicht verändert.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verweisen auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 1.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.3.2011 nicht nach § 54 SGG in seinen Rechten verletzt.

Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) die medizinisch begründete volle Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI voraus. Danach liegt eine volle Erwerbsminderung vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Teilweise erwerbsgemindert ist nach § 43 Absatz 1 Satz 2 SGB VI der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Nach den Feststellungen der vom Gericht mit der Begutachtung beauftragten medizinischen Sachverständigen ist das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt. Die Sachverständigengutachten würdigen den Gesundheitszustand des Klägers nach ambulanter Untersuchung unter Berücksichtigung der Befunde der behandelnden Ärzte. Die Herleitung des Ergebnisses ist aus Sicht der Kammer bei beiden Gutachten nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Beide Gutachter halten den Kläger unter Berücksichtigung seiner Erkrankungen nicht für erwerbsgemindert. Sie empfehlen zum langfristigen Erhalt der Erwerbsfähigkeit die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme, die der Kläger ablehnt, wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.1.2014 dargelegt hat. Aktuell verfügt der Kläger jedoch unabhängig von der Teilnahme an der empfohlenen Rehabilitationsmaßnahme ausweislich der Gutachten über ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Aufgrund des Geburtsjahrgangs (1966) des Klägers kommt eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung entspricht dem Ausgang des Verfahrens und folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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