S 26 SO 112/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
26
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 26 SO 112/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 120/19 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass der Antragsteller nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, das Begehren hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§§ 73 a Sozialgerichtsgesetz - SGG -, 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil das Begehren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) zu beachten. Deshalb dürfen keine allzu überspannten Anforderungen gestellt werden. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 73a Rn. 7a).

Danach bietet das Begehren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es mangelt an der nicht fernliegenden Möglichkeit, dass der Antragsteller sein Rechtsschutzziel, die Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für den April 2018 bei Ausschöpfung des Rechtsweges erreichen könnten.

1. Streitgegenständlich ist ausschließlich der Bewilligungszeitraum, April 2018. Mit Widerspruch vom 14.05.2018 wandte sich der Antragsteller gegen den Bescheid vom 16.04.2018. Der Bescheid vom 16.04.2018 regelt ausschließlich Leistungen für den Monat Mai 2018. Der Bescheid vom 16.04.2018 stellt keinen Dauerverwaltungsakt dar. Ein solcher ist dann gegeben, wenn eine Regelung mit unbestimmter Geltungsdauer und nicht nur für einen bestimmten Zeitabschnitt getroffen worden ist. Der Bescheid vom 16.04.2018 trifft in dem Verfügungssatz eine Regelung "für den Monat 5/2018", insoweit werden keine Leistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt für die Zukunft bewilligt, sondern für einen festgelegten Zeitraum von einem Monat. Auch der beigefügte Berechnungsbogen weist ausschließlich Leistungen für einen Monat "Mai 2018" aus.

2. Mit Schriftsatz vom 22.03.2019 begründete der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers seine Klage mit dem Vortrag im Widerspruchsverfahren. In dem Bescheid sei noch zu beanstanden, dass die Höhe der gewährten Regelleistungen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge. Der in dem angefochtenen Bescheid vom 16.04.2018, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2018 berücksichtigte Regelbedarf entspricht für den Monat 2018 in Höhe von 672,45 Euro den gesetzlichen Vorgaben (vgl. Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2018, Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2018 [RBSFV 2018], BGBI I 2017, 3767). Die Neufestsetzung der Regelbedarfe zum 1.1.2018 auf Grundlage einer Fortschreibung um 1,63 Prozent der verfassungsgemäß ermittelten Regelbedarfsstufen begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. § 28a Abs. 1 SGB XII sieht gerade die Möglichkeit der Fortschreibung vor. Da erst für das Jahr 2017 eine nicht zu beanstandende Neuermittlung der Regelbedarfe vorgenommen wurde, bestehen gegen die Vornahme der ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Fortschreibung keine durchgreifenden Bedenken und es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Festsetzung des Regelbedarfs im Mai 2018 bei dem Kläger zu einer offensichtlichen Unterdeckung des existentiellen Bedarfs geführt haben könnte. Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen ein Leben in Deutschland zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016; 1 BvR 371/11, m.w.N.; so auch HLSG aaO.).

Trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht dargelegt, wie sich die Unterdeckung für den Kläger darstellt. Das Gericht sah sich anhand des unsubstantiierten Vortrages auch nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt.

Es ist zu berücksichtigen, dass der Regelsatz gerade durch die pauschale Ausgestaltung Möglichkeiten der Umschichtung eröffnet und etwaige Mehrausgaben auf der einen Seite durch etwaige Einsparungen in anderen Bereichen kompensiert werden können. Selbst wenn der Kläger daher über das normale Maß hinausgehende Bedarfe an Bekleidung (oder auch Hausratsgegenständen) gehabt haben sollten, was nicht im Ansatz dargelegt geschweige denn nachgewiesen ist, ist damit noch nicht gesagt, dass keine Einsparmöglichkeiten in anderen Bereichen bestanden. Alles in allem sieht das Gericht daher hier keinen Ansatz den Klägern höhere Leistungen zuzusprechen.

3. Hinsichtlich der nunmehr erst mit Schriftsatz vom 07.06.2019 vorgetragenen Begehren auf vollständige Überprüfung der angefochtenen Bescheide und der ihm zustehenden Leistungen sieht das Gericht ebenfalls keine hinreichenden Erfolgsaussichten als gegeben. Der geltend gemachte Anspruch auf einen Mehrbedarf aufgrund seiner Erwerbsminderung und seiner Gehbehinderung sowie wegen einer dezentralen Warmwasserbereitung und Überprüfung der Kosten der Unterkunft und Heizung sind unsubstantiiert, sodass sich das Gericht nicht zu weiterer Aufklärung gedrängt sieht. Dies gilt auch in einem vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren. Auch in einem solchen sind nach § 92 SGG der Streitgegenstand und die zur Begründung des Klagebegehrens dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Der Amtsermittlungsgrundsatz bedeutet vornehmlich, dass das Gericht nicht an das Vorbringen der Beteiligten gebunden ist. Das Gericht ist aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes jedoch nicht verpflichtet, aufgrund eines inhaltlich unbestimmten Vortrags von der Notwendigkeit weiterer Sachverhaltsaufklärung auszugehen und allein deswegen Prozesskostenhilfe zu gewähren (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Oktober 2013 – L 19 AS 1057/13 B). Vielmehr ist das Gericht auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Das gilt insbesondere für Tatsachen, die nur den Beteiligten bekannt sind. Die Ermittlungspflicht des Gerichts wird daher durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten beschränkt. § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG ist insoweit zu entnehmen, dass die Beteiligten bei der Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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