S 17 KR 310/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 17 KR 310/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 264/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 25/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

3. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Regelungen eines Schiedsspruchs einer Schiedsperson zur Anhebung der Vergütung der Leistungen häuslicher Krankenpflege nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) betreffend das Leistungserbringungsjahr 2009 streitig.

Die Kläger zu 1. bis 5. sind in Hessen tätige Verbände gesetzlicher Krankenkassen. Der Kläger zu 6. klagt als Prozessstandschafter für die in ihm organisierten Ersatzkassen. Die ursprünglich von ihm vertretene Barmer Ersatzkasse und die Gmünder Ersatzkasse sind während des Verfahrens zur Barmer GEK, die Deutsche Angestellten-Krankenkasse und die Hamburg Münchener Krankenkasse zur DAK-Gesundheit fusioniert; die KKH-Allianz hat lediglich ihren Namen in Kaufmännische Krankenkassen – KKH geändert. Der Kläger zu 6. tritt zudem als Prozessbevollmächtigter der Kläger zu 1. bis 5. auf. Beklagte sind noch zehn in Hessen tätige Verbände der freien Wohlfahrtspflege (Beklagte zu 1. bis 10.).

Die Kläger zu 1. bis 5. und die von dem Beklagten zu 6. vertretenen Ersatzkassen (im Weiteren vereinfachend: die Kläger) schlossen mit den Beklagten zu 1. bis 10. (im Weiteren: die Beklagten) im Jahr 1996 einen Rahmenvertrag über die häusliche Krankenpflege in Hessen (Rahmenvertrag 1996). Dieser Vertrag wurde zum 31.12.2001 gekündigt, in Ermangelung einer ersetzenden Regelung aber bis zum 31.12.2004 weiter angewendet. Zum 01.01.2005 wurde der Vertrag durch den "Rahmenvertrag über die häusliche Krankenpflege nach § 132a SGB V in Hessen" vom 08.12.2004 (Rahmenvertrag 2005) ersetzt, der bis heute anwendbar ist. Er bindet die beteiligten Krankenkassenverbände und Ersatzkassen auf der einen und die den Beklagten angeschlossenen ambulanten Pflegedienste, soweit diese dem Vertrag beigetreten sind, auf der anderen Seite. Der Rahmenvertrag 2005 enthält unter anderem allgemeine Grundsätze sowie Regelungen zum Inhalt und zur Abgrenzung der häuslichen Krankenpflege, zur Eignung der Leistungserbringer, zu Maßnahmen der Qualitätssicherung, zum Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den an der Versorgung der Versicherten Beteiligten und zu den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung. Die Vergütung der erbrachten Leistungen erfolgt gemäß § 38 Abs. 1 Rahmenvertrag 2005 nach der jeweils gültigen Vergütungsvereinbarung (Anlage 1), wobei folgende Grundsätze zu beachten sind (vgl. § 38 Abs. 3 Rahmenvertrag 2005):

"a) Das Vergütungssystem muss für die Vertragspartner und die Versicherten transparent und handhabbar sein.
b) Die Vergütung muss leistungsgerecht sein und die Leistungserbringer in die Lage versetzen, eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und den Qualitätsanforderungen entsprechende Leistung zu erbringen.
c) Die Vergütung wird prospektiv für einen zukünftigen Zeitraum vereinbart.
d) Die Vergütungsregelung ist so zu gestalten, dass Doppelabrechnungen beispielsweise durch Leistungsüberschneidungen vermieden werden."

Nach § 40 Rahmenvertrag 2005 gibt es Komplexleistungsvergütungen, pauschale Vergütungen, Einzelleistungsvergütungen und Kombinationen dieser Vergütungsformen sowie eine Hausbesuchspauschale. In § 41 Rahmenvertrag 2005 i. V. m. der Anlage 2 zum Rahmenvertrag ("Beitrittsvereinbarung") ist das Beitrittsverfahren für die Leistungserbringer geregelt. In der Anlage 2 zum Rahmenvertrag heißt es in § 1 unter anderem: "Der Pflegedienst erkennt durch die Beitrittserklärung die Inhalte des Rahmenvertrages nach § 132a SGB V vom 01.01.2005 sowie der von den Rahmenvertragsparteien ausgehandelten Schiedspersonen-Regelung (Anlage 1 [zur Beitrittsvereinbarung]) als verbindlich an."

In der entsprechenden "Anlage 1 der Beitrittsvereinbarung" finden sich unter der Überschrift "Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V" Regelungen über die Bestellung, die Aufgaben, die Amtsführung und die Abberufung der Schiedsperson, Regelungen über das Schiedsverfahren und seine Einleitung sowie Regelungen über die Entscheidung der Schiedsperson und die Kündigung der Vereinbarung. Dort heißt es unter anderem:

"§ 1 Bezeichnung und Aufgaben Die nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V zu ernennende unabhängige Schiedsperson ist zuständig für Entscheidungen zu den vertraglichen Regelungen gemäß § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V. [.]

§ 2 Zusammensetzung und Amtsführung Die Schiedsperson ist unparteiisch und unabhängig; [ ]

§ 3 Bestellung der Schiedsperson Die Vertragsparteien bestimmen gemeinsam zwei Personen, die die Aufgaben der Schiedsperson wahrnehmen. Mit der schriftlichen Bereitschaftserklärung der ausgewählten Personen sind diese Schiedspersonen im Sinne von § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V. Können sich die Vertragsparteien über einen Vertragsgegenstand nach § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht einigen, entscheiden die Schiedspersonen jeweils im Wechsel. Das erste Verfahren entscheidet die Schiedsperson, die nach dem Alphabet an erster Stelle steht. Die Bestellung als Schiedsperson endet, wenn der Benannte seinen Rücktritt von der Aufgabe erklärt oder die Vertragsparteien die Schiedsperson gemäß § 4 abberufen. Die Schiedspersonen werden von den Parteien bzw. deren Bevollmächtigten gemeinsam bestellt. Soweit eine Einigung über diese nicht erzielt wird, bestellt die zuständige Aufsichtsbehörde auf Antrag einer Partei die Schiedspersonen. Die Bestellung der Schiedspersonen wird mit deren schriftlicher Einverständniserklärung wirksam. [ ...]

§ 5 Einleitung des Schiedsverfahrens
(1) Kommt ein Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V ganz oder teilweise nicht zustande, beginnt das Schiedsverfahren mit dem von einer Vertragspartei gestellten Antrag. [ ...]
(2) In dem Antrag sind der Sachverhalt zu erläutern, ein zusammenfassendes Ergebnis der vorausgegangenen substantiierten Verhandlungen darzulegen, sowie die Gegenstände aufzuführen, über die eine Einigung nicht zustande gekommen ist.
(3) Voraussetzung zur Einleitung des Schiedsverfahrens ist der ernsthafte Versuch, zumindest von einer Partei, substantiierte Verhandlungen zu führen. Dies ist schriftlich darzulegen (möglichst durch ein von beiden Parteien zu unterzeichnendes Dissensprotokoll).

§ 6 Verfahren
(1) Die Schiedsperson prüft, ob die in § 5 genannten Voraussetzungen zur Einleitung eines Schiedsverfahrens vorliegen und der Antrag geltendem Recht entspricht. [ ...]
(4) Die Schiedsperson kann auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Vertragsparteien auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben. [ ...]

§ 7 Beschlussfassung und Entscheidung Die Schiedsperson ist an Weisungen nicht gebunden. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und für beide Parteien bindend. Gegen die Entscheidung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben."

Über die Beschreibung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege und deren Vergütung konnten die Beteiligten bei den Vertragsverhandlungen zum Rahmenvertrag 2005 keine Einigung erzielen, so dass der Vertrag die nach § 38 Abs. 1 vorgesehene Anlage 1 nicht enthält.

Da sich die Beteiligten auch auf eine Schiedsperson nicht verständigen konnten, bestimmte das Hessische Sozialministerium mit Schreiben vom 31.08.2006 eine Schiedsperson, die am 02.05.2007 einen ersten und später auch den im hiesigen Verfahren streitigen Schiedsspruch erließ. Eine zweite vom Ministerium bestimmte Schiedsperson lehnte die Übernahme des Amtes ab; die Beteiligten verzichteten danach auf die Bestimmung einer weiteren Schiedsperson.

Im November 2006 leiteten die Beteiligten zur Herbeiführung einer Einigung betreffend die offenen Vergütungsfragen ein Schiedsverfahren ein, das mit dem erwähnten ersten Schiedsspruch vom 02.05.2007 endete. Darin wurde die bis dahin geltende Vergütung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege ebenso wie die Hausbesuchspauschale für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2008 jeweils pauschal um 5,98 % erhöht. In der Begründung des Schiedsspruchs ist angeführt, dass die Vergütung für Leistungen der häuslichen Krankenpflege zuletzt im Jahr 1998 für das Jahr 1999 erhöht worden sei. Die im Schiedsspruch bestimmte Vergütungsanhebung beruhe daher im Wege der Kompromissbildung (zwischen einer von den Kassen angebotenen Vergütungssteigerung um 3,2 % und einer von den Verbänden der LIGA geforderten Anhebung um 15,77 %) auf einer Aufsummierung der nach § 71 Abs. 3, 3a SGB V bestimmten Veränderungsraten der Grundlohnsummen für die Jahre 2001 bis 2007, die in der Summe 5,98 % betragen hätten. Um das Gesamtgefüge der Vergütung für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu erhalten, habe die Hausbesuchspauschale, die ihrerseits 40-50 % der Gesamtvergütung der Leistungserbringer ausmache, an der allgemeinen Vergütungserhöhung um diesen Prozentsatz teilhaben müssen. Der Schiedsspruch wurde mit Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.11.2010, Az. B 3 KR 1/10 R, rechtskräftig (vorgehend SG Wiesbaden, Urteil vom 18.09.2007, Az. S 2 KR 170/07, und Hessisches LSG, Urteil vom 26.11.2009, Az. L 8 KR 325/07, jew. juris).

Mit Datum vom 02.06.2008 forderten die Beklagten die Kläger zur Aufnahme neuer Verhandlungen betreffend die Vergütung der häuslichen Krankenpflege ab dem 01.01.2009 auf. Sie forderten hierfür eine Erhöhung sowohl der Vergütung aller Einzelleistungen als auch der Hausbesuchspauschale um jeweils 7,63 %. Nachdem die Kläger zu verstehen gegeben hatten, dass sie sich hinsichtlich der Vergütungssteigerung an die vom Bundesministerium für Gesundheit nach § 71 Abs. 3 SGB V erst noch bekannt zu gebende Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen zur gesetzlichen Krankenversicherung (Grundlohnsummensteigerungsrate) für 2009 gebunden sähen und diese darum vor dem Eintritt in weitere Verhandlungen abwarten wollten, stellten die Beklagten mit Datum vom 11.07.2008 einen Schiedsantrag bei der bestimmten Schiedsperson. Die Schiedsperson setzte das Verfahren zunächst aus und gab den Vertragsparteien die Möglichkeit zu substantiierten Verhandlungen. Im Rahmen einer gemeinsamen Verhandlungsrunde am 02.10.2008 boten die Kläger eine Anhebung der Vergütung der Leistungen mit Ausnahme der Hausbesuchspauschale um 1,41 % an. Gleichzeitig brachten sie eine Tischvorlage ein, die Änderungen der Hausbesuchspauschale nicht nur in der Höhe, sondern auch grundsätzlich in der Systematik (bei im Ergebnis deutlicher Vergütungsabsenkung) vorsah. Die Beklagten bestanden demgegenüber auf ihrer ursprünglichen Forderung. Nachdem die Verhandlungen so im Dissens endeten und von den Beteiligten einvernehmlich als gescheitert erklärt worden waren, fand am 09.12.2008 eine mündliche Verhandlung vor der Schiedsperson statt. Auf eine weitere mündliche Verhandlungsrunde verzichteten beide Seiten, weitere Stellungnahmen und Anträge wurden im schriftlichen Verfahren ausgetauscht.

Der Schiedsantrag der Beklagten enthielt den Antrag, die auf Grundlage des Schiedsspruchs vom 02.05.2007 gezahlten Vergütungen für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege einschließlich der Hausbesuchspauschale ab 01.01.2009 um 7,63 % zu erhöhen. Begründet wurde dies im Antrag und in einem weiteren Schreiben vom 16.01.2009 mit den zurückliegenden Steigerungsraten der Personal- und Sachkosten zwischen den Jahren 1998 und 2007, die durch den Schiedsspruch vom 02.05.2007 nur unvollständig aufgefangen worden seien, sowie mit den für 2008 und 2009 bereits nachweisbaren bzw. zu prognostizierenden weiteren Kostensteigerungen bei den Diensten. Demnach seien die Personalkosten – bei ausschließlicher Berücksichtigung der tariflichen Steigerungsraten, nicht aber der Veränderung der Sozialversicherungsabgaben und der Beiträge zu den Zusatzversorgungskassen – zwischen 1998 und 2007 um insgesamt 12,49 % gestiegen; bei einer Gewichtung in Höhe von 80 % an den Gesamtkosten der Leistungserbringer ergebe sich daraus eine Steigerung der Gesamtkosten um 9,99 %. Im selben Zeitraum sei der Verbraucherpreisindex um insgesamt 12,92 % gestiegen. Bei einer Gewichtung mit 20 % an den Gesamtkosten ergebe sich so eine weitere Kostensteigerung von 2,58 % an den Gesamtkosten bzw. eine Gesamtsteigerung der Kosten der Leistungserbringer von 1998 bis 2007 um 12,57 %. Für die Jahre 2008 und 2009 ergäben sich entsprechend angesichts der bereits feststehenden Tariflohnerhöhung um durchschnittlich 5,10 % zum 01.01.2008 (allgemeine Anhebung um 50,00 EUR sowie anschließend um 3,1 %) und um weitere 2,80 % zum 01.01.2009 sowie einer Steigerung des Verbraucherpreisindexes um 2,91 % in 2008 und geschätzten 3,05 % für 2009 sowie der fortgeschriebenen Gewichtung im Verhältnis 80 zu 20 eine Steigerung der Gesamtkosten der Leistungserbringer gegenüber 2007 in Höhe von 7,63 %, was der nunmehr geforderten Erhöhung der Vergütung entspreche. Die sich aus den ausgewiesenen Steigerungsraten ergebenden Ausgabensteigerungen seien bei den Pflegediensten im Bereich der Liga auch tatsächlich angefallen. Die angenommene Erhöhung der Sachkosten rechtfertige sich über die Steigerung des Preisindexes hinaus insbesondere durch eklatante Preiserhöhungen für Treibstoffe und Energie sowie umsatzsteuerbedingte Mehrkosten, die die ambulanten Dienste überproportional träfen. Hinsichtlich der Frage nach der Tarifbindung an die Entwicklung des TVöD gebe es zwar Unterschiede zwischen den einzelnen Wohlfahrtsverbänden; gemeinsam sei aber allen, dass sie überbetrieblichen Tarifregelungen unterlägen, und dass die von den Verbänden angewendeten Tarifwerke weitgehend den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes entsprächen. Dabei seien bei den die Pflegedienste belastenden Personalkostensteigerungen bereits nur die tariflichen Steigerungen berücksichtigt worden, nicht indes die ebenfalls gestiegenen Sozialversicherungsbeiträge. Kompensierende kostenentlastende Faktoren seien nicht vorhanden. Die Pflegedienste sähen sich im Gegenteil stetig steigenden medizinisch-pflegerischen Anforderungen ausgesetzt, deren Ursache neben der mit der gestiegenen Lebenserwartung einhergehenden Multimorbidität ihrer Kunden auch die Hinauszögerung der stationären Versorgung auf die Endphase des Lebens sowie die Verkürzung der Krankenhausliegezeiten sei. Hinzu komme eine zunehmende Bürokratisierung der Pflege z. B. durch immer höhere Anforderungen an die Dokumentation der Leistungen. Viele Pflegedienste der freien Wohlfahrt könnten nur noch auf der Grundlage von Zuschüssen oder Spenden arbeiten; auch gebe es eine ganze Zahl bereits defizitär arbeitender Dienste. Eine isolierte Veränderung der Vergütung für die Hausbesuchspauschale, die dort zu erheblichen Einschnitten führe, komme angesichts der erforderlichen Gesamtkalkulation der Dienste nicht in Betracht. Die arbeitszeitgesetzlichen Bestimmungen, auf die die Kläger sich beriefen (dazu sogleich) stellten im Übrigen lediglich einen arbeitsrechtlichen Mindestrahmen dar, über die die Bestimmungen der Tarifverträge hinausgingen.

Rechtlich stellten sich die Beklagten auf den Standpunkt, dass eine Bindung der Vergütung der häuslichen Krankenpflege an die Grundlohnsummenentwicklung nicht bestehe und angesichts der tatsächlichen Kostenentwicklung auch gar nicht bestehen könne. Auch sei man im Rahmen der Vergütungsvereinbarungen nach § 132a SGB V insgesamt nicht an den in § 71 Abs. 1 SGB V normierten Grundsatz der Beitragssatzstabilität gebunden (wird ausgeführt). Angesichts des geringen Anteils der Kosten der häuslichen Krankenpflege an den Gesamtkosten der gesetzlichen Krankenversicherung von etwa 1,5 % sei im Übrigen auch bei einer Vergütungssteigerung über der Grundlohnsummensteigerungsrate nicht mit einer Beitragssatzerhöhung zu rechnen. Selbst wenn aber der Grundsatz der Beitragssatzstabilität gelte und eine Beitragssatzsteigerung nicht vermeidbar sei, könne jedenfalls auf die Ausnahmeregelung des § 71 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGB V zurückgegriffen werden. Als übliche Marktpreise seien schließlich die für die Beklagten selbst festgesetzten Vergütungen, nicht die mit den privat-gewerblichen Leistungserbringern getroffenen Vereinbarungen anzusehen.

Die Kläger beantragten demgegenüber im Schiedsverfahren, die Vergütungssteigerung für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege ab dem 01.01.2009 entsprechend der für das Jahr 2009 bekanntgegebenen Grundlohnsummensteigerung von 1,41 % (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 02.09.2008) festzusetzen. Die für 2008 festgestellte Grundlohnsummensteigerungsrate sei demgegenüber nicht mehr zu berücksichtigen, da die Vergütung der häuslichen Krankenpflege für 2008 bereits abschließend durch den Schiedsspruch vom 02.05.2007 geregelt sei und neue Verhandlungen lediglich prospektiv zu führen seien. Man sei bei der Aushandlung von Vergütungen zwingend an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität gebunden. Den Kassen stünden dabei tatsächlich nur die Einnahmen aus der Grundlohnsummenentwicklung (als durchschnittlicher Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen) als Verteilungsmasse zur Verfügung. In diese flössen alle tariflichen Entwicklungen bundesweit mit ein; unabhängig von einzelnen tarifvertraglichen Regelungen könne daher – so wie auch mit den privatgewerblichen Leistungserbringern vereinbart – nur diese Grundlohnsummenentwicklung die Grundlage für Vergütungsanpassungen im Rahmen des SGB V bilden. § 71 Abs. 2 SGB V konkretisiere insgesamt und abschließend die für die praktische Handhabung sonst zu unbestimmt bleibenden Vorgaben des § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Daher sei auch die in § 71 Abs. 2 Satz 2 SGB V bestimmte Ausnahmen von der Bindung an die Grundlohnsummensteigerung (Überschreitungen nur, wenn die damit verbunden Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden) abschließend zu verstehen; weitere, aus § 71 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGB V abzuleitende Ausnahme von dieser Bindung kämen nicht in Betracht. Die mit den privat-gewerblichen Pflegediensten bereits getroffene Vereinbarung einer Vergütungssteigerung um 1,41 % stelle zudem den geltenden und die Kläger auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen gegenüber den Leistungserbringern der Freien Wohlfahrtspflege bindenden Marktpreis dar: Nach der für den Schiedsspruch vom 02.05.2007 noch hilfsweise herangezogenen Pflegestatistik (betreffend Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI) hätten die Pflegedienste der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. in 2005 rund 48,66 % der Pflegebedürftigen landesweit betreut, so dass 51,34 % der Pflegebedürftigen von anderen Pflegediensten betreut worden seien. Bei der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V ergäben sich laut nunmehr vorliegendem Zahlenmaterial noch deutlichere Gewichtungen: Ausweislich der bei den Verbänden der Krankenkassen geführten Vertragspartnerlisten für ambulante Pflegedienste mit einem Vertrag nach § 132a SGB V ergäben sich für das Jahr 2006 bei Auswertung des Datenmaterials der AOK Hessen, der BARMER, der IKK Baden-Württemberg und Hessen und der Techniker Krankenkasse die gemeinsam rund 80 % der Versicherten in Hessen mit häuslicher Krankenpflege versorgten – ein Anteil der durch die Leistungserbringer der Liga der Freien Wohlfahrtspflege versorgten Versicherten von 42,7 %, während 57,3 % der versicherten Patienten von privat-gewerblichen und kommunalen Diensten versorgt worden seien. Diese Zahlen ließen sich jedenfalls in etwa auf das Jahr 2008 übertragen. Marktführer seien demnach die privat-gewerblichen Leistungserbringer; die mit diesen vereinbarte Vergütung stelle den Marktpreis dar und sei damit zwangsläufig die Basis der Vergütungsanpassung für das Jahr 2009 auch gegenüber den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege.

Neben einer Begrenzung der allgemeinen Vergütungsanhebung auf 1,41 % beantragten die Kläger umfassende Änderungen bezüglich der Vergütungssystematik bei der Hausbesuchspauschale. Die bislang geltende Doppelung der Vergütung für Hausbesuche in der Zeit von 20:00 bis 6:00 Uhr sowie an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen entspreche nicht mehr den aktuellen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Dieses legte in § 2 die Nachtarbeitszeit auf den Zeitraum zwischen 23:00 und 6:00 Uhr fest. Der Samstag habe als regulärer Arbeitstag zu gelten, und auch bei Sonn- und Feiertagsarbeit bestehe kein gesetzlicher Anspruch auf einen gesonderten Zuschlag. Im Übrigen seien zukünftig Effektivitätsgewinne bei Besuchen in Altenwohnanlagen und sonstigen ambulanten Wohnformen zu berücksichtigen. Dem Antrag der Kläger zufolge sollte die Pauschale für Hausbesuche zwischen 06:00 und 23:00 an allen Tagen auf 4,86 EUR und für Besuche zwischen 23:00 Uhr und 6:00 auf 6,06 EUR festgesetzt werden; in Altenwohnanlagen u. ä. sollten nur noch 0,80 EUR bzw. im Nachttarif 1,00 EUR je versorgtem Versicherten, bei mehreren Versicherten in häuslicher Gemeinschaft sollte die Pauschale überhaupt nur einmal abgerechnet werden können.

Die Schiedsperson entschied über die Anträge der Beteiligten durch den vorliegend streitigen Schiedsspruch vom 30.01.2009. Dieser bestimmt mit Laufzeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 eine Erhöhung der mit Schiedsspruch vom 02.05.2007 festgesetzten, bis zum 31.12.2008 gültigen Vergütungen für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege um 3,9 % (Punkt 2 des Schiedsspruchs). Die Vergütung für die Hausbesuchspauschale wurde zum 01.01.2009 ebenfalls um 3,9 % angehoben (Punkt 3 des Schiedsspruchs).

Zu den Fragen der Beitragssatzstabilität und der Bindung an die Grundlohnsummensteigerung führt der Schiedsspruch unter anderem aus:

"Im Zusammenhang mit dieser Forderung [der Forderung der Liga, die geltenden Leistungsvergütungen um 7,63 % zu erhöhen] – gewissermaßen als deren unverzichtbare Voraussetzung – vertritt die Liga die Auffassung, die Steigerung der Grundlohnsumme sei kein maßgebender Parameter für die Festlegung der Vergütung für Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Der in § 71 Abs. 1 SGB V verankerte Grundsatz der Beitragssatzstabilität könne für Vereinbarungen nach § 132a Abs. 2 SGB V nicht herangezogen werden.

Diese Auffassung wird von mir nicht geteilt. Vielmehr bin ich in diesem Punkt der Meinung der Krankenkassenverbände, dass es sich bei dem in § 71 Abs. 1 SGB V verankerten Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht um einen unverbindlichen Programmsatz handelt, sondern dass dieser Grundsatz eine rechtlich verbindliche Obergrenze für Vergütungsvereinbarungen markiert. Allerdings enthält die Rechtsnorm des § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V in ihrem 2. Halbsatz eine Öffnung, die [ ...] Ausnahmen vom genannten Grundsatz der Beitragssatzstabilität und den damit verbundenen rechtlichen Rahmenvorgaben für Vergütungsverträge zulässt." (Seite 4 f. des Schiedsspruchs).

Der Auffassung der Krankenkassen, dass die Grundlohnsummensteigerung um 1,41 % in 2009 auch im Rahmen einer notwendigen Orientierung an der marktüblichen Vergütung Bindungswirkung entfalte, weil eine entsprechende Vergütungssteigerung mit den privat-gewerblichen Leistungsanbietern für das Jahr 2009 vereinbart worden sei, folge der Schiedsspruch indes nicht. Nach dem aktuell vorliegenden Zahlenmaterial hielten die Pflegedienste im Liga-Bereich einen Marktanteil von 48,66 % im Bereich des SGB XI und von 42,7 % im Bereich des SGB V, wobei letzteres sich aus dem Zahlenmaterial einzelner Krankenkassen ergebe, die nur rund 80 % der Versicherten in Hessen repräsentierten. Die Zahlen seien damit mit einer statistischen, nicht näher quantifizierbaren Fehlerquote behaftet. Sie bildeten keine ausreichende Grundlage für die These, dass von einer marktbeherrschenden Position der privat-gewerblichen Pflegedienste ausgegangen werden müsse. Vielmehr seien bei der Festlegung der für die Dienste der Liga geltenden Vergütungen die eben dort gegebenen Bedingungen, was die Kosten- und Preisstruktur angehe, zu Grunde zu legen.

Es gelte aber – wie dargestellt – der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 Abs. 1 SGB V bei Berücksichtigung der dort genannten Ausnahmen. Vom Vorliegen einer solchen Ausnahmesituation nach § 71 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGB V, die voraussetze, dass bei unterbleibender Vergütungssteigerung die notwendige medizinische Versorgung auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten sei, sei auszugehen. Der aktuelle Schiedsspruch sei dabei notwendig in Gesamtzusammenhang mit der Entwicklung der zurückliegenden Jahre und insbesondere auch mit dem vorangegangenen Schiedsspruch vom 02.05.2007 zu sehen. Mit diesem sei erstmals seit mehr als acht Jahren überhaupt eine Vergütungsanpassung erfolgt. Die dort vorgenommene, im Wege der Kompromissbildung gefundene Steigerung der Vergütung um 5,98 % habe bereits die anzunehmende bis dahin erfolgte Kostensteigerung bei den Leistungserbringern nur teilweise abdecken können; damals habe indes noch unterstellt werden können, dass Möglichkeiten der Mobilisierung von Rationalisierungsreserven bestünden. Zwischenzeitlich seien angesichts der fortschreitenden Kostenentwicklungen Einschnitte im Bereich der Personalressourcen immer wahrscheinlicher, die Behauptung der Ausschöpfung vorhandener Wirtschaftlichkeitsreserven – trotz zwischen den einzelnen Leistungserbringern sicherlich vorhandener Unterschiede – jedenfalls in der Fläche nachvollziehbar. Hinzu komme, dass angesichts nachweisbarer Verkürzungen der Krankenhausliegezeiten und eines Anstiegs des Anteils älterer und hochaltriger, oftmals multimorbid erkrankter Patienten von einem erhöhten Versorgungs- und Pflegeaufwand pro Person und abrechenbarer Leistung ausgegangen werden müsse. Der wirtschaftlichen Absicherung eines flächendeckenden Angebots an qualitativ gut ausgestatteten und leistungsfähigen Diensten der häuslichen Krankenpflege komme damit ein immer höherer gesundheits- und sozialpolitischer Stellenwert zu. Die Pflegedienste seien zunehmend auf voll ausgebildete Pflegekräfte angewiesen, der Einsatz billigerer "Hilfskräfte" sei "so gut wie ausgeschlossen.".

Die festgesetzte Vergütungssteigerung der Einzelleistungen um 3,9 % sei weiterhin im Wege einer Kompromissbildung nach Abwägung der für beide Vertragsparteien maßgeblichen Gegebenheiten vorgenommen worden. Dabei sei einerseits berücksichtigt worden, dass die Gefahr einer Beitragssatzerhöhung durch die Steigerung der Vergütung der häuslichen Krankenpflege angesichts deren Anteils an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung von nur etwa 1,5 % erheblich relativiert sei. Demgegenüber sei seitens der Beklagten ein Gesamtanstieg der Kosten der Liga-Pflegedienste um 7,63 % geltend gemacht worden. Angesichts der in den Liga-Verbänden traditionell geübten Praxis einer weitgehenden Orientierung an der Vergütungsentwicklung im Öffentlichen Dienst sei dabei davon auszugehen, dass sich bei der Masse der Pflegedienste der Liga entsprechend der tariflichen Vergütungsanpassung in 2008 und 2009 um insgesamt 7,9 % tatsächlich auch entsprechende Kostensteigerungen ergeben hätten. Auch wenn es dabei Unterschiede zwischen den einzelnen Wohlfahrtsverbänden gebe, entsprächen die von den Verbänden angewendeten Tarifwerke doch weitgehend den Tarifverträgen des Öffentlichen Dienstes. Auch bezüglich der Sachkosten müsse von nicht abwendbaren Kostensteigerungen in der von den Beklagten genannten Größenordnung ausgegangen werden, wobei hierbei insbesondere die gestiegenen Treibstoff- und Energiekosten ins Gewicht fielen.

Der Schiedsspruch löse damit – mit Rücksicht auf die angespannte finanzielle Situation auch der Kläger – den Anspruch auf eine möglicherweise gebotene volle Refinanzierung der Kostensteigerungen in der häuslichen Krankenpflege nicht ein. Mit Blick auf den begrenzten Zeitraum, für den der Schiedsspruch Gültigkeit erlange, sei dies indes "noch einmal vertretbar". Es erscheine jedoch sinnvoll und notwendig, dass die Vertragsparteien im Verlauf des Jahres 2009 gemeinsam die wirtschaftliche Situation der Pflegedienste der Liga – ggf. anhand einer begrenzten Anzahl ausgesuchter Pflegedienste – prüften. Im Rahmen der Schiedsentscheidung sei eine solche ins Einzelne gehende Prüfung nicht möglich gewesen.

Zur Vergütungssystematik der Hausbesuchspauschale betonte der Schiedsspruch die Bedeutung dieser Pauschale für das Gesamtvergütungsgefüge der Pflegedienste. Bei einer Veränderung der Vergütungssystematik so wie von den Klägern gefordert sei mit einer Absenkung des Gesamtumsatzes der Dienste in einer Höhe von 9-10 % zu rechnen. Diese Auswirkungen entfalteten für die getroffene Entscheidung Priorität. Eine Änderung der Vergütungssystematik der Hausbesuchspauschale könne allenfalls im Kontext umfassender Neuverhandlungen des gesamten Vergütungssystems erfolgen.

Die Kläger haben hiergegen am 21.09.2009 vor dem Sozialgericht Wiesbaden Klage gegen die Beklagten zu 1. bis 10., außerdem gegen deren Dachverband (ursprünglicher Beklagter zu 11.) und gegen die Schiedsperson selbst (ursprünglicher Beklagter zu 12.) erhoben, gegen letzteren mit dem Hilfsantrag, diesen unter Aufhebung des Schiedsspruchs zu verurteilen, eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen. Das Verfahren ist in Hinblick auf das parallel anhängige Revisionsverfahren betreffend den Schiedsspruch vom 2.5.2007 (B 3 KR 1/10) zunächst ruhend gestellt und von den Beklagten sodann wieder aufgerufen worden, nachdem das Bundessozialgericht jenen Schiedsspruch für rechtmäßig erklärt und die Revision zurückgewiesen hatte. Die Kläger haben im Anschluss ihre Klage zurückgenommen, soweit sie sich gegen die ursprünglichen Beklagten zu 11.) und 12.) richtete. Insoweit ist das Verfahren abgetrennt und unter einem neuen Aktenzeichen (S 17 KR 226/07) erledigt worden.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der angegriffene Schiedsspruch unbillig im Sinne des § 319 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. BGB sei, da er den auch für die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 132a SGB V zu beachtenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht wahre. In dessen Zusammenhang sei als Obergrenze für eine allgemeine Vergütungssteigerung zwingend auch die Grundlohnsummensteigerungsrate nach § 71 Abs. 2 und 3 zu berücksichtigen, die in 2009 nur 1,41 % betragen habe. Diese gälte, soweit nicht die in § 71 Abs. 2 Satz 2 SGB V genannten Ausnahmen griffen, für Vergütungsvereinbarungen mit allen im Vierten Kapitel des SGB V genannten Leistungserbringern, mithin auch für Vergütungsanpassungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege. Entgegen der im Schiedsspruch vertretenen Auffassung sei vorliegend auch kein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 71 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGB V gegeben. Der nicht näher belegte Verweis der Schiedsperson auf eine "durch anhaltende Unterfinanzierung gekennzeichnete Entwicklung" sei nicht geeignet und ausreichend, dem Ausnahmecharakter dieser Regelung gerecht zu werden. Die Schiedsperson habe sich auch nicht mit möglicherweise weiterhin vorhandenen "Wirtschaftlichkeitsreserven" befasst, die die Beklagten in zumutbarer Weise aktivieren könnten, um eine Erhöhung der Vergütung oberhalb der grundsätzlich geltenden Obergrenze der Grundlohnsummensteigerungsrate zu vermeiden. Die dem Schiedsspruch zugrundeliegende Annahme, dass eine Senkung von Personalkosten etwa durch den Einsatz von Hilfskräften so gut wie ausgeschlossen sei, gehe in jedem Falle fehl: Tatsächlich seien nahezu 50 % der Leistungen der häuslichen Krankenpflege entsprechend dem zwischen den Beteiligten vereinbarten Leistungs- und Vergütungskatalog für Nicht-Pflegefachkräfte freigegeben.

Im Übrigen verweisen die Kläger auf die im April 2010 bzw. im Juni 2011 veröffentlichten Ergebnisse einer gemäß § 17b Abs. 8 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) im Rahmen der Begleitforschung zu der in 2004 erfolgten Einführung des fallpauschalierenden, leistungsbezogenen Vergütungssystems G-DRG (German- Diagnosis Related Groups) vom deutschen DRG-Institut (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus – InEK) in Auftrag gegeben Studie. Relevante Mehrbelastungen der ambulanten Pflegedienste durch die Einführung der Vergütungspauschalierung nach den G-DRG, die eine Ausnahme von dem durch die Obergrenze der Grundlohnsummenveränderungsrate konkretisierten Grundsatz der Beitragsstabilität rechtfertigen könnten, ließen sich dieser Studie zufolge – so die Interpretation der Kläger – nicht nachweisen (wird ausgeführt; Bl. 88 ff. der Gerichtsakte [GA]).

Die Kläger verweisen im Übrigen erneut auf die (zum Teil höchstrichterliche) Rechtsprechung zum so genannten Marktpreis; danach dürften schon aus Wettbewerbsgründen für die gleiche Leistung nicht ohne hinreichende Gründe unterschiedliche Preise mit verschiedenen Leistungserbringern vereinbart werden. Die insofern als marktübliche Vergütung zu geltende Vergütung der privat-gewerblichen Anbieter sei für das Jahr 2009 um die Grundlohnsummensteigerung von 1,41 % erhöht worden.

Im Schiedsspruch habe schließlich auch der Antrag auf Festlegung einer neuen Vergütungssystematik für die Hausbesuchspauschale keinerlei Berücksichtigung gefunden. Die fehlende Würdigung dieses Antrags sei sachwidrig und stelle einen Ermessensfehler dar.

Die Kläger beantragen,
die Bestimmungen des Schiedsspruchs vom 30.01.2009 unter Punkt 2. und Punkt 3. gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 319 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. BGB in entsprechender Anwendung nach billigem Ermessen durch Urteil zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität sei durch den Schiedsspruch gewahrt. Der Anteil der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung habe nach den vom Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichten Kennzahlen im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr als 1,6 % der Gesamtausgaben betragen. Der nach § 71 Abs. 3 und 3a SGB V ministeriell festgelegte Richtwert für die Vergütungsanhebung (so genannte Grundlohnsummensteigerung) stelle für Schiedssprüche nach § 132a SGB V keine verbindliche Obergrenze dar. Durch die Nichtaufnahme der Vergütungsvereinbarung nach § 132a SGB V in den als abschließend zu verstehenden "Katalog" des § 71 Abs. 4 und 5 SGB V habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass derartige Vergütungsvereinbarungen nicht unter das Regime der Grundlohnsummensteigerung fielen. Über die Grundlohnsummensteigerungsrate ließen sich zudem die steigenden Personalkosten der Leistungserbringer in der häuslichen Pflege nicht hinreichend abbilden. Die beklagten Einrichtungsträger seien durch ihre Arbeitsverträge regelmäßig an die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst gebunden; gleichzeitig machten die Personalkosten mindestens 80 %, in der Regel sogar mehr an den Gesamtkosten der Leistungserbringer in der häuslichen Pflege aus. Die Wahrung der Tarifbindung durch den Einrichtungsträger stehe der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung prinzipiell nicht entgegen. Die Kläger hätten im Übrigen ihrerseits nichts dazu vorgetragen, ob und ggf. wie der hier streitgegenständliche Schiedsspruch sich auf ihre Beitragssätze ausgewirkt haben sollte. Die Feststellung eines Marktpreises könne ohne Berücksichtigung des Vergütungsgefüges der Beklagten selbst, die immerhin 45,1 % der Gesamtheit der mit häuslicher Krankenpflege versorgten Versicherten in Hessen betreuten, überhaupt nicht festgestellt werden. Im Übrigen sei zu beobachten, dass gerade privatgewerbliche Pflegedienste ihr Personal an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bei gleichzeitig untertariflicher Bezahlung trieben. Hinsichtlich einer isolierten Neuordnung der Vergütung der Hausbesuchspauschale gelte das im Schiedsverfahren vorgetragene.

Im Übrigen bedinge es die Rolle der Schiedsperson, dass diese ihrer Entscheidung die zwischen den Parteien unstreitigen Tatsachen zugrunde legen dürfe und müsse; sie unterliege insoweit nicht dem Amtsermittlungsgrundsatz. Verträge, die nicht mit einem einzelnen Pflegedienst, sondern als Kollektivverträge geschlossen würden, bedürften darüber hinaus eines generellen, vom einzelnen Dienst losgelösten Maßstabs; Einzelfallprüfungen, insbesondere Plausibilitätsprüfungen der Gestehungskosten des jeweiligen Dienstes, kämen daher nicht in Betracht.

Die Schiedsperson, die anfänglich als Beklagter zu 12. am Verfahren beteiligt war, hat im Wesentlichen auf die tragenden Gründe ihres Schiedsspruchs und insbesondere auf den engen Begründungszusammenhang des streitgegenständlichen zu dem vorangegangenen Schiedsspruch vom 02.05.2007 sowie auf die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung dieser Sprüche verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den zwischen den Beteiligten geführten Verfahren S 2 KR 95/06 ER, S 2 KR 181/07 ER und S 2 KR 170/07, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vor dem nach §§ 8, 57a Abs. 3 SGG zuständigen Sozialgericht Wiesbaden erhobene Klage ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Schiedsspruch vom 30.01.2009 ist nicht unbillig im Sinne der §§ 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 BGB. Eine Ersetzung des Schiedsspruchs durch das Gericht kommt daher nicht in Betracht.

1. Die von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Die gegen die Beklagten zu 1. bis 10. gerichtete Klage ist als Ersetzungsklage nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 317 Abs. 1, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB zulässig.

Der Kläger zu 6. tritt gemäß § 212 Abs. 5 Satz 6 SGB V zulässigerweise als Bevollmächtigter mit Abschlussvollmacht als Prozessstandschafter für die in dieser Funktion von ihm vertretenen Ersatzkassen auf (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2012, B 3 KR 9/11 R, juris, Rn. 23; Urteil vom 12.09.2012, B 3 P 5/11 R, juris, Rn. 22). Entsprechende Vollmachten liegen vor, ebenso die nach § 73 Abs. 6 SGG erforderlichen Prozessvollmachten der Kläger zu 1. bis 5.

Die Ersetzungsklage ist als solche statthaft. Nach § 132a Abs. 2 Satz 6 und 7 SGB V wird die Schiedsperson bei der Durchführung des Schiedsverfahrens und dem Erlass des Schiedsspruchs als öffentlich-rechtlicher Schlichter und Vertragshelfer (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB V i. V. m. § 317 BGB) und nicht als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X tätig. Ihr Schiedsspruch stellt deshalb keinen Verwaltungsakt dar. Die Kläger haben daher richtigerweise nicht eine Neubescheidungsklage, sondern eine Ersetzungsklage nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 317 Abs. 1, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB als Sonderform der Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhoben (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 R, juris, Rn. 13 ff., insb. Rn. 24, 30). Bei einer solchen Klage sind die Vertragspartner der Schiedsvereinbarung, vorliegend also die Beklagten, richtige Klagegegner (BSG, a.a.O., Rn. 30). Die Schiedsperson war nach Abtrennung der ursprünglich auch gegen sie erhobenen, später aber zurückgenommenen Klage nicht notwendig beizuladen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 31).

2. Die zulässige Klage ist indes nicht begründet.
a) Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten Anspruch auf Ersetzung des Schiedsspruchs vom 16.04.2011 nach billigem Ermessen durch das Gericht ist § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 317 Abs. 1, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei ist die Regelung des § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB, die auf den voranstehenden Satz 1 Bezug nimmt, auf den Schiedsspruch nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V allerdings nicht wörtlich, sondern aus Gründen der Gleichbehandlung aller Pflegedienste und Krankenkassen bei der Bemessung der Vergütungen für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege und dem erforderlichen Gleichklang mit der Festlegung der Vergütungen im Bereich der sozialen Pflegeversicherung dahin auszulegen, dass ein Schiedsspruch nicht erst zu ersetzen ist, wenn er "offenbar unbillig" ist, sondern bereits dann, wenn er (schlicht) "unbillig" ist. Die bei zivilrechtlichen Leistungsbestimmungen nach § 317 BGB zusätzlich erforderliche Evidenzkontrolle entfällt (BSG, a. a. O., Rn. 33, 36).

b) Nach den durch den dritten Senat des Bundessozialgerichts im Urteil vom 25.11.2010 (a. a. O.) entwickelten Grundsätzen zu den für die Prüfung der Billigkeit bzw. Unbilligkeit von Schiedssprüchen nach § 132a SGB V anzuwendenden Maßstäben, denen das Gericht sich umfassend anschließt, gilt: Die bei Schiedssprüchen nach § 132a Abs. 2 SGB V maßgebliche "Unbilligkeit" kann sowohl darin bestehen, dass der Schiedsspruch auf schwerwiegenden verfahrensrechtlichen Mängeln (z. B. Begründungsmängel, Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) beruht, als auch darin, dass das gefundene Ergebnis materiell unrichtig ist oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt (z. B. durch einseitige Berücksichtigung der Interessen einer Partei oder wenn sich die Leistungsbestimmung völlig über die Entwicklung am betreffenden Markt hinwegsetzt). Die Prüfung der Frage der Billigkeit oder Unbilligkeit eines Schiedsspruchs gliedert sich also in eine Rechtskontrolle und eine Inhaltskontrolle. Dabei stellt der Schiedsspruch einer Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 SGB V seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch eine sachnahe, von den Vertragsparteien unabhängige Person dar. Durch die Unabhängigkeit und die fachliche Weisungsfreiheit wollen der Gesetzgeber und die Vertragsparteien die Fähigkeit der Schiedsperson zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzige sachlich vertretbare ist und häufig Kompromisscharakter aufweist. Bei der Inhaltskontrolle kommt es demgemäß nur darauf an, ob ein vertretbarer, nachvollziehbarer Beurteilungsmaßstab angewandt worden ist und das Ergebnis "billigem Ermessen" entspricht, also mit den gesetzlichen Vorgaben sowie mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vereinbar ist. Ob das Gericht einen anderen Beurteilungsmaßstab bevorzugt hätte, ist unerheblich, weil es auf Zweckmäßigkeitserwägungen nicht ankommt. Maßstab zur Beurteilung der "Unbilligkeit" kann nur das wirtschaftliche Gesamtergebnis des Schiedsspruchs sein. Daher muss regelmäßig nicht jede einzelne Bestimmung zur Vergütung der diversen Leistungen der häuslichen Krankenpflege isoliert betrachtet werden, sondern es bedarf der Gesamtschau aller Leistungsbestimmungen unter Einschluss des festgelegten Beginns der Vergütungsanhebung sowie der festgelegten Laufzeit. Außerdem ist zu beachten, dass die Schiedsperson an die im Schiedsverfahren gestellten Anträge gebunden ist, also unstreitige Punkte als vorbestimmten Vertragsinhalt zu akzeptieren hat sowie die Forderung der Leistungserbringer nicht überschreiten, aber das Angebot der Krankenkassen auch nicht unterschreiten darf (BSG, a. a. O., Rn. 36 f.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und des Beurteilungsspielraums der Schiedsperson, der durch das "billige Ermessen" geprägt ist (§ 317 Abs. 1 BGB), darf im Zuge der Rechts- und Inhaltskontrolle ausschließlich geprüft werden, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist, ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden ist. Dies setzt voraus, dass der Beurteilungsmaßstab und die gefundene Abwägung durch die Schiedsperson Eingang in die Begründung des Schiedsspruches gefunden haben. Die Anforderungen hieran dürfen im Hinblick auf Stellung und Funktion der Schiedsperson jedoch nicht überspannt werden. Die Schiedsperson unterhält in aller Regel keinen eigenen Verwaltungsapparat und ist in besonderer Weise auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Es ist deshalb in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Begründung des Schiedsspruchs auf die im Verfahren vorgebrachten Angaben der Beteiligten und die wesentlichen Erwägungen der Schiedsperson beschränkt (BSG, a. a. O., Rn. 38). Bei der Beurteilung der in der Praxis dominierenden Kollektivverträge kann bereits unter Praktikabilitätsgesichtspunkten und in Hinblick auf die fehlende Amtsermittlungspflicht der Schiedsperson weiterhin nicht auf die Gestehungskosten eines einzelnen Pflegedienstes abgestellt werden, sondern es bedarf eines generellen, vom einzelnen Pflegedienst losgelösten Maßstabs (BSG, a. a. O.).

Inhaltlich hat sich das der Schiedsperson eingeräumte "billige Ermessen" (§ 317 Abs 1 BGB) schließlich an den sich aus § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V i. V. m § 38 Abs. 3 Rahmenvertrag 2005 ergebenden rechtlichen Vorgaben für die Vergütung der Pflegedienste zu orientieren: "Die Vergütung muss leistungsgerecht sein und die Leistungserbringer in die Lage versetzen, eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und den Qualitätsanforderungen entsprechende Leistung zu erbringen". Die Wahrung der Tarifbindung durch den Einrichtungsträger steht der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung dabei nicht entgegen. Der Sinn besteht vor allem darin, den in der Pflege (§ 37 SGB V, §§ 36, 43 SGB XI) tätigen Arbeitnehmern eine ihren Leistungen und ihrem Einsatz für kranke und behinderte Mitmenschen angemessenes Arbeitsentgelt zu gewährleisten, zudem zu verhindern, dass der "Preiskampf" zwischen den verschiedenen Trägern von Pflegediensten und Pflegeheimen letztlich zu einer nicht vertretbaren Absenkung der Entgelte der Pflegekräfte und der Qualität der Leistungen führt und sich das Entgeltniveau auf Dauer dem geltenden Mindestlohn-Niveau nähert und schließlich den Anreiz zu verringern, kollektive Tarifverträge zu verlassen (Tarifflucht) und auf Leiharbeit, die Auslagerung von Aufgaben (Outsourcing) oder ähnliche Kosten senkende – aber die Stammbelegschaft benachteiligende – Maßnahmen auszuweichen (BSG, a. a. O., Rn. 40 f.).

c) Der angegriffene Schiedsspruch ist nach diesem Maßstäben nicht unbillig und daher rechtmäßig im Sinne der §§ 317, 319 BGB, so dass die Ersetzungsklage abzuweisen war.

aa) Verfahrensrechtliche Mängel des Schiedsverfahrens sind nicht erkennbar. Ob die Verhandlungen zwischen den Parteien im Zeitpunkt der Antragstellung durch die Beklagten tatsächlich bereits als gescheitert betrachtet werden durften, kann dahingestellt bleiben. Denn die Schiedsperson hat den Beteiligten vor Betreiben des Schiedsverfahrens jedenfalls Gelegenheit zu weiteren Verhandlungen gegeben, die nach einvernehmlicher Meinung der Beteiligten im Dissens endeten. Die Beteiligten hatten hinreichend Gelegenheit, im Schiedsverfahren ihre Anträge zu stellen und zu begründen sowie jeweils auf den Vortrag der Gegenseite hin Stellung zu nehmen. Auf eine weitere mündliche Verhandlung konnte verzichtet werden, nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt hatten.

bb) Der Schiedsspruch ist auch formal nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Schiedsperson den angewendeten rechtlichen Maßstab ebenso wie die für die Entscheidung ausschlaggebenden Gründe nachvollziehbar dargelegt.

cc) Dem Schiedsspruch liegt ein hinreichend plausibler, nachvollziehbarer Beurteilungsmaßstab für die Bestimmung der Vergütung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege und der Hausbesuchspauschale ab dem 01.01.2009 zu Grunde. Die Schiedsperson hat sich im Ausgang von den von den Klägern vorgetragenen Steigerungsraten der tatsächlichen Gestehungskosten der ihnen angeschlossenen Pflegedienste leiten lassen, die sich zum einen aus dem gestiegenen Preisindex, zum anderen aus der Tariflohnentwicklung ergeben. Beides haben die Kläger zahlenmäßig belegt. Die vorgetragene Kostenentwicklung ist dabei objektiv nachvollziehbar und auch von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen worden.

Nicht zu beanstanden ist auch die pauschale Anhebung der Hausbesuchspauschale um denselben Satz, um den auch die Vergütung der übrigen tatsächlichen Leistungen der Krankenpflege angehoben wurde. Die Schiedsperson war insofern nicht verpflichtet, die Einwendungen der Kläger aufzugreifen und eine dem (im Übrigen für die Ausgestaltung der streitgegenständlichen Vergütung keine bindenden Vorgaben enthaltenden) Arbeitsrecht angepasste Neuordnung der Hausbesuchspauschale vorzunehmen. Maßstab zur Beurteilung der "Unbilligkeit" kann nur das wirtschaftliche Gesamtergebnis des Schiedsspruchs sein (BSG, a. a. O., Rn. 37). Die Hausbesuchspauschale stellt einen rechnerisch bedeutsamen Teil der Gesamtvergütung der Pflegedienste da. Hier entsprechend dem Antrag der Beklagten in die bestehende Vergütungssystematik einzugreifen hätte es – die von der Schiedsperson angenommene Notwendigkeit und Angemessenheit einer Steigerung der Gesamtvergütung in der erfolgten Höhe vorausgesetzt – erforderlich gemacht, im Gegenzug die Vergütung der tatsächlichen Pflegeleistungen noch stärker als geschehen anzuheben; die dabei zu erbringenden kalkulatorischen Leistungen zur Sicherstellung eines angemessenen Gesamtergebnissen sind indes von einer Schiedsperson praktisch kaum zu leisten, wenn nicht die Beteiligten zuvor entsprechende Vorarbeiten geleistet und aufgearbeitete, nachvollziehbare Berechnungen hierzu vorgelegt haben. Solches ist indes vorliegend nicht geschehen.

Nicht zwingend, aber hinreichend nachvollziehbar und plausibel ist auch die Steigerung der Vergütung um damit insgesamt 3,9 %. Sie bleibt hinter den Forderungen der Beklagten zurück, geht aber über das Angebot der Kläger hinaus und berücksichtigt dabei die zu erwartenden wirtschaftlichen Implikationen für das System der gesetzlichen Krankenversicherung, die von der Schiedsperson angesichts des geringen Anteils der häuslichen Krankpflege an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung – aus Sicht des Gerichts zulässigerweise – als nicht übermäßig hoch eingeschätzt wurden, ebenso wie die bereits in der Vergangenheit hinter der Entwicklung des Preisindexes und der Tariflöhne zurückgebliebene Vergütungsanpassungen. Dass es sich bei der Vergütungssteigerung um 3,9 % dabei nicht um das einzig denkbare richtige Ergebnis handelte, zu dem der Schiedsspruch hatte kommen können, ist offenbar und wurde auch von der Schiedsperson nicht anders angenommen. Da aber umgekehrt nicht erkennbar ist, dass das gefundene Ergebnis nicht mehr nachvollziehbar oder vertretbar wäre, ist die Entscheidung der Schiedsperson im Ergebnis durch die Vertragsparteien hinzunehmen. Durch das Gericht hat insofern weder noch eine Zweckmäßigkeitskontrolle noch eine Ersetzung der Erwägungen der Schiedsperson durch eigene Wertungen und Einschätzungen zu erfolgen.

dd) In der Steigerung der Vergütung um 3,9 % liegt auch nicht – wie von den Klägern vorgetragen – ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Beitragssatzstabilität.

Der Grundsatz der Wahrung der Beitragsstabilität, der nach § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch für die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) gilt, obwohl er in § 132a SGB V nicht wiederholt worden ist (BSG, a. a. O., Rn. 43), wird durch den Schiedsspruch nicht verletzt.

Das Gericht geht dabei zunächst davon aus, dass die im Schiedsspruch festgelegte Erhöhung der Vergütung um 3,9 % für das Jahr 2009 tatsächlich nicht zu Beitragserhöhungen der angeschlossenen Krankenkassen geführt oder auch nur die Gefahr von Beitragserhöhungen hervorgerufen hat. Die Kläger haben selber hinsichtlich einer solchen tatsächlichen Gefahr nichts vorgetragen. Auch lässt der Anteil der Ausgaben der Krankenkassen für Leistungen der häuslichen Krankenpflege am Gesamtvolumen aller Ausgaben nicht erkennen, dass bei einer pauschalen Vergütungserhöhung um 3,9 % überhaupt eine Beitragserhöhung im Raum gestanden haben könnte. Das Bundessozialgericht hat eine solche Gefahr bei einer Vergütungsanhebung um 5,98 % für 2007 und 2008 bei einem gleichzeitigen Anteil von 1,5 bzw. 1,6 % an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich verneint (BSG, a.a.O., Rn. 43). Für den vorliegenden Schiedsspruch für 2009 kann nichts anderes gelten. Denn der Anteil der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die häusliche Krankenpflege ihrer Versicherten betrug in 2009 mit etwa 1,7 % zwar einen geringfügig höheren Anteil an den Gesamtausgaben (2.906.936.000 EUR ggü. 170.784.243.000 EUR; absolute Zahlen aus: Bundesministerium der Gesundheit: Gesetzliche Krankenversicherung. Endgültige Rechnungsergebnisse 2009, S. 15, 17); einen qualitativen Unterschied in der Beurteilung macht dies indes noch nicht aus. Dabei kann auch berücksichtigt werden, dass die gesetzlichen Krankenkassen in 2009 tatsächlich einen Einnahmenüberschuss in Höhe von über 1.41 Mrd. Euro erwirtschafteten, was einem Prozentsatz von etwas mehr als 0,8 % an den jährlichen Gesamteinnahmen entspricht (absolute Zahlen: BMG, a. a. O., S. 2, 17), während der Beitragssatz gleichzeitig zum 01.01.2009 von 14,9 % auf 15,5 % gehoben und zum 01.07.2009 wieder auf 14,9 % abgesenkt worden waren, was einer über das Jahr gerechneten Beitragssatzanhebung um nur 0,3 % gegenüber 2008 entspricht.

Anders als in der der Entscheidung des Bundessozialgerichts über den Schiedsspruch vom 02.05.2007 zu Grunde liegenden Fallkonstellation (BSG, a. a. O.) kann vorliegend indes nicht offenbleiben, ob – wovon auch der Schiedsspruch ausgeht – der nach § 71 Abs. 3 (bzw. für die Jahre 2006 und 2007 nach Abs. 3a) ministeriell festgelegte Richtwert für die Vergütungsanhebung auch für die Verträge nach § 132a SGB V Gültigkeit beansprucht und damit gemäß § 71 Abs. 2 SGB V unabhängig von einer konkret nachweisbaren Gefahr einer Beitragssatzsteigerung nach § 71 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. SGB V eine absolute Obergrenze für die Vergütungsanhebung bildet, oder ob § 71 Abs. 2, 3 (und 3a) SGB V nur auf solche Verträge anwendbar ist, die nach § 71 Abs. 4 und 5 SGB V der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen sind, wozu die Verträge nach § 132a SGB V gerade nicht gehören. Denn anders als in dem vom Bundessozialgericht überprüften Schiedsspruch vom 02.05.2007 übersteigt die mit dem streitgegenständlichen Schiedsspruch festgesetzte Vergütungsanhebung um 3,9 % sowohl die vom Bundesministerium für Gesundheit gemäß § 71 Abs. 3 SGB V am 02.09.2008 für 2009 in Höhe von 1,41 % bekanntgegebene Veränderungsrate als auch die Summe aus den Steigerungsraten für 2008 (die im Schiedsspruch vom 02.05.2007 noch nicht berücksichtigt wurde) und 2009 von insgesamt 2,05 % (0,64 % + 1,41 %) bzw. – bei Berücksichtigung des Umstandes, dass die Steigerungsrate in 2009 auf die Steigerung in 2008 aufsetzte – von circa 2,06 %.

Das Gericht geht dabei mit der Schiedsperson davon aus, dass § 71 Abs. 2 SGB V nicht allein auf die in § 71 Abs. 4 und 5 SGB V genannten Vergütungsvereinbarungen, sondern umfassend auf die im Vierten Kapitel des SGB V aufgeführten Leistungen, also auch auf die nach § 132a SGB V abzuschließenden Vergütungsvereinbarungen anwendbar ist (a. A. Hessisches LSG, Urteil vom 26.11.2009, L 8 KR 325/07, juris, Rn. 77; ausdrücklich offen gelassen von BSG, a. a. O., Rn. 44). Für diese Auffassung sprechen sowohl Wortlaut als auch Systematik des § 71 SGB V.

Zunächst ist dem Wortlaut des § 71 SGB V kein Hinweis auf eine eingeschränkte Anwendbarkeit zu entnehmen. Weder nimmt der Absatz 2 Bezug auf die Absätze 4 und 5, noch verweisen diese umgekehrt speziell auf die gesetzlichen Vorgaben des Absatzes 2. Im Gegenteil bezieht § 71 Abs. 2 SGB V sich einschränkungslos auf Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1, nach dem die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer den Grundsatz der Beitragssatzstabilität bei "Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch", d. h. nach dem (gesamten) Fünften Buch Sozialgesetzbuch zu beachten haben. Dies erfasst auch die nach § 132a SGB V zu regelnden Vereinbarungen über die Vergütung der häuslichen Krankenpflege (auch BSG, a. a. O., Rn. 43).

Auch gilt das systematische Argument, dass § 71 sich im ersten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB V unter den "allgemeinen Grundsätzen" für die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern findet und damit sämtliche in dieses Kapitel fallende Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern erfasst, soweit in den nachfolgenden Bestimmungen keine anderen spezielleren Regelungen getroffen sind, nicht nur für § 71 Abs. 1 SGB V und den dort bestimmten Grundsatz der Beitragssatzstabilität (zu diesem ebenso Hessisches LSG, a. a. O., Rn. 73), sondern genauso für § 71 Abs. 2 SGB V. Eine solche abweichende Regelung ist § 132a SGB V nicht zu entnehmen.

Die normimmanente Systematik des § 71 SGB V spricht ebenfalls für eine Anwendbarkeit des Absatzes 2 auf die Vergütungsvereinbarungen mit allen der im Vierten Kapitel aufgeführte nLeistungserbringer einschließlich der Erbringer der häuslichen Krankenpflege. Dem üblichen Aufbau einer Vorschrift vom Allgemeinen zum Besonderen hin entsprechend erfasst Absatz 1 (ausdrücklich) sämtliche Vergütungsvereinbarungen (sogar) nach dem SGB V, während erst die Absätze 4 und 5 eine Beschränkung der dort geregelten Vorlagepflichten auf einzelne Vertragstypen bestimmen. Wäre auch der Anwendungsbereich des Absatzes 2 – im Gegensatz zum voranstehenden Absatz 1 – schon reduziert, wäre damit zu rechnen gewesen, dass der Gesetzgeber dies im Wortlaut der Norm zum Ausdruck gebracht hätte. Statt dessen wurden bei Einfügung der Regelung zur Grundlohnsummensteigerungsrate in § 71 durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999 (BGBl. I, S. 2626) der bis dahin geltende Absatz 2 zu Absatz 4 und die heutigen Absätze 2 und 3 (in einer zwischenzeitlich veränderten, ihre jetzigen Grundgedanken aber bereits enthaltenden Fassung) vor diesem eingefügt.

Für eine Reduktion des Anwendungsbereichs des Absatzes 2 über seinen Wortlaut hinaus kann auch nicht angeführt werden, dass nur die in den Absätzen 4 und 5 genannten Vereinbarungen überhaupt einer rechtlichen Überprüfung unterworfen wären und andere Vergütungsvereinbarungen betreffende gesetzliche Reglementierungen darum von vornherein einem nicht hinzunehmenden Vollzugsdefizit unterworfen wären. Zum einen müsste dies dann auch für die Verpflichtung auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität, wie sie in § 71 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. SGB V bestimmt ist, gelten (anders aber ausdrücklich BSG, a.a.O., Rn. 43). Zum anderen sind die nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V zu treffenden Vereinbarungen, auch wenn dieser nicht ausdrücklich selbst den Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet, stets der Billigkeitskontrolle nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 317 Abs. 1, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit zwar keiner Zweckmäßigkeits-, wohl aber einer Rechtmäßigkeitskontrolle unterworfen (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 36 f.).

Schließlich wird der in § 71 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. SGB V bestimmte Grundsatz der Beitragssatzstabilität, jeweils auf einzelne Leistungsbereiche angewandt, erst über die Konkretisierung in Absatz 2 der Vorschrift überhaupt annähernd justizierbar. Denn für Leistungsbereiche, auf die wie bei der der häuslichen Krankenpflege nur ein verschwindend geringer Anteil der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung entfällt, käme die Feststellung einer Gefährdung der Beitragssatzstabilität andernfalls quasi nie in Betracht, weil gar nicht ausgeschlossen werden könnte, dass nicht über denkbare Beitragsüberschüsse oder zumindest (bereits geringe) Ausgleichsmechanismen durch die Krankenkassen eine Beitragssatzerhöhung hier ausgeschlossen werden könnten.

Vergütungssteigerungen über die Grundlohnsummensteigerungsrate hinaus sind damit allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie sind aber im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben rechtfertigungsbedürftig. Eine Rechtfertigung kann dabei nicht nur nach § 71 Abs. 2 Satz 2 SGB V – dessen Voraussetzungen vorliegend erkennbar nicht gegeben sind –, sondern auch nach § 71 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGB V erfolgen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 5.11.2008, B 6 KA 55/07 R juris, Rn. 23 f.; Urteil vom 23.6.2010, B 6 KA 4/09 R, juris Rn. 17; LSG BB, Urteil vom 21.12.2011, L 24 KA 39/08 KL, juris, Rn. 20; auch SG Wiesbaden, Urteil vom 18.09.2007, S 2 KR 170/07, juris, Rn. 42).

Eine solche Rechtfertigung nach § 71 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGB V – derer es vorliegend angesichts der mit dem Schiedsspruch festgesetzten Vergütungssteigerung um 3,9 % bei einem gleichzeitig nach § 71 Abs. 3 SGB V ministeriell festgelegten Richtwert für die Vergütungsanhebung um 1,41 % in 2009 bzw. um 2,06 bei Berücksichtigung der Anhebung aus 2008 tatsächlich bedarf – durfte die Schiedsperson vorliegend annehmen und im Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative davon ausgehen, dass die festgesetzte Vergütungssteigerung erforderlich sei, um den Leistungserbringern der Beklagten bei Ausschöpfung vorhandener Wirtschaftlichkeitsreserven in die Lage zu versetzen, die notwendige medizinische Versorgung der ihnen anvertrauten Versicherten zu gewährleisten. Die Anforderungen in Bezug auf die Ermittlung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGB V durch die Schiedsperson dürfen dabei im Hinblick auf deren Stellung und Funktion nicht überspannt werden. Die Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V ist nicht hoheitlich handelnde Behörde, sondern als (öffentlich-rechtlicher) Schlichter und Vertragshelfer außergerichtlicher Konfliktlöser im Rahmen eines vertraglichen Schiedsverfahrens. Sie unterhält in der Regel keinen Verwaltungsapparat und ist in besonderer Weise auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Zu einer "Sachaufklärung von Amts wegen" ist sie aufgrund der ihr gesetzlich zugeschriebenen Rolle weder berufen noch – schon in Ermangelung jeglicher gesetzlicher Absicherung einer Ausstattung mit den entsprechenden Ressourcen – regelmäßig in der Lage. In der Regel ist es deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn die Schiedsperson ihrem Schiedsspruch allein die im Verfahren vorgebrachten Angaben der Beteiligten zu Grunde legt und diese (wertend) in ihre Erwägungen einbezieht (vgl. zu den begrenzten Anforderungen auch an die Begründung des Schiedsspruchs, die auf eben diesen Erwägungen beruhen: BSG, Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 R, juris, Rn. 38). Auf diesen Angaben muss sie sich – in der Begründung des Schiedsspruchs erkennbar – in jedenfalls nachvollziehbarer Weise ein Urteil bilden. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich dabei auf die Frage, ob der Schiedsspruch die Angaben der Beteiligten ausreichend berücksichtigt, in der Bewertung und Gewichtung dieser Angaben plausibel und nachvollziehbar und das auf der so bestimmten Entscheidungsgrundlage gefundenen Ergebnis letztlich vertretbar ist. Darüber hinaus findet nicht nur keine Zweckmäßigkeitskontrolle statt (BSG, a. a. O., Rn. 37), sondern das Gericht ist auch nicht berufen, die der Schiedsperson selbst nicht auferlegten Sachaufklärungspflichten in eigener Rolle nachzuholen und eine über den Umfang des Schiedsverfahrens hinausgehende Amtsermittlung zu betreiben. Den Beteiligten des Schiedsverfahrens nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V kommt damit eine – zur Überzeugung des Gerichts so in der gesetzlichen Konzeption zwingend angelegte – weitreichende (Letzt )Verantwortung für die Darlegung der ihre jeweiligen Forderungen stützenden wesentlichen (betriebs-)wirtschaftlichen und sonstigen tatsächlichen Grundlagen zu. Sie haben es letztlich in der Hand, die Schiedsperson mit belastbaren Informationen, insbesondere mit nachvollziehbar aufbereitetem Datenmaterial zu versorgen, um dieser eine – auch aus ihrer Sicht – ausreichende Entscheidungsgrundlage zu bieten. Dass es dabei im Rahmen des Abschlusses von Kollektivverträgen naturgemäß nicht um die Daten und insbesondere Gestehungskosten einzelner Pflegedienste gehen kann, sondern es eines generellen, vom einzelnen Pflegedienst losgelösten Maßstabs bedarf (BSG, a. a. O., Rn. 39), ändert hieran nichts im Grundsatz, sondern nur hinsichtlich der Auswahl und Aussagekraft der vorzulegenden Daten. Schließlich lässt die gesetzliche Konzeption zu, dass über die Schiedsperson ein subjektives Element auch im Hinblick darauf Einzug in die Entscheidungsfindung hält, ab wann von hinreichend konkreten und belastbaren Hinweisen auf eine wirtschaftlich zwingend erforderlich Vergütungsanhebung auszugehen ist; auch hier können verschiedene Schiedspersonen noch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ohne dass es Aufgabe des Gerichts wäre, insofern – etwa in der vergleichenden Betrachtung verschiedener Schiedssprüche unterschiedlicher Schiedspersonen – einen einheitlichen Beurteilungsmaßstab oder einheitliche Ergebnisse sicherzustellen. Hätte der Gesetzgeber anderes im Sinn gehabt, hätte er auch für die häusliche Krankenpflege eine Schiedsamtsregelung, wie sie etwa in §§ 73b Abs. 7, 73c Abs. 6, 84 Abs. 1, 89, 115b Abs. 3 oder 118 Abs. 2 SGB V vorgesehen ist, treffen oder andere allgemeinverbindliche Verfahren festlegen können.

An diesem Maßstab gemessen ist an der Annahme der Schiedsperson, dass den den Klägern angeschlossenen Pflegediensten bei Zugrundelegung einer Vergütungssteigerung in Höhe der Veränderungsrate nach § 71 Abs. 3 SGB V im Leistungserbringerjahr 2009 um 1,41 % eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und den Qualitätsanforderungen entsprechende Leistungserbringung nicht mehr möglich gewesen wäre, nichts zu erinnern. Die Beklagten haben – von den Klägern in der Sache unwidersprochen – nachvollziehbar und rechnerisch detailliert Preissteigerungsraten bei den Gestehungskosten der ihnen angeschlossenen Pflegedienste dargelegt, die erheblich über der Grundlohnsummensteigerungsrate und auch noch über dem Ergebnis des Schiedsspruchs liegen. Insbesondere die überwiegende Tarifbindung der Pflegedienste der LIGA und die damit bestehende Bindung an dortige Vergütungsentwicklungen wurden von den Klägern weder im Schieds- noch im gerichtlichen Verfahren in Frage gestellt. Zur Unmöglichkeit weiterer Einsparungen an anderer Stelle haben die Beklagten zwar keine Zahlen vorgelegt; angesichts des ganz überwiegenden Anteils der Personal- an den Gestehungskosten ist aber auch für das Gericht nachvollziehbar, dass bei Berücksichtigung des auch in der Vergangenheit liegenden Auseinanderfallens von Lohn- und Vergütungssteigerungen Wirtschaftlichkeitsreserven weitestgehend ausgeschöpft sein dürften. Die dem korrespondierende Annahme auch der Schiedsperson ist daher aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar und angesichts des eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs nicht weiter zu beanstanden. Dies gilt im Übrigen unabhängig von den von der Schiedsperson zusätzlich ins Feld geführten Erwägungen zu vorzeitigen Krankenhausentlassungen, Multimorbidität der zu Pflegenden und der Frage, inwieweit die Krankenpflege in der Praxis tatsächlich auch ungelernten Kräften überlassen werden kann. Diese Aspekte haben zwar das Potential, das gefundene Ergebnis zusätzlich zu bestärken; Voraussetzung für dessen Billigkeit sind sie angesichts des im Übrigen vorliegenden Zahlenmaterials zu Preisindex- und Tariflohnentwicklung indes nicht.

dd) Die Kläger können die geltend gemachte Unbilligkeit des angefochtenen Schiedsspruchs schließlich auch nicht darauf stützen, dass die festgesetzte Vergütung dem Marktpreis widersprochen habe. Soweit die Kläger darauf abstellen, dass mit privaten Leistungsanbietern geringere Vergütungssätze und insbesondere auch eine geringere Hausbesuchspauschale vereinbart wurde, so rechtfertigt dies nicht die Annahme einer Unbilligkeit. Denn wenn die den Beklagten angehörenden Pflegedienste 42,7 % der Gesamtzahl der mit häuslicher Krankenpflege versorgten Versicherten betreuten (so laut dem Vortrag der Kläger für 2006, wobei für 2009 dann von ähnlichen Zahlen ausgegangen werden darf), so zeigt die fehlende Vereinbarung zwischen ihnen und den Klägern gerade, dass ein Großteil der Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht wird, ohne dass das den privaten Leistungsanbietern gewährte Leistungsentgelt maßgeblich wäre. Die Beklagten mögen damit eine geringere Anzahl an juristisch selbständigen Leistungserbringern auf sich vereinigen als die privaten und kommunalen Pflegedienste zusammen. Dennoch haben sie durch ihren hohen Anteil an der Gesamtzahl der versorgten Versicherten mit häuslicher Krankenpflege einen ganz erheblichen Einfluss auf die Preisgestaltung. Ein mit den privaten Pflegediensten vereinbarter Preis, der für die häusliche Krankenpflege von jedenfalls 42,7% der anspruchsberechtigten Versicherten nicht gilt, kann nach Überzeugung des Gerichts von vornherein nicht als Marktpreis angesehen werden (vgl. entsprechend zum Schiedsspruch vom 02.05.2007 Hessisches LSG, Urteil vom 26.11.2009, L 8 KR 325/07, Rn. 76).

ee) Im Übrigen hat sich über die seit 2007 eingesetzte Vergütungsentwicklung zwar tatsächlich eine Schere zwischen den Pflegediensten der LIGA und den privatgewerblichen Pflegediensten aufgetan. Diese kann indes nicht zu einem zwangsläufigen "race to the bottom" im Sinne einer Allgemeingültigkeitserklärung des jeweils schwächsten Verhandlungs- oder auch Schiedsergebnisses führen.

Damit war die Klage insgesamt abzuweisen.

3. Den Klägern waren nach § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten aufzuerlegen, weil die Kläger mit ihrer Klage vollständig unterlegen sind.

4. Die Höhe des Streitwertes wird nach dem Regelstreitwert von 5.000 Euro bestimmt (§ 52 Abs. 2 GKG), da der Sach- und Streitgegenstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Das Verfahren gegen den ursprünglichen Beklagten zu 12. wurde vollständig abgetrennt. Der allein gegen diesen gerichtete Hilfsantrag, der einen eigenständigen zweiten Streitgegenstand darstellte und für den nochmals der Regelstreitwert von 5.000 Euro angefallen ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 R, juris, Rn. 11, 51), ist damit Gegenstand des abgetrennten Verfahrens geworden, zu dem eine eigene Streitwertentscheidung erging.

5. Die Möglichkeit der Berufung gegen das Urteil ergibt sich bereits aus § 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
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