S 83 KA 41/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
83
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 41/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Allein dass fachgruppenübergreifende Leistungen in einer Arztgruppe durchschnittlich nur äußerst selten erbracht werden, hat für denjenigen, der diese Leistungen besonders häufig erbringt, noch nicht die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zur Folge.
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Praxisbesonderheiten (Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung, GOP 01510 und 01511 EBM-Ä) für das Quartal III/2016. Der Kläger nimmt seit dem 01.07.1993 als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Verwaltungsbezirk an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er hat die Zusatzbezeichnung Medizinische Tumortherapie und nimmt an der Onkologie-Vereinbarung teil. Mit Bescheid vom 30.05.2016 wurde dem Kläger ein RLV/QZV i.H.v. 58.092,46 Euro zugewiesen. Darin enthalten war das QZV 46 (Praxisklinische Beobachtung und Betreuung), welches für die Arztgruppe des Klägers (Arztgruppe 12) nach Leistungsfall berechnet wurde. Wie sich aus dem RLV-QZV-Bescheid ergibt, betrug der Fallwert für das QZV 46 200,96 Euro, so dass sich bei 124 Leistungsfällen aus dem Vorjahresquartal insgesamt einen Betrag i.H.v. 24.918,90 Euro ergab. Der Kläger erhielt im Quartal III/2016 ein Gesamthonorar i.H.v. 106.370,55 Euro. Neben den durch das RLV/QZV vergüteten Leistungen i.H.v. 59.627,77 Euro wurden dem Kläger die im Rahme der Onkologie-Vereinbarung erbrachten Leistungen i.H.v. 40.695,56 Euro vergütet. Am 07.07.2016 beantragte der Kläger, das ihm zugewiesene RLV/QZV für das Quartal III/2016 wegen des Vorliegens von Praxisbesonderheiten zu erhöhen. Als fachliche Spezialisierung seien insbesondere die onkologischen Leistungen zu benennen. Diese würden in seiner Praxis überdurchschnittlich häufig erbracht. Insgesamt weise seine Praxis ein besonderes Leistungsspektrum auf, das durch die RLV/QZV nicht ausreichend abgebildet werde. Mit Bescheid vom 02.01.2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die einzigen Leistungen, die mindestens 20 % am Gesamtpunktzahlvolumen ausmachten, seien die GOP 01510, 01511 EBM-Ä (Praxisklinische Beobachtung und Betreuung). Dabei handele es sich jedoch um fachgruppentypische Leistungen, die nicht als Praxisbesonderheiten in Betracht kämen. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2017 zurückgewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG (Verweis auf das Urteil vom 29.09.2011, Az. B 6 KA 20/10 R) könnten fachgruppentypische Leistungen keine Praxisbesonderheiten begründen. Dass es sich bei den Leistungen der Praxisklinischen Betreuung um fachgruppentypische Leistungen handele, sei auch durch das SG Berlin (Verweis auf das Urteil vom 19.02.2014, Az. S 79 KA 101/11) bestätigt worden. Am 26.02.2018 hat der Kläger Klage erhoben. Allein, dass es sich bei den Leistungen um allgemeine fachgruppenübergreifende Ziffern handele, bedeute noch nicht, dass sie fachgruppentypisch seien. Dies könne nicht schon daraus geschlossen werden, dass sie von allen Gynäkologen erbracht werden könnten. Es komme vielmehr entscheidend darauf an, in welcher Weise die Leistungen tatsächlich von der Fachgruppe erbracht würden. Die Leistungen seien zudem, wie auch im Urteil der 79. Kammer gefordert, fachgruppenübergreifend: Es handele sich um Leistungen, die eine besondere Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erforderten. Während der Erbringung der Leistungen müssten sich die Patienten über mehrere Stunden in der Praxis aufhalten. Es seien also zusätzliche Räume erforderlich. Entsprechend habe er in seiner Praxis zwei vom übrigen Praxisbereich abgetrennte Räume, in denen ausschließlich die hier relevanten Chemotherapien durchgeführt würden. In diesen Räumen befänden sich spezielle Therapiesessel. Diese seien nötig, weil die Infusionen teilweise bis zu fünf Stunden liefen. Zudem werde in beiden Räumen eine Kältetherapie der Kopfhaut durchgeführt, mit welcher der Haarverslust unter der Chemotherapie verhindert werden könne. Es seien zudem sowohl finanzielle als auch infrastrukturelle besondere Aufwendungen nötig, um die nach der Infusion der Zytostatika leeren Medikamentenbehälter zu entsorgen. Diese Entsorgung sei deshalb so aufwendig, weil es sich um hoch toxische Substanzen handele, von denen auch nach erfolgter Infusion noch Reste in den Behältern verblieben. Zudem halte er in seiner Praxis eine Notfallausrüstung, falls es unter der Chemotherapie zu Komplikationen bei den Patientinnen komme. Er beschäftige außerdem besonders geschultes Personal, das jährliche weitergebildet werden müsse, damit es auf dem medizinisch-fachlich notwendigen Stand sei. Um die Leistung der medikamentösen Tumortherapie auch erbringen zu können, bedürfe es zudem einer besonderen Qualifikation. Er nehme an der Onkologie-Vereinbarung teil. Voraussetzung für die Teilnahme und damit verbunden die Durchführung der medikamentösen Tumortherapie und die Erbringung der Leistungen der praxisklinischen Beobachtung und Betreuung sei, dass die weiterbildungsrechtliche Qualifikationsanforderung erfüllt sei. Konkret handele es sich um die Vorgabe, die Zusatzbezeichnung "medikamentöse Tumortherapie" zu führen. Das BSG habe zudem entschieden, dass ein mögliches Indiz für die Atypik im Vergleich zu Fachgruppe eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit in einem Spezialgebiet sei (Verweis auf das Urteil vom 29.06.2011, Az. B 6 KA 17/10 R, Rn. 21). Dies sei vorliegend gegeben. Gerade weil so wenige in seiner Fachgruppe diese Leistungen erbringen, bilde das QZV die Leistungserbringung nicht ausreichend ab. Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 02.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über seinen auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten für das Quartal III/2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Widerspruchsbescheid. Zwar sei es zutreffend, dass die Fachgruppe der Gynäkologen diese Leistungen im Vergleich zum Kläger in einem deutlich geringerem Umfang abrechne. Darauf komme es vorliegend jedoch nicht an. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich bei den Leistungen um arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen handele, deren Abrechnung weder eine spezielle Praxisausstattung noch besondere Qualifikationen des abrechnenden Arztes erforderten. Das Vorhalten weiterer Räume stelle keine besondere Praxisausstattung dar; gemeint seien damit spezielle Geräte. Mit den Leistungen der praxisklinischen Betreuung werde aber ohnehin "nur" ein besonderer Zeitaufwand abgegolten, nicht aber eine besondere apparative Ausstattung. Das Erfordernis der besonderen Qualifikation für die Durchführung der medikamentösen Tumortherapie werde nicht in Abrede gestellt. Diese Leistungen seien hier jedoch weder streitig, noch könnten sie Praxisbesonderheiten begründen. Die nach der Onkologie-Vereinbarung erbrachten Leistungen würden nämlich ohnehin außerhalb der RLV mit besonderen Kostensätzen vergütet. Die praxisklinische Überwachung stehe damit zwar im Zusammenhang mit der medikamentösen Tumortherapie. Diese werde aber eben nicht über die praxisklinische Betreuung abgerechnet, sondern gesondert vergütet. Das LSG Berlin-Brandenburg habe im Übrigen zwischenzeitlich das Urteil der 79. Kammer bestätigt (Verweis auf Urteil das vom 13.06.2018, Az. L 7 KA 39/15). Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten. Rechtsgrundlagen für die RLV/QZV-Zuweisung für das Quartal III/2016 sind § 87b Abs. 1 SGB V und der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten für das Jahr 2016. Die Berechnung des arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumens (RLV) erfolgt nach der Anlage 5 Nr. 2 des HVM 2015 durch die Multiplikation des arztgruppenspezifischen Fallwertes mit der Anzahl der RLV-Fälle des Arztes gemäß § 9 Abs. 2 HVM im Vorjahresquartal unter Berücksichtigung der Fallzahlsteuerung gemäß § 9 Abs. 3 HVM 2015. Die Ermittlung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina (QZV) erfolgt gemäß § 10 HVM in der Weise, dass ein Arzt für die in ANLAGE 6 HVM aufgeführten Leistungsbereiche ein arztgruppenspezifisches QZV erhält, wenn er in den für das Vorjahresquartal zur Abrechnung eingereichten Fällen gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BMV-Ä (nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung i.S.d. HFB) mindestens eine Leistung des entsprechenden Leistungsbereichs gemäß ANLAGE 6 HVM erbracht und abgerechnet hat und er die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führt. Die Berechnung der QZV erfolgt entweder je RLV-Fall im Sinne des § 9 Abs. 2 HVM unter Berücksichtigung der Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 9 Abs. 3 HVM und der Fallzahlunterschreitung gemäß § 9 Abs. 4 HVM (sog. R-QZV). D.h. das QZV wird durch Multiplikation der Anzahl der RLV-Fälle aus dem Vorjahresquartal mit dem QZV-Fallwert der Arztgruppe ermittelt. Oder die Berechnung erfolgt je Leistungsfall (L-QZV). D.h. das QZV wird durch die Multiplikation der Anzahl der Leistungsfälle des Arztes aus dem Vorjahresquartal mit dem QZV-Fallwert der Arztgruppe ermittelt. Für jeden in ANLAGE 6 HVM aufgeführten Leistungsbereich ist dargestellt, ob sich das QZV je RLV-Fall oder je Leistungsfall berechnet. Das QZV für die GOP 01510, 01511 und 01512 EBM-Ä (QZV 46) wird für die Fachgruppe des Klägers aufgrund von Leistungsfällen ermittelt. Das ermittelte RLV/QZV je Arzt kann gegebenenfalls entsprechend den nach § 15 HVM festgestellten Praxisbesonderheiten angepasst werden. Nach § 15 HMV kann die Beklagte auf Antrag eines Arztes Praxisbesonderheiten feststellen. Diese liegen vor, wenn ein besonderer Versorgungsauftrag und/oder eine besondere, für die Versorgung bedeutsame fachliche Spezialisierung besteht und zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen RLV-Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30 % im Vergleich zum individuellen Fallwert des entsprechenden Vorjahresquartals vorliegt. Ein besonderer Versorgungsauftrag bzw. eine besondere, für die Versorgung bedeutsame fachliche Spezialisierung können z.B. sein: Besuchstätigkeit in der ärztlichen Betreuung in beschützenden Wohnheimen bzw. Einrichtungen bzw. Alten- oder Pflegeheimen; Durchführung von Leistungen nach GOP 01410, 01413; Durchführung von Leistungen nach GOP 20330, 20331, 20335, 20336, 20351, 20352; Durchführung von Leistungen nach GOP 34502, 34503 bei akuter oder chronischer Schmerzsymptomatik; Durchführung von Leistungen nach GOP 30130 durch Allergologen oder Durchführung von Leistungen der EBM-Abschnitte 4.4 und 4.5 durch Kinderärzte. Neben der Frage, ob es sich bei den Leistungen, die nach Auffassung des betroffenen Arztes die Besonderheit seiner Praxis ausmachen, tatsächlich um zu berücksichtigende Praxisbesonderheiten handelt, streiten nach der Rechtsprechung des BSG Besonderheiten einer Praxis dann für eine Ausnahme von den RLV im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Als überdurchschnittlich in diesem Sinne hat das BSG einen Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % angesehen (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 18/10 R –, Rn. 23, BSG, Beschluss vom 28. August 2013 – B 6 KA 24/13 B –, Rn. 4). Um einerseits von einem dauerhaften Versorgungsbedarf ausgehen zu können, andererseits aber auch Schwankungen zwischen den Quartalen aufzufangen, ist nicht auf jedes einzelne Quartal abzustellen. Ausreichend ist, dass sich die Überschreitungen als Durchschnittswert in einem Gesamtzeitraum von vier aufeinander folgenden Quartalen ergeben (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 18/10 R –, Rn. 23). Die Kammer hält daran – auch für den Zeitraum ab dem 01.01.2012 – fest. Vorliegend machen allein die Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung (EBM GOP 01510 und 01511) beim Kläger über 20 % am Gesamtpunktzahlvolumen aus. Der Kläger erfüllt auch die in § 15 HVM genannte Voraussetzung des Überschreitens des durchschnittlichen RLV-Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30 % im Vergleich zum individuellen Fallwert des entsprechenden Vorjahresquartals. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die entscheidende Frage ist vorliegend, ob es sich bei den Leistungen der praxisklinischen Beobachtung und Betreuung um Leistungen handelt, die als Praxisbesonderheiten anerkennungsfähig sind. Dies ist nach Auffassung der Kammer zu verneinen. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genügt es nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV/QZV muss vielmehr darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM-Ä. Zusätzlich ist erforderlich, dass die Honorierungsquote für die speziellen Leistungen überdurchschnittlich gering ist, was voraussetzt, dass das Gesamtleistungsvolumen insgesamt signifikant überdurchschnittlich hoch ist. Erhebliches Gewicht kann dem Gesichtspunkt zukommen, dass das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem Spezialisierungsbereich die Budgetgrenze übersteigt (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Oktober 2017 – L 7 KA 18/14 –, Rn. 72, unter Verweis auf BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 20/10 R). Es kommt für die Frage, ob eine Leistung fachgruppentypisch ist oder nicht, also nicht allein darauf an, ob die Leistung von der entsprechenden Fachgruppe im Durchschnitt ansonsten nur sehr selten erbracht wird. Denn dass dies hinsichtlich der GOP 01510 und 01511 EBM-Ä bei der Arztgruppe 12 hier der Fall ist, ist unstreitig (nach Mitteilung der Beklagten machten diese Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen der Arztgruppe der Gynäkologen im Quartal III/2015 nur 0,98 und im Quartal III/2016 nur 1,46 % aus). Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass das BSG als mögliches Indiz für die Atypik im Vergleich zur Fachgruppe angesehen hat, dass im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit in einem Spezialgebiet vorliegt (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 17/10 R, Rn. 21). Das BSG hat jedoch auch betont, dass allein der Umstand, dass bestimmte Leistungen nur von einer relativ geringen Zahl von Ärzten der Fachgruppe abgerechnet wurden, im Ergebnis nicht ausschlaggebend sein kann: "Der Senat hat in seiner Rechtsprechung (vgl die Urteile vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R, B 6 KA 18/10 R, B 6 KA 19/10 R, B 6 KA 20/10 R) nicht entschieden, dass die besonders häufige Erbringung von Leistungen, die von weniger als der Hälfte der Ärzte der Fachgruppe abgerechnet werden, generell eine Praxisbesonderheit begründen würde. Das wäre auch nicht sachgerecht. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Ärzte einer Fachgruppe auf unterschiedliche Leistungen spezialisieren. Das kann zur Folge haben, dass Leistungen, die ausschließlich von Ärzten der Fachgruppe erbracht und abgerechnet werden dürfen, dennoch jeweils von weniger als 50 % der Fachgruppe erbracht werden. Wenn allein dieses Kriterium herangezogen werden dürfte, müssten in einer solchen Konstellation alle Ärzte der Fachgruppe Praxisbesonderheiten geltend machen können. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des LSG sind jedoch weitere - in der Rechtsprechung des Senats entwickelte - Kriterien in die Beurteilung einzubeziehen. (BSG, Beschluss vom 21. März 2018 – B 6 KA 70/17 B –, Rn. 13). Allein die Tatsache, dass es sich vorliegend nicht um arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen, sondern um allgemeine arztgruppenübergreifende Leistungen handelt, führt dabei allerding noch nicht dazu, dass eine Anerkennung als Praxisbesonderheit von vornherein zu verneinen ist. Ersichtlich handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der Nennung der arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen nicht um eine strikte Voraussetzung ("typischerweise"). Grundsätzlich ist es deshalb auch denkbar, dass arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen als Praxisbesonderheiten in Betracht kommen. Allerdings müssen diese eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern, was vorliegend hinsichtlich der GOP 01510 und 01511 EBM-Ä nicht gegeben ist. Die GOP 01510 und 01511 haben nach der Leistungslegende des EBM folgenden Inhalt: "Obligater Leistungsinhalt - Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (fortgeschrittenes Malignom, HIV-Erkrankung im Stadium AIDS) in einer Arztpraxis oder praxisklinischen Einrichtung gemäß § 115 Abs. 2 SGB V, in ermächtigten Einrichtungen oder durch einen ermächtigen Arzt gemäß §§ 31, 31a Ärzte-ZV unter parenteraler intravasaler Behandlung mittels Kathetersystem und/oder - Beobachtung und Betreuung eines Kranken in einer Arztpraxis oder praxisklinischen Einrichtung gemäß § 115 Abs. 2 SGB V, in ermächtigten Einrichtungen oder durch einen ermächtigen Arzt gemäß §§ 31, 31a Ärzte-ZV unter parenteraler intravasaler Behandlung mit Zytostatika und/oder monoklonalen Antikörpern und/oder - Beobachtung und Betreuung eines kachektischen Patienten mit konsumierender Erkrankung während enteraler Ernährung über eine Magensonde oder Gastrostomie (PEG) in einer Praxis oder praxisklinischen Einrichtung gemäß § 115 Abs. 2 SGB V, in ermächtigten Einrichtungen oder durch einen ermächtigen Arzt gemäß §§ 31, 31a Ärzte-ZV und/oder - Beobachtung und Betreuung einer Patientin, bei der ein i.v.-Zugang angelegt ist, am Tag der Eizellentnahme, entsprechend der Gebührenordnungsposition 08541 und/oder - Beobachtung und Betreuung eines Patienten nach einer Punktion an Niere, Leber, Milz oder Pankreas." Die GOP 015010 und 01511 EBM unterscheiden sich lediglich hinsichtlich der Mindestdauer, welche die Beobachtung und Betreuung aufweisen müssen. Unstreitig sieht der EBM für die Abrechnung dieser Zusatzpauschalen keinerlei Qualifikationen vor. Daran ändert sich auch nichts, dass diejenigen Ärzte, die die Zusatzpauschalen abrechnen, in der Regel an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen und diese wiederum bestimmte Qualifikationen voraussetzt. Denn die Anforderungen für eine Anerkennung von Praxisbesonderheiten (Qualifikation und Praxisausstattung) müssen für die konkreten Leistungen, die die Praxisbesonderheiten begründen sollen, gegeben sein. Vorliegend kann es nicht um die Praxisbesonderheit "qualifizierte ambulante Behandlung krebskranker Patienten" gehen. Diese Leistungen werden bereits über die Onkologie-Vereinbarung (Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten Anlage 7 zum BMV-Ärzte vom 01.07.2009) gesondert gefördert und außerhalb des RLV vergütet. Der Kläger hat durch die weiteren Räumlichkeiten, die speziellen Therapieliegen und die Vorrichtung für die Entsorgung der leeren Behältnisse unzweifelhaft einen die Praxisausstattung betreffenden Mehraufwand. Da die Abrechnung der GOP 0150 und 01511 EBM-Ä schon keine besondere Qualifikation voraussetzt, kommt es aber vorliegend auch nicht mehr auf die Frage an, ob die Abrechnung eine besondere Praxisausstattung erfordert. Die Kammer kann offen lassen, ob die besondere Praxisausstattung nur in Form von speziellen Apparaten und Geräten gegeben sein kann. Dass der Kläger zudem eine Kältetherapie anbietet, kann darüberhinaus hinsichtlich der Beurteilung von Praxisbesonderheiten nicht berücksichtigt werden. Denn die Kältetherapie ist nicht Leistungsinhalt der hier streitgegenständlichen GOP. Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte selbst in § 15 HVM beispielhaft Leistungen aufzählt, die einen besonderen Versorgungsauftrag bzw. eine besondere, für die Versorgung bedeutsame fachliche Spezialisierung sein können und hinsichtlich derer Praxisbesonderheiten anerkannt werden. Zu nennen ist hier u.a. Besuchstätigkeit in der ärztlichen Betreuung in beschützenden Wohnheimen bzw. Einrichtungen bzw. Alten- oder Pflegeheimen. Für diese, ebenso wie für die weiteren in § 15 HVM beispielhaft aufgezählten Leistungen, ist weder eine besondere Qualifikation noch eine besondere Praxisausstattung erforderlich. Dies – und insbesondere die Tatsache, dass die Aufzählung nicht abschließend ist – könnte dafür sprechen, dass nicht in jedem Fall die von der Rechtsprechung entwickelten strengen Maßstäbe bei der Anerkennung von Praxisbesonderheiten heranzuziehen sind. Nach Auffassung der Kammer ist diese Aufzählung von Leistungen, die keinerlei Spezialisierung oder Praxisausstattung bedürfen, aber gerade deshalb erfolgt, weil die Beklagte diese Leistungen besonders fördern will. Ohne die explizite Nennung der Leistungen im HVM wäre nach den Grundsätzen der Rechtsprechung eine Anerkennung als Praxisbesonderheiten hier nicht möglich. Dabei steht es der Beklagten im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit bei der Honorarverteilung (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 37/11 R, Rn. 21) zu, einzelne Leistungsbereiche besonders zu fördern. Die beispielhafte Aufzählung in § 15 HMV bedeutet deshalb im Umkehrschluss nicht, dass die Beklagte hinsichtlich aller Leistungen nicht mehr auf die Anforderung der besonderen Qualifikation und der besonderen Praxisausstattung abstellen kann. Die Kammer sieht – insoweit ist dem Kläger auch zuzustimmen – vorliegend durchaus, dass es sich um eine Sonderkonstellation handelt. Diese zeigt sich darin, dass die Leistungen im Vergleich zur Fachgruppe durch den Kläger sehr viel mehr abgerechnet werden. Die Abrechnungshäufigkeit der Leistungen in der Fachgruppe im Vergleich zum Gesamtpunktzahlvolumen ist äußerst gering (im Quartal III/2015 nur 0,98 und im Quartal III/2016 nur 1,46 %). Wenn nur sehr wenige Ärzte bestimmte Leistungen abrechnen, können grundsätzlich Durchschnittszahlen schnell an Aussagekraft verlieren. Vor diesem Hintergrund ist ein bloßer Verweis darauf, dass der Arzt für die Leistungen ein QZV erhält, zu kurz gegriffen. Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, für QZV-Leistungen bedürfe es ohnehin keiner Zuschläge in Form der Anerkennung von Praxisbesonderheiten (vgl. SG Düsseldorf, Urteil vom 06. Juli 2016 – S 33 KA 414/12 –, Rn. 14), kann dies vorliegend nicht gelten, da in § 15 HVM der Beklagten ausdrücklich auch die Möglichkeit der Anhebung des QZV-Fallwertes genannt ist. Dies bedenkend ist die Kammer dennoch der Auffassung, dass vorliegend die Entscheidung der Beklagten, keine Praxisbesonderheiten zuzuerkennen, nicht zu beanstanden ist. Die Durchsicht der Anlage 6 des HVM zeigt, dass in den meisten Fällen das QZV 46 (GOP 01510, 01511, 01512) nach RLV-Fällen berechnet wird. Nach § 10 Abs. 1 HVM hat die Beklagte – wie oben dargestellt – die Wahl, ob die QZV nach RLV-Fällen oder nach Leistungsfällen berechnet werden. Der Kammer ist bekannt dass die Beklagte in den Fällen, in denen die Erbringung der QZV-Leistungen innerhalb der Fachgruppe relativ homogen erfolgt, die QZV nach RLV-Fällen berechnet werden. Ist die Leistungserbringung innerhalb der Fachgruppe aber heterogen, wird das QZV nach Leistungsfällen berechnet. Diese Differenzierung wurde von Seiten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt. Vorliegend hat die Beklagte die große Heterogenität hinsichtlich der Abrechnung der GOP 01510 und 01511 EBM-Ä innerhalb der Fachgruppe der Gynäkologen insoweit also schon berücksichtigt, als die Berechnung des QZV hier nach Leistungsfällen erfolgte. Wie oben schon dargestellt, wird das QZV damit durch die Multiplikation der Anzahl der Leistungsfälle des Arztes aus dem Vorjahresquartal mit dem QZV-Fallwert der Arztgruppe ermittelt. Die Ermittlung des QZV anhand von Leistungsfällen hat letztlich zur Folge, dass das QZV für die Ärzte, die diese Leistungen besonders oft erbringen, höher ausfällt. Denn die Ärzte, die nur sehr wenige im QZV abgebildeten Leistungen erbringen, "verdünnen" den Fallwert nicht in der Form, wie dies bei den nach RLV-Fällen ermittelten QZV der Fall ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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