S 13 R 889/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 R 889/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem sechsten Buch Sozialgesetzbuch (gesetzliche Rentenversicherung- SGB VI).

Der 1962 geborene Kläger beantragte am 20.05.2014 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach Beiziehung der Einholung eines Befundberichtes der behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin DM ... vom 03.05.2014 und der Hämostaseologischen Ambulanz vom 11.08.2014 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 den Antrag des Klägers auf volle Erwerbsminderung ab. Nach den medizinischen Feststellungen liegen als Gesundheitsstörungen Kniegelenkversteifung links nach Entfernung eines Sarkoms mit anschließender Chemotherapie und leichtgradige Polyneuropathie vor. Es bestehe ein Leistungsvermögen für 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit gelegentlichem Haltungswechsel ohne Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, Zwangshaltungen, Erschütterungen, Vibrationen, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, Zugluft, extrem schwankende Temperaturen.

Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 10.12.2014 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage gewandt. Er ist der Auffassung, dass er nicht mehr in der Lage ist, 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aktuell gehe der Kläger einer Erwerbstätigkeit als Vorrichter bis zu 5 Stunden täglich nach. Bei dieser Tätigkeit leide der Kläger unter ständigen Schmerzen, da er diese Tätigkeit überwiegend im Stehen ausüben müsse. Bei längerem Stehen und Laufen entstehe in den Fußsohlen ein Taubheitsgefühl sowie ein schmerzendes Brennen. Den Kläger begleite darüber hinaus ein ständiger Pfeifton im Kopf, welcher zu einer Minderung der Konzentrationsfähigkeit führe.

Der Kläger beantragt, 1. den Bescheid vom 26.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 aufzuheben, 2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund des Antrages vom 20.05.2014 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht Halle hat Befundberichte des behandelnden Facharztes für Orthopädie/Chirotherapie Dr ... vom 30.03.2015, des Oberarztes Dr ... aus der Hämostaseologischen Ambulanz vom 08.04.2015, der Fachärztin für Allgemeinmedizin DM ... vom 14.04.2015 und der Fachärztin für Arbeitsmedizin ... vom 29.10.2015 eingeholt. Die Allgemeinmedizinerin DM berichtet von eingeschränkter körperlicher Belastbarkeit und körperlicher Beweglichkeit durch Kniegelenksversteifung links und polyneuropathischen Schmerzen. Die Befunde seien unverändert. Der Oberarzt Dr ... berichtet über einen Lungenrundherd unklarer Dignität. Eine Knochenszintigraphie vom 28.01.2015 zeigte keine Metastasen. Aus onkologischer Sicht müsse dringend eine weitere Abklärung des Lungenbefundes erfolgen. Das linke Bein sei versteift und dadurch sei die Gehfähigkeit eingeschränkt. Der Facharzt für Orthopädie Dr ... teilte als Diagnosen eine chronische Lumboischialgie durch Beinverkürzung links, ISG-Beschwerden links, Fettstoffwechselstörung und Blutdruck mit. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten 3 bis unter 6 Stunden verrichten. Die Fachärztin für Arbeitsmedizin ... teilte mit, dass am 22.04.2015 ein Vor-Ort-Termin in der Werkstatt im unter Teilnahme des Werkstattleiters, des Integrationsfachdienstes, des Klägers und ihr erfolgt sei. Zunächst waren im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung von April bis Mai 2014 die Maßnahmen zum leidensgerechten Einsatz im Werkstattbereich umgesetzt wurden. Der Einsatz in Teilzeit werde aus arbeitsmedizinischer Sicht befürwortet. Durch die Belastung am Arbeitsplatz, insbesondere durch das ausschließliche Stehen und Arbeiten in Zwangshaltung, komme es -trotz der geschaffenen unterstützenden Maßnahmen- durch die dauerhaften gesundheitlichen Einschränkungen zu deutlich gegenüber Gesunden erhöhten Beanspruchungen des gesamten Muskel-Skelett-Apparates. Diese können durch die herabgesetzte tägliche Arbeitszeit beherrscht werden und somit die Erwerbsfähigkeit erhalten bleiben.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und der gerichtlichen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 rechtmäßig ist. Dem Kläger steht keine Erwerbsminderungsrente zu, weil er erwerbsfähig ist.

Nach § 43 Abs.1, Abs.2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise gemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist, an diesem Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Gerichts nicht erwerbsgemindert. Eine Erwerbsminderung des Klägers, d.h. ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als 6 Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung der Kammer nicht belegen. Dies ergibt sich aus den eingeholten Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers, insbesondere aus der ärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Arbeitsmedizin ... vom 29.10.2015. Nach den medizinischen Ermittlungen leidet der Kläger unter einer Kniegelenkversteifung links nach Entfernung eines Sarkoms mit anschließender Chemotherapie und einer leichtgradigen Polyneuropathie.

Dabei geht die Kammer von folgendem Leistungsbild aus: Es besteht ein Leistungsvermögen für 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit gelegentlichem Haltungswechsel, ohne Hocken und Knien, ohne Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, Zwangshaltungen, Erschütterungen, Vibrationen, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, Zugluft, extrem schwankenden Temperaturen.

Nach Auffassung der Kammer kommt der Beurteilung der Arbeitsmedizinerin ... ein höherer Beweiswert als dem Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr ... zu. Denn die Arbeitsmedizinerin war für die Eingliederung des Klägers in seinem Betrieb zuständig und ist im Betrieb weiterhin für den Erhalt der Erwerbsfähigkeit des Klägers zuständig, so dass sie in der Lage ist, eine zuverlässige Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers abzugeben. Sie führte somit aus, dass der Kläger unter den derzeitigen Bedingungen – ständiges Stehen und Arbeiten in Zwangshaltung - seine bisherige Tätigkeit 5 Stunden täglich auszuüben kann. Daher ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger bei Berücksichtigung der oben genannten Leistungseinschränkungen, insbesondere bei Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Ausschluss von Zwangshaltungen, in der Lage ist, leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens 6 Stunden auszuüben. Demgegenüber ist nach Auffassung der Kammer die Leistungsbeurteilung des behandelnden Facharztes für Orthopädie Dr ... für Arbeiten im Umfang von 3 bis unter 6 Stunden dadurch wesentlich geprägt, dass der Kläger in seiner derzeitigen Beschäftigung nur in der Lage ist, eine Teilzeittätigkeit im Umfang von 5 Stunden auszuüben. Unstreitig übt der Kläger derzeit eine nicht leidensgerechte Tätigkeit aus. Dies ist jedoch bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht maßgeblich, sondern es ist allgemein zu prüfen, ob der Kläger abstrakt in der Lage ist, leichte Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen 6 Stunden auszuüben.

Zusammenfassend ist der Kläger danach noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Kläger ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als 6 Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens 6 Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Angelernte des unteren Bereich sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved