S 46 KR 426/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
46
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 46 KR 426/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Krankenbehandlungskosten. Die Klägerin unterhält als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Hamburg eine so genannte Marfan-Sprechstunde im Rahmen der spezialfachärztlichen Versorgung. Am 22. und 23.11.2011 behandelte die Klägerin einen Versicherten der beklagten Krankenkasse in dieser Sprechstunde diagnostisch. Am 31.5.2012 sandte die Klägerin der Beklagten die Rechnung über die ambulante Krankenhausbehandlung in Höhe v. 12.913,17 EUR auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) im Rahmen des elektronischen Datenaustausches nach den Vorgaben der Abrechnung niedergelassener Ärzte bzw. ambulanter Maßnahmen.

Nachdem die Beklagte die Rechnung am 19.01.2012 erhielt, teilte sie mit Schreiben vom 9.7.2012 mit, dass die Krankenkassenverbände die Abrechnung mehrerer so genannter Grundpauschalen im Rahmen der Leistungserbringung ambulanter Behandlungen durch Krankenhäuser mit dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) besprochen hätten und sie zu dem Ergebnis gekommen seien, dass lediglich eine Grundpauschale pro Behandlungsfall abgerechnet werden könne. Alternativen hierzu seien die Abrechnung von Konsiliar- oder Konsultationspauschalen. Dieses Vorgehen gehöre zu den Grundsätzen des EBM. Daher könne die Beklagte die Abrechnung zweier EBM Ziffern nicht anerkennen. Aus diesem Grund habe sie die bereits bezahlte Rechnung entsprechend gekürzt und den Differenzbetrag i.H.v. 32,60 EUR verrechnet.

Mit Prüfanzeige vom 12.7.2012, bei der Klägerin eingegangen am 17.7.2012, zeigte der MDK auf einem handschriftlich veränderten Formular an, dass er mit der Überprüfung des Behandlungsfalles beauftragt worden sei. Insbesondere gehe es ausweislich der handschriftlichen Veränderungen um die Kodierung des EBM. Angefordert wurden Entlassungsberichte inklusive Laborberichten und gegebenenfalls internen Verlegungsberichte sowie Nachweise der abgerechneten EBM-Ziffern. Hierauf antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 16.8.2012 und teilte mit, dass nach ihrer Ansicht für die so genannte ambulante spezialfachärztliche Versorgung eine Beauftragung des MDK nicht infrage komme. Wiederum darauf setzte die Beklagte der Klägerin eine Frist zur Vorlage der notwendigen Unterlagen bis zum 25.9.2012. Andernfalls würde sie die unter Vorbehalt gezahlte Vergütung vollständig verrechnen. Mit Schreiben vom 9.11.2012 teilte sie dann mit, dass die Abrechnung der strittigen EBM-Ziffern bisher nicht nachgewiesen worden sei und daher die Rechnung um einen Betrag von 821,34 EUR gekürzt worden sei. Die Beklagte teilte weiter mit, dass Sie diese Rechnungskürzung rückgängig machen würde und die Rechnung in voller Höhe unter Vorbehalt bezahlen würde, wenn die Klägerin sämtliche angeforderten Unterlagen an den MDK übersenden würde.

Am 21.3.2013 erhob die Klägerin die vorliegende Klage. Sie führt zur Begründung aus, dass sie einen Anspruch auf die vollständige Vergütung habe. Nach ihrer Auffassung richte sich die Vergütung der Leistung nach vergleichbaren vertragsärztlichen Leistungen auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes. Mit Übersendung der Rechnung habe sie sämtliche erforderlichen Abrechnungsdaten an die Krankenkasse übersandt. Hieraus folge unmittelbar die gesetzliche Verpflichtung der Beklagten, die ambulante Behandlung zu bezahlen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) habe bereits im Jahr 2006 konkretisiert, dass auch die Diagnostik und Versorgung von Patienten mit Marfan-Syndrom zu den ambulant im Krankenhaus zu erbringenden Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung gehöre. Die Beklagte sei nicht berechtigt, in diesem Fall den medizinischen Dienst einzuschalten. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit erfolge gemäß § 113 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Einzelfallprüfungen nach § 275 Abs. 1 SGB V seien im Rahmen der spezialfachärztlichen Versorgung nicht vorgesehen. Im Rahmen der Neuregelung, die § 116b SGB V durch das Versorgungsstrukturgesetz erfahren habe, habe der Gesetzgeber noch einmal die Spezifizierung der Behandlung als Teil der vertragsärztlichen Versorgung betont. Nach Auffassung der Klägerin hätten zum Zeitpunkt der Behandlung bzw. der Abrechnung noch keine spezifischen Kalkulationssysteme für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung vorgelegen, wie der Gesetzgeber dies vorgesehen haben. Danach gelte, dass für den hier zu beurteilenden Fall die Vergütung auf Grundlage des EBM mit der jeweiligen regionalen Gebührenordnung erfolge. Die zur Abrechnung notwendige Datenübermittlung erfolgte nach § 295 SGB V. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit erfolge nach den Vorschriften über die vertragsärztliche Versorgung. Gemäß § 106 SGB V sei aber der MDK für die Überprüfung nicht zuständig. Eine dahingehende Vereinbarung sei zum Zeitpunkt der Überprüfung auch nicht getroffen worden. Da die Beklagte schon bei der Abrechnungsprüfung keinen Anspruch auf Überlassung der Patientenunterlagen habe, komme es auch nicht infrage, diese Patientenunterlagen im Rahmen des Rechtsstreits vorzulegen. Im Übrigen habe das BSG zum ambulanten Operieren im Krankenhaus ausgeführt, dass eine Beauftragung des MDK nicht in Frage komme, da § 275 SGB V nicht gelte. Wenn man der Argumentation der Beklagten folgen würde, so könne sich ein Verstoß gegen die Mitwirkungsverpflichtung aus § 276 nur ergeben, wenn auch § 275 SGB V gelte. Dann gelte aber auch § 275 Abs. 1c mit der 6-Wochenfrist. Die sei nicht eingehalten worden. Außerdem sehe § 275 Abs. 4 S. 2 n.F. erst für die Zeit nach 2012 vor, dass der MDK die Aufgaben nach § 116b übernehme, wenn der Landesausschuss ihn damit beauftrage. Für die hier zu beurteilende Zeit vor 2012 komme eine Beauftragung des MDK gerade nicht in Frage. Schließlich gelte hier das Gendiagnostikgesetz, wonach es dem Krankenhaus verboten wäre, die Unterlagen vorzulegen, bis die Beklagte eine schriftliche Einwilligung des Patienten vorlegen könnte. Über all dieses hinaus habe die Beklagte gegen das Aufrechnungsverbot des hamburgischen Landesvertrages verstoßen, selbst wenn nicht, so sei die Aufrechnungserklärung durch das Sammelavis jedenfalls nicht hinreichend bestimmt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.091,83 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozent seit dem 15.11.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, die Prüfung durch den MDK zu verweigern. Sie verkenne den Gehalt der Vorschriften über die Abrechnungsprüfung. Auch nach der alten Gesetzesfassung habe § 113 Abs. 4 entsprechend gegolten, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart sei. Jedoch habe sich § 116b Abs. 6 S. 5 SGB V nur auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen bezogen. Prüfung der Abrechnung erfolge unabhängig hiervon gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Für einige der von der Klägerin abgerechneten EBM-Ziffern siehe die Leistungslegende des EBM vor, dass eine Begründung angegeben werde, die die Art der Erkrankung und die Angabe der Art der Untersuchung und den Multiplikator (Anzahl der durchgeführten Hybridisierungen) voraussetze. Diese Angaben habe die Klägerin nicht gemacht. Daher habe bereits formal keine ordnungsgemäße Abrechnung vorgelegt. Darüber hinaus habe die Beklagte ohne die Hilfe des MDK nicht die medizinische Notwendigkeit der Leistungen in dem von der Klägerin durchgeführten Umfang überprüfen können. Daher habe die Beklagte den MDK beauftragen müssen. Soweit das BSG zum ambulanten Operieren im Krankenhaus ausgeführt habe, dass eine Beauftragung des MDK nicht in Frage komme, folge aber aus der gesetzgeberischen Konzeption andererseits, das sowohl für § 116b alte Fassung und neue Fassung bzgl. der Wirtschaftlichkeitsprüfung ein Verweis auf die §§ 113 Abs. 4 i.V.m. 106 nicht erfolgt sei. Stattdessen erfolge die Prüfung ausdrücklich durch die Krankenkassen und diese Prüfung richte sich nach § 275 SGB V. Hierauf komme es aber auch nicht entscheidend an, da die Krankenkasse auch anhand der übermittelten Daten nicht habe überprüfen können, ob die Leistungen richtig abgerechnet waren, da sie nicht den Vorgaben des EBM entsprachen. Schließlich gelte § 275, der die Kompetenzen des MDK regele, für die Erbringung von Leistungen. Damit seien alle Leistungen i. S. v. § 11 gemeint. § 275 Abs. 1c und die damit verbundene 6-Wochen-Frist gelte aber nur für Krankenhausleistungen. Die hier streitigen Leistungen seien aber gerade keine Krankenhausleistung. Im Übrigen gelte § 275 Abs. 4 S. 2 hier nicht. Darüber hinaus habe es sich bei der Neuregelung im Jahr 2012 lediglich um eine Klarstellung gehandelt. Daraus könne geschlussfolgert werden, dass das was nunmehr eindeutig gelte auch schon vorher gegolten haben solle. Hieraus folge das Prüfrecht des MDK. Im Übrigen gehe § 100 Abs. 1 S. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 276 SGB V den Vorschriften des Gendiagnostikgesetzes vor. Die Vorschrift beziehe sich auch nur auf das Ergebnis der Untersuchung. Nicht jedoch der Methode oder der Anzahl der Untersuchungen. Derartige Unterlagen hätte die Klägerin vorlegen müssen. Schließlich habe die Beklagte auch nicht gegen das Aufrechnungsverbot des hamburgischen Landesvertrages verstoßen, denn dieser gelte für die Vergütungsforderungen der spezialfachärztlichen Versorgung nicht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Sitzungsprotokolle der mündlichen Verhandlungen vom 7.05.2018 und 1.07.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige allgemeine Leistungsklage (vgl. statt vieler BSG Urt. v. 19.12.2017, B 1 KR 18/17 R, Rn. 7 bei juris) ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weiteren Vergütungsanspruch aus anderen Behandlungsfällen, denn die Beklagte hat dagegen aus dem hier streitigen Behandlungsfall zurecht mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch teilweise aufgerechnet und die weiteren Vergütungsansprüche so gem. § 69 Abs. 1 i.V. m. § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB V) und § 389 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Erlöschen gebracht. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB), (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4 (vorgesehen), Rn. 10).

1. Die Beklagte hat zurecht aufgerechnet. Insbesondere hat sie dabei nicht gegen das Aufrechnungsverbot aus dem hamburgischen Landesvertrag verstoßen (dazu a), die Aufrechnungserklärung war hinreichend bestimmt (dazu b) und ihr stand wegen Überzahlung ein Erstattungsanspruch zu(dazu c).

a) Dass die Beklagte hier aufgerechnet hat, verstößt nicht gegen das in § 11 Abs. 5 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gem. § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 19.12.2002, denn dieser ist auf Krankenhausbehandlung, die im Rahmen der spezialfachärztlichen Versorgung erbracht wird, nicht anwendbar. Gem. § 2 des Vertrages regelt er die allgemeinen Bedingungen einer Krankenhausbehandlung, soweit sie gem. § 39 Abs. 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär sowie ambulant erbracht wird. Keine Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V stellt die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (§ 116b SGB V) durch Krankenhäuser mehr dar. Denn seit dem GKV-VStG begründet § 116b SGB V einen eigenen Versorgungsbereich mit eigenen Regeln. Dieser Versorgungsbereich soll gerade "sektorenverbindend" sein, nämlich die Grenzen zwischen den Leistungssektoren der vertragsärztlichen Versorgung und der Krankenhausbehandlung – allerdings nur in einem eng umrissenen Gebiet – überwinden (Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 39 SGB V, Rn. 42).

Der Aufrechnung steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte mit Gegenforderungen aus Krankenhausbehandlungen i.S.v. § 39 SGB V aufgerechnet hätte, denn sie hat ausschließlich mit Forderungen aus ambulanter Behandlung nach § 118 und § 115b SGB V aufgerechnet (vgl. Bl. 173 f. d. A.).

b) Die Aufrechnungserklärung der Beklagten war auch hinreichend bestimmt. Die Aufrechnung als empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung erfolgt nach § 388 S 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Sie setzt voraus, dass sowohl die Hauptforderung (Passivforderung) als auch die Gegenforderung (Aktivforderung) - wenn auch im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) - hinreichend konkret bezeichnet werden (Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl 2016, § 388 RdNr 1). Die Erklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden, es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (vgl BVerfG NJW-RR 1993, 764, 765; BGHZ 26, 241, 244; BGHZ 37, 233; BFHE 139, 487; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl 2016, § 388 RdNr 1; Schlüter aaO), selbst wenn der wirkliche Wille nur unvollkommen oder andeutungsweise aus der Erklärung erkennbar wird (BSG SozR 1300 § 31 Nr 3 mwN). Dabei ist auf den für die Auslegung von Willenserklärungen maßgebenden objektiven Empfängerhorizont abzustellen (vgl nur BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 15 RdNr 11; BGH Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10 - Juris RdNr 9; BGH Beschluss vom 20.10.2005 - IX ZR 246/03 - Juris RdNr 3) (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R –, SozR 4-5562 § 11 Nr 2, Rn. 29). Die Beklagte rechnete vorliegend durch Sammel-Zahlungsavis vom 15.11.2012 auf (vgl. Anlage B6, Bl. 179 ff. d. A.). Dem lassen sich durch Belegnummern und Behandlungsdatum die einzelnen angewiesenen oder zum Erlöschen gebrachten Forderungen entnehmen. Soweit die Klägerin hiergegen einwendet, dass die darauf befindlichen handschriftlichen Eintragungen erst nachträglich im Laufe des Rechtsstreits vorgenommen worden seien, so hat das Gericht hieran zwar keinerlei Zweifel, gleichwohl steht dies der Bestimmtheit der ursprünglichen Aufrechnung ohne die handschriftlichen Zusätze nicht entgegen, denn ohne weitere bestimmende Erklärung vollzieht sich die Bestimmbarkeit der Aufrechnungserklärung durch zusätzliche Geltung des § 366 Abs. 2 BGB. Bei einer Mehrheit von Forderungen kann der aufrechnende Teil gemäß § 396 Abs 1 S 1 BGB die Forderungen bestimmen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollen, wenn der eine oder der andere Teil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen hat. Wird die Aufrechnung - wie hier - ohne eine solche Bestimmung erklärt, findet § 366 Abs 2 BGB entsprechende Anwendung, der die Tilgungsreihenfolge nach dem vermuteten, vernünftigen Beteiligtenwillen vornimmt (vgl nur Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl 2016, § 366 RdNr 10; Staudinger/Gursky, Bd 2, §§ 362 - 396, 2016, § 396 RdNr 11 ff). Danach wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R –, SozR 4-5562 § 11 Nr 2, Rn. 33).

c) Der Beklagten stand auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (vgl. dazu schon oben), denn die Klägerin hat die Notwendigkeit der einzelnen abgerechneten Positionen nach dem EBM nicht nachgewiesen.

aa) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruches ist § 116b Abs. 5 S. 1 in der Fassung vom 28.05.2008 i.V.m. § 87 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sowie den maßgeblichen Gebührenziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM). Die nach Absatz 2 [des § 116b a.F.) von den Krankenhäusern erbrachten Leistungen werden unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Die Vergütung hat der Vergütung vergleichbarer vertragsärztlicher Leistungen zu entsprechen. Das Krankenhaus teilt den Krankenkassen die von ihm nach den Absätzen 3 und 4 ambulant erbringbaren Leistungen mit und bezeichnet die hierfür berechenbaren Leistungen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (§ 87). Die Vergütung der in den Jahren 2007 und 2008 erbrachten ambulanten Leistungen erfolgt in den einzelnen Quartalen nach Maßgabe des durchschnittlichen Punktwertes, der sich aus den letzten vorliegenden Quartalsabrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung bezogen auf den Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung ergibt. Der Punktwert nach Satz 4 wird aus den im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung geltenden kassenartenbezogenen Auszahlungspunktwerten je Quartal, jeweils gewichtet mit den auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen abgerechneten Punktzahlvolumina, berechnet. Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen regelmäßig acht Wochen nach Quartalsbeginn, erstmals bis zum 31. Mai 2007, den durchschnittlichen Punktwert nach Satz 4 gemeinsam und einheitlich fest. Erfolgt die Feststellung des durchschnittlichen Punktwertes bis zu diesem Zeitpunkt nicht, stellt die für die Kassenärztliche Vereinigung zuständige Aufsichtsbehörde den Punktwert fest. Ab dem 1. Januar 2009 werden die ambulanten Leistungen des Krankenhauses mit dem Preis der in seiner Region geltenden Euro-Gebührenordnung (§ 87a Abs. 2 Satz 6) vergütet (§ 116b SGB 5 in der Fassung vom 28.5.2008).

Die Klägerin war zur Erbringung der Leistung in der spezialfachärztlichen Versorgung zugelassen und die Diagnostik und Behandlung des Marfan-Syndroms war bereits zum Zeitpunkt der Behandlung in die Anlage 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur spezialfachärztlichen Versorgung aufgenommen. Unstreitig hatte die Klägerin der Beklagten auch die für die Abrechnung als solcher erforderlichen Daten übermittelt. Gleichwohl hat sie den Vergütungsanspruch nicht im Rahmen der ihr obliegenden objektiven Beweislast bewiesen.

bb) In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist grundsätzlich anerkannt, dass die Beweislast für die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung im Zweifel das Krankenhaus trifft. Nichts anderes kann für die spezialfachärztliche Versorgung gelten.

Seit der [ ] Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 15. September 2007 – GS 1/06 – entspricht es der ständigen Rechtsprechung aller für Krankenhausvergütungsstreitigkeiten zuständigen Senate, dass der Krankenhausträger die objektive Beweislast für den Vergütungsanspruch und für die Erforderlichkeit auch der Dauer der stationären Behandlung trägt, BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 24/08 R (zu einem Fall der Abrechnung nach DRG, für welche die Verweildauer erlösrelevant war). Bei der hier maßgeblichen Abrechnung nach tagesgleichen Pflegesätzen gilt dies erst recht. Der Entscheidung des Krankenhausarztes hat mithin nicht etwa die Wirkung eines von der Krankenkasse zu widerlegenden Anscheinsbeweis der Notwendigkeit und Dauer einer bestimmten Krankenhausbehandlung (so noch BSG vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R). Gleichwohl kommt bei nachträglicher Prüfung in Grenz- oder Zweifelsfällen im Rahmen der Beweiswürdigung der Beurteilung des behandelnden Arztes besonderes Gewicht zu, weil sich die in der Vergangenheit liegende Behandlungssituation auch bei einer ordnungsgemäßen Dokumentation des Krankheitsgeschehens und des Behandlungsverlaufs unter Umständen nur begrenzt nachvollziehen lässt und der Krankenhausarzt im Zeitpunkt der Behandlung in Kenntnis des Patienten und aller für die medizinische Versorgung relevanten Umstände im Zweifel am ehesten einschätzen kann, welche Maßnahmen medizinisch veranlasst waren (BSG vom 25. September 2007 – GS 1/06 – Rn. 32). Diese ärztliche Einschätzung lässt sich jedoch nicht losgelöst von den tatsächlichen medizinischen Umständen in dem Zeitpunkt betrachten, in welchem sie erfolgt ist. Sie kann daher nur insoweit Berücksichtigung finden, wie sie mit den dokumentierten (ärztlichen und nichtärztlichen) Befunden in Einklang steht. Selbst im Falle einer ausdrücklichen Kostenübernahmeerklärung seitens der Krankenkasse ist eine hinreichende Dokumentation derjenigen Tatsachen nicht entbehrlich, die die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung begründen. Mit einer vorbehaltslosen Kostenübernahmeerklärung werden zwar die der Krankenkasse bekannten oder zumindest erkennbaren Einwendungen ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R). Auch dieser (eingeschränkte) Wechsel der Beweislast setzt indes voraus, dass das Krankenhaus die für die Beurteilung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung erforderlichen Tatsachen sachgerecht dokumentiert hat, da andernfalls das Krankenhaus die Beweislosigkeit durch bloße Untätigkeit herbeiführen könnte. "Bei unterbliebener oder unzulänglicher Dokumentation geht die Beweislast daher, dem Arzthaftungsrecht vergleichbar ( ), trotz des Vorliegens einer Kostenübernahmeerklärung wieder auf das Krankenhaus über", BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R – Rn. 21 (Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. Oktober 2018 – L 6 KR 62/13 –, Rn. 27 - 28, juris).

Zwar ermitteln die Sozialgerichte gem. § 103 SGG den Sachverhalt von Amts wegen, der Amtsermittlungsgrundsatz findet jedoch dort seine Grenze, wo der Sachverhalt durch das Gericht nicht weiter aufgeklärt werden kann. Die objektive Beweislast regelt, wen die Folgen treffen, wenn das Gericht eine bestimmte Tatsache trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann. [ ] Es gilt der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. [ ]. Wesentlich ist, dass die Regeln der objektiven Beweislast erst und nur dann greifen können, wenn das Gericht im Rahmen der Amtsermittlung alle Ermittlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung aller speziellen Umstände des Einzelfalls ausgeschöpft hat (B. Schmidt in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2018, § 103, Rn. 19a m.w.N.). Dies war vorliegend der Fall, denn auch ggü. dem Gericht hat die Klägerin – ebenfalls unter Berufung auf eine fehlende Überprüfungsmöglichkeit der Beklagten – das Gendiagnostikgesetz und datenschutzrechtliche Belange – die Herausgabe der vollständigen Behandlungsunterlagen verweigert, sodass auch das Gericht nicht in der Lage war, sämtliche abgerechneten EBM-Ziffern nachzuvollziehen.

2. Die Klägerin wendet zu Unrecht ein, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, den MDK zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit einzuschalten und dass sie deshalb auch nicht verpflichtet oder gar berechtigt gewesen sei, die Behandlungsunterlagen zunächst an den MDK und später an das Gericht zu übersenden.

a) Die Krankenkasse war berechtigt, zur Überprüfung des Behandlungsfalles den MDK einzuschalten. Diese Befugnis ergibt sich aus § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i.d.F. v. 22.12.2011. Danach sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen. Diese Rechtsgrundlage gilt auch für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung. Dies folgt aus Wortlaut, Historie sowie dem Sinn und Zweck der streitigen Rechtsvorschrift § 116b SGB V.

Der Klägerin ist zuzugeben, dass § 116b Abs. 6 S. 5 i.d.F. v. 28.05.2008 zunächst seinem Wortlaut nach vorsah, dass für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen nach S. 1 § 113 Abs. 4 SGB V entsprechend galt, sodass zunächst unklar war, inwieweit die Krankenkassen berechtigt gewesen wären, zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen den MDK einzuschalten, da § 113 Abs. 4 SGB V dies gerade nicht vorsieht, da er wiederum auf § 106 SGB V verweist, der die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung regelt und diese den Kassenärztlichen Vereinigungen zuweist (§ 106 Abs. 1 S. 1 SGB V).

Tatsächlich unterscheidet § 116b in der hier maßgeblichen Fassung jedoch zwischen einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen nach Abs. 1 (dies ist in Abs. 6 S. 5 geregelt) und einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der im Einzelfall erbrachten Leistung, dies ist in Abs. 5 S. 9 geregelt. Dass es sich bei letzterem um eine Überprüfung der Leistung des Krankenhauses handelt, ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, denn § 116b Abs. 5 S. 1 a.F. regelt die Vergütung der Leistung. § 116b Abs. 5 S. 9 SGB V a.F. sagt aber über den Umfang der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung selbst nichts aus, schränkt sie aber auch nicht wie Abs. 6 S. 5 SGB V weiter ein, sodass die Verweisung auf § 113 Abs. 4 hier nicht gilt, sondern es bei der Leistungsüberprüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bleibt.

Dieses Verständnis der Vorschrift wird letztlich durch die historische Entwicklung der Vorschrift bestätigt. Mit Wirkung zum 1.01.2012 änderte der Gesetzgeber die Vorschrift § 116b SGB V nämlich dahingehend ab, dass § 116b Abs. 6 S. 10 wie folgt gefasst wurde:

"Die Prüfung der Abrechnung und der Wirtschaftlichkeit sowie der Qualität, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss hierzu in der Richtlinie nach Absatz 4 keine abweichende Regelung getroffen hat, erfolgt durch die Krankenkassen, die hiermit eine Arbeitsgemeinschaft oder den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung beauftragen können; ihnen sind die für die Prüfungen erforderlichen Belege und Berechtigungsdaten nach Absatz 2 auf Verlangen vorzulegen" (§ 116b SGB 5 in der Fassung vom 22.12.2011).

In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu weiter, dass dies weitgehend dem bisherigen Recht entspreche und dass die Vorschrift um die Möglichkeit ergänzt worden sei, dass die Krankenkasse eine Arbeitsgemeinschaft beauftragen könne (BT-Drucks. 17/6906, S. 84). Wenn die Rechtslage sich aber laut Gesetzesbegründung nur in Bezug auf die Arbeitsgemeinschaft geändert hat, folgt daraus im Umkehrschluss, dass es sich bei der Nennung des MDK in der Neufassung lediglich um eine Klarstellung gehandelt haben muss und dass daher auch nach der hier geltenden alten Rechtslage bereits die Möglichkeit der Krankenkassen bestand, den MDK zu beauftragen.

Die Klägerin wendet hiergegen ein, dass eine Schlussfolgerung aus der Neufassung des § 116b Abs. 6 S 10 SGB V nur bedeuten könne, dass dann auch nach der hier streitigen alten Gesetzesfassung die Daten nach Abs. 2 zu übermitteln gewesen wären. Ein derartiges Verständnis verkennt jedoch die gesetzessystematische Differenzierung nach der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen und der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit im abgerechneten Einzelfall (s.o). Ein derartiges Verständnis widerspricht darüber hinaus dem Sinn und Zweck der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit einer Leistung, soll im Einzelfall geklärt werden, ob die Leistung, die der Versicherte erhalten hat, notwendig und zweckmäßig war (vgl. § 12 SGB V). dies ist mit den Berechtigungsdaten nach Abs. 2 SGB V nicht möglich, da diese nur die Zulassung des Krankenhauses zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung betreffen und sich ersichtlich nicht mit dem konkreten Versicherten befassen. Also muss der Gesetzgeber unter Beachtung von Sinn und Zweck bei den erforderlichen Belegen und den Berechtigungsdaten im Sinne von S. 10 Hs. 2 um zwei unterschiedliche Gegenstände gemeint haben und die Konkretisierung durch den Bezug auf Abs. 2 kann sich nur auf die Berechtigungsdaten beziehen, nicht jedoch auf die erforderlichen Belege. Im Übrigen wäre die Benennung der "dafür erforderlichen Belege" auch obsolet, wenn ohnehin nur die Daten nach Abs. 2 der Vorschrift gemeint gewesen wären. Dann wäre es ausreichen gewesen, der Gesetzgeber hätte nur letztere genannt. Es darf hingegen davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber keine von vornherein obsoleten Vorschriften oder obsolete Bestandteile von Vorschriften erlässt.

Auch aus dem von der Klägerin angeführten § 275 Abs. 4 S. 2 SGB V folgt nichts anderes. Danach führt der MDK die Aufgaben nach § 116b Absatz 2 durch, wenn der erweiterte Landesausschuss ihn hiermit nach § 116b Absatz 3 Satz 8 ganz oder teilweise beauftragt (Strack in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 275 SGB V). Denn die Aufgabe nach Abs. 2 des § 116b betreffen die Zulassung des Krankenhauses zur spezialfachärztlichen Versorgung. Hier bedarf es zu einer Einschaltung des MDK dessen vorheriger Beauftragung durch den erweiterten Landesausschuss. Hier ist jedoch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 116b Abs. 5 SGB V zu beurteilen. Für diese trifft § 275 Abs. 4 S. 2 SGB V gerade keine Regelung. Die spezielle Regelung des § 275 Abs. 4 S. 2 SGB V bestätigt daher das Ergebnis, dass der Gesetzgeber bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung von vornherein davon ausging, dass diese durch den MDK erfolgen würde bzw. könne. Anderenfalls hätte er auch hierfür eine Vorschrift wie § 275 Abs. 4 S. 2 einfügen müssen. Kommt man aber zu dem Ergebnis, dass der MDK die Wirtschaftlichkeitsprüfung ohnehin nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vornehmen kann, bedarf es einer solchen zusätzlichen Regelung nicht.

Schließlich steht diesem Ergebnis auch nicht die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 1.07.2014 – B 1 KR 1/13 R entgegen. Diese schließt allein die Anwendung von § 275 Abs. 1c SGB V aus (BSG, a.a.O, Rn. 23). Anders als § 115b SGB V in der damals geltenden Fassung regelte § 116b in der hier anzuwendenden Fassung die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Leistung unter Einbeziehung des MDK.

Aus der Anwendbarkeit von § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V folgt wiederum, dass der MDK berechtigt war, die Behandlungsunterlagen bei der Klägerin anzufordern. Sie war im Gegenzug verpflichtet, diese an den MDK zu übersenden. Rechtsgrundlage hierfür ist § 276 Abs. 2 S. 1 f. SGB V. Der Medizinische Dienst darf Sozialdaten nur erheben und speichern, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen nach § 275 und für die Modellvorhaben nach § 275a erforderlich ist; haben die Krankenkassen nach § 275 Abs. 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlaßt, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist.

Im Rahmen dieser Befugnis hielt sich die streitgegenständliche Anforderung von Behandlungsunterlagen (vgl. Bl. 15 d. Verw.A.). Wie die Beklagte zurecht ausführt, kam es auch auf die Frist des § 275 Abs. 1c SGB V nicht an, denn die Vorschrift gilt allein für Krankenhausbehandlung i.S.v. § 39 SGB V. Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung ist keine solche Krankenhausbehandlung. Absatz 1c bezieht sich ausschließlich auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V. Eine Einzelfallprüfung i.S.v. § 275 Abs. 1c SGB V liegt demnach nicht vor bei der Prüfung von Entbindungsfällen nach § 24f SGB V34, für die Prüfung ambulanter spezialfachärztlicher Behandlung nach § 166b SGB V, für die Prüfung von Abrechnungen "Ambulanter Operationen" nach § 115b SGB V (Strack in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 275 SGB V, Rn. 21 mwN.).

b) Diesem Recht der Beklagten bzw. des MDK die Behandlungsunterlagen bei der Klägerin anzufordern stehen weder das Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG) noch sonstige datenschutzrechtliche Belange entgegen.

Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, dass sie auf Grund von § 11 GenDG gehindert sei, dem MDK die Behandlungsunterlagen der gendiagnostischen Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Gem. § 11 Abs. 1 GenDG darf das Ergebnis einer genetischen Untersuchung vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 nur der betroffenen Person und nur durch die verantwortliche ärztliche Person oder die Ärztin oder den Arzt, die oder der die genetische Beratung durchgeführt hat, mitgeteilt werden. Die Abs. 2 und 3 der Vorschrift bestimmen weiter, dass eine nach § 7 Abs. 2 mit der genetischen Analyse beauftragte Person oder Einrichtung das Ergebnis der genetischen Analyse nur der ärztlichen Person mitteilen darf, die sie mit der genetischen Analyse beauftragt hat. Die verantwortliche ärztliche Person darf das Ergebnis der genetischen Untersuchung oder Analyse anderen nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Einwilligung der betroffenen Person mitteilen. Die Vorschrift bezieht sich damit erkennbar nur auf das Ergebnis der humangenetischen Untersuchung, also insbesondere die Frage, ob eine Person an einer genetisch bedingten Erkrankung leidet oder nicht. Dieses Ergebnis der Untersuchung haben aber weder die Beklagte noch der MDK von der Klägerin angefordert. Der MDK hat bei der Klägerin Entlassungsberichte mit kum. Laborbericht/mit internen Verlegungsbericht und Kulativlabor, sowie Sonstiges angefordert. Zwar ist diese Unterlagenanforderung denkbar offen formuliert, es war jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass es der Beklagten namentlich vor allem um die Notwendigkeit der Anzahl der einzelnen Hybridisierungen ging und damit um die einzelnen Schritte der Untersuchung, nicht jedoch um das Ergebnis der Untersuchung. Dies hat die Beklagte auch in beiden mündlichen Verhandlungen wiederholt vorgetragen und darauf hingewiesen, dass auch eine Schwärzung des Ergebnisses aus ihrer Sicht möglich gewesen wäre.

Diese Auffassung teilt das Gericht. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass es ihr unmöglich wäre, dass vom GenDG geschützte Ergebnis in den Unterlagen unkenntlich zu machen.

Auch im Übrigen stehen datenschutzrechtliche Belange nicht entgegen. Dies gilt sowohl für die vorprozessuale Übermittlung als auch für die Übermittlung der Daten im Gerichtsverfahren (vgl. dazu BSG, Urt. v. 19.12.2017, B 1 KR 19/17 R, Rn. 16 ff.), sodass die Klägerin der ihr obliegenden objektiven Beweislast trotz bestehender Möglichkeit der Übersendung der Daten nicht nachgekommen ist.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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