L 10 R 2298/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 607/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2298/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 02.06.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.

Die am 1972 geborene t. Klägerin hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und zog im Jahr 1986 in das Bundesgebiet zu. Von September 1989 bis Juli 1990 absolvierte sie eine hauswirtschaftliche Sonderberufsfachschulausbildung und war anschließend - mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, Kindererziehung und Arbeitsunfähigkeit - als Abpackerin, Montagearbeiterin, Aushilfe und zuletzt von 1997 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im November 2010 wiederum als Abpackerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt (vgl. Bl. 54 SG-Akte). Seither ist sie ohne Beschäftigung und arbeitsuchend. Bei ihr ist nach eigener Angabe zwischenzeitlich ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (vgl. Bl. 218 SG-Akte).

Im Juli/August 2009 nahm die Klägerin an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der R.-H.-Klinik in Bad D. teil, aus der sie ausweislich des Entlassungsberichts arbeitsfähig und mit einem Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten (ohne ständige Wirbelsäulenzwangshaltungen) von mehr als sechs Stunden arbeitstäglich entlassen wurde (Diagnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Zustand nach Radiusfraktur links ohne signifikante funktionelle Einschränkungen, Übergewicht). Aus der im Mai/Juni 2011 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der M.-B.-Klinik K. wurde sie - obgleich noch arbeitsunfähig - mit dem nämlichen zeitlichen Leistungsvermögen (qualitative Einschränkungen: kein Heben und Tragen schwerer Lasten, keine Zwangshaltungen, keine besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, kein Zeitdruck) entlassen (Diagnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, mittelgradige depressive Episode, zervikozephales Syndrom, Gonarthrose, Varizen der unteren Extremitäten ohne Ulzeration oder Entzündung).

Am 03.04.2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und begründete ihren Antrag mit Schmerzen im Bereich der rechten Körperhälfte und mit Depressionen. Die Beklagte holte das Gutachten des Facharztes für Psychosomatische Medizin, Psychotherapeut Prof. Dr. Dr. G. (Ärztlicher Direktor der L. Bad D. ) und der Dipl.-Psych. L. ein (Diagnosen nach Untersuchung: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, chronifizierte mittelgradige depressive Episode, Adipositas), die die Klägerin noch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Verantwortung für Maschinen und Personen und ohne Nachtschicht im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich für leistungsfähig erachteten. Mit Bescheid vom 20.06.2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da auf Grundlage des eingeholten Gutachtens die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht vorlägen. Der dagegen erhobene Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20.02.2013).

Hiergegen hat die Klägerin am 11.03.2013 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht angemessen und auch nicht vollumfänglich berücksichtigt habe. Sie leide namentlich auch an funktionellen Organbeschwerden, muskulären Verspannungen, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, einem Schulter-Arm-Syndrom sowie an den Folgen eines Arbeitsunfalls.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Fachärztin für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie Dr. P. hat unter Angabe diverser Diagnosen (Trümmerfraktur links mit Verdacht auf Neuralgie, chronisches Schmerzsyndrom im Stadium II nach Gerbershagen, Zervikalsyndrom, Lumbalgie, ängstliche Depression, Fibromyalgiesyndrom) im Wesentlichen mitgeteilt, dass das Hauptproblem der Klägerin in einer depressiven Entwicklung mit sozialem Rückzug und Grübelzwang liege; somatisch habe sie keine wesentlichen Befunde erheben können. Von körperlicher Seite scheine die Klägerin in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig durchzuführen. Die depressive Entwicklung behindere allerdings ihre "Arbeitsfähigkeit", die derzeit nicht voll gegeben sei. Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. hat u.a. bekundet, bei der Klägerin stehe in psychiatrischer Hinsicht eine Depression mit Psychose im Vordergrund, darüber hinaus sei von einer somatoformen Schmerzstörung mit Spannungskopfschmerzen/Migräne auszugehen. Die Klägerin sei nicht in der Lage, drei Stunden oder mehr zu arbeiten.

Das SG hat - nach Stellungnahme der Beklagten durch Internist und Sozialmediziner Dr. B. - das im Schwerbehindertenklageverfahren (S 6 SB 744/12) auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholte Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapeut Prof. Dr. B. beigezogen (Diagnosen nach Untersuchung auf psychiatrischem Fachgebiet: schizophreniforme Störung mit anhaltenden akustischen Halluzinationen, Zönästhesien und unvollständiger Remission durch Psychopharmaka; somatoforme Schmerzstörung) und sodann von Amts wegen das Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie PD Dr. B. (Chefarzt der Klinik für Neurologie der O. R. ) eingeholt. Der Sachverständige ist bei der Klägerin nach Untersuchung zu folgenden Diagnosen gelangt: somatoforme Schmerzstörung mit leichtgradigem depressivem Syndrom bei deutlicher Aggravation und Dramatisierung, Zustand nach Radiusfraktur links, Adipositas. Hinweise auf Wahrnehmungsstörungen hätten sich nicht ergeben, auch seien akustische oder anderweitige Halluzinationen nicht berichtet worden. Anhaltspunkte für eine schizophrene Erkrankung lägen nicht vor. Es bestünde zudem eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geklagten Schmerzen und den objektiven Befunden. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten seien der Klägerin noch vollschichtig möglich. Im Hinblick auf die Beschwerden des Bewegungsapparates seien monotone Tätigkeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, das Steigen auf Leitern und Gerüsten, das Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie Arbeiten unter Kälte, Nässe und Zugluft zu vermeiden. Auf Grund der psychopathologischen Symptomatik kämen Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, mit hohen Anforderungen an Flexibilität und an die Umstellungsfähigkeit sowie mit erheblichem Stress und Zeitdruck, namentlich Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechsel- und Nachtschichtarbeiten, nicht mehr in Betracht (vgl. Bl. 234 SG-Akte).

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das SG sodann das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. eingeholt, der auf psychiatrischem Fachgebiet die Diagnosen Schizophrenie mit anhaltenden akustischen Halluzinationen und unvollständiger Remission durch Psychopharmaka, somatoforme Schmerzstörung gestellt und die Klägerin deshalb (und nicht wegen der auch diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung) derzeit lediglich für eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen im Umfang von unter drei Stunden für leistungsfähig erachtet hat (qualitative Einschränkungen: wechselnde Körperhaltung, keine schweren Arbeiten, kein Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg, kein häufiges Bücken und Treppensteigen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeit an gefährdenden Maschinen und unter Kälte-, Nässe- bzw. Lärmexposition, keine Akkordarbeit, keine Nachtschicht, keine besondere Verantwortung und geistige Beanspruchung).

Nach Stellungnahme der Beklagten durch Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Labormedizin Dr. D. hat das SG beim Sachverständigen PD Dr. B. eine ergänzende Stellungnahme eingeholt, in der der Sachverständige bei seiner Einschätzung geblieben ist, dass bei der Klägerin keine schwere psychiatrische Erkrankung in Gestalt einer Schizophrenie vorliege. Entsprechende Kernsymptome habe er nicht finden können. Unabhängig davon habe die Klägerin bei ihm auch angegeben, sämtliche Medikamente zwei Tage vor seiner Untersuchung abgesetzt zu haben. Läge bei ihr tatsächlich eine schwere schizophrene Erkrankung vor - wie von Prof. Dr. B. angenommen -, wäre nach dem Absetzen der Medikation eine massive Verschlechterung zu erwarten gewesen, was aber nicht der Fall gewesen sei. Die Leistungseinschätzung des Prof. Dr. B. beruhe maßgeblich auf der Annahme einer paranoiden Schizophrenie, die nicht vorliege.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.06.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich im Wesentlichen dem Sachverständigengutachten des PD Dr. B. angeschlossen und ausgeführt, dass die Klägerin noch in der Lage sei, jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin erst nach dem 02.01.1961 geboren sei.

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 06.06.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.06.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. und auf die Einschätzung ihrer behandelnden Ärztinnen verwiesen. Außerdem hätten zwischenzeitlich auch die Ärzte der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) R. (Hinweis auf den Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung im Juni 2016, Bl. 33 ff. Senats-Akte, Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet: schwere depressive Episode, anamnestisch Zustand nach Suizidversuch durch Tablettenintoxikation im Dezember 2015, akustische Halluzinationen, generalisierte Angststörung, somatoforme Schmerzstörung) sowie die Ärzte der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des H.-B. -Klinikums S. (Hinweis auf den Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung am 02.06.2016, Bl. 29 ff. Senats-Akte, Diagnose: paranoide Schizophrenie) eine schwere psychiatrische Erkrankung bei ihr diagnostiziert.

Die rechtskundig vertretene Klägerin beantragt (Schriftsatz vom 22.06.2016),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz 02.06.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2013 zu verurteilen, ihr ab April 2012 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen und die Einschätzung des Sachverständigen PD Dr. B. für zutreffend und hat ergänzend die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. D. von November 2016 vorgelegt (Bl. 40 Senats-Akte).

Der Senat hat beim Sachverständigen PD Dr. B. eine ergänzende Stellungnahme eingeholt, in der er bei seiner Einschätzung geblieben ist (Bl. 46 ff. Senats-Akte). Eine schizophrene Erkrankung liege bei der Klägerin - auch unter Berücksichtigung der jüngsten Entlassungsberichte - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (weiterhin) nicht vor.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2012 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weshalb ihr weder Rente wegen voller (§ 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI -) noch wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) zusteht. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) kann sie von Gesetzes wegen schon deshalb nicht beanspruchen, weil sie nach dem 02.01.1961 - nämlich im September 1972 - geboren wurde (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Nach § 43 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - u.a. - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75, in SozR 2200 § 1246 Nr. 13). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert, denn sie kann zur Überzeugung des Senats zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin ist ganz maßgeblich durch Gesundheitsstörungen von Seiten des psychiatrischen Fachgebiets - die sie mit ihrem Rechtsmittel auch alleine in den Vordergrund gerückt hat - eingeschränkt. Insoweit leidet sie an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit leicht- bis mittelgradigem depressivem Syndrom, wobei es im Juni 2016 zu einer akut-behandlungsbedürftigen initial schweren Episode gekommen ist. Dies stützt der Senat auf das Sachverständigengutachten des PD Dr. B. nebst ergänzender Stellungnahmen, das Gutachten des Prof. Dr. Dr. G. und der Dipl.-Psych. L. sowie auf die Entlassungsberichte der Ärzte der M.-B.-Klinik und der R.-H.-Klinik. Alle diese Ärzte sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass eine höhergradige seelische Störung bei der Klägerin nicht vorliegt.

Soweit Prof. Dr. B. in seinen Gutachten - übereinstimmend im Schwerbehinderten- wie im hiesigen Klageverfahren - bei der Klägerin von einer schizophreniformen Störung mit anhaltenden akustischen Halluzinationen, Zönästhesien (Sinnestäuschungen mit qualitativ abnormen Leibessensationen, s. Maier in Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 267. Aufl., 2017) und unvollständiger Remission durch Psychopharmaka ausgegangen ist, folgt dem der Senat nicht. Der Sachverständige PD Dr. B. hat in seinem Gutachten nebst ergänzender Stellungnahmen - ebenso wie Dr. D. in ihren sozialmedizinischen Stellungnahmen - schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass und warum eine derartige Erkrankung bei der Klägerin nicht vorliegt und warum die diagnostische Einschätzung des Prof. Dr. B. nicht nachvollziehbar ist. Dies überzeugt den Senat.

Bei der Untersuchung durch PD Dr. B. , zu der die Klägerin pünktlich und in einem gepflegten Allgemeinzustand erschienen ist, haben sich keine Hinweise auf eine schizophrene Erkrankung ergeben. Die Klägerin ist wach, zeitlich, örtlich, situativ und zur Person voll orientiert und im Verlauf der Untersuchung aufheiterbar gewesen, ihre Gestik und Mimik haben sich weitgehend als regelgerecht ergeben. Anhaltspunkte für formale Denkstörungen, Ich-Störungen oder eine schizophrene Ausdrucksymptomatik haben sich nicht gezeigt, wohl aber eine Fixierung des inhaltlichen Denkens auf den Beschwerdevortrag bei mehrfacher Dramatisierung und sekundärem Krankheitsgewinn. Gleichwohl ist ihr Gedankengang stets fokussiert und präzise gewesen ohne jegliche Zerfahrenheit oder Inkongruenzen (Bl. 296 SG-Akte) und ohne Hinweise auf Konzentrations- oder Auffassungsstörungen, auf Störungen höherer kognitiver Funktionen und auf Wahrnehmungsstörungen. Akustische oder anderweitige Halluzinationen sowie sonstige (produktiv-)psychotische Symptome hat die Klägerin nicht berichtet und sie hat während der über einstündigen Exploration auch zu keinem Zeitpunkt abgelenkt gewirkt. Auch ist eine Wahnsymptomatik in Form eines Verfolgungswahns nicht zu beobachten gewesen (Bl. 297 SG-Akte). Insgesamt hat lediglich ein leicht depressives Bild mit deutlicher Aggravation und Dramatisierung der Schmerzsymptomatik imponiert (außerordentlich demonstrativ beschwerliches Be- und Entkleiden bei allgemein-körperlich unauffälligem Befund; deutlich reduzierte Gehgeschwindigkeit in Form eines "Schleichens", obgleich Probleme beim Gehen von der Klägerin auf explizite Nachfrage verneint worden sind und obgleich ein deutlich besseres Gangbild außerhalb der Untersuchungssituation beobachtet worden ist; Angabe, dass "Staubsaugen die Hölle" sei; bereits zwei Tage vor der Untersuchung selbstständiges Absetzen der Medikation), was mit den Tagesablaufaktivitäten der Klägerin (Organisation des Haushalts, Erledigung von Besorgungen des täglichen Lebens, Fernsehen, Kümmern um den jüngeren Sohn) - so der Sachverständige - nicht in Einklang zu bringen gewesen ist.

Auch bei der vorangegangenen Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. G. und Dipl.-Psych. L. war die Klägerin bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten orientiert bei unauffälliger Aufmerksamkeit, Auffassung und Merkfähigkeit sowie unauffälligem Gedächtnis. Ihr Denken war zwar kreisend und grübelnd, inhaltlich aber ohne pathologischen Befund. Hinweise auf Wahn oder Störungen des Ich-Erlebens zeigten sich nicht. Die Klägerin berichtete zwar über "diskrete Beobachtungsgefühle" und "Stimmenhören", die die Gutachter indes lediglich als depressive Symptome im Rahmen einer mittelgradigen depressiven Episode werteten (s. S. M10 f. Renten-VerwA)

Die entgegenstehende Einschätzung einer schizophrenen Störung des Prof. Dr. B. ist nicht geeignet, die Überzeugungskraft des Gutachtens des Sachverständigen PD Dr. B. zu erschüttern. Denn sie ist inkonsistent und beruht maßgeblich auf den subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin. Darauf hat Dr. D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme (Bl. 289 f. SG-Akte) zutreffend hingewiesen. Die Beschreibung einer floriden psychotischen Symptomatik einer Schizophrenieerkrankung finde sich im Gutachten des Prof. Dr. B. gerade nicht; die in wörtlicher Rede der Klägerin wiedergegebenen, flüssig und "fast flott" wirkenden, lebendigen, anschaulich berichteten, strukturierten und nachvollziehbaren Gedankengänge stünden der Annahme von Denk- und Wahrnehmungsstörungen vielmehr entgegen, so Dr. D ... Auch gehe Prof. Dr. B. (s. Bl. 270 SG-Akte) einerseits davon aus, dass das inhaltliche Denken der Klägerin durch ein latentes Verfolgungserleben auffällig beeinträchtigt sei, andererseits bestünden aber explizit keine Hinweise für ein manifestes Verfolgungsgefühl (so auch bereits wortgleich in dem im Schwerbehindertenklageverfahren von Prof. Dr. B. erstatteten Gutachten, s. Bl. 193 SG-Akte).

Im Hinblick darauf und auf die von PD Dr. B. schlüssig und nachvollziehbar aufgezeigten ganz erheblichen Diskrepanzen zwischen den subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin und dem von ihm erhobenen objektiv-klinischen Befund - auch darauf hat Dr. D. hingewiesen - wäre es die Aufgabe von Prof. Dr. B. als Sachverständiger gewesen, die Angaben der Klägerin zu validieren und einer Konsistenzprüfung zu unterziehen, zumal (so der Sachverständige PD Dr. B. ) es sich bei Schizophrenien in der Regel um hochchronische Krankheitsbilder handelt (was Prof. Dr. B. bestätigt hat, Bl. 275 SG-Akte), die stets bei entsprechender Exazerbation einer akut-psychiatrischen Behandlung bedürfen und in aller Regel gerade nicht remittieren. Weder damit noch mit dem Umstand, dass die Klägerin gegenüber PD Dr. B. angegeben hat, gegenwärtig keine Neuroleptika zu sich zu nehmen (Bl. 285 SG-Akte), hat sich Prof. Dr. B. auseinandergesetzt; ebenso wenig damit, dass bei einer schweren schizophrenen Erkrankung mit produktiv-psychotischen Symptomen beim Absetzen einer antipsychotischen Medikation eine Symptomexacerbation mit massiver Verschlechterung der klinisch-psychiatrischen Beschwerden zu erwarten ist, die bei der Klägerin nicht eingetreten ist, so der Sachverständige Prof. Dr. B. (Bl. 297 SG-Akte). Prof. Dr. B. hat lediglich (pauschal) gemeint (Bl. 275 SG-Akte), dass nach seinem Eindruck das Gutachten des PD Dr. B. "ganz überwiegend neurologisch" abgefasst sei, was der Senat im Hinblick auf die obigen Ausführungen zu dem von PD Dr. B. erhobenen psychischen Befund nicht ansatzweise nachvollziehen kann. Tatsächlich hat sich der Sachverständige, worauf Dr. D. in ihrer Stellungnahme (Bl. 289 SG-Akte) ebenfalls zutreffend aufmerksam gemacht hat, ausführlich und differenziert mit der diagnostischen Einschätzung des Prof. Dr. B. beschäftigt.

Nicht nachvollziehen kann der Senat auch, dass Prof. Dr. B. weiter gemeint hat, PD Dr. B. habe "im explorativen Teil" seines Gutachtens nicht dargelegt, dass "akustische oder anderweitige Halluzinationen nicht berichtet" worden seien. Dieser Einwand erschließt sich schon deshalb nicht, weil PD Dr. B. diese negative klinische Anknüpfungstatsache (keine anamnestische Angabe von Halluzinationen oder Ähnlichem bei seiner Untersuchung) benannt und explizit zum Gegenstand seiner sachverständigen Würdigung gemacht hat; auch darauf hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme (Bl. 295 SG-Akte) hingewiesen. Es wäre auch vor diesem Hintergrund Aufgabe des Sachverständigen Prof. Dr. B. gewesen, sich kritisch mit dem Umstand auseinanderzusetzen, dass die Klägerin bei PD Dr. B. gerade keine derartigen Symptome geschildert hat, obgleich seine Diagnostik einer schizophrenen Erkrankung - sowohl im Gutachten im Schwerbehindertenklageverfahren als auch in seinem Gutachten im hiesigen Rechtsstreit - maßgeblich auf den entsprechenden Angaben der Klägerin und der Annahme eines durch Psychopharmaka nur teilweise unterdrückten kontinuierlichen Stimmenhörens beruht.

Nicht auseinandergesetzt hat sich Prof. Dr. B. ferner mit dem Umstand - auch darauf hat Dr. D. hingewiesen (Bl. 289 Senats-Akte) -, dass die Manifestation einer Schizophrenie im Alter der Klägerin sehr unwahrscheinlich ist.

Unter Zugrundelegung all dessen vermag der Senat die Ausführungen des Prof. Dr. B. mithin nicht zur Grundlage seiner Überzeugungsbildung zu machen.

Die nämlichen Einwände wie gegen die Einschätzung des Prof. Dr. B. bestehen auch im Hinblick auf die Annahme der Dr. L. (Auskunft gegenüber dem SG), bei der Klägerin liege eine Psychose vor. Bereits Dr. B. (Bl. 160 SG-Akte) hat darauf hingewiesen, dass dies nicht nachvollzogen werden könne. Der Sachverständige PD Dr. B. hat im Übrigen auch insoweit überzeugend dargelegt, dass bei der Klägerin eine Psychose nicht besteht (vgl. Bl. 298 SG-Akte).

Auch aus der Auskunft der Dr. P. gegenüber dem SG lässt sich in psychiatrischer Hinsicht eine höhergradige seelische Störung nicht ableiten, weil der Auskunft entsprechende morphologische Befunde schon nicht entnommen werden können, worauf der Sachverständige PD Dr. B. zutreffend hingewiesen hat (s. Bl. 238 SG-Akte). Hinzukommt - worauf Dr. B. (Bl. 161 SG-Akte) aufmerksam gemacht hat -, dass Dr. P. die Klägerin zuletzt nur noch selten gesehen hat und im Übrigen als Allgemeinmedizinerin und Anästhesistin nicht über besondere Kompetenzen auf dem Facharztgebiet der Psychiatrie verfügt. Unabhängig davon kann auch dahinstehen, ob die oben festgestellten psychiatrischen Störungen der Klägerin als "chronisches Schmerzsyndrom" bzw. als "Fibromyalgiesyndrom" und als "ängstliche Depression" - so Dr. P. - zu bezeichnen sind. Denn im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung kommt es nicht auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH, in juris, Rdnr. 15), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Dem entsprechend kommt es auch auf die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht an (BSG, a.a.O.).

Schließlich vermag sich der Senat auch im Hinblick auf die Entlassungsberichte der Ärzte des ZfP R. und des H.-B. -Klinikums nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin eine schwere, überdauernde seelische Störung vorliegt.

Bei der Untersuchung im H.-B. -Klinikum (die nachfolgend zur stationären Behandlung im ZfP R. geführt hat) hat die Klägerin ausweislich des Entlassungsberichts (Bl. 30 Senats-Akte) bei "diagnostisch unklarer psychischer Situation" u.a. angegeben, "seit Jahren Stimmen" zu hören, die unter antipsychotischer Medikation modulierbar seien. Ihre Medikamente nehme sie "meistens regelmäßig ein", seit einer Woche habe sie allerdings Cymbalta (Medikament u.a. zur Behandlung depressiver Erkrankungen und generalisierter Angststörungen, vgl. Senatsurteil vom 21.02.2019, L 10 U 3241/16) nicht mehr genommen. Bei der Aufnahme ist die Klägerin äußerlich gepflegt, bezüglich Zeit, Ort und Situation orientiert und ohne krankhafte Befürchtungen oder Zwänge, ihre Aufmerksamkeit und ihr Gedächtnis sind nur leicht reduziert, ihr formaler Gedankengang leicht gehemmt, verlangsamt und grübelnd gewesen. Hinweise auf Wahnerleben haben sich nicht gezeigt, Sinnestäuschungen (in Form von medikamentös beeinflussbarem Stimmenhören) sind von ihr zwar berichtet worden, optische Halluzinationen gleichwohl nicht erkennbar gewesen und synästhetische Halluzinationen als "fraglich" beurteilt worden. Hinweise auf Ich-Störungen haben sich ebenfalls nicht ergeben. Die Klägerin ist im Affekt arm, ratlos, deprimiert, ängstlich und innerlich unruhig sowie kaum schwingungsfähig und im Antrieb stark gehemmt gewesen, die motorische Unruhe ist dabei indes willentlich steuerbar erschienen.

Unter Berücksichtigung dessen hat Dr. D. in ihrer Stellungnahme Bl. 40 Senats-Akte nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass es sich bei der Diagnose einer schizophrenen Erkrankung durch die Ärzte des H.-B. -Klinikums lediglich um eine sog. Arbeitsdiagnose im Rahmen einer Akutbehandlung gehandelt habe, die von den Ärzten des ZfP R. im Rahmen der anschließenden stationären Behandlung gerade nicht bestätigt worden sei.

Bei der anschließenden Aufnahme im ZfP R. hat die Klägerin zwar ausweislich des Entlassungsberichts (Bl. 34 ff. Senats-Akte) auf Nachfrage ebenfalls über ein paranoides Erleben i.S. eines Beobachtungserlebens sowie über diffuse Ängste und akustische Halluzinationen berichtet. Auf der Grundlage der dortigen Verhaltensbeobachtung (Ablenkbarkeit, Irritation) haben sich indes keine (klinischen) Hinweise auf Halluzinationen ergeben; auch die von der Klägerin beschriebenen Ängste haben die Ärzte im Stationsalltag kaum erleben können. Demgemäß hat psychopathologisch eine ausgeprägte Antriebsstörung im Vordergrund gestanden, wobei die Klägerin (wenn auch mit den im Tatbestand wiedergegebenen Entlassungsdiagnosen, indes unter Nichtaufrechterhaltung der von den Ärzten des H.-B. -Klinikums noch gestellten Diagnose einer paranoiden Schizophrenie, s.o.) in gebessertem - wenn auch "noch" arbeitsunfähigem - Zustand hat entlassen werden können. Darauf hat Dr. D. in ihrer Stellungnahme (Bl. 40 Senats-Akte) ebenfalls hingewiesen und überzeugend dargelegt, dass bei der Klägerin im Juni 2016 allenfalls eine akut behandlungsbedürftige initiale schwere depressive Episode im Rahmen der rezidivierenden, phasenhaft verlaufenden depressiven Symptomatik jedoch keine zeitlich überdauernde schwere seelische Störung, namentlich aus dem schizophrenen Formenkreis, vorgelegen habe.

Dem hat sich auch der gerichtliche Sachverständige PD Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem Senat angeschlossen (Bl. 46 ff. Senats-Akte) und darauf hingewiesen, dass die Diagnose einer schizophrenen Erkrankung bzw. akustischer Halluzinationen durch die Klinikärzte alleine auf den Angaben der Klägerin beruht habe, letztlich aber - auch wegen der unterschiedlichen Schilderungen von Art und Weise des "Stimmenhörens" seitens der Klägerin - ein Bezug zu einer schizophrenen oder schizoaffektiven Erkrankung gerade nicht habe hergestellt werden können.

Ausgehend davon und von den oben festgestellten Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet sowie unter Würdigung der Entlassungsberichte der Ärzte des H.-B. -Klinikums und des ZfP R. hat der Sachverständige PD Dr. B. - ebenso wie Dr. D. - überzeugend dargelegt, dass die Klägerin trotz dieser Leiden noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Tätigkeiten unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und unter Beachtung der von ihm genannten - im Tatbestand wiedergegebenen - qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Er hat damit die Leistungsbeurteilungen des Prof. Dr. Dr. G. und der Dipl.-Psych. L. sowie der Ärzte der R.-H.-Klinik und der M.-B.-Klinik bestätigt - die übereinstimmend von qualitativen Einschränkungen, nicht jedoch von einer zeitlichen Leistungseinschränkung ausgegangen sind - und in seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem Senat (in Übereinstimmung mit Dr. D. , Bl. 40 Senats-Akte) ebenso überzeugend begründet, dass und warum auch die stationären Aufenthalte der Klägerin im Juni 2016 keine überdauernde Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens begründen. Zugunsten der Klägerin legt der Senat auch die von den Ärzten der M.-B.-Klinik und von Prof. Dr. Dr. G. und Dipl.-Psych. L. zusätzlich genannten qualitativen Einschränkungen (keine besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, keine Verantwortung für Maschinen und Personen) zu Grunde.

Der Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. B. und der Dr. L. kann, worauf der Sachverständige PD Dr. B. zutreffend hingewiesen hat, schon deshalb nicht gefolgt werden, weil ihr Gesundheitsstörungen zu Grunde liegen, die bei der Klägerin zur Überzeugung des Senats - wie oben dargelegt - gar nicht vorliegen. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass selbst Prof. Dr. B. der diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung keine leistungseinschränkende Bedeutung in zeitlicher Hinsicht beimisst.

Dass und warum die Leistungsbeurteilung der Dr. P. nicht überzeugt, ergibt sich ebenfalls bereits aus den obigen Ausführungen, auf die hier verwiesen wird. Ungeachtet dessen verwechselt Dr. P. auch den (krankenversicherungsrechtlichen) Begriff der "Arbeitsunfähigkeit" mit dem (rentenversicherungsrechtlichen) Begriff der Erwerbsminderung. Die Frage des Bestehens von Arbeitsunfähigkeit ist für die hier zu beurteilende Frage der Erwerbsminderung nicht von entscheidender Bedeutung. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, in SozR 4-2500 § 44 Nr. 7), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Deshalb kommt es für die Frage der Erwerbsminderung nicht darauf an, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 19).

Die übrigen bei der Klägerin bestehenden somatischen - insbesondere orthopädischen - Leiden (im Wesentlichen Zustand nach Radiusfraktur links ohne signifikante funktionelle Einschränkungen, zervikozephales Syndrom, Gonarthrose) bedingen ausweislich der Entlassungsberichte der Ärzte der R.-H.-Klinik und der M.-B.-Klinik (s. S. M15 und M22 Reha-VerwA) sowie des Sachverständigengutachtens des PD Dr. B. ("allgemein-körperliche Untersuchung ohne nennenswerte Auffälligkeiten", bildgebend bloß leichte Bandscheibenprotrusion im Bereich der Halswirbelkörper 3/4, ansonsten HWS "völlig regelgerecht", s. Bl. 224, 226 SG-Akte) lediglich qualitative Einschränkungen (keine Zwangshaltungen, kein Heben und Tragen schwerer Lasten, kein häufiges Bücken, kein Steigen auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten unter ungünstigen Expositionsbedingungen), führen jedoch nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Dies hat die Klägerin mit ihrer Berufung auch nicht geltend gemacht, zumal auch Dr. P. die Klägerin "von körperlicher Seite" für vollschichtig leistungsfähig erachtet hat.

Unter Zugrundelegung all dessen hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der oben aufgeführten qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich ausüben kann. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Umstand, dass bei der Klägerin zwischenzeitlich die Schwerbehinderteneigenschaft anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung, denn der Schwerbehinderteneigenschaft eines Versicherten kommt hinsichtlich seiner zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit keinerlei Aussagekraft zu (BSG, Beschluss vom 19.09.2015, B 13 R 290/15 B, in juris, Rdnr. 5).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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