L 3 U 94/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 12 U 181/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 94/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Feststellung weiterer Unfallfolgen aus dem Arbeitsunfall des Klägers vom 21. März 2012.

Der im Jahr 1977 geborene Kläger war im Jahr 2012 als Maschinist bei einer Recycling-Firma beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich unfallversichert.

Am 21. März 2012 gegen 8:30 Uhr hatte der Kläger den mit Bauschutt befüllten Auflieger seines Sattelschleppers in E abzuplanen. Dazu stand er auf einer Plattform, um die Plane mittels der Hydraulikanlage abzunehmen. Nachdem er diese Arbeit beendet hatte, wollte er zur Leiter treten, um die Arbeitsplattform seines Sattelschleppers wieder zu verlassen. Dabei drehte er sich um, wobei sein linker Sicherheitsschuh mit dem Profil in dem 4 mal 4 cm Gitter der Plattform hängen blieb. Hierbei verdrehte er sich noch im Stand das linke Knie, spürte starke Schmerzen und bemerkte Bewegungseinschränkungen (Durchgangsarztbericht - DAB - vom 21. März 2012, Protokoll der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts - SG - Potsdam vom 08. April 2016; vgl. auch Fragebogen "Knieschaden" - vom Kläger ausgefüllt am 06. Mai 2012).

Der Kläger arbeitete zunächst trotz der Schmerzen weiter, stellte aber nach ca. 3 Stunden die Arbeit ein. Er fuhr selbst mit dem Lkw zurück zum Büro nach W und dann mit seinem Pkw zum Durchgangsarzt (D-Arzt) DM K in N. Dieser stellte gegen 12:50 Uhr beim Kläger fest: hinkendes Gangbild links, lokale mäßige Schwellung mit erheblichen Druckschmerzen am medialen Retinaculum der Patella links, keine intraartikuläre Ergussbildung, positiver Apprehension-Test für die Patellaluxation, Beweglichkeit im linken Kniegelenk 0-10-90° mit schmerzhafter Einschränkung darüber hinaus, keine Instabilität, jedoch verstärkte mediale Schmerzen beim Valgussstresstest. Er äußerte den Verdacht auf eine Patellaluxation mit sofortiger Reponierung und gab unter Ziffer 10 des DAB an, dass kein adäquates Trauma für eine traumatische Luxation der Patella links vorgelegen habe, daher keine Heilbehandlung zulasten der Beklagten durchzuführen sei.

Am 27. April 2012 wurde der Kläger von dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie D (Wirbelsäulen Gelenkzentrum W) am linken Knie arthroskopisch operiert. Es erfolgte eine Teilsynovektomie, eine Knorpelglättung retropatellar und am medialen Femurcondylus sowie ein lateral Release (Diagnosen: Patellaluxation, Chondromalazie Grad III retropatellar und medialer Femurcondylus, chronische Synovialitis).

Nach Eingang der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 26. März 2012 ermittelte die Beklagte zu den Umständen eines Arbeitsunfalls. Sie zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Techniker Krankenkasse vom 24. Mai 2012 (daraus ersichtlich: Patellaluxation rechts im August 2011), den Befund einer Kernspintomografie (MRT) des linken Kniegelenkes vom 29. März 2012 (Dr. T: Zerrung, kaum Teilriss mediales Kollateralband bzw. Retinaculum, leichte Tendinose vorderes bzw. etwas laxes hinteres Kreuzband; keine occulte Fraktur, Chondropathie retropatellar Grad II bei Formvariante Wiberg III und leichte Patella alta; unbedeutende Degeneration Innenmeniskushinterhorn Grad I ohne Riss, leichter Gelenkerguss, kollabierte Bakerzyste, kein Bursaerguss) und einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie D vom 01. Juni 2012 ("das Trauma vom 21. März 2012 sei als Gelegenheitstrauma bei Bandinsuffizienz zu betrachten") nebst OP-Bericht vom 27. April 2012 bei.

Der Beratungsarzt der Beklagten (Dr. R) teilte nach Durchsicht der Befundunterlagen unter dem 02. Juli 2012 mit, dass kein geeigneter Unfallhergang bei anlagebedingter Fehlführung vorliege.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Anspruch auf Sozialleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Unfalls vom 21. März 2012 nicht bestehe. Es liege bereits kein Arbeitsunfall vor. Der Gesundheitsschaden sei nicht wesentlich auf den Hergang bei der Arbeit zurückzuführen, sondern es habe sich um schicksalhaft vorbestehende Schädigungen des linken Kniegelenkes gehandelt. Ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe daher nicht, die Behandlung habe zu Lasten der Krankenkasse zu erfolgen.

Den dagegen am 20. August 2012 erhobenen und nicht näher begründeten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2012 im Wesentlichen mit der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.

Nach der Knie-Operation entwickelte sich beim Kläger ein Morbus Sudeck (CRPS), wodurch weitere medizinische Behandlungen, unter anderem auch stationär vom 24. September bis zum 03. Oktober 2012 und vom 21. Mai bis zum 07. Juni 2013 im Klinikum E vB (EvB) P, Zentrum für Chirurgie, notwendig wurden.

Weitere MRT-Untersuchungen des linken Knies erfolgten am 11. und 17. September 2012.

Ab dem 01. Oktober 2012 gewährte die Deutsche Rentenversicherung dem Kläger eine zunächst auf 3 Jahre befristete, sodann weitergewährte Rente wegen Erwerbsminderung.

Wegen anhaltender Gang- und schmerzhafter Bewegungseinschränkung bei CRPS im linken Kniegelenk nahm der Kläger vom 12. November bis zum 20. Dezember 2012 und vom 05. bis zum 28. August 2013 an stationären Rehabilitationsmaßnahmen in den Sana Kliniken S Abteilung Rehabilitation/Orthopädie teil (Ärztliche Entlassungsberichte vom 19. Dezember 2012 und 21. Oktober 2013).

Am 27. Dezember 2012 hat der Kläger Klage zum SG P mit dem Begehren erhoben, unter Aufhebung des angegriffenen Bescheides festzustellen, dass das Ereignis vom 21. März 2012 ein Arbeitsunfall sei, und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld ab dem 21. März 2012 zu zahlen. Zur Begründung hat er vorgetragen, bis zu dem Ereignis am 21. März 2012 keinerlei Beschwerden mit dem linken Knie gehabt zu haben.

Im weiteren Behandlungsverlauf wurde am 29. Januar 2013 erneut eine MRT-Untersuchung des linken Knies durchgeführt.

Das SG hat zunächst Vorerkrankungsverzeichnisse der DAK Gesundheit vom 16. Juni 2014, der BKK S vom 18. Juni 2014 sowie der Techniker Krankenkasse vom 24. Juni 2014, die Behandlungsunterlagen des Klägers vom Wirbelsäulen Gelenkzentrum W vom 16. Juni 2014 mit Ausdrucken der Videoprints zur arthros- kopischen Operation des Klägers am 27. April 2012 sowie vom Klinikum EvB Pnebst Berichten über MRT-Untersuchungen des linken Kniegelenkes vom 11. und 17. September 2012, 29. Januar 2013 sowie 29. April 2014, den Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. W (Wirbelsäulen Gelenkzentrum W) vom 16. Juni 2014, den Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R-K vom Juli 2017 und den undatierten Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. Fvom 28. August 2014 beigezogen.

Hierzu hat die Beklagte unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. B vom 01. November 2014 Stellung genommen. Dr. B hat ausgeführt, dass er den Unfallhergang in Übereinstimmung mit DM K sowie dem Operateur Herrn D für nicht geeignet halte, eine traumatische Patellaluxation zu verursachen. Bei einer solchen wären ein relativer Kniegelenkerguss, ein Knochenmarködem im Bereich der typischen Anschlagzonen an der äußeren Femurkondyle und der inneren Kniescheibenrückfläche sowie eine Ruptur der inneren Kniescheibenaufhängung (mediales Retinaculum) zu erwarten. In dem zeitnah durchgeführten MRT vom 29. März 2012 seien diese Unfallfolgen aber nicht zu finden. Auch im OP-Bericht seien keine typischen Folgen einer stattgehabten traumatischen Kniescheibenluxation beschrieben. Wahrscheinlich habe bei vorbestehender Bandlaxität und anlagebedingt flachem femoropatellarem Gleitlager eine Subluxation der Kniescheibe vorgelegen. Daher sei die Operation nicht zur Behandlung von Unfallfolgen und der daraus resultierenden Schäden, sondern zur Therapie der anlagebedingten Kniescheibeninstabilität erfolgt.

Sodann ist der Kläger auf Veranlassung des Gerichtes durch den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. M im Rahmen eines orthopädischen Zusammenhangsgutachtens begutachtet worden. Der Sachverständige hat beim Kläger nach dessen ambulanter Untersuchung vom 05. Juni 2015 in seinem Gutachten vom 03. Januar 2016 einen Zustand nach Knieverdrehung links mit fraglich stattgehabter Subluxation, eher kurzzeitiger Hyperkompression der Kniescheibe bei vorbestehenden mäßigen Knorpelschäden retropatellar und insgesamt mäßiggradigen anlagebedingten Veränderungen des Femoropatellargelenkes beidseits (Patelladysplasie Wiberg Il-Ill, leichte Abflachung der außenseitigen Gleitrinne, leichter Kniescheibenhochstand), ein CRPS links nach operativer Weichteilkorrektur des Kniescheibenlaufes ohne typische morphologische Begleitsymptome der späteren Stadien (wie trophische Störungen, relevante autonome oder vegetative Störungen, distale muskuläre Kontrakturen/Fibrosen) und eine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Er ist zu der Einschätzung gelangt, dass im Ergebnis nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachweisbar sei, dass der Kläger eine traumatische Kniescheibenluxation erlitten habe. Ein typisches Verletzungsmuster sei weder dokumentiert noch erkennbar. Es lägen anlagebedingte Faktoren in Form einer anatomischen Abweichung von der physiologischen Anatomie des Kniescheibengleitlagers beidseits und vorbestehende Knorpelschäden retropatellar vor. Die Operation habe weit überwiegend diese anlagebedingten bzw. vorbestehenden Läsionen behandelt, weshalb auch das CRPS als Folge des operativen Eingriffs und das jetzige Beschwerdebild nicht dem Unfallereignis zuzurechnen seien. Der Verursachungsbeitrag der konkurrierenden Faktoren werde mit 90 % beurteilt. Biomechanisch-medizinisch sei am ehesten eine laterale kurzzeitige Hyperkompression im Kniescheibengleitlager durch das Ereignis vom 21. März 2012 beim Kläger herleitbar, welche zu einem verstärkten vorderen Knieschmerz im Zusammenhang mit vorbestehenden lokalen Schäden (Knorpelschäden retropatellar) bei einem anlagebedingten Fehllauf der Patella geführt habe.

Mit dem Gutachten hat der Sachverständige auch den Entlassungsbericht des Klinikums EvB P zur stationären Aufnahme des Klägers zur Einstellung der Schmerztherapie mit Capsaicin-Pflaster vom 09. bis zum 10. Januar 2015 (Diagnose: CRPS linkes Knie) sowie den Befund der MRT-Untersuchung der LWS vom 12. Februar 2015 übersandt.

Mit Schriftsatz vom 07. April 2016 hat der Kläger die Einholung eines orthopädischen Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch einen von ihm noch zu benennenden Arzt beantragt und eine mehrseitige persönliche Stellungnahme zur Begutachtung vom 05. Juni 2015 eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG P am 08. April 2016 hat die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls am 21. März 2012 mit der Folge eines Verdrehtraumas des linkes Knies anerkannt und erklärt, sie gehe von einer Behandlungsbedürftigkeit bis zum 11. April 2012 aus. Der Kläger hat nach Annahme dieses Teilanerkenntnisses im Übrigen erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid vom 18. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2012 aufzuheben und festzustellen, dass er durch den Arbeitsunfall am 21. März 2012 weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen im linken Knie erlitten habe und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 11. April 2012 hinaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls Heilbehandlung und Verletztengeld zu gewähren.

Mit Urteil vom 08. April 2016 hat das SG die Klage, soweit sie nicht durch das angenommene Anerkenntnis erledigt wurde, abgewiesen und der Beklagten ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aufgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das ursprünglich formulierte Begehren des Klägers sei weit auszulegen. Es beinhalte auch die Gewährung von Heilbehandlung. Soweit der Kläger mit dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 08. April 2016 formulierten Klageantrag sein Klagebegehren ausdrücklich auf die Gewährung von Heilbehandlung erweitert habe, liege jedenfalls eine zulässige Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG vor, die aus prozessökonomischer Sicht sachdienlich sei. Der Kläger habe durch den am 21. März 2012 erlittenen Arbeitsunfall keine über das unstreitig unfallbedingt hervorgerufene Verdrehtrauma des linken Knies hinausgehenden Gesundheitsschäden erlitten. Insbesondere sei der beim Kläger aufgetretene Morbus Sudeck im linken Knie nicht Folge dieses Arbeitsunfalls. Das Vorliegen einer Patellaluxation als Unfallfolge sei im zeitlichen Zusammenhang mit dem erlittenen Arbeitsunfall nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Unabhängig davon, ob der Unfallhergang an sich geeignet gewesen sei, eine Patellaluxation hervorzurufen, sei eine traumatische Luxation der Kniescheibe zwingend mit einer relevanten Verletzung des innenseitigen Halteapparates der Patella und mit Läsionen an der äußeren Kante der Gleitrinne bzw. direkten und indirekten Begleitverletzungen der Kniescheibe (oft bei der Reposition ohne entsprechende Narkoserelaxation) verbunden. Derartige Begleitverletzungen ließen sich nicht aus den Befunden der den Kläger behandelnden Unfallchirurgen herleiten. Der erstbehandelte Unfallchirurg habe einen klinischen Befund dokumentiert, der bis auf eine mäßige mediale Schwellung kein klinisches Indiz für eine stattgehabte traumatische Patellaluxation beschreibe. Es werde insbesondere kein Erguss bzw. Hämarthros beschrieben. Auch die MRT-Aufnahme vom 29. März 2012 schließe eine relevante Verletzung der bei einer Kniescheibenluxation zwingend involvierten Kniegelenkstrukturen aus. Auf den vorgelegten Videoprints aus der Operation des linken Knies des Klägers sei ebenfalls kein typisches Verletzungsmuster zu erkennen. Es seien eindeutig nur zentrale Auffaserungen und typische degenerative schollenartige Aufbrüche der Kniescheibe erkennbar, jedoch keinerlei luxationstypischen Veränderungen an der lateralen Trochlea. Auch im Operationsbericht seien keine luxationstypischen Kniebinnenbefunde beschrieben. Ein Freikörper werde ebenfalls nicht dokumentiert. Der Operateur habe das angegebene Trauma vom 21. März 2012 als Gelegenheitstrauma bei Bandinsuffizienz gewertet. Schließlich spreche auch der Umstand, dass es dem Kläger möglich gewesen sei, nach dem Arbeitsunfall ca. 3 Stunden weiter zu arbeiten, gegen eine traumatische Kniescheibenluxation. Das Gericht folge insoweit den Einschätzungen und Ausführungen des Sachverständigen Dr. M aufgrund eigener Prüfung und Überzeugung. Darüber hinaus sei auch der beim Kläger eingetretene Morbus Sudeck, der sich infolge der Knieoperation am 27. April 2012 ausgebildet habe, nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 21. März 2012. Die bei dem Kläger vorgenommene Operation im Bereich des linken Knies habe der Weichteilkorrektur des Kniescheibenverlaufs gedient und damit nicht der Behandlung von Unfallfolgen, so dass die Folgeerkrankung des Klägers an Morbus Sudeck nicht rechtlich wesentlich auf den Unfall zurückzuführen sei. Der Antrag des Klägers auf ein weiteres orthopädisches Gutachten gemäß § 109 SGG sei abzulehnen gewesen, da der Antrag nicht wirksam unter Nennung eines bestimmten Arztes mit Namen und Anschrift gestellt worden sei.

Gegen das ihm am 24. Mai 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Juni 2016 Berufung eingelegt. Der beim ihm aufgetretene Morbus Sudeck im linken Knie sei Folge des Arbeitsunfalls vom 21. März 2016, bei welchem er eine Kniescheibenluxation erlitten habe. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M, dass er keine Kniescheibenluxation erlitten habe, seien nicht nachvollziehbar. Insoweit verweise er auf seine erstinstanzlichen Ausführungen zum Gutachten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 08. April 2016 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 18. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2012, diese in der Fassung des Anerkenntnisses vom 08. April 2016, festzustellen, dass ein Zustand nach Patellaluxation nebst CRPS mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks nach operativer Weichteilkorrektur des Kniescheibenverlaufs sowie eine Somatisierungsstörung weitere Folgen des Arbeitsunfalles vom 21. März 2012 sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Behandlungsunterlagen des Klägers eingeholt von der H Kliniken GmbH N (von dort auch DAB zum Unfall vom 07. Mai 2016 betreffend eine Patellaluxation rechts beim Hinhocken als 3. Ereignis dieser Art, zuletzt 2011) sowie die Behandlungsunterlagen des Klägers vom Praktischen Arzt Dr. G.

Mit Schriftsatz vom 27. August 2018 hat der Kläger u. a. die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG von Herrn Dr. H in Fbeantragt, welcher jedoch auf die Anfrage des Senates mit Schriftsatz vom 11. Februar 2019 die Erstellung des Gutachtens abgelehnt hat. Der Senat hat daraufhin den Kläger mit gerichtlichen Verfügungen vom 18. Februar, 18. März und "letztmalig" vom 10. April 2019 mit Fristsetzung bis zum 02. Mai 2019 um Stellungnahme zum weiteren Vorgehen im Rahmen seines Antrags nach § 109 SGG gebeten. Am 20. Juni 2019 hat die Senatsvorsitzende die Ladung zum Verhandlungstermin am 15. August 2019 verfügt. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2019 hat der Kläger die Verlängerung der Frist zur Benennung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG bis zum 26. Juli 2019 beantragt.

Mit am 08. August 2019 per Fax übersandten Schriftsatz hat der Kläger unter Bezugnahme auf seinen Antrag vom 31. Januar 2017 als Sachverständigen nach § 109 SGG Herrn Dr. Thomas-A. S in Bad A /L benannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2012, diese in der Fassung des Anerkenntnisses vom 08. April 2016. Gegenüber dem erstinstanzlichen Klageverfahren hat der Kläger nunmehr im Berufungsverfahren sein Begehren auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen (Zustand nach Patellaluxation nebst CRPS mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks nach operativer Weichteilkorrektur des Kniescheibenverlaufs sowie eine Somatisierungsstörung) beschränkt. Diese kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Hs. 1 Nr. 3 SGG statthaft (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 21/03 R -, juris Rn. 24, Keller in: Meyer-La-dewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 55 Rn. 13c) und auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung bleibt jedoch ohne Erfolg. Der angegriffene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Anerkenntnisses der Beklagten vom 08. April 2016 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass ein Zustand nach Patellaluxation nebst CRPS mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks nach operativer Weichteilkorrektur des Kniescheibenverlaufs sowie eine Somatisierungsstörung weitere Folgen des Arbeitsunfalles vom 21. März 2012 sind, da diese Gesundheitsstörungen zumindest nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den anerkannten Arbeitsunfall (mit-) verursacht wurden.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII haben Versicherte gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger dann einen Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge, wenn ein Gesundheitsschaden durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht wurde (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -, NZS 2012, 909).

Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist, wobei insoweit jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine Bedingung für den Erfolg ist, ist auf der zweiten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen i. S. der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris). Hinsichtlich des Überzeugungsmaßstabs genügt für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (st. Rspr, z. B. BSG, Urteile vom 02. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - und vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 –, beide in juris).

Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands.

Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, a.a.O.).

Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a. a. O.)

Auch unter Zugrundelegung des von der Beklagten anerkannten Ereignisses vom 21. März 2012 als Arbeitsunfall im Sinne eines Verdrehtraumas des linken Knies ist der Senat unter Berücksichtigung der dargelegten Beweis- und Kausalitätsgrundsätze im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht im nach § 128 SGG erforderlichen Maße davon überzeugt, dass ein Zustand nach Patellaluxation (dazu 1.), ein CRPS mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks nach operativer Weichteilkorrektur des Kniescheibenverlaufs (dazu 2.) sowie eine Somatisierungsstörung (dazu 3.) rechtlich wesentlich durch das Unfallgeschehen vom 21. März 2012 verursacht oder mitverursacht worden sind. In diesen Feststellungen folgt der Senat den schlüssigen Darlegungen des Sachverständigen Dr. M in dessen Gutachten vom 03. Januar 2016. Dies hat bereits das SG in seiner angegriffenen Entscheidung ausführlich und zutreffend begründet. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung in vollem Umfang an und sieht insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab.

Lediglich ergänzend verweist der Senat auf Folgendes:

1. Soweit der Kläger eine Patellaluxation als Gesundheitserstschaden geltend macht, fehlt es schon am erforderlichen Vollbeweis einer stattgehabten Luxation der Patella. Zwar hat der Kläger - einerseits - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat durchaus glaubhaft bekundet, dass seine linke Kniescheibe nicht an ihrer üblichen, anatomisch gerechten Stelle, sondern leicht seitlich davon stand, quasi verschoben war, und er sie selbst wieder habe reponieren können. Andererseits fehlen jedoch belastbare klinische Befunde für den Nachweis, dass tatsächlich eine Luxation der Patella, ggf. mit Spontanreposition, bei dem Ereignis am 21. März 2012 eingetreten war.

Eine erstmalige Patellaluxation lässt sich wegen des besonderen, verletzungsspezifischen Schadensbildes - direkt oder indirekt - anhand dieses Schadensbildes bei zielgerichteter Diagnostik, insbesondere durch MRT, aber auch durch klinische Befunde, in der Frühphase praktisch immer sichern (Ludolph, Der Unfallmann, 13. Aufl. 2013, Seite 402; Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 645). Als Begleitverletzungen einer Patellaluxation bzw. als verletzungsspezifisches Schadensbild werden in der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger et al., a.a.O., S. 646) genannt z.B. die Ruptur des medialen patellofemoralen Ligaments, Begleitverletzungen am Knorpel der Kniescheibenrückfläche, die gelegentlich der operativen Entfernung von daraus resultierenden Freikörpern bedürfen, Begleitverletzungen an den Menisken und am vorderen Kreuzbandapparat. Zur Erkennung dieser Verletzungszeichen ist eine frühe Kernspintomografie von besonderer Bedeutung (Schönberger et al., a.a.O., S. 645). An anderer Stelle in der Literatur, so Schiltenwolf/Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Aufl. 2014, Seite 752, wird bei einer indirekten Krafteinwirkung auf das Kniegelenk ein Kniegelenkerguss mit dem Symptom der "tanzenden Patella" gefordert, wobei aus dem Erguss weitere Aufschlüsse und Hinweise auf die stattgehabte Schädigung hergeleitet werden können. Nach Ludolph, a.a.O., Seite 402, werden schmerzbedingte Funktionseinbußen, eine Weichteilschwellung, ein blutiger Gelenkerguss bzw. blutige Benetzungen an den Streckinnenseiten sowie eine bildtechnisch leicht lateralisierte und abgehobene (Gelenkerguss) Kniescheibe gefordert. Häufig sind Kontusionsmarken, die im MRT als Knochenödeme (Bone bruise) sichtbar sind, bzw. knorpelige/knöcherne Abschlagfragmente (Flakes) an der Vorder- bzw. Außenseite des lateralen Oberschenkelgelenkkörpers und/oder an der medialen Kniescheibenfacette zu finden. Das mediale Retinaculum ist in seinem Zusammenhang getrennt bzw. vom medialen Kniescheibenrand abgeschert.

Derartige Begleitverletzungen im Sinne eines verletzungsspezifischen Schadensbildes sind - außer den nachgewiesenen klinischen schmerzbedingten Funktionseinbußen - in den aktenkundigen medizinischen Befundunterlagen nicht dokumentiert.

Insoweit wird im DAB vom 21. März 2012 nur der "Verdacht" auf das Vorliegen einer stattgehabten Patellaluxation geäußert. Ebenso sind die vom D-Arzt DM K nach dem Unfall erhobenen Befunde - hinkendes Gangbild links, lokale mäßige Schwellung mit erheblichen Druckschmerzen am medialen Retinaculum der Patella links, positiver Apprehension-Test für die Patellaluxation, Beweglichkeit im linken Kniegelenk 0-10-90° mit schmerzhafter Einschränkung, verstärkte mediale Schmerzen beim Valgusstresstest – nur unspezifische Indizien im Hinblick auf die geäußerte Verdachtsdiagnose, wie auch der Sachverständige Dr. M in seinem Gutachten ausführt (Gutachten Seite 13). Auch ein reines – wie von der Beklagten anerkanntes – Verdrehtrauma des linken Kniegelenkes ohne Patellaluxation kann diese Symptome und Befunde zur Folge haben. Ein positiver Apprehensions(Erwartungs)-Test ist kein Nachweis für, allenfalls ein Hinweis auf eine ggf. stattgehabte Patellaluxation, da er (bereits) dann als "positiv" bewertet wird, wenn der Patient eine Abwehrbewegung beim Versuch der passiven Seitverschiebung der Patella über den lateralen Femurkondylus macht (www.jerosch.de/kompendium/knie). Zudem wurde eine Instabilität am Kniegelenk nicht festgestellt.

Weiterhin stellte der D-Arzt noch am Unfalltag fest, dass keine intraartikuläre Ergussbildung bzw. kein Hämarthros vorlag, was bei einer traumatischen Patellaluxation nahezu zwingend zu erwarten wäre, so Dr. M, nicht jedoch bei anlagebedingten Subluxationen. Der Sachverständige führte hierzu in seinem Gutachten (Seite 12 f.) aus, dass unter - hypothetischer - Zugrundelegung eines geeigneten Unfallmechanismus dieser "zwingend mit einer relevanten Verletzung des innenseitigen Halteapparates der Patella und regelhaft mit Läsionen an der äußeren Kante der Gleitrinne bzw. direkten oder indirekten Begleitverletzungen der Kniescheibe verbunden" ist.

In dem wenige Tage nach dem Ereignis vom 21. März 2012 am 29. März 2012 gefertigten MRT zeigte sich ein insgesamt unauffälliger Kapselbandapparat inklusive medialem Retinaculum, dort waren allenfalls diskrete Zeichen einer Zerrung, kein relevantes Bone bruise (Knochenödem), insbesondere nicht an der lateralen Trochlea, auch nur diskret an der lateralen Patellafacette, kein relevanter Erguss, keine freien Gelenkkörper und unauffälligen Menisken sichtbar, so der Sachverständige Dr. M

Der OP-Bericht vom 27. April 2012 nennt zwar als Diagnose eine Patellaluxation links, ohne diese jedoch mit gesicherten Befunden zu unterlegen. Es zeigte sich bei der Arthroskopie eine - degenerativ bedingte - "Chondromalazie Grad III mit Ablösung in der Belastungszone"; hier erfolgte eine Knorpelglättung. Der Operateur D hat darüber hinaus keine zwingend auf eine Patellaluxation hinweisenden Kniebinnenbefunde, s. o., beschrieben. Er selbst äußerte sich auf Nachfrage der Beklagten in seinem Zwischenbericht vom 01. Juni 2012 dahingehend, dass das angegebene Trauma als Gelegenheitstrauma bei Bandinsuffizienz zu betrachten sei.

Die anlässlich der Arthroskopie (27. April 2012) gefertigten Videoprints wurden durch den Sachverständigen Dr. Mgesichtet und sind als Ausdrucke technisch bedingt nicht vollwertig auswertbar. Er konnte auf den Videoprints kein typisches Verletzungsmuster erkennen. Eindeutig zur Darstellung kamen jedoch "nur zentrale Auffaserungen und typisch degenerative schollenartige Aufbrüche der Kniescheibe und keinerlei luxationstypische Veränderungen an der lateralen Trochlea". Das mediale Retinaculum, so Dr. M, welches von einer Kniescheibenluxation besonders betroffen wäre, wurde jedoch nicht gesondert fotodokumentiert. Insoweit folgerte der Sachverständige nach Auffassung des Senates schlüssig, dass deshalb angenommen werden kann, dass hier kein pathologischer Befund vorlag.

Selbst wenn der Senat davon ausginge, dass es bei dem anerkannten Verdrehtrauma zu einer Luxation der Kniescheibe gekommen ist, könnte eine haftungsausfüllende Kausalität nicht angenommen werden. Denn erforderlich wäre zusätzlich zu dem - wie ausgeführt - hier nicht vorliegenden verletzungsspezifischen Schadensbild weiterhin das Vorliegen eines geeigneten Verletzungsmechanismus mit Beteiligung der Kniescheibe sowie darüber hinaus der zeitliche Zusammenhang, also der sofortige Funktionsverlust sowie das verletzungsspezifische Schadensbild (Ludolph, a.a.O., Seite 404).

Insbesondere die Ermittlung der beim Unfallhergang wirkenden Kräfte, also des konkreten Verletzungsmechanismus, dient der Abgrenzung zu den konkurrierenden Ursachen, insbesondere zu den bis zum Erstschadensereignis regelrecht unerkannt gebliebenen Schadensanlagen. Erst dann, wenn ein Bewegungsablauf/Verletzungsmechanismus vorliegt, der auch ohne Schadensanlage geeignet ist, eine Kniescheibenluxation zu verursachen, kann das Unfallereignis - trotz der vorliegenden Schadensanlage - als wesentliche Bedingung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung für den eingetretenen Gesundheitsschaden angesehen werden (Ludolph, a.a.O., Seite 406).

Hierzu führte der Sachverständige Dr. Maus, dass grundsätzlich ein biomechanisch geeigneter Unfallmechanismus vorliegen muss, der aufgrund seiner besonderen Mechanik geeignet ist, eine traumatische Patellaluxation zu verursachen. Zur Verdeutlichung dessen legt Dr. M dar, dass eine massive Außenrotation mit passivem Valgusstress bei ungewollt fixiertem Fuß in gleichzeitiger Beugung und bei Anspannung der Quadrizepsmuskulatur - etwa beim Absteigen von einer überein 1 m hohen Ladefläche - zu einer Konstellation führen kann, bei der eine "echte" traumatische Patellaluxation der Kniescheibe eintreten kann.

Die Ausführungen des Sachverständigen überzeugen den Senat, da sie in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur, hier u. a. Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., Seite 645, und auch Ludolph, a.a.O., Seite 406, zum geeigneten Verlauf einer traumatisch verursachten Kniescheibenluxation stehen.

Mit Dr. M vermag der Senat nach den genannten Kriterien hier keinen geeigneten Unfallmechanismus zu erkennen. Insbesondere ist eine Beugung des linken Beines bei der Drehbewegung weder aus dem DAB vom 21. März 2012 "das linke Kniegelenk noch im Stand verdreht" noch aus der Schilderung des Unfallmechanismus durch den Kläger selbst anlässlich der Begutachtung durch Dr. M ("beim Versuch von der Ladefläche wieder abzusteigen mit dem Fuß in einem Gitterrost hängen blieb und sich deshalb bei der parallel dazu angesetzten Drehbewegung das Knie mit fixiertem Fuß verdrehte") bzw. seiner Aussage zum Unfallhergang in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Potsdam (" bin anschließend auf der Plattform zur Leiter getreten. Während der Drehbewegung hat sich mein Sicherheitsschuh mit dem Profil in einem Gitter festgehakt und ich habe mir das Knie verdreht") nachgewiesen.

Das Erfordernis einer Beugungshaltung - bei gleichzeitiger Fixierung und Einwirkung von Scherkräften - ist nach der unfallmedizinischen Literatur ein maßgebendes Kriterium für die Annahme einer traumatischen Luxierung der Patella: "Dadurch wird die Kniescheibe bei etwa 30-40° Knieanwinklung muskulär aus ihrem Gleitlager herausgezogen. Auf diesem Wege ist eine alleinige, somit unfallbedingte Kniescheibenluxation denkbar, aber eher selten festzustellen." (Schönberger u.a., a.a.O., S. 645).

Nach Ludolph, Der Unfallmann, 13. Aufl., 2013, Seite 403, 405, sind Voraussetzung für eine luxierende Gefährdung der Kniescheibe nur eine überraschende rotatorische Gegenbewegung zwischen Ober- und Unterschenkel im Kniegelenk mit erheblichen Zugkräften (Quadrizepsmuskulatur), eine Verkleinerung des äußeren Q-Winkels und eine entsprechende lateralisierende Querkraft.

Auch eine derartige überraschende kräftige rotatorische Gegenbewegung zwischen Ober- und Unterschenkel im Kniegelenk als geeigneter Unfallmechanismus wurde vom Kläger zu keiner Zeit geschildert. Vielmehr hat sich der Kläger willentlich gesteuert umgedreht und blieb (nur) mit seinem Fuß im Metallprofil hängen, wie er persönlich in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Potsdam geschildert hat. Abgesehen davon fehlt es auch in jeder Hinsicht an der Beschreibung einer (leichten) Beugestellung des Kniegelenkes mit Valgus-Extensions-Außenrotations-mechanismus.

Darüber hinaus ist zumindest fraglich, ob das weitere Kriterium eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und eingetretenem Funktionsverlust anzunehmen ist (Schiltenwolf/Hollo, a.a.O., Seite 752). So hat der Kläger zunächst noch 3 Stunden nach dem angeschuldigten Ereignis weitergearbeitet und ist erst dann mit dem Sattelschlepper noch ca. 10 km von seiner Arbeitsstelle in E zurück zum Büro nach W gefahren, um von dort mit dem Pkw den weitere ca. 9 km entfernt in Npraktizierenden D-Arzt aufzusuchen. Der Einsatz des linken Beines zum Kuppeln war dabei unerlässlich. Dies spricht zumindest als Indiz gegen eine akute, schwerwiegende Schädigung der Binnenstrukturen des linken Knies.

Vor diesem Hintergrund - keine verletzungsspezifisches Schadensbild, kein geeigneter Unfallmechanismus - spricht gegen den Kausalzusammenhang zudem, dass beim Kläger durch die MRT-Aufnahme des linken Kniegelenkes vom 29. März 2013 eine Patella-Formvariante nach Wiberg III mit leicht abgeflachtem femoralem Gleitlager und leichtem Kniescheibenhochstand, somit eine luxationsbegünstigende anatomisch-funktionelle Anomalie festgestellt wurde (Schiltenwolf/Hollo, a.a.O., Seite 756). Hierbei handelt es sich um Veränderungen, die dazu führen, dass die Führung und Fixierung der Kniescheibe in ihrem Gleitlager an Stabilität verliert. Ohne eine konstitutionelle Disposition ist eine traumatische Kniescheiben-Verrenkung unwahrscheinlich (Ludolph, a.a.O., Seite 403). Die Grenze, wann dispositionelle Faktoren so gravierend sind, dass sie die Luxation allein, überwiegend (wesentlich) oder nur partiell mitverursachen, ist fließend. Umso unabdingbarer ist der geeignete Schadensmechanismus, insbesondere in Form einer überraschenden, kräftigen Gegenbewegung zwischen Ober- und Unterschenkel mit dem Kniegelenk als Schnittpunkt der gegenläufigen Kräfte. Die einwirkenden Zugkräfte müssen dabei erheblich sein (Ludolph, a.a.O., Seite 405). Fehlt es - wie hier - an einem derart geeigneten Mechanismus, spricht die anlagebedingte Fehlform ebenfalls gegen eine wesentliche (Mit-) Verursachung der vom Kläger geschilderten Patella(sub)luxation durch das Unfallereignis.

2. Ebenso wenig ist das CRPS rechtlich wesentlich durch das angeschuldigte Unfallereignis verursacht worden. Als eigenständiges Erkrankungsbild wurde es bereits im Sinne der naturwissenschaftlichen Kausalität nicht direkt durch das Unfallereignis selber verursacht, sondern trat erst in Folge der Arthroskopie auf. Insoweit könnte es zumindest mittelbare Folge des angeschuldigten Arbeitsunfalles nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sein. Nach dieser Norm sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden oder der Tod des Versicherten infolge der Durchführung einer Heilbehandlung. § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden. Aber auch diese gesetzliche Zurechnung setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war (vgl. BSG, Urteil vom 06. September 2018 – B 2 U 16/17 R –, juris Rn. 16 ff.).

Die Durchführung einer Heilbehandlung i. S. des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegt vor, wenn der Unfallversicherungsträger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§ 26 ff SGB VII - nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform - bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme an einer solchen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers den Anordnungen der Ärzte folgend teilnimmt. Die gesetzliche Zurechnung beruht auf der (grundsätzlich auch mitwirkungspflichtigen) Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger oder diesem zurechenbar bewilligten oder angesetzten Maßnahme (BSG, Urteil vom 05. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R –, juris). Es kommt rechtlich nicht darauf an, ob die Heilbehandlungsmaßnahme durch den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Bewilligung eines Anspruchs auf diese Heilbehandlung bestand. Nicht notwendig ist deshalb, dass objektiv, d.h. aus der nachträglichen Sicht eines fachkundigen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich vorlagen.

Der Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist auch dann erfüllt, wenn der Träger oder sein Leistungserbringer, und dabei insbesondere der D-Arzt, für den Versicherten den Anschein gesetzt hat, es solle eine unfallversicherungsrechtliche Heilbehandlungsmaßnahme durchgeführt werden (zuletzt BSG, Urteil vom 06. September 2018 – B 2 U 16/17 R –, juris). Erforderlich ist hierbei, dass der Unfallversicherungsträger die Maßnahme gegenüber dem Versicherten in der Annahme des Vorliegens einer Unfallfolge im engeren Sinne veranlasst hat. Das Unfallereignis muss also notwendige Bedingung der Durchführung der Heilbehandlungsmaßnahme gewesen sein. Für die Frage, ob eine solche dem Versicherten gegenüber angeordnete Maßnahme vorliegt, kommt es entscheidend darauf an, ob der Träger durch seine Organe oder seine Leistungserbringer dem Versicherten den Eindruck vermittelt hat, es solle gerade eine solche Maßnahme des Unfallversicherungsträgers durchgeführt werden. Zwar reicht allein die bloß irrige Vorstellung des Versicherten, er nehme an einer unfallversicherungsrechtlichen Heilbehandlung teil, nicht aus, den Zurechnungstatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu erfüllen. Anders liegt es jedoch, wenn der Träger oder seine Leistungserbringer für den Versicherten den Anschein, beim Erlass von Verwaltungsakten oder bei der Abgabe von Willenserklärungen ggf. auch den Rechtsschein gesetzt haben, es solle eine solche unfallversicherungsrechtliche Maßnahme durchgeführt werden (vgl. BSG vom 05. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, juris).

Eine Heilbehandlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegt hier jedoch nicht vor. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein D-Arzt der gesetzlichen Unfallversicherung in dieser Funktion zur Behandlung einer von ihm als unfallbedingt eingeschätzten Gesundheitsbeeinträchtigung ohne weiteren Kontakt zum Unfallversicherungsträger tätig wird oder dem Versicherten gegenüber eindeutig und klar erklärt, dass es sich bei dem ärztlichen Eingriff um eine Heilbehandlungsmaßnahme zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund eines Arbeitsunfalls handelt (BSG, a.a.O.).

Die Arthroskopie am 27. April 2012 erfolgte hier nicht auf Anordnung eines bzw. des D-Arztes und auch nicht zur Behandlung einer von ihm als unfallbedingt eingeschätzten Gesundheitsbeeinträchtigung. Bereits frühzeitig, in seinem DAB vom Unfalltag hatte der D-Arzt DM K sowohl das Vorliegen eines Arbeitsunfalles in Ermangelung eines adäquaten Traumas für eine traumatische Luxation als auch eine Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten ausdrücklich ausgeschlossen. Daher war die weitere orthopädische Behandlung des Klägers durch den Orthopäden D erfolgt, der nicht als D-Arzt und Leistungserbringer eines Unfallversicherungsträgers, insbesondere hier der Beklagten, fungierte. Letztlich erfolgte die OP auch auf "Anordnung" des Orthopäden D, der diese OP selbst durchgeführt und den OP-Bericht erstellt hat.

3. Soweit der Sachverständige Dr. M beim Kläger auch eine Somatisierungsstörung festgestellt hat, überzeugt dies den Senat zum einen nicht, zum anderen ist die beim Kläger vorliegende chronische Schmerzstörung nicht wesentlich durch das Angeschuldigte Unfallereignis (mit-) verursacht.

Zunächst liegt die Beurteilung derartiger psychologischer/psychiatrischer Erkrankungsbilder nicht im Fachbereich des Sachverständigen als Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Es ergeben sich zwar Anhaltspunkte für das Vorliegen einer neurologisch-psychiatrischen Erkrankung aus den vom Senat eingeholten Befundunterlagen. So erhält der Kläger die Schmerzmedikation wegen der unter anderem von Dr. F bestätigten chronischen Schmerzen (Befundbericht vom 28. April 2014), auch im Reha-Entlassungsbericht vom 21. Oktober 2013 der Sana Kliniken S wird zumindest der Verdacht auf eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren geäußert. Diese mit dem CRPS zusammenhängenden Schmerzen sind jedoch Ausdruck dieser Erkrankung und daher nicht - wie oben ausführlich dargelegt - wesentlich durch das angeschuldigte Unfallereignis (mit-) verursacht.

Im Ergebnis hat das Verdrehtrauma des Klägers keine nachgewiesene Kniescheibenluxation (mit spontaner Reposition) bewirkt, wohl aber eine kurzzeitige Hyperkompression im Kniescheibengleitlager mit verstärkten vorderen Knieschmerzen, wie der Sachverständige Dr. M dies in seinem Gutachten prägnant dargestellt hat.

Dem Antrag des Klägers, einen Arzt gutachtlich zu hören, war nicht nachzukommen, da ein den Formerfordernissen des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG entsprechender Antrag nicht innerhalb der vom Senat gesetzten Frist gestellt worden ist.

Nach dieser Norm muss ein vom Kläger bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die setzt voraus, dass der Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes gehen muss, der im Antrag namentlich zu bezeichnen ist bzw. der nach konkreten Angaben im Antrag ohne Weiteres namentlich bestimmbar ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 109 Rn. 4).

Zwar hatte der Kläger in seinem Antrag vom 27. August 2018 als Arzt nach § 109 SGG namentlich Herrn Dr. H benannt. Dieser hatte jedoch mit Schriftsatz vom 11. Februar 2019 die Erstellung des Gutachtens abgelehnt. Der Senat hat daraufhin den Kläger mit gerichtlichen Verfügungen vom 18. Februar, 18. März und "letztmalig" vom 10. April 2019 mit Fristsetzung bis zum 02. Mai 2019 um Stellungnahme zum weiteren Vorgehen im Rahmen des Antrags nach § 109 SGG gebeten, was bis zu der am 20. Juni 2019 von der Senatsvorsitzenden verfügten Ladung zum Verhandlungstermin am 15. August 2019 ohne jede Reaktion blieb. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2019 hat der Kläger dann auch lediglich die Verlängerung der Frist zur Benennung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG bis zum 26. Juli 2019 beantragt, ohne dass diese verlängerte Frist von ihm eingehalten worden ist. Erst mit Schriftsatz vom 08. August 2019 hat der Kläger einen Sachverständigen nach § 109 SGG benannt.

Diesem Antrag war nach § 109 Abs. 2 SGG nicht nachzukommen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht den Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Der am 08. August 2019 gestellte Antrag hätte bei Zulassung der weiteren Beweiserhebung durch den Senat die Erledigung des Berufungsverfahrens – angesichts der erfolgten Terminierung - verzögert. Zudem wurde der Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vom Kläger gestellt. Verspätung aus grober Nachlässigkeit liegt vor, wenn jede nach sorgfältiger Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen ist, wenn nicht getan wird, was jedem einleuchten müsste (vgl. BSGE 7, 221). Setzt das Gericht von sich aus eine Frist, kann der Beteiligte diese ausnutzen; wenn sie nicht ausreicht, hat er Fristverlängerung zu beantragen. Hat der Antragsteller die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt, ist dem Antrag stattzugeben. Lässt der Beteiligte eine zumutbare Frist ohne hinreichenden Grund verstreichen, kann der Antrag abgelehnt werden (vgl. Keller a.a.O., § 109 Rn. 11). Letztgenannter Fall liegt hier vor, weil nicht plausibel ist, warum der Prozessbevollmächtigte des Klägers trotz Kenntnis der Absage von Dr. H im Februar 2019 und der mehrmaligen Erinnerungen sowie der gewährten Fristverlängerung nicht in der Lage gewesen ist, einen konkret bestimmten Arzt nach § 109 SGG bis zum 26. Juli 2019 zu benennen. Soweit der Kläger im Verhandlungstermin hierzu vorgetragen hat, kein Arzt hätte sich bereit gefunden, in einem Gerichtsverfahren gegen eine Berufsgenossenschaft ein Gutachten zu erstellen, kann der Senat nach seinen eigenen Erfahrungen mit einer Vielzahl vergleichbarer Anträge nach § 109 SGG diese Darstellung nicht nachvollziehen. Aufgrund dessen geht der Senat davon aus, dass der Kläger bei sorgfältiger Prozessführung in den ihm zur Verfügung stehenden ca. 6 Monaten (8. KW bis 33. KW 2019) einen Arzt seines Vertrauens für die Erstellung eines unfallrechtlichen Zusammenhangsgutachtens hätte gewinnen und dem Gericht benennen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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