S 8 R 123/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 8 R 123/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 175/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den Dezember 2012 hinaus umstritten.

Die am ... 1959 geborene Klägerin hat von 1976 bis 1978 den Beruf der Facharbeiterin für automatisierte Produktion ohne Abschluss erlernt. Sie arbeitete von 1979 bis 1981 als Produktionsarbeiterin, anschließend bis 2003 bei der Post, dann bis 2009 als Tierpflegerin und zuletzt als Servicekraft in einem Altenheim.

Vom 1. November 2011 bis zum 31. Dezember 2012 bezog die Klägerin von der Beklagten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Hintergrund war, nachdem die Klägerin bereits mehrfach erfolglos Rentenanträge wegen eines postthrombotischen Syndroms und psychischer Gesundheitsstörungen gestellt hatte, ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 28. Februar 2011. Darin beschrieb die Gutachterin eine rezidivierende depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode, eine Angst und Depression gemischt und einen chronischen Ulcus cruris. Die Klägerin könne ihren letzten Beruf als Servicekraft sowie Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei bis unter sechs Stunden verrichten.

Am 31. August 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Weiterzahlung der Rente. Die Beklagte zog die Epikrise der vom 15. Februar bis zum 7. März 2012 wegen einer schweren depressiven Episode durchgeführten stationären Behandlung bei und ließ den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. das Gutachten vom 12. Dezember 2012 erstatten. Der Gutachter beschrieb eine rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig leichtgradig, Panikattacken, ein cervicocephales Syndrom und ein LWS-Syndrom. Die Klägerin könne ihren letzten Beruf als Servicekraft und leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und holte auf deren Widerspruch vom Facharzt für Orthopädie Dr. G. einen Befundbericht ein, in dem dieser über eine Osteochondrose C5-7 und eine Spondylarthrose C5-7 berichtete. Ferner zog die Beklagte Befunde der Fachärztin für Angiologie Dr. W. und der Nervenfachärztin Dr. K. bei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2014 als unbegründet zurück. Mit ihrem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr sei die Klägerin nicht erwerbsgemindert. In ihrer letzten Tätigkeit als Servicekraft sei sie als Angelernten im unteren Bereich einzustufen und daher auch sozial zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Damit liege auch teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht vor.

Mit seiner hiergegen am 10. Februar 2014 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie sei nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Die Klägerin sei im Besitz eines Kfz, das die Tochter nutze. Sie hat das arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 7. Oktober 2014 übersandt, wonach die Klägerin nicht mehr arbeiten könne.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. Dezember 2012 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Sie hat die Unterlagen übersandt, die zu einer weiteren Rehabilitation geführt haben, die vom 5. März bis zum 9. April 2014 durchgeführt worden sei. Ausweislich des Entlassungsberichts lägen bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eeine chronisch venöse Insuffizienz, ein postthrombotisches Syndrom und eine Behandlung mit Antikoagulantien vor. Die Klägerin könne ihren letzten Beruf nicht mehr, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten in Tagesschicht, ohne Arbeiten an laufenden Maschinen, ohne Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen sechs Stunden und mehr verrichten. Aus dem Entlassungsbericht ist ersichtlich, dass die Klägerin im Besitz eines Führerscheins sei.

Die Klägerin hat auf den Hinweis des Gerichts, ein Rentenanspruch dürfe nicht durchzusetzen sein, einen Bericht ihres Hausarztes Dr. B. vorgelegt, der die bekannten Diagnosen aufgeführt und ausgeführt hat, die Einschätzung widerspreche in eklatanter Weise dem nach der absolvierten Rehabilitation darstellbaren Krankheitsverlauf und sei aus ärztlicher Sicht ausschließlich unter dem Aspekt der Kosteneinsparung geschuldet. Wieder einmal, und seit 2004 zunehmend aus ethischer Sicht unter inakzeptabler Ignoranz der individuellen Gegebenheiten praktiziert, werde hier ohne Interesse an den tatsächlichen Problemkonstellationen über die schwächsten Gesellschaftsmitglieder so geurteilt, dass keine weiteren Kosten ausgelöst würden. Die Klägerin werde medikamentös behandelt und sei zu keiner Erwerbstätigkeit fähig.

Die Beklagte hat mitgeteilt, sie habe der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angeboten. Die Klägerin habe erklärt, aus gesundheitlichen Gründen hieran nicht interessiert zu sein.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten von Dr. B., dem Facharzt für Orthopädie Dr. G., Dr. W. und Dr. K.

Dr. B. hat die bekannten Gesundheitsstörungen beschrieben. Dr. G. hat eine Rotatorenmanschettenruptur und eine Bursitis subacromialis linke Schulter beschrieben und erklärt, die Klägerin sei am 11. November 2014 zur Operation überwiesen worden und habe sich anschließend nicht wieder vorgestellt. Dr. W. hat erklärt, die Klägerin könne nicht mehr arbeiten. Dr. K. hat ebenfalls eingeschätzt, die Klägerin könne nicht mehr arbeiten.

Anschließend hat das Gericht von der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. H. das Gutachten vom 28. September 2015 eingeholt. Die Sachverständige hat folgende Gesundheitsstörungen beschrieben:

Rezidievierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode,

Chronisch venöse Insuffizienz rechts,

Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur links mit Operation,

Zustand nach Bursitis subacromialis,

Zustand nach mehrfachen Ulcus cruris und mehrfachen Operationen,

LWS-Syndrom.

Die Sachverständige hat eingeschätzt, die Klägerin könne leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zwangshaltungen, Gerüst- und Leiterarbeiten acht Stunden täglich verrichten. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt.

Anschließend hat das Gericht vom Facharzt für Innere Medizin und Angiologie Dr. M. das Gutachten vom 9. Dezember 2015 eingeholt. Dem Sachverständigen hat die Klägerin erklärt, im Vordergrund stünden Rückenschmerzen. Längere Spaziergänge seien ihr nicht mehr möglich, nach einem Kilometer müsse sie sich hinsetzen. Der Sachverständige hat folgende Gesundheitsstörungen beschrieben:

Chronisch venöses Stauungssyndrom beiderseits,

Postthrombotisches Syndrom beiderseits mit Folgezustand nach Ulcus cruris beiderseits,

Sekundäres Krampfadersyndrom beider Beine,

Gerinnungsstörung mit Notwendigkeit zur dauerhaften Blutgerinnungshemmung,

Arterielle Hypertonie ohne Endorganschäden,

Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung,

Knotenbildung der Schilddrüse,

Knöchernes subacromiales Impingement links,

Acromioclavikulararthrose links mit operativer Dekompresssion,

Rezidivierende depressive Störung.

Der Sachverständige hat eingeschätzt, die Klägerin könne leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zwangshaltungen ohne Witterungseinflüsse in Tagesschicht ohne Zeitdruck sechs bis acht Stunden täglich verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung der Kammer.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden und damit zulässig.

Sie ist aber nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, der Klägerin über den 31. Dezember 2012 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Klägerin ist weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.

Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Die Klägerin ist bei der Beklagten versichert und hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monaten) erfüllt.

Die Klägerin ist aber weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bei der Klägerin liegt kein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden vor. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Berichten von Dr. E., dem ENtlassungsbericht der im Jahr 2014 durchgeführten Rehabilitation sowie den gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. H. und Dr. M. Danach ist die Klägerin in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in Tagesschicht ohne Zeitdruck sechs bis acht Stunden zu verrichten. Die Wegefähigkeit der Klägerin ist nach ihrer Angabe bei Dr. M., wonach sie sich nach 1 km Gehstrecke hinsetzen müsse, nicht rentenrelevant eingeschränkt.

Die Auffassung von Dr. B. ist abwegig. Allein seine Wortwahl gegenüber Beklagter und Gericht lässt erahnen, dass er keine objektive Einschätzung abgegeben hat. Darüber hinaus kann man anhand der diversen sozialmedizinischen Einschätzungen erfahrener Gutachter erkennen, dass dieser Arzt eine rentenrelevante Einschätzung zum Leistungsvermögen nicht abzugeben vermag.

Bei der Klägerin liegen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des vollschichtigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.).

Die subjektive Einschätzung der Klägerin, sich für erwerbsgemindert zu halten, reicht für eine Rentengewährung allein nicht aus. Von den vorliegenden medizinischen Unterlagen wird diese Auffassung nicht gestützt, so dass sie sich im Ergebnis nicht objektivieren lässt. Dabei steht für das Gericht fest, dass die Klägerin unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet. Ein rentenberechtigender Grad wird hierbei jedoch unter Berücksichtigung der sozialmedizinischen Kriterien nicht erreicht.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Anspruch auf eine solche Rente bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Die Klägerin ist vor dem 2. Januar 1961 geboren, aber nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Für die Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist sein "bisheriger Beruf" maßgeblich. Wenn er diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist die Zumutbarkeit einer anderen Tätigkeit zu prüfen. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss also mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (KassKomm-Niesel § 43 SGB VI a.F. RdNr 21,22 mit weiteren Nachweisen). Hat sich ein Versicherter von einer höherwertigen Beschäftigung gelöst, ist diese nicht mehr als bisheriger Beruf anzusehen. Eine solche Lösung liegt nicht vor, wenn diese Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden ist (KassKomm-Niesel § 43 SGB VI a.F., RdNr 33 mit weiteren Nachweisen).

Bisheriger Beruf der Klägerin ist der der Servicekraft in einem Altenheim. Mit dem verbliebenen Leistungsvermögen kann die Klägerin diese Tätigkeit nicht mehr zumutbar ausüben. Dies haben die Sachverständigen übereinstimmend beschrieben.

Damit ist die Klägerin aber noch nicht berufsunfähig. Auf welche Berufstätigkeiten ein Versicherter nach seinem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das Bundessozialgericht nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von dem Versicherten vollschichtig ausübbare Tätigkeit ist ihm zumutbar im Sinne des § 43 Absatz 2 SGB VI, wenn er irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von 3 Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss dem Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor. Einem Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn sein bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf des angelernten Arbeiters oder dem des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist. Allerdings ist bei den angelernten Arbeitern weiter zu differenzieren: Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von bis zu einem Jahr (sog. untere Angelernte) sind auf alle ungelernten Tätigkeiten verweisbar. Demgegenüber können Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von mehr als einem Jahr bis zu zwei Jahren (sog. obere Angelernte) nur auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch bestimmte Qualitätsmerkmale auszeichnen. Daher sind für Angelernte des oberen Bereichs Verweisungstätigkeiten konkret zu benennen (KassKomm-Niesel § 43 SGB VI a.F. RdNr 109 mit weiteren Nachweisen).

Der bisherige Beruf der Klägerin als Servicekraft in einem Altenheim ist dem Bereich der Ungelernten zuzuordnen. Damit ist die Klägerin auch sozial zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, so dass teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht vorliegt.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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