S 7 SO 171/17 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 7 SO 171/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 SO 171/17 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, längstens aber bis zum 31.12.2018 weitere 3.293,03 EUR/Monat ab Einstellung von Pflegekräften und Vorlage der entsprechenden Arbeitsverträge beim Antragsgegner über die bislang aufgrund der zwischen den Beteiligten geschlossenen Zielvereinbarung und dem Bescheid vom 23.08.2017 bewilligten 3.989,10 EUR/Monat hinaus als persönliches Budget zu zahlen. 2. Der Antragsgegner wird weiter verpflichtet, der Antragstellerin ab Januar 2018 weitere 177,44 EUR/Monat aufgrund der Vorhaltung eines Assistenzzimmers als Hilfe zur Pflege zu zahlen. 3. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen. 4. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin 1/3 ihrer außergerichtlichen notwendigen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die höhere Gewährung eines persönlichen Budgets für eine 24-Stunden-Pflege im häuslichen Bereich.

Die am ... geborene Antragstellerin leidet unter einer mittelgradigen bis schweren Intelligenzminderung nach einer Säuglingsmeningitis sowie einer spastischen Halbseitenlähmung links mit Einschränkungen in der Fein- und Grobmotorik und beim Laufen.

Durch die Pflegeversicherung erhält die Antragstellerin seit dem 01.01.2017 Leistungen in Form eines Pflegegeldes des Pflegegrades 5 i. H. v. monatlich 901 EUR. Es wurde eine Schwerbeschädigung mit den Merkzeichen B, G und H und einem GdB von 100 festgestellt.

Die Antragstellerin erhielt bis zum 30.06.2015 Leistungen in der Häuslichkeit im Rahmen der Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 SGB XII. Nach Umzug in eine Wohngruppe in ... des ... e. V. erfolgte am 19.06.2015 die Finanzierung einer besonderen Pflegekraft gem. § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XI bis zu einer Höhe von 4.175,49 EUR. Seit dem 15.10.2016 besucht die Antragstellerin die Fördergruppe der WfbM, ... in ...

Am 22.08.2016 beantragte die Betreuerin der Antragstellerin Leistungen für eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Mit Bescheid vom 25.08.2016 bewilligte der Antragsgegner für die Zeit vom 01.09.2016 – 31.08.2017 Leistungen i. H. v. 4.388,77 EUR. Hierin enthalten waren Sachleistungen für den Besuch der Antragstellerin bei der Fördergruppe, so dass letztendlich monatlich 3.144,73 EUR zur Verfügung standen, um die übrige Betreuung sicher zu stellen. Da der Antragsgegner eine stationäre Einrichtung für die Antragstellerin als zumutbar festgestellt hatte, erfolgte ein Kostenvergleich von Einrichtungen mit freien Kapazitäten gem. § 13 SGB XII und der Leistungsanspruch wurde entsprechend auf die nach Ansicht des Antragsgegners angemessenen Mehrkosten beschränkt.

Der hiergegen am 16.09.2016 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2017 zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin unter dem 13.04.2017 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Das Verfahren ist unter dem Az. S 7 SO 47/17 anhängig (ursprünglich S 25 SO 47/17).

Mit Schreiben vom 13.03.2017 beantragte die Antragstellerin bei der Landeshauptstadt Magdeburg die Auszahlung der Sozialhilfeleistungen als Persönliches Budget in Form von "Arbeitgeberassistenzleistungen". Die Umsetzung der Assistenz sollte dabei in der Weise erfolgen, dass die Anweisung der Arbeitskräfte in der eigenen Wohnung der Antragstellerin durch die gesetzliche Betreuerin erfolgen sollte, über die auch die Arbeitsverhältnisse abgeschlossen werden würden. Ein Plan für den Einsatz der Assistenten sowie Bewerbungen möglicher Assistenten übersandte die Betreuerin ebenfalls an das zuständige Sozialamt.

Die Landeshauptstadt Magdeburg teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 28.03.2017 mit, dass Leistungen der Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme der Kosten einer besonderen Pflegekraft (Assistenzleistungen) gem. § 65 SGB XII i. H. v. 3.144,73 EUR/Monat bewilligt werden. Ein nicht gedeckter Bedarf sei nicht eindeutig dargestellt worden; die Umwandlung der Leistungen in ein Persönliches Budget sei nicht erkennbar.

Mit Schreiben vom 22.05.2017 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, welcher unter dem Az. S 25 SO 63/17 ER geführt wurde. Mit diesem Antrag begehrte die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Kosten für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung (24 Stunden tägliche persönliche Assistenz).

Mit Bescheid vom 23.08.2017 wurden der Antragstellerin auf ihren Antrag hin vom 30.07.2017 Leistungen der Hilfe zur Pflege gem. §§ 19 Abs. 3, 61 ff. SGB XII, in Form der Kostenübernahme von Assistenzleistungen für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis 31.08.2019 i. H. v. monatlich 3.989,10 EUR gewährt. Da eine stationäre Einrichtung für die Antragstellerin durch den Antragsgegner bzw. die Landeshauptstadt Magdeburg als zumutbar festgestellt worden war, erfolgte wiederum ein Kostenvergleich von Einrichtungen mit freien Kapazitäten gem. § 13 SGB XII und der Leistungsanspruch wurde auf die danach entsprechenden angemessenen Mehrkosten i. H. v. 5.296,63 EUR / Monat beschränkt (abzüglich der Kosten für die Fördergruppe = 3.989,10 EUR/Monat). Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin unter dem 18.09.2017 Widerspruch.

Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 25 SO 63/17 ER) beantragte die Antragstellerin, dass die Leistungen für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung (Assistenzleistungen) als Persönliches Budget erbracht werden. Im Erörterungstermin am 02.11.2017 nahm die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Hintergrund zurück, dass erst einmal die Verhandlungen zum persönlichen Budget vorangebracht werden. Die Vorsitzende wies darauf hin, dass dringend nochmal ein Bedarfsfeststellungsverfahren durchgeführt werden müsse. Insbesondere sollte ärztlicherseits und durch die Fördergruppe dargestellt werden, welche Entwicklungsschritte die Antragstellerin in der Häuslichkeit gemacht hatte. Weiterhin sollte ein ärztliches Attest vorgelegt werden, dass die Antragstellerin in der Nacht qualifizierte Pflegekräfte benötige.

Die Landeshauptstadt Magdeburg forderte am 10.11.2017 von der Fördergruppe der Pfeifferschen Stiftungen den aktuellen Entwicklungsbericht für die Antragstellerin ab. Mit Schreiben vom 20.11.2017 übersandte die Betreuerin der Antragstellerin der Landeshauptstadt Magdeburg einen Entwicklungsbericht des Familienunterstützenden Dienstes – Behindertenhilfe Wohnen – vom 11.11.2017. Mit weiterem Schreiben vom 21.11.2107 übersandte die Betreuerin der Antragstellerin das MDK-Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 24.08.2016 und einen Mietvertrag für die Antragstellerin ab 01.01.2018 für eine 3-Raum-Wohnung in der ... in ..., welcher am 11.11.2017 von der Betreuerin unterzeichnet wurde.

Am 08.12.2017 fand in der Häuslichkeit der Antragstellerin die Begutachtung durch den MDK Sachsen-Anhalt statt. Gemäß dem MDK-Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 08.12.2017 besteht bei der Antragstellerin ein Pflegegrad 5.

Am 12.12.2017 fand durch den Sozialen Dienst der Landeshauptstadt Magdeburg in der Häuslichkeit der Antragstellerin eine Bedarfsermittlung statt. Vor Ort anwesend waren die Antragstellerin, die Betreuerin, die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin und zwei Mitarbeiter des Sozialen Dienstes. Pflege- und Assistenzkräfte der Antragstellerin waren nicht anwesend.

Unter dem 14.12.2017 legte die Betreuerin der Antragstellerin bei der Landeshauptstadt Magdeburg eine ärztliche Bescheinigung der Hausärztin ... vor, die bestätigte, dass eine 24-Stunden-Pflege durch geeignete Fachkräfte durchzuführen sei, da die Antragstellerin einer ständigen Sturzgefahr ausgesetzt sei.

Die Landeshauptstadt Magdeburg übersandte der Betreuerin der Antragstellerin am 15.12.2017 eine Zielvereinbarung gem. § 4 BudgetV für die Dauer des Bewilligungszeitraumes vom 01.01.2018 bis 31.12.2018. Die Verrichtungen der notwendigen Pflege- und Betreuungsleistungen sollen im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung im Rahmen der Dienstleistungsgewährung erbracht werden. Es wird eine jährliche Budgetleistung von insgesamt 47.869,20 EUR erbracht. Dies entspricht einer monatlichen Leistung i. H. v. 3.989,10 EUR. Die Betreuerin unterschrieb diese Zielvereinbarung zunächst nicht.

Unter dem 17.12.2017 reichte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin den nunmehr anhängigen und hier streitigen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die vom Antragsgegner bewilligten Leistungen i. H. v. 3.989,10 EUR für eine 24-Stunden-Betreuung nicht ausreichen würden. Die Antragstellerin habe – entgegen den ständigen Behauptungen des Antragsgegners – durchaus einen eigenen Willen und könne diesen auch durchaus zum Ausdruck bringen. Das Selbstbestimmungsrecht der Antragstellerin einzuschränken entbehre jedweder Begründung. Es sei zwar richtig, dass die Antragstellerin auf allen Ebenen aufgrund von Behinderungen eingeschränkt sei. Sie sei auch nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse mit klaren Worten unverzüglich zu äußern. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie keine eigenen Bedürfnisse und Wünsche habe. Sie sei dagegen sogar in der Lage, diese – auf ihre eigene verständliche Weise – zu äußern. Eine stationäre Unterbringung sei für die Antragstellerin unerträglich. In einem stationären Wohnheim würde sie wieder vernachlässigt werden, da nicht ausreichend Personal zur Verfügung stünde. Sie bedürfe wegen motorischer Unruhe einer erhöhten Betreuung. Sie gehe jetzt erst 22:00 Uhr ins Bett, im Wohnheim musste sie bereits um 20 Uhr zu Bett gehen. Im Wohnheim sei sie mit Essensentzug bestraft worden. Haare seien ihr ohne Einwilligung der Betreuerin kurz geschnitten worden. Durch die Heimunterbringung habe die Antragstellerin unter vermehrten Ängsten gelitten, die sich in noch größerer Unruhe geäußert hätten: ständiges Aufschrecken, ständiges Äußern von Angst, auch wenn sie zu Hause war. Jedes zweite Wort sei "Angst" gewesen. Jetzt sage es die Antragstellerin nicht mehr. Während des Heimaufenthaltes habe sie auch an Stuhlinkontinenz gelitten. Sie habe auch sehr viel geweint in Stresssituationen. Im Laufe der Heimunterbringung habe sie auch Ängste entwickelt, die nun nicht mehr vorhanden seien. Sie sei im letzten Jahr selbstbewusster und stabiler geworden. Die Betreuerin und Mutter der Antragstellerin sei nicht mehr in der Lage, die Antragstellerin in dem Umfang wie bisher zu betreuen und zu pflege. Je länger die Überforderungssituation andauere, desto mehr erkranke die Mutter selbst. Es liege ein Kostenangebot der Behindertenhilfe Wohnen vor, woraus sich die Kosten der notwendigen Betreuung von ca. 22.000 EUR ergeben würden. Andere Anbieter gebe es nicht, die diese 24-Stunden-Betreuung anbieten können. Die Betreuerin der Antragstellerin habe bei 7 Anbietern nachgefragt, die allesamt keinen Kostenvoranschlag fertigen wollten. Darüber hinaus sei eine Kostenkalkulation für die Beschäftigung eigener Arbeitskräfte über 17.381,66 EUR/Monat eingereicht worden. Allerdings habe sich zwischenzeitlich eine Änderung ergeben, da die Antragstellerin zum 01.01.2018 von einer 2-Raum-Wohnung in eine 3-Raum-Wohnung umgezogen sei. Die Wohnung sei zu einer Warmmiete von 526,44 EUR angemietet worden. Von der Grundsicherung würden der Antragstellerin jedoch nur 369,- EUR erstattet, weil der dritte Raum im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung grundsätzlich als unangemessen gewertet werde. Dieser sei im Rahmen der Regiekosten über die Leistungen zur Teilhabe am Leben zu erstatten. Die Differenz zwischen Warmmiete und Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung betrage 157,44 EUR. Für anteiligen Strom, Abnutzung der Gebrauchsgegenstände, Seife, Reinigung etc. seien weitere Regiekosten von 20,- EUR monatlich im Rahmen der Regiekosten zu erstatten. Damit seien jährlich 177,40 EUR x 12 Monate = 2.129,28 EUR Regiekosten in die Kostenkalkulation aufzunehmen. Aus der Berücksichtigung dieser Regiekosten und abzüglich der Zeiten, in denen sich die Antragstellerin in der Fördergruppe aufhält, zzgl. der Kosten für die Fördergruppe, würden sich die voraussichtlichen Kosten auf monatlich 15.155,68 EUR belaufen, die mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz begehrt werden. Der Anspruch auf die 24-Stunden-Betreuung ergebe sich aus §§ 53 Abs. 1, 61, 65 Abs. 1 SGB XII. Die Leistungen könnten als Persönliches Budget gem. §§ 57 SGB XII, 29 SGB IX erbracht werden. Es liege auch Dringlichkeit vor, weil die Mutter selbst schwer krank sei und die Betreuung nicht mehr sicher gestellt sei. Bei Antragseingang trug die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin weiter vor, dass auch deswegen Dringlichkeit bestehe, weil mittlerweile potentielle Bewerber andere Arbeitsmöglichkeiten angenommen hätten. Es drohten weitere Absprünge. Mit Schreiben vom 22.05.2018 teilte die Mutter und Betreuerin der Antragstellerin mit, sie werde vom 04.07.-25.07.2018 zu einer Müttergenesungsmaßnahme fahren; in diesem Zeitraum sei die Betreuung der Antragstellerin nicht abdeckt.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Die Antragstellerin erhält von der Antragsgegnerin in Abänderung des Bescheides vom 23.08.2017 ab sofort bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weitere Kosten für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung (24 Stunden tägliche persönliche Assistenz).

2. Die Leistungen werden in Form eines Persönlichen Budgets ausgezahlt; hilfsweise wird beantragt, ab sofort Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung führt der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner keine Einigkeit bestehe, so dass keine Zielvereinbarung zustande gekommen sei. Dies sei aber eine wesentliche Voraussetzung gem. § 4 BudgetV für die Leistungserbringung in Form eines Persönlichen Budgets, so dass die Hilfegewährung als Persönliches Budget mit Bescheid vom 05.01.2018 abgelehnt worden sei. Soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung darauf abziele, ein Persönliches Budget zur Finanzierung eines Arbeitgeber-Assistenz-Modells für eine 24-Stunden-Betreuung zu erstreiten, fehle es an den rechtlichen Voraussetzungen. Nach dem durchgeführten Bedarfsfeststellungsverfahren bestehe laut Gutachten des MDK zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 08.12.2017 ein Pflegegrad 5. Der Hilfebedarf entspreche in allen Lebensbereichen der Hilfebedarfsgruppe 4. Nach Auswertung der Unterlagen sei ersichtlich, dass auf Grund der geistigen Behinderung eine selbstorganisierte Lebensweise der Antragstellerin nicht erfolgen könne und es ihr nicht möglich sei, selbstbestimmt zu leben. Eine individuelle Entfaltung ohne fremde Vorgabe sei ihr nicht möglich. Zwar soll nach § 9 Abs. 2 SGB XII den Wünschen des Leistungsberechtigten entsprochen werden, allerdings werde dies durch § 13 Abs. 1 S. 4 SGB XII beschränkt. Danach gelte der Vorrang der ambulanten vor stationären Leistungen nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei. Aus diesen Gründen sei ein Kostenvergleich zwischen einer entsprechenden Sachleistung in Form einer vollstationären Einrichtung mit der beantragten ambulanten Wohnform durchgeführt worden. Es bestünden in verschiedenen vollstationären Einrichtungen freie Platzkapazitäten für die Antragstellerin. Sie würden sozialpädagogische und pflegerische Betreuungsleistungen vorhalten. Eine stationäre Unterbringung der Antragstellerin sei zumutbar, da sie in der Fördergruppe der Pfeifferschen Stiftungen als auch in der eigenen Häuslichkeit von verschiedenen Bezugsbetreuern betreut und gepflegt werde. Auch im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung in einem Wohnheim werde die Betreuung durch mehrere verschiedene Betreuungskräfte abgedeckt. Die Antragstellerin sei von April 2013 bis Oktober 2017 auf eigenen Wunsch mindestens 13 Mal in einer Kurzzeit- und Verhinderungspflege gewesen, davon mindestens 6 Mal im ... Nach Rücksprache mit der Einrichtungsleiterin, Frau ..., am 15.12.2017 habe sich die Antragstellerin dort immer wohl gefühlt. Das Betreuungspersonal habe sich gut auf die Bedürfnisse der Antragstellerin einstellen können. Die gewünschte ambulante Betreuungsform übersteige den Rahmen der sozialhilferechtlich notwendigen Hilfen erheblich, so dass unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit der Kosten für die ambulante Betreuung in der eigenen Häuslichkeit 5.081,12 EUR/Monat anerkannt werden. Abzüglich der als Sachleistung in Anspruch genommenen Fördergruppe von derzeit 1.307,53 EUR/Monat errechne sich ein Betrag i. H. v. 3.773,59 EUR. Des Weiteren bestünden erhebliche Bedenken auf die zivilrechtliche Umsetzbarkeit des angestrebten Arbeitgebermodells. Eine betreuungsrechtliche Genehmigung des von der Antragstellerin favorisierten Arbeitgebermodells zur Sicherstellung ihrer häuslichen Pflege und der von der Betreuerin zu organisierenden Arbeitsverträge läge nicht vor. Mit Verweis auf die Rechtsprechung des 8. Senats des Landessozialgericht Sachsen-Anhalt v. 28.04.2016 – L 8 SO 4/14 habe die Antragstellerin auch kein Konzept vorgelegt, "in welchem insbesondere ihre besonderen Bedürfnisse nach persönlicher Zuwendung tatsächlich umgesetzt werden könnten ... Eine Zusicherung kann von dem Beklagten nur für eine Leistungserbringung verlangt werden, die mit der Rechtsordnung insgesamt übereinstimmt, d. h. insbesondere auch den betreuungsrechtlichen Vorgaben genügen würde." Darüber hinaus trägt der Antragsgegner vor, dass die Antragstellerin auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe. Die allein damit begründete Dringlichkeit, dass die Mutter der Antragstellerin selbst schwer erkrankt sei, erfülle nicht die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung. Der Antragstellerin stünden ausreichend Leistungen nach dem SGB XII und SGB XII zur Verfügung, um ihre häusliche Pflege selbst sicherzustellen. Andernfalls sei die Antragstellerin darauf zu verweisen, gegenüber der Pflegeversicherung gem. § 36 SGB XI Pflegesachleistungen zu beantragen.

Mit Schreiben vom 23.01.2018 übermittelte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin die nunmehr unter dem Vorbehalt rechtlicher Überprüfung unterschriebene Zielvereinbarung und stellte beim Antragsgegner einen Antrag auf einen Vorschuss nach § 42 SGB I. Ergänzend wies die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auf Art. 16 der UN-Behindertenrechtskonvention hin, wonach behinderte Menschen das uneingeschränkte Recht haben, ihren Wohnort frei zu wählen. Sämtliche Regelungen der Sozialgesetzbücher seien im Lichte dieser Behindertenrechtskonvention auszulegen. Der Gesundheitszustand bzw. die geistige Behinderung der Antragstellerin sprechen nicht gegen ein selbstbestimmtes Leben. Eine andere Sichtweise würde darauf hinaus laufen, dass geistig behinderte Menschen niemals selbstbestimmt leben könnten.

Darauf replizierte der Antragsgegner, die übersandte Zielvereinbarung sei nicht wirksam. Eine unter "Vorbehalt" unterschriebene Zielvereinbarung sei gleichbedeutend mit dem Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung, da ein "Vorbehalt" deutliche mache, dass gerade kein beiderseitiges Einvernehmen über die Inhalte der Zielvereinbarung bestehe. Dieses beiderseitige Einvernehmen sei für eine wirksame Zielvereinbarung aber notwendig, da die Zielvereinbarung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag darstelle. Ein Anspruch auf Abschluss einer Zielvereinbarung mit einem bestimmten Inhalt bestehe nicht. Eine entsprechende Willenserklärung der Behörde könne nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden. Wegen des Fehlens einer wirksamen Zielvereinbarung könne auch die begehrte Zahlung eines Persönlichen Budgets in Form eines Vorschusses nach § 42 SGB I nicht erfolgen. Vorschüsse nach § 42 Abs. 1 SGB I könnten gezahlt werden, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach bestehe und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich sei. Vorliegend sei jedoch die Höhe des zu bewilligenden Persönlichen Budgets durch den Antragsgegner bereits ermittelt und als Angebot unterbreitet worden.

Das Gericht hat am 22.03.2018 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt. In diesem wurde die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin aufgefordert, die Bescheinigungen des Betreuungsgerichts Magdeburg einzureichen, aus denen hervorgeht, dass sie als Arbeitgeber fungieren dürfe. Mit Schreiben vom 26.03.2018 reichte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin u. a. ein Schreiben des Betreuungsgerichts vom 09.11.2017 zur Akte, wonach ein Ergänzungsbetreuer für nicht erforderlich gehalten wird, da die Betreuerin ausdrücklich erklärt habe, dass sie nicht beabsichtige, Arbeitsverträge zwischen der Betroffenen und sich selbst bzw. nahen Verwandten abzuschließen. Des Weiteren übersandte sie beispielhaft Zielvereinbarungen für ein Persönliches Budget u. a. des Landkreises Wittenberg und der AOK Sachsen-Anhalt vor.

Mit Schriftsatz vom 25.04.2018 legte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin ein weiteres Schreiben des Betreuungsgerichts Magdeburg vom 25.04.2018 vor. Aus diesem geht hervor, dass die Betreuerin der Betroffenen ohne gerichtliche Genehmigung für Anika Arbeitsverträge mit Dritten abschließen dürfe. Im Gesetz seien dafür keine Genehmigungstatbestände ersichtlich. § 1822 Nr. 7 BGB i. V. m. § 1908 i BGB beziehe sich auf Arbeitsverträge, bei denen sich der Betroffene als Arbeitnehmer zu persönlichen Leistungen verpflichte. Dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu. Ein Insichgeschäft gem. § 181 BGB liege auch nicht vor, da die Betreuerin einen Vertrag mit einem Dritten schließen möchte und nicht mit sich selbst. Mit weiterem Schriftsatz vom 25.04.2018 trug die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin vor, dass die Antragstellerin keinerlei Anspruch auf Pflege oder Betreuung, wie Kurzzeitpflege mehr gegenüber der Kranken- und Pflegekasse habe. Alle Ansprüche seien ausgeschöpft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist teilweise begründet.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.

Hierfür muss der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Anordnungsanspruch ist der materiell-rechtliche Anspruch auf die begehrte Leistung, dessen Bestehen von der Gegenseite bestritten oder nicht erfüllt wird. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn ohne eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz dem Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 19.10.1977 –2 BvR 42/76-, zuletzt Beschluss vom 12.05.2005 –1 BvR 569/05-). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordert, dass mehr dafür als dagegen spricht (Keller in: Meyer-Ladewig u. a., Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 86 b Rn. 16 b).

Dabei darf zwar grundsätzlich die Hauptsache nicht vorweg genommen werden, dies ist aber ausnahmsweise dann zulässig, wenn ohne die einstweilige Anordnung schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile für den Antragsteller entstehen (BVerfGE 46, 166 ff.)

Bei offenem Ausgang ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich (Keller in: Meyer-Ladewig u. a., Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 86 b Rd. Nr. 29a). Dabei sind die Folgen gegeneinander abzuwägen, der auf der einen Seiten entstehen würden, wenn das Gericht eine einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Verfahren der Hauptsache herausstellte, dass der Anspruch doch bestanden hätte, und die auf der anderen Seite entstünden, wenn das Gericht die beantragte einstweilige Anordnung erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellte, dass der Anspruch nicht bestand. Bei der Auslegung der anzuwendenden Vorschriften ist der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen; insbesondere sind die Folgen der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes zu berücksichtigen. Je schwerer die Belastungen hieraus wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung zurückgestellt werden. Erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Antragsteller können dabei ausreichen (vgl. dazu auch LSG Baden-Württemberg v. 2.3.2010, L 11 KR 460/10 ER-B sowie Keller in: Meyer-Ladewig u. a., Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 86 b Rn. 29a).

1. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch teilweise glaubhaft gemacht. Sie hat nach summarischer Prüfung Anspruch auf weitere 3.293,03 EUR/Monat ab Einstellung von Pflegekräften und Vorlage der entsprechenden Arbeitsverträge beim Antragsgegner über die bislang aufgrund der zwischen den Beteiligten geschlossenen Zielvereinbarung und dem Bescheid vom 23.08.2017 bewilligten 3.989,10 EUR/Monat hinaus als persönliches Budget sowie ab Januar 2018 auf weitere 177,44 EUR/Monat aufgrund der Vorhaltung eines Assistenzzimmers als Hilfe zur Pflege. Ein Anspruch darüber hinaus besteht nach summarischer Prüfung nicht.

a) Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung Anspruch auf Zahlung weiterer 3.293,03 EUR/Monat für die Einstellung von Pflegekräften als Persönliches Budget.

aa) Die Antragstellerin gehört unstreitig zum Personenkreis der Leistungsberechtigten i. S. d. §§ 53 und 61 SGB XII und hat dementsprechend Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 SGB XII und der Hilfe zur Pflege gem. §§ 61 ff. SGB XII.

Gem. § 57 SGB XII sind die Leistungen der Eingliederungshilfe und gem. § 63 Abs. 3 die Leistungen der Hilfe zur Pflege auf Antrag als Persönliches Budget zu gewähren. § 29 des Neunten Buches ist insoweit anzuwenden.

Gem. § 29 Abs. 1 S. 1 SGB IX i. d. F. v. 23.12.2016 werden auf Antrag der Leistungsberechtigten Leistungen zur Teilhabe durch die Leistungsform eines Persönlichen Budgets ausgeführt, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Nach § 29 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB IX schließen die Leistungsträger nach Absatz 3 und die Leistungsberechtigten zur Umsetzung des Persönlichen Budgets eine Zielvereinbarung ab, die mindestens Regelungen über die Ausrichtung der individuellen Förder- und Leistungsziele, die Erforderlichkeit eines Nachweises zur Deckung des festgestellten individuellen Bedarfs, die Qualitätssicherung sowie die Höhe der Teil- und des Gesamtbudgets enthält.

§ 29 Abs. 1 S. 1 SGB IX enthält einen Rechtsanspruch auf die Gewährung eines persönlichen Budgets, d. h. über diese Form der Gewährung kann der zuständige Träger nicht (mehr) im Ermessenswege entscheiden. Dies berührt aber nicht etwaige Ermessensspielräume bei der Entscheidung über die zu Grunde liegenden Rehabilitationsleistungen selbst. Nach § 159 Abs. 5 SGB IX a. F. bestand bereits seit dem 01.01.2008 ein Rechtsanspruch auf Gewährung eines Persönlichen Budgets, wenn ein Antrag vorliegt. Diese Regelung wurde mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) zum 01.01.2018 in die Grundvorschrift in § 29 Abs. 1 S. 1 SGB IX einbezogen (siehe dazu BT-Drucks. 18/9522, S. 244). Die Zielvereinbarung selbst ist nicht die rechtliche Grundlage für die Bewilligung des Persönlichen Budgets, insoweit ist immer noch ein Bescheid notwendig, der z.B. auch die Höhe der Leistungen festlegt. Dies ergibt sich deutlich aus § 29 Abs. 4 S. 7 SGB IX, wo zwischen der Zielvereinbarung und dem "Verwaltungsakt" unterschieden wird. Dementsprechend ist die Zielvereinbarung auch schon vor Erlass des Bescheids, nämlich "im Rahmen des Bedarfsermittlungsverfahrens" abzuschließen, § 29 Abs. 4 S. 9 SGB IX (siehe dazu O Sullivan in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 29 SGB IX Rn. 42).

Vorliegend ist zwischen den Beteiligten schon streitig, ob eine Zielvereinbarung zustande gekommen ist. Zunächst hatte die Landeshauptstadt Magdeburg der Antragstellerin eine Zielvereinbarung vorgelegt, die diese aufgrund der Höhe des zu gewährenden Persönlichen Budgets zunächst nicht unterschrieben hatte. Im Verlauf des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz hatte diese die Zielvereinbarung jedoch unter "Vorbehalt der gerichtlichen Prüfung" mit Datum vom 01.01.2018 unterschrieben. Da der Antragsgegner der Ansicht ist, dass eine Zielvereinbarung nicht zustande gekommen ist, hat er den Antrag auf Persönliches Budget auch mit Bescheid vom 05.01.2018 abgelehnt. Dagegen hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin unter dem 20.02.2018 Widerspruch erhoben, hilfsweise Überprüfung des Bescheides nach § 44 SGB X und äußerst hilfsweise einen neuen Antrag auf Persönliches Budget gestellt. Damit ist davon auszugehen, dass der Bescheid vom 05.01.2018 nicht bestandskräftig geworden ist, so dass das Verwaltungsverfahren auf Gewährung eines Persönlichen Budget in dem inhaltlichen Umfang, wie dieser in der Zielvereinbarung festgelegt worden ist, noch nicht abgeschlossen wurde. Ein Antrag auf einstweilige Anordnung ist damit jedenfalls nicht unzulässig.

Die Kammer geht vorliegend von einer in diesem Sinne wirksam geschlossenen Zielvereinbarung zwischen den Beteiligten aus. Die Beteiligten haben sich insbesondere über die nach § 29 Abs. 3 SGB IX festgelegten Regelungen geeinigt. Die Zielvereinbarung enthält Regelungen zu den Zielen des Persönlichen Budgets (1.), Leistungen der Hilfe zur Pflege als Teil des Persönlichen Budgets durch den überörtlichen Sozialhilfeträger (2.), Regelungen zur Mittelverwendung (3.), Beratung und Unterstützung bei der Verwendung des Persönlichen Budgets nach § 17 Abs. 3 SGB IX a. F. (4.), Überprüfung der Zielvereinbarung (5.), Maßnahmen zur Qualitätssicherung (6.) sowie Regelungen zur vorzeitigen Beendigung / Kündigung (7.). Insbesondere haben sich die Beteiligten unter Punkt 2.2 darüber verständigt, dass die Verrichtungen der notwendigen Pflege- und Betreuungsleistungen im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung durch Pflege- und Betreuungskräfte im Rahmen der Dienstleistungsgewährung erbracht werden. Die Pflege- und Betreuungskräfte sollen die Antragstellerin auf eigenen Wunsch und selbstbestimmter Arbeitszeiten als Assistenten unterstützen. Daraus ergibt sich für die Kammer, dass durch das Bedarfsfeststellungsverfahren ein Rehabilitationsbedarf festgestellt wurde, so dass eine Ablehnung durch den Antragsgegner schon von vornherein nicht in Betracht kommen dürfte, da die Antragstellerin – wie oben ausgeführt – grundsätzlich bei Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen (hier Anspruch auf Eingliederungshilfe bzw. Anspruch auf Hilfe zur Pflege) einen Anspruch auf Gewährung eines Persönlichen Budgets nach § 29 Abs. 1 S. 1 SGB IX hat.

Insofern ist schon vor diesem Hintergrund die Argumentation des Antragsgegners, es gebe erhebliche Bedenken auf die zivilrechtliche Umsetzbarkeit des angestrebten Arbeitgebermodells mit Hinweis auf die Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 22.01.2015 – L 8 SO 51/15 ER, da die Antragstellerin weder zeitlich noch örtlich orientiert sei und eine Tagesgestaltung eigenständig aufgrund ihrer geistigen Behinderung nicht möglich sei, so dass ein selbstbestimmtes Leben nicht in Betracht käme, nicht nachvollziehbar. Bei Berücksichtigung dieser Argumentation hätte der Antragsgegner die Zielvereinbarung vom 15.12.2017 so nicht vorschlagen können, da die Zielvereinbarung genau ein solches Arbeitgebermodell vorschlägt und akzeptiert. Streitig ist nur die Höhe der Leistungen dafür. Darüber hinaus hat das Betreuungsgericht bestätigt, dass für den Abschluss von Arbeitsverträgen eine betreuungsrechtliche Genehmigung nicht notwendig ist, da es keine Regelungen dahingehend gibt, die dies für den Fall der Antragstellerin, die die Arbeitsverträge über ihre Betreuerin als Arbeitsgeberin mit Fremdpersonal schließen würde, verbieten. Würde die Argumentation des Antragsgegners, dass geistig Behinderte – wie die Antragstellerin – aufgrund der Tatsache, dass sie nicht in der Lage sind, ein selbstbestimmtes Leben in einer eigenen Wohnung zu führen, greifen, hätte das zur Folge, dass das sog. Arbeitgebermodell – mit oder ohne Persönliches Budget – für geistig oder seelisch Behinderte nie in Betracht kommen könnte. Dies wäre eine Diskriminierung, die weder im Einklang mit den Regelungen des SGB IX und SGB XII noch mit der UN-Behindertenrechtskonvention steht. Weder das SGB IX noch das SGB XII macht – auch im Rahmen des sog. Arbeitgebermodells nach § 64f SGB XII – einen Unterschied zwischen den Leistungsberechtigten. Voraussetzung ist lediglich eine Behinderung i. S. v. § 2 SGB IX, die bei der Antragstellerin unstreitig vorliegt. Nach Art. 12 der UN-Behindertenrechtskonvention gilt uneingeschränkt die gleiche Anerkennung vor dem Recht, d. h. keine Ungleichbehandlung im Vergleich zu nicht behinderten Menschen, aber auch keine Ungleichbehandlung von geistig, seelisch oder körperlich behinderten Menschen.

Da, wie dargelegt, in Bezug auf die wesentlichen Regelungen in der Zielvereinbarung zwischen den Beteiligten Einigkeit bestand und sich der Vorbehalt der gerichtlichen Prüfung nach Auslegung lediglich auf die Höhe des zu gewährenden Persönlichen Budgets bezieht, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Auszahlung eines Persönlichen Budgets zumindest teilweise erfolgreich. Auch diesbezüglich kann die Argumentation des Antragsgegners, eine unter Vorbehalt unterschriebene Zielvereinbarung sei unwirksam, nicht überzeugen. Ansonsten könnte die gerichtliche Anordnung der Auszahlung eines Persönlichen Budgets nie in Betracht kommen, wenn Zielvereinbarungen nicht in Gänze so zustande kommen, dass beide Beteiligte in diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag ihre Rechte und Pflichten angemessen berücksichtigt finden. Dies käme aber einem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG gleich, da der Anspruch auf Durchsetzung eines Persönlichen Budgets seitens der Sozialhilfeträger dadurch verhindert werden könnte, dass bspw. die Höhe des Budgets immer zu niedrig angesetzt wird. In der Praxis wird den Leistungsberechtigten von den Sozialhilfeträgern regelmäßig – ähnlich wie bei den Eingliederungsvereinbarungen nach dem SGB II – ein vorgefertigtes Exemplar der Zielvereinbarung zum Unterschreiben vorgelegt. Sind die Leistungsberechtigten mit einzelnen Punkten der Zielvereinbarung dann nicht einverstanden, scheitert das Zustandekommen der Zielvereinbarung und damit auch zwangsläufig ein eigentlich gesetzlich vorgeschriebener Anspruch auf Gewährung eines Persönlichen Budgets. Dies kann vom Gesetzgeber – sowohl vom internationalen als auch vom nationalen – nicht gewollt gewesen sein (so im Ergebnis auch SG Mannheim v. 02.08.2016, S 9 SO 3871/15 sowie LSG Hessen v. 22.06.2012, L 4 SO 121/12 B ER; in der Literatur siehe Welti, Rechtsfragen des persönlichen Budgets nach § 17 SGB IX, S. 25).

Alleiniger Grund, warum die Zielvereinbarung nicht ohne Vorbehalt zustande gekommen ist, ist – wie dargelegt – die Höhe des zu gewährenden Persönlichen Budgets. Dabei ist der Antragsgegner der Auffassung, dass eine Vergleichsberechnung nach § 13 SGB XII vorzunehmen ist, da es der Antragstellerin zumutbar sei, in einer stationären Einrichtung zu leben. Diese Deckelung der Kosten für die pflegerische Versorgung der Antragstellerin ist nach Ansicht der Kammer rechtswidrig.

Nach § 13 Abs. 1 SGB XII haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen Vorrang. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

Die Auslegung des Begriffs der Zumutbarkeit hat nach Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in innerstaatliches Recht in deren Lichte zu erfolgen. Durch Art. 19a UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet sich die Bundesrepublik, durch wirksame Maßnahmen unter anderem zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben.

Ob sich aus dieser Regelung über ein Abwehrrecht hinaus unmittelbar ein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne eines uneingeschränkten Leistungsanspruchs auf ambulante Leistungen ableiten lässt, ist umstritten (Ablehnend Münning, NDV 2013, 148, 151, zustimmend Masuch in: Grundrechte und Solidarität, Festschrift für Renate Jaeger, 2011, S. 245, 260 sowie BRK-Allianz, Für Selbstbestimmung, gleiche Rechte, Barrierefreiheit, Inklusion!, S. 37, wonach der Mehrkostenvorbehalt als Verstoß gegen Art. 19 UN-BRK zu werten sei). Gegen einen unmittelbaren Leistungsanspruch wird angeführt, dass auf Grund des in Art. 4 Abs. 2 UN-Behindertenrechtskonvention verankerten Progressionsvorbehalts der Staat die vereinbarten Ziele nur unter Ausschöpfung der verfügbaren Mittel zu verwirklichen verpflichtet sei und daher die beschränkte Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme die Grenze des Individualanspruches markiere; es könne daher kein Leistungsanspruch in unbegrenzter Höhe abgeleitet werden (LSG Sachsen-Anhalt v. 03.03.2011 – L 8 SO 24/09 B ER; a. A. SG Düsseldorf v. 07.10.2013 – S 22 SO 319/13 ER; vgl. zur Möglichkeit der Ableitung eines Leistungsanspruchs unmittelbar aus der UN-BRK sowie zur Beschränkung der Ansprüche durch die Leistungsfähigkeit sozialer Sicherungssysteme BSG v. 06.03.2012 – B 1 KR 10711 R - SozR 4-1100 Art. 3 Nr. 69).

Auf Grund der sich widersprechenden Wortlaute des Art. 19a UN-Behindertenrechtskonvention und § 13 Abs. 1 S. 3 SGB XII wird mittlerweile eine Anpassung der letztgenannten Norm gefordert (vgl. BT-Drucks. 17/4911 - Antrag der Fraktion DIE LINKE). Zumindest sei § 13 Abs. 1 S. 3 SGB XII nicht mehr anwendbar, weil Art. 19a UN-Behindertenrechtskonvention die speziellere bzw. später ergangene Regelung sei, der insofern ein Vorrang einzuräumen sei (Trenk-Hinterberger in: Kreutz/Lachwitz/Trenk-Hinterberger, Die UN-Behindertenrechtskonvention in der Praxis, Art. 19 Rn. 13). Der Gesetzgeber hat sich allerdings bislang für ein Festhalten an der derzeitigen Fassung des § 13 Abs. 1 S. 3 SGB XII entschieden (der Antrag der Fraktion DIE LINKE – BT-Drucks. 17/4911 wurde unter Hinweis auf die Finanzierbarkeit abgelehnt, vgl. BT-Drucks. 17/6154). Ob sich an dieser ablehnenden Haltung in der 18. Legislaturperiode etwas ändern wird, ist ungewiss. Der Koalitionsvertrag spricht jedenfalls davon, Leistungen nicht länger institutionen-, sondern personenzentriert bereitzustellen. Das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderung im Sinne der UN-BRK solle berücksichtigt werden (Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 111). Zwar hält der Gesetzgeber auch nach dem nunmehr verabschiedeten Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung (Bundesteilhabegesetz) vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234) weiterhin an der Fassung des § 13 Abs. 1 S. 3 SGB XII fest. Nach der Gesetzesbegründung werde allerdings beim Wunsch- und Wahlrecht im Rahmen der neu geregelten Eingliederungshilfe die gewünschte Wohnform besonders gewürdigt. Es sei das erklärte Ziel, niemanden gegen seinen Willen in eine besondere Wohnform zu drängen (vgl. BT-Drucks. 18/10523, S. 4).

Auch wenn die Neuregelungen zur Eingliederungshilfe durch das BTHG erst zum 01.01.2020 in Kraft, kann schon zum jetzigen Zeitpunkt die Regelung des Art. 19a UN-Behindertenrechtskonvention nicht gänzlich unbeachtet gelassen werden. Daher ist nach Auffassung der Kammer auf Grund dieser Regelung bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer stationären Maßnahme bei bestehenden ambulanten Alternativen dem Willen des Betroffenen besonderes Gewicht beizumessen. Nur durch eine Auslegung des Begriffs der Zumutbarkeit im Lichte des Art. 19a UN-Behindertenrechtskonvention dürfte die Regelung des Mehrkostenvorbehaltes noch haltbar sein. Er dürfte daher nur noch (in den seltenen Fällen) uneingeschränkt anwendbar sein, wenn der Betroffene einen eigenen Wunsch nicht äußert oder wenn mehrere Möglichkeiten derselben Wohnform zur Verfügung stehen (so auch SG Düsseldorf v. 07.10.2013 – S 22 SO 319/13 ER - juris Rn. 23; siehe dazu auch LSG Sachsen v. 12.02.2014 – L 8 SO 132/13 B ER).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Antragstellerin hat über ihre Betreuerin ausdrücklich den Wunsch geäußert, in einem eigenen häuslichen Umfeld leben zu dürfen. Dies tut sie auch seit geraumer Zeit. Nach den glaubhaften Ausführungen der Betreuerin und den vorgelegten ärztlichen Befunden hat sich die Antragstellerin in der eigenen Häuslichkeit auch positiv entwickeln können. Nach den obigen Ausführungen kommt es darauf aber auch nicht unbedingt maßgeblich an. Vielmehr ist für die Kammer ausschlaggebend, dass die Antragstellerin bereits seit geraumer Zeit in der eigenen Häuslichkeit lebt und ihr nach Art. 19a UN-Behindertenrechtskonvention das Recht auf ein Leben in der eigenen Häuslichkeit nicht verwehrt werden darf. Insbesondere ist es der Antragstellerin nicht zumutbar, die Wohnung zunächst wieder aufzukündigen, um in einer von dem Antragsgegner benannten Einrichtung zu leben. Der in der Behindertenrechtskonvention verbriefte Schutz des freien Wahlrechts in Artikel 19 gebietet es, der Antragstellerin die gewünschte Wohnform zunächst zu ermöglichen und die noch offenen Fragen zur konkreten Bedarfsermittlung und genauen Umsetzung der getroffenen Wahl vor Ort zu prüfen und zu konkretisieren (so ebenso SG Düsseldorf v. 07.10.2013 – S 22 SO 319/13 ER - juris Rn. 24). Dies bleibt dann der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Das Persönliche Budget für die Finanzierung der Pflegekräfte ist jedoch nach Ansicht der Kammer nicht in der beantragten Höhe, sondern lediglich i. H. v. weiteren 3.293,03 EUR/Monat ab Einstellung von Pflegekräften und Vorlage der entsprechenden Arbeitsverträge beim Antragsgegner zu gewähren. Für die Höhe des Persönlichen Budgets hat sich die Kammer an der Berechnung des Antragsgegners in der Zielvereinbarung vom 15.12.2017 orientiert. Die Ermittlung der Personalkosten erscheint der Kammer plausibel und nachvollziehbar. Der Antragsgegner hat für die 24-Stunden-Betreuung 3,81 Vollkräfte zu einem Stundenlohn von 12,33 EUR angesetzt. Sowohl die Anzahl der Betreuungskräfte als auch der Stundenlohn sind nach Ansicht der Kammer ausreichend, um die 24-Stunden-Pflege im Rahmen des Persönlichen Budgets organisieren zu können. Zum einen geht die Kammer dabei davon aus, dass es sich bei diesen Sätzen um diejenigen handelt, die in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Persönlichen Budgets regelmäßig zu Grunde gelegt werden und zu deren Konditionen es den Leistungsberechtigten in der Regel möglich ist, ihre 24-Stunden-Betreuung abzusichern. Zumindest ist davon im Rahmen der summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auszugehen. Zum anderen ist der angesetzte Stundenlohn i. H. v. 12,33 EUR so bemessen, dass sowohl die arbeitgeberseitigen Abgaben zur Sozialversicherung als auch ggf. zu zahlende Nacht-, Sonntags- bzw. Feiertagszuschläge bezahlbar sind. Die Kammer orientiert sich dabei am gesetzlichen Mindestlohn. Bei Pflege in privaten Haushalten gilt der allgemeine Mindestlohn i. H. v. 8,84 EUR/Stunde. Der Pflegemindestlohn, der für die Angestellten von Pflegediensten etc. gilt und höher bemessen ist, spielt bei der Pflege in privaten Haushalten keine Rolle. Eine genaue Prüfung sollte allerdings im Hauptsacheverfahren erfolgen, da erst nach einiger Zeit der Praktizierung des sog. Arbeitgebermodells für die Beteiligten sichtbar sein dürfte, inwieweit die Kosten gedeckt werden konnten oder ggf. noch Schwankungsreserven oder andere Positionen berücksichtigt werden müssten.

Unter Ansetzung der vom Antragsgegner errechneten Beträge der Personalkosten ergibt sich – ohne die rechtswidrige Deckelung der Kosten aufgrund der Mehrkostenregelung des § 13 SGB XII – der austenorierte Mehrbetrag von weiteren 3.293,03 EUR/Monat. Der Antragsgegner ist jedoch erst nach Vorlage der entsprechenden Arbeitsverträge verpflichtet, diesen Betrag an die Antragstellerin auszukehren, da dem Vortrag der Antragstellerin zu entnehmen ist, dass bislang aufgrund der finanziellen Situation keine entsprechenden Arbeitsverträge geschlossen werden konnten und die Mutter und Betreuerin der Antragstellerin die Pflege weitestgehend selbst übernommen hat.

bb) Selbst wenn die oben ausgeführten Feststellungen der Kammer aufgrund der summarischen Prüfung des Anordnungsanspruchs nicht ausreichen würden, käme aufgrund einer Folgenabwägung die Gewährung eines Persönlichen Budgets für eine 24-Stunden-Betreuung in Betracht. Die Folgen für die Antragstellerin sind weitaus größer als für den Antragsgegner, ggf. Kosten zu haben, die er nicht zurückfordern kann. Die Antragstellerin lebt seit mehreren Jahren in der eigenen Häuslichkeit, derzeit noch vorwiegend betreut von ihrer Mutter und Betreuerin. Es stellt sich für die Kammer als unzumutbar dar, die Antragstellerin dort heraus zu reißen und in einer stationären Einrichtung unterzubringen. Dies wäre aber nach Überzeugung der Kammer die Folge, wenn der Antragsgegner der Antragstellerin nicht die weiteren austenorierten 3.293,03 EUR/Monat zur Verfügung stellt, um Pflegekräfte einstellen zu können.

b) Die Antragstellerin hat auch Anspruch auf die Zahlung von 177,44 EUR/Monat aufgrund der Vorhaltung eines Assistenzzimmers als Hilfe zur Pflege ab Januar 2018.

Diese Leistung ist nicht als Persönliches Budget an die Antragstellerin zu zahlen, da diese Position bislang nicht von der Zielvereinbarung vom 15.12.2017 erfasst wurde. Die Antragstellerin hat aber seit Anmietung der Wohnung zum 01.01.2018 Anspruch auf die Zahlung von 177,44 EUR/Monat aufgrund der Vorhaltung eines Assistenzzimmers als Hilfe zur Pflege.

Der Anspruch auf Übernahme der Kosten der Wohnungsnutzung ergibt sich aus § 19 Abs. 3, § 61 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII. Bei den Kosten für die Wohnungsnutzung handelt es sich um eine Leistung der Hilfe zur Pflege, nicht um Eingliederungshilfe und auch nicht um Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese sind nämlich untrennbar (nur) mit der Sicherstellung der häuslichen Pflege der Antragstellerin verbunden; denn das Assistenzzimmer wird allein zu diesem Zweck vorgehalten. Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG, Urteil v. 28.02.2013, B 8 SO 1/12 R. Das BSG führt in diesem Urteil, juris Rn. 14 dazu folgendes aus:

"Es soll damit - gleichermaßen wie mit der Beschäftigung der Assistenzkräfte selbst - weder die Integration des Klägers in die Gesellschaft gefördert werden (dies kann zwar ein Nebeneffekt einer erfolgreichen Pflege sein, ist aber nicht ihr eigentliches Ziel, vgl. § 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII), worauf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 3 SGB XII jedoch vorrangig hinzuwirken haben (dazu: Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 53 RdNr 32, Stand März 2009; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 53 SGB XII RdNr 37; Wehrhahn in juris PraxisKommentar (jurisPK) SGB XII, § 53 SGB XII RdNr 15; Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar (LPK) SGB XII, 9. Aufl 2012, § 53 SGB XII RdNr 24; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 61 SGB XII RdNr 73), noch ist es das Ziel der Wohnungsnutzung, den Assistenzkräften einen vor Unbilden des Wetters und der Witterung geschützten räumlichen Lebensmittelpunkt zu gewährleisten (so zum Zweck einer Unterkunft BSG SozR 4-3500 § 29 Nr. 2 Rn. 14 m. w. N.). Sie zählen deshalb auch nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung, deren Übernahme sich nach § 29 SGB XII (i. d. F., die die Norm durch das Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 - BGBl I 818 - erhalten hat) oder aber nach § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zu richten hätte. Die Assistenzkräfte nutzen das Zimmer allein im Zusammenhang mit ihrer Verpflichtung zur Pflege des Klägers und haben ihren räumlichen Lebensmittelpunkt außerhalb. Auch der Kläger selbst hält das Zimmer nur für seine Assistenzkräfte als Rückzugsraum bereit. Dass das Assistenzzimmer räumlich Bestandteil der vom Kläger angemieteten Wohnung ist, genügt mithin nicht, um die anteilig anfallenden Kosten als Kosten der Unterkunft zu qualifizieren. Für eine Qualifizierung der Kosten der Wohnungsnutzung als Bestandteil der Hilfe zur Pflege nach § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII spricht zudem das mit der im Vergleich zur Hilfe zum Lebensunterhalt günstigeren Einkommensberechnung bei besonderen Sozialhilfeleistungen nach den §§ 85 ff. SGB XII vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Sicherung eines Lebensstandards oberhalb der für die Hilfe zum Lebensunterhalt maßgeblichen Bedürftigkeitsgrenze nach § 19 Abs. 1, §§ 82 ff. SGB XII. Dieses könnte nur unzureichend sichergestellt werden, würden für die im Arbeitgebermodell anfallenden Sachkosten ungünstigere Einkommensgrenzen gelten."

Die Kammer schließt sich der überzeugenden Auffassung des BSG ausdrücklich an. Die Höhe der Kosten ergibt sich aus der plausiblen und nachvollziehbaren Berechnung durch die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in der Antragsschrift. Danach betragen die Kosten für das Assistenzzimmer 157,44 EUR zzgl. 20,- EUR pauschal für anteiligen Strom, Abnutzung der Gebrauchsgegenstände, Seife, Reinigung etc. Die Kosten für das Assistenzzimmer i. H. v. 157,44 EUR ergeben sich aus der Differenz zwischen Warmmiete und Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung. Diese Kosten sind der Antragstellerin bereits ab Januar 2018 zu erstatten, da die Antragstellerin – wie oben ausgeführt – grundsätzlich Anspruch auf Pflege in der eigenen Häuslichkeit hat und deshalb auch das Zimmer für die Pflegekräfte bereit gehalten wird.

2. Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass die Mutter und Betreuerin der Antragstellerin glaubhaft dargetan hat, dass sie sich nicht weiter in der Lage fühle, die Antragstellerin rund-um-die-Uhr zu pflegen. Darüber hinaus begibt sie sich jetzt zeitnah (04.07.-25.07.2018) stationär in eine Müttergenesungsmaßnahme. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss die Betreuung und Pflege der Antragstellerin sichergestellt sein. Wie schon oben festgestellt, hält es die Kammer für unzumutbar, die Antragstellerin aus ihrer eigenen Häuslichkeit heraus zu nehmen und in einer stationären Einrichtung unterzubringen. Zwar war die Antragstellerin in der Vergangenheit schon des Öfteren übergangsweise in Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege. Dies hat ihr für diese kurze Zeit offensichtlich auch nicht geschadet. Zumindest ist das dem Vortrag der Antragstellerin nicht zu entnehmen. Allerdings hat die Prozessbevollmächtigte nunmehr auch konkret vorgetragen, dass die Möglichkeiten der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege über die Kranken- bzw. Pflegekasse zwischenzeitlich ausgeschöpft sei. Inwieweit dies tatsächlich der Fall ist, hat die Kammer aufgrund der Eilbedürftigkeit des Verfahrens nicht überprüft. Dies ist für die Entscheidung in der Sache aber auch unerheblich, da die Kammer davon ausgeht, dass die Antragstellerin jedenfalls nicht auf eine Entscheidung in der Hauptsache verwiesen werden kann, da die Zeitspanne bis dahin (2-3 Jahre) auf jeden Fall unzumutbar ist.

3. Es liegt auch keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Zwar wird der Antragsgegner vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens bereits zur Kostenübernahme verpflichtet, dies ist aber durch einen Rückgewähranspruch des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin korrigierbar, sollte es im Hauptsacheverfahren zu einem Obsiegen der Antragsgegnerin kommen (siehe dazu ausführlich Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, § 86b Rn. 31).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Die Antragstellerin hatte aufgrund ihrer Kalkulation insgesamt 15.155,68 EUR errechnet und die Differenz zu den von dem Antragsgegner bereits gezahlten 3.989,10 EUR, mithin 11.166,58 EUR als weiteres monatliches persönliches Budget begehrt. Sie hat mit insgesamt 3.470,47 EUR monatlich obsiegt (3.293,03 EUR Personalkosten zzgl. 177,44 EUR Kosten für das Assistenzzimmer). Dies entspricht einer Obsiegensquote von 31,08 %, so dass es die Kammer für angemessen hält, dass der Antragsgegner der Antragstellerin entsprechend 1/3 ihrer außergerichtlichen notwendigen Kosten zu erstatten hat.
Rechtskraft
Aus
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