L 2 KR 108/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 793/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 KR 108/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 34/19 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Grenze von 50 Tagen in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV in der vom 1. April 2003 bis 31. Dezember 2012 gültigen Fassung gilt nur, wenn die Arbeit in der Woche jeweils nur für maximal vier Tage verrichtet wird. Wird die Arbeit hingegen an fünf oder sechs Tagen in der Woche ausgeübt, ist die Zweimonatsgrenze heranzuziehen. Dies ergibt sich - auch nach der einhelligen Kommentarliteratur zu § 8 SGB IV - aus der zu § 1228 Abs. 2
RVO ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Allein diese Sichtweise lässt eine sinnvolle Abgrenzung der beiden Zeiträume zu.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 24. April 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen. IV. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 2.726,50 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Sozialversicherungsbeiträgen im Rahmen einer Betriebsprüfung.

Die am 24. Dezember 1990 geborene Beigeladene zu 3 war in der Zeit vom 1. Juli 2010 bis 7. September 2010 in der klagenden Rechtsanwaltskanzlei "als Teilzeitarbeitnehmer für die Tätigkeit als Bürokraft" beschäftigt (§ 1 des Rahmenarbeitsvertrages für eine kurzfristige Beschäftigung). Der Rahmenarbeitsvertrag betraf "eine kurzfristige Beschäftigung im Kalenderjahr 2010 mit maximal 50 Arbeitstagen", die sich auf den genannten Zeitraum beschränkte. Nach § 2 des Rahmenarbeitsvertrages betrug die Vergütung 14,00 EUR pro Stunde. Die Arbeitszeit richtete sich gemäß § 3 des Rahmenarbeitsvertrages nach den betrieblichen Erfordernissen. Zur Aufnahme weiterer Beschäftigungen bestimmte § 4 des Rahmenarbeitsvertrages:

"1. Der Arbeitnehmer sichert zu, dass keine weiteren sozialversicherungsfreien und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen ausgeübt werden und noch keine kurzfristige Beschäftigung über 50 Arbeitstage im Kalenderjahr 2010 ausgeübt wurde.

2. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber unverzüglich die Aufnahme einer weiteren Beschäftigung schriftlich anzuzeigen.

3. Bei Verstoß gegen die obigen Pflichten oder bei unrichtiger Beantwortung der Fragen behält sich der Arbeitgeber vor, Schadensersatz geltend zu machen."

Das Arbeitsverhältnis sollte automatisch mit Ablauf des Kalenderjahres 2010 enden (§ 5 des Rahmenarbeitsvertrages). Unter "§ 6 Verfallsfristen" war ausgeführt:

"Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von drei Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung binnen einer Frist von drei Monaten ab Zugang der Ablehnung und im Falle des Schweigens auf die Geltendmachung binnen einer Frist von sechs Monaten ab Fälligkeit einzuklagen."

Der Beschäftigungszeitraum lag zwischen dem Ende der Schulzeit der Beigeladenen zu 3 und dem Beginn ihres Studiums. Neben dem von der Beigeladenen zu 3 am 22. September 2010 ausgefüllten "Fragebogen für geringfügig entlohnte und kurzfristig Beschäftigte für das Jahr 2010" lag der Beklagten eine Stundenaufstellung vor. Danach arbeitete die Beigeladene zu 3 an 49 Tagen insgesamt 500 Stunden. Bei einem stündlichen Arbeitsentgelt von 14,00 EUR erzielte sie insgesamt ein Arbeitsentgelt von 7.000,00 EUR.

Am 19. Juni 2012 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch, welche den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 betraf. Im Rahmen der Schlussbesprechung am 19. Juni 2012 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 habe nicht den Voraussetzungen von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entsprochen. Bereits bei Beginn der Beschäftigung sei ersichtlich gewesen, dass der Zweimonatszeitraum überschritten würde. Werde die Beschäftigung – wie hier – an mindestens fünf Tagen in der Woche ausgeübt, müsse vom Zweimonatszeitraum ausgegangen werden. Der Zeitraum von 50 Arbeitstagen sei nur dann maßgeblich, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als fünf Tage in der Woche ausgeübt werde (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. Januar 1971 – 12 RJ 118/70). Somit sei mit Beginn der Beschäftigung der Beigeladenen zu 3 Versicherungspflicht eingetreten. Die Beiträge zur Sozialversicherung würden nachgefordert.

Mit Bescheid vom 6. Juli 2012 setzte die Beklagte unter Wiederholung ihrer Argumentation in der Schlussbesprechung eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.726,50 EUR fest. Hinsichtlich der Berechnung der Nachforderung wird auf Blatt I 9 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Hiergegen legte die Klägerin am 18. Juli 2012 Widerspruch ein und beantragte zugleich die sofortige Vollziehung des Bescheides auszusetzen. Zur Begründung führte sie aus, die Beschäftigung der Beigeladenen zu 3 sei im Voraus vertraglich auf 50 Arbeitstage begrenzt gewesen. Die Beigeladene zu 3 habe an 49 Arbeitstagen gearbeitet. Somit lägen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vor. Auf den Zweimonatszeitraum komme es nicht an. Das von der Beklagten zitierte Urteil des BSG betreffe eine andere Regelungsmaterie.

Durch Schreiben vom 23. Juli 2012 setzte die Beklagte den Vollzug der Beitragsforderung in voller Höhe bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Zeitraum von 50 Arbeitstagen sei nur dann maßgeblich, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als fünf Tage in der Woche ausgeübt werde. Werde die Beschäftigung – wie hier – an mindestens fünf Tagen in der Woche ausgeübt, sei vom Zweimonatszeitraum auszugehen. Die Überschreitung des Zweimonatszeitraums sei bereits bei Vertragsabschluss bekannt gewesen. Irrtümlich sei jedoch von einer 50-Tage-Regelung ausgegangen worden. Eine kurzfristige Beschäftigung liege daher nicht vor.

Dagegen hat die Klägerin am 22. Oktober 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben.

Sie hat sich auf ihre Widerspruchsbegründung bezogen und ergänzend vorgetragen, die Auslegung der Beklagten finde in dem von dieser zitierten Urteil des BSG keine Stütze. Vielmehr habe der Gesetzgeber zwei gleichwertige Alternativen (zwei Monate oder 50 Arbeitstage) nebeneinandergestellt. Die Voraussetzungen der zweiten Alternative (50 Arbeitstage) lägen vor.

Die Beklagte hat vorgetragen, von einem Zweimonatszeitraum sei auszugehen, wenn der Beschäftigte an die betriebsübliche Arbeitszeit gebunden sei. Die Alternative, den Zeitraum nach Arbeitstagen zu berechnen, könne erst dann maßgebend sein, wenn eine monatliche Betrachtungsweise nicht mehr möglich sei, weil sich die Zeiträume nicht mehr mit der betriebsüblichen Betrachtungsweise ständig Beschäftigter deckten. Von der Berechnung der 50 Arbeitstage sei somit nur dann auszugehen, wenn die Beschäftigung an weniger Arbeitstagen ausgeübt werde, als ständig Beschäftigte des Betriebes zu arbeiten hätten.

Mit Urteil vom 24. April 2013 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2012 (richtig: 6. Juli 2012) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei dem streitgegenständlichen Beschäftigungsverhältnis habe es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV gehandelt, so dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien. Vorliegend sei die Beschäftigung auf 50 Arbeitstage im Voraus vertraglich begrenzt gewesen. Die Voraussetzungen der zweiten Alternative der zeitgeringfügigen Beschäftigung seien somit erfüllt. Die Auslegung der Vorschrift durch die Beklagte widerspreche dem Wortlaut der Vorschrift, welcher die Grenze für eine etwaige Auslegung darstelle. Die Auffassung der Beklagten, die zweite Alternative sei nur dann zu bejahen, wenn die Beschäftigung bei einem zusammenhängenden Zeitraum über zwei Monate nicht im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche erfolge, sei weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Regelungszusammenhang zu entnehmen. Die Zeitgeringfügigkeit sei nach dem Gesetz nur bei Vorliegen der Ausnahme einer berufsmäßigen Ausübung der Beschäftigung zu verneinen. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift geböten nicht die von der Beklagten favorisierte Auslegung. Die notwendige Obergrenze sei bereits mit 50 Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres gesetzt. Aus welchen Gründen eine weitere Einschränkung notwendig sein solle, verschließe sich dem Gericht. Es gebe keinen Grund, denjenigen, der seine Beschäftigung innerhalb einer Vier-Tage-Woche ausübe, anders zu behandeln als denjenigen, der seine Tätigkeit innerhalb einer Fünf-Tage-Woche ausübe. Ferner bleibe ungeklärt, wie Teilzeitbeschäftigte innerhalb einer Fünf-Tage-Woche zu behandeln wären oder Personen, die in einer Woche sieben Tage und in einer anderen Woche drei oder vier Tage arbeiteten. Solche Abgrenzungsschwierigkeiten würden durch die klare gesetzliche Regelung vermieden, die zwei einfach anzuwendende Alternativen vorgebe. Ein etwaiger Missbrauch der Vorschrift sei ebenfalls nicht zu befürchten, weil die sozialversicherungsfreie Beschäftigung zum einen zeitlich innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt und zum anderen die berufsmäßige Beschäftigung ausgeschlossen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 27. Januar 1971 (12 RJ 118/70). Die dort gefundene Auslegung des § 1228 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) sei "nicht unbedingt in Einklang mit dem Wortlaut zu bringen". Darüber hinaus sei das SG an die Auslegung einer Vorgängervorschrift durch das BSG nicht gebunden. Ferner betreffe das Urteil des BSG die vorliegende Problematik nicht direkt. Schließlich fehle in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV das in § 1228 Abs. 2 RVO noch vorhandene Wort "insgesamt", welches sich auf das Tatbestandsmerkmal 50 Arbeitstage bezogen habe. Die Auslegung des BSG zu § 1228 Abs. 2 RVO lasse sich daher nicht ohne weiteres auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV übertragen.

Gegen das ihr am 29. April 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Mai 2013 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor, ihre Auffassung entspreche der herrschenden Meinung in der Kommentarliteratur. Mit Inkrafttreten des SGB IV am 1. Juli 1977 habe der Gesetzgeber die bis dahin in der Reichsversicherungsordnung und dem Angestelltenversicherungsgesetz in verschiedenen Normen geregelten Tatbestände der Nebenbeschäftigung und Nebentätigkeit zusammengefasst. Der bisherige Begriff der sozialversicherungsfreien Nebenbeschäftigung sei durch den Begriff der geringfügigen Beschäftigung ersetzt worden. Eine grundlegende inhaltliche (sachliche) Änderung derjenigen Tatbestände, die bisher zur Versicherungsfreiheit einer Nebenbeschäftigung oder Nebentätigkeit geführt hätten, sei beim Übergang von den §§ 168, 1228 RVO zu § 8 SGB IV nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 8 SGB IV nicht beabsichtigt gewesen (Hinweis auf BT-Drucksache 7/4122 S. 31 zu § 8). Nach der gesetzgeberischen Historie sei in Bezug auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV die Kernregelung, nämlich die Abgrenzung des Monatszeitraums gegenüber einzelnen Arbeitstagen, unverändert geblieben. Es sei deshalb zutreffend, wenn sich das BSG in seinem Urteil vom 27. Januar 1971 auf diese herrschende Meinung gestützt und sie bestätigt habe. Auch in seinem Urteil vom 11. Mai 1993 (12 RK 23/91 – juris Rn. 16) habe das BSG entsprechend argumentiert. Darüber hinaus habe das BSG zu § 1228 Abs. 2 Buchstabe a RVO entschieden, dass der Fristenmaßstab von insgesamt 75 Arbeitstagen nur für eine unterbrochene und nicht für eine fortlaufende Beschäftigung gelte (Hinweis auf BSG, Urteil vom 26. September 1972 – 12 RJ 352/71 – juris Rn. 19). Allein der Wegfall des Wortes "insgesamt" in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV – es heiße dort nicht "insgesamt 50 Arbeitstage", sondern "50 Arbeitstage" – lasse eine andere Sichtweise nicht zu. Denn der Gesetzgeber habe den Wesenskern der §§ 168, 1228 RVO in § 8 SGB IV beibehalten. Deshalb habe der Gesetzgeber die beiden Alternativen – Monatszeitraum in Abgrenzung zu Arbeitstagen – weiterhin im Gesetz aufgeführt. Der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sprächen dafür, dass von dem Zweimonatszeitraum auszugehen sei, wenn der Beschäftigte an die betriebsübliche Arbeitszeit gebunden sei. Eine Berechnung der Grenze nach Arbeitstagen könne erst dann maßgebend sein, wenn eine monatliche Betrachtungsweise nicht mehr möglich sei, weil sich die Zeiträume nicht mehr mit der betriebsüblichen Betrachtungsweise ständig Beschäftigter deckten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 24. April 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die herrschende Meinung in der Kommentarliteratur, die Heranziehung der Grenze von 50 Arbeitstagen komme nur dann in Betracht, "wenn die Beschäftigung nicht an fünf Wochentagen ausgeübt wird", stehe mit dem Gesetz nicht im Einklang. Dieses Tatbestandsmerkmal contra legem werde zudem aus einer BSG-Entscheidung (Urteil vom 27. Januar 1971 – 12 RJ 118/70) hergeleitet, die vor einem völlig anderen Hintergrund ergangen sei. Es bestehe nicht der geringste Anlass, im vorliegenden Fall § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV gegen seinen Wortlaut auszulegen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet.

Das Urteil des SG ist zu Unrecht ergangen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

Zu Recht hat die Beklagte eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.726,50 EUR festgesetzt.

1. Rechtsgrundlage für den Erlass der angefochtenen Bescheide ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV erfolgt mindestens alle vier Jahre - bei Vorliegen besonderer Gründe auch außerhalb dieses Turnus - eine Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Sinne von § 28d SGB IV gehören insbesondere die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung, zur Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

a) Versicherungs- und Beitragspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht unter anderem bei einem abhängigen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]).

Bei kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung insbesondere das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zu Grunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2 der Vorschrift). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (siehe nur BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 13 bis 15; BSG, Urteil vom 29. Juni 2016 – B 12 R 5/14 R – juris Rn. 33, und BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R – juris Rn. 21). Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist regelmäßig eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris Rn. 16 m.w.N., und BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 14/10 R – juris Rn. 15).

b) Allerdings ist eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV versicherungsfrei. Dies ergibt sich für die gesetzliche Krankenversicherung aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V. Damit korrespondierend besteht auch Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). In der gesetzlichen Rentenversicherung folgt die Versicherungsfreiheit aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und im Recht der Arbeitsförderung aus § 27 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB III.

2. Die Beigeladene zu 3 war in ihrer Beschäftigung bei der Klägerin nicht wegen geringfügiger Beschäftigung versicherungsfrei. Eine geringfügige Beschäftigung lag in der Zeit vom 1. Juli 2010 bis 7. September 2010 nicht vor.

Die Auslegung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV durch das SG vermag nicht zu überzeugen.

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der hier maßgeblichen und vom 1. April 2003 bis 31. Dezember 2012 gültigen Fassung liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt.

a) Die in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV genannten Begrenzungen beziehen sich dem Wortlaut nach auf beide Zeiträume (vgl. nur BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 KR 16/14 R – juris Rn. 38). Das aber bedeutet, dass bei der vom SG favorisierten rein grammatikalischen Auslegung der Norm entweder eine Begrenzung "auf längstens zwei Monate" oder eine Begrenzung auf "50 Arbeitstage" in Betracht kommt. Da sich beide Zeiträume der Länge nach unterscheiden, ist nicht ersichtlich, nach welchem Kriterium entweder die eine oder die andere Begrenzung zu Grunde zu legen ist. Dies gilt umso mehr, als der Zweimonatszeitraum nicht zusammenhängend verlaufen muss (vgl. Stäbler in Krauskopf, SGB IV, Stand Juni 2018, § 8 Rn. 13). Die Annahme des SG, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV beabsichtigt hätte, die Subsumtion desselben Sachverhalts unter zwei Tatbestandsalternativen zu ermöglichen, wäre aus systematischen Gründen unlogisch und hält einer näheren Prüfung nicht Stand.

b) Denn das insoweit erforderliche Abgrenzungskriterium folgt aus der historischen Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV.

§ 8 SGB IV fasst die zuvor für die Kranken- und Rentenversicherung parallel geregelten Tatbestände der Nebenbeschäftigung und Nebentätigkeit in überarbeiteter und vereinfachter Form zusammen (BT-Drucksache 7/4122 S. 31 zu § 8). Eine grundlegende inhaltliche Änderung derjenigen Tatbestände, die bisher zur Versicherungsfreiheit geführt hatten, war beim Übergang von den §§ 168, 1228 RVO zu § 8 SGB IV nicht beabsichtigt (so ausdrücklich Schlegel/Knispel in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 8 Rn. 35; vgl. auch BSG, Urteil vom 5. Dezember 2017 – B 12 KR 16/15 R – juris Rn. 16).

Nach § 1228 Abs. 2 Buchstabe a RVO in der Fassung des Gesetzes vom 23. Februar 1957 (BGBl. I S. 45) liegen Nebenbeschäftigung und Nebentätigkeit vor, wenn die Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wird a) nur gelegentlich, insbesondere zur Aushilfe, für eine Zeitdauer, die im Laufe eines Jahres seit ihrem Beginn auf nicht mehr als zwei Monate oder insgesamt 50 Tage nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Vertrag beschränkt ist.

Später wurde die Zeitdauer auf drei Monate beziehungsweise 75 Arbeitstage erhöht, bis dann § 1228 Abs. 2 RVO durch Art. II § 1 Nr. 1 Buchstabe b des Gesetzes vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3845) mit Wirkung vom 1. Juli 1977 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB IV) aufgehoben wurde.

Nach der zu § 1228 Abs. 2 RVO ergangenen Rechtsprechung des BSG kommt ein Abstellen auf Arbeitstage erst dann in Betracht, wenn eine monatliche Betrachtungsweise nicht mehr möglich ist, weil sich die Zeiträume nicht mehr mit der betriebsüblichen Arbeitszeit ständig Beschäftigter decken (BSG, Urteil vom 27. Januar 1971 – 12 RJ 118/70 – juris Rn. 18 f.; vgl. auch BSG, Urteil vom 26. September 1972 – 12 RJ 352/71 – juris Rn. 19, und BSG, Urteil vom 11. Mai 1993 – 12 RK 23/91 – juris Rn. 16). Die einhellige Kommentarliteratur ist dieser Rechtsprechung auch im Hinblick auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV gefolgt (Schlegel/Knispel in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 8 Rn. 49 f.; Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand März 2014, § 8 Rn. 38; Figge in Jahn, SGB IV, Stand 2004, § 8 Rn. 50, Marschner in Kreikebohm, SGB IV, 3. Auflage, § 8 Rn. 20 f.; Stäbler in Krauskopf, SGB IV, Stand Juni 2018, § 8 Rn. 13 f.; Dankelmann in Eichenhofer/Wenner, SGB IV, 2. Auflage, § 8 Rn. 46; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB IV, Stand September 2013, § 8 Rn. 23, und Lüdtke/Winkler in LPK-SGB IV, 2. Auflage, § 8 Rn. 26).

Die Grenze von 50 Tagen gilt somit nur, wenn die Arbeit in der Woche jeweils nur für maximal vier Tage verrichtet wird. Wird die Arbeit hingegen an fünf oder sechs Tagen in der Woche ausgeübt, ist die Zweimonatsgrenze heranzuziehen (so ausdrücklich Marschner, Seewald und Dankelmann, jeweils a.a.O.).

c) Allein diese Sichtweise lässt eine sinnvolle Abgrenzung der beiden Zeiträume zu. Auch nach Sinn und Zweck des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ist diese Auslegung daher geboten.

d) Die Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV durch die Rechtsprechung des BSG und die dargestellte Kommentarliteratur erlaubt im Regelfall eindeutige Lösungen. Die vom SG aufgeworfenen Abgrenzungsfragen sind auf Ausnahmefälle beschränkt, die – wie auch sonst in vergleichbaren Konstellationen – einer Lösung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlage bedürfen. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend jedenfalls nicht gegeben. Allein der Wegfall des Wortes "insgesamt" in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV rechtfertigt jedenfalls im vorliegenden Kontext keine andere Sichtweise (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27. Januar 1971 – 12 RJ 118/70 – juris Rn. 19).

3. Die Beigeladene zu 3 unterlag im streitgegenständlichen Zeitraum der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung, ebenso derjenigen in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Ausweislich des Rahmenarbeitsvertrages stand die Beigeladene zu 3 in einem Arbeitsverhältnis bei der Klägerin. Davon gingen auch sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 3 aus. In dem Rahmenarbeitsvertrag finden sich nämlich Begriffe wie "Arbeitnehmer" (bezogen auf die Beigeladene zu 3), "Arbeitgeber" (bezogen auf die Klägerin) und "Arbeitsverhältnis". Die Beigeladene zu 3 war in einen fremden Betrieb eingegliedert. Dies zeigt sich schon am tatsächlichen zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit, der keine weiteren Tätigkeiten zuließ. Als Bürokraft unterlag sie schon von ihrer Funktion her einem umfassenden Weisungsrecht ihrer Arbeitgeberin. Für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit fehlt es an jedwedem Anhaltspunkt.

4. Hinsichtlich der Berechnung der Höhe der nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge wird auf Blatt I 9 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Berechnung sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

6. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
Saved