L 9 KR 506/17 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 11 KR 847/16 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 9 KR 506/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Sofern keine anderweitigen verlässlichen Beweismittel zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ohne nennenswerten zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu beschaffen sind, sowie keine betriebswirtschaftlichen Parameter festzustellen sind, die eine konkrete Berechnung der Höhe der Arbeitsentgelte ermöglichen, ist die Antragsgegnerin zur Schätzung der Höhe des Arbeitsentgelts berechtigt gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sämtliche erreichbaren Ermittlungsansätze in vollem Umfang ausgeschöpft wurden und die Antragstellerin nicht an der Sachaufklärung mitwirkt.
2. Gegen die Anwendung eines Prozentsatzes von 66,67% (zwei Dritteln) des Nettoumsatzes als Nettolohnsumme zur Ermittlung vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge bestehen auch im Bereich des lohnintensiven Gebäudereinigerhandwerks keine grundsätzlichen Bedenken. Die Schätzergebnisse müssen hinsichtlich aller Bemessungsgrundlagen tatsachenfundiert, wirtschaftlich vernünftig und nachvollziehbar sein und im Rahmen der Gesamtwürdigung den Zweifelssatz beachten.
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 145.889,44 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese sie für die Zeit vom 01.04.2004 bis 30.06.2008 auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie darauf entfallender Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 583.557,77 EUR in Anspruch nimmt.

Der 1964 geborene Z ... ist einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Antragstellerin, seine Ehefrau Y ... Alleingesellschafterin. Unternehmensgegenstand ist das Glas- und Gebäudereinigerhandwerk und die Erbringung damit in Zusammenhang stehender Dienstleistungen. Zwischen der Antragstellerin und der Y ... e. K. Bauen und Verwalten, vormals Raumpflegeservice X ... & Co oHG besteht seit 01.01.2001 ein Pacht- und Unternehmensführungsvertrag bzw. seit 01.01.2005 ein Betriebsführungs- und Pachtvertrag. In ersterem war unter § 3 Abs. 1 Pachtzins und Verwaltungsgebühr geregelt: "Der jährliche Pachtzins und die Verwaltungsgebühr betragen 15 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten der verpachteten Gegenstände des Anlagevermögens Anlage 1, der Kosten der Leasingwirtschaftsgüter (Leasinggebühren, Kfz-Steuer und Versicherungskosten sowie 15 % des Jahresumsatzes der Pächterin für Verwaltungsleistungen Anlage 2. Die Umsatzsteuer entfällt aufgrund des Vorliegens einer Organschaft (Innenumsatz)." In letzterem ist unter § 4 Gegenleistung geregelt: "Die Betriebsgesellschaft verpflichtet sich, der Besitzgesellschaft als Gegenleistung für die Überlassung des Vertragsgegenstandes und die Führung des Betriebes einen jährlichen Pachtzins wie folgt (zu zahlen) [Anm. d. Senats]: 1. Die Verwaltungsgebühr beträgt 7 % auf den Jahresumsatz. 2. Die Wirtschaftsgüter werden gemäß Berechnung laut Anlage 1 mit 6 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten bzw. für den tatsächlichen Leasingsaufwand zuzüglich der tatsächlich entstandenen Kosten für Versicherungen und Kfz-Steuern verpachtet. Die Berechnung erfolgt jährlich neu. Zu- und Abgänge im Anlagevermögen werden anteilig auf die Monate berechnet. 3. Der Gesamtaufwand für Verwaltungsgebühr und Pacht wird auf maximal 100.000 EUR jährlich beschränkt. "

Das Hauptzollamt W ... (HZA) führte am 19.09.2007 eine Prüfung gemäß §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) und § 2 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) am Unternehmenssitz der Antragstellerin in V ... durch. Bei der ersten Durchsicht der durch die Schwalbe/Kluge Steuerberatungsgesellschaft mbH zur Verfügung gestellten Geschäftsunterlagen der Antragstellerin stellte das HZA fest, dass betreffend den Abrechnungszeitraum April 2006 bis Juli 2007 in 131 Fällen der vorgeschriebene Mindestlohn für Gebäudereiniger nicht gezahlt worden sei. In Vollzug der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse des Amtsgerichts U. vom 15.04.2008 beschlagnahmte das HZA daraufhin am 16.07.2008 Geschäftsunterlagen der Antragstellerin, wertete diese aus, führte anschließend eine Zeugenvernehmung von 17 Reinigungskräften und Verwaltungsangestellten der Antragstellerin durch und leitete Ermittlungsverfahren gegen fünf weitere Arbeitnehmer wegen Leistungsbetrugs ein. Das HZA beschrieb im Wesentlichen folgende Ermittlungsergebnisse. Die Antragstellerin habe den geringfügig Beschäftigten und einem Teil der versicherungspflichtig Beschäftigten in dem Zeitraum April 2004 bis Juni 2007 den jeweils geltenden allgemeinverbindlichen Tariflohn und den ab Juli 2007 eingeführten Mindestlohn im Gebäudereinigerhandwerk nicht gezahlt. Weder durch die Antragstellerin noch durch die Reinigungskräfte selbst seien Aufzeichnungen der tatsächlichen Arbeitszeiten geführt worden. Zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeiten hätten sogenannte Kundenkontrolllisten gedient, in denen Anwesenheit oder ausgeführte Tätigkeiten lediglich mit einem Kreuz oder durch Unterschrift bestätigt worden seien. Diese Tätigkeiten in den jeweiligen Reinigungsobjekten seien bei ihrer Erfassung durch die Fachbereichsleiter in einer Computersoftware mit vorgegebenen Sollstunden hinterlegt und so den jeweiligen Mitarbeitern in Anrechnung gebracht worden. In den von den Reinigungskräften privat geführten Arbeitszeitaufzeichnungen seien nur die von der Antragstellerin für die jeweiligen Objekte vorgegebenen Stunden erfasst worden. Andere Mitarbeiter hätten ihre eigenen Aufzeichnungen bereits vernichtet. Für die versicherungspflichtigen Arbeitnehmer in der Unterhaltsreinigung sei anhand ihrer Arbeitsverträge ein Tagessoll errechnet und entsprechend der anteiligen Arbeitstage im Monat hochgerechnet und so auch vergütet worden. Etwaige Mehr- oder Minderstunden entsprechend der Vorgabe der Antragstellerin seien in einem Überstundenkonto erfasst worden, welches die Antragstellerin intern geführt habe und über das die Arbeitnehmer in der Regel keine Kenntnis über den aktuellen Stand gehabt hätten. Das Überstundenkonto habe nicht die Differenz zwischen angerechneter und tatsächlicher Arbeitszeit dargestellt, sondern lediglich durch die Antragstellerin vorgegebene und anerkannte Mehr- oder Minderarbeit gegenüber den arbeitsvertraglich vereinbarten Sollstunden. Bei Fahrten mit privatem Pkw zwischen einzelnen Reinigungsobjekten seien keine Fahrzeiten angerechnet und keine Fahrtkosten erstattet worden. Bei geringfügig Beschäftigten seien die tatsächlich geleisteten Stunden dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechend angepasst und so die auf den Lohnzetteln ausgewiesenen Stunden verringert worden. Weder Urlaubs- noch Krankheitstage seien den geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern vergütet worden. Fünf Arbeitnehmer, welche im Leistungsbezug der Bundesagentur für Arbeit bzw. der Jobcenter standen, hätten über längere Zeiträume mehr Arbeitszeiten und damit Lohnansprüche erwirtschaftet, als sie gegenüber den Leistungsträgern angezeigt hätten. Die Stundenvorgaben seien häufig zu knapp bemessen gewesen. Es lägen Hinweise auf eine auftragsorientierte Kalkulation ohne Rücksicht auf den Stundenansatz vor.

Z ... wurde durch Urteil des Amtsgerichts U. vom 19.10.2015 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 102 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu 30 EUR verurteilt. In den Hauptverhandlungen vom 24.08., 14.09., 21.09., 28.09., 30.09.2015 und 19.10.2015 wurden außer dem Zollbeamten T ... u. a. die bereits vom HZA vernommenen Zeugen S ..., R ..., Q ..., P ..., O ..., N ..., M ..., L ..., K ..., J ..., I ..., H ..., G ..., F ..., E ... und D ... nochmals als Zeugen vernommen. Nachdem dem Geschäftsführer im Wege eines "Deals" die Strafhöhe zugesagt wurde und die Staatsanwaltschaft in Aussicht stellte, bei einer entsprechenden Verurteilung das weitere Ermittlungsverfahren wegen desselben Strafvorwurfs für Taten ab Juli 2008 gemäß § 154 StPO einzustellen, hat er den ihm zur Last gelegten Sachverhalt bis auf die Höhe des entstandenen Schadens gestanden.

Mit Schreiben vom 04.02.2016 kündigte die Antragsgegnerin die Betriebsprüfung an und forderte den Geschäftsführer der Antragstellerin auf, alle sich noch in seinem Besitz befindlichen Lohnunterlagen, wie Lohn- und Gehaltskonten, Beitragsabrechnungen und -nachweise, Stundenaufzeichnungen und Einsatzpläne etc. einzureichen. Im Ergebnis zweier Telefonate am 17.02.2016 und 19.02.2016 forderte die Antragsgegnerin den Geschäftsführer nochmals auf, schriftlich mitzuteilen, in welcher Form die Betriebsprüfung durchgeführt werden könne, seine Unterlagen zu überprüfen und mitzuteilen, ob noch mehr Unterlagen mit prüfrelevanten Sachverhalten als die bereits beschlagnahmten bei ihm vorliegen und von ihm zur Verfügung gestellt werden könnten, oder ob er einen Vororttermin wünsche. In dem Telefonat vom 19.02.2016 erklärte der Geschäftsführer der Antragstellerin gegenüber einer Mitarbeiterin der Beklagten (C ...), nicht über Aufzeichnungen tatsächlich geleisteter Arbeitsstunden zu verfügen.

Nachdem die Antragstellerin nicht weiter reagierte, hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben unter dem 08.08.2016 an und unterbreitete ihr unter ausführlicher Darstellung der Sach- und Rechtslage sowie der Grundlagen für die erfolgte Nachberechnung, dass sie für die Zeit vom 01.04.2004 bis 30.06.2008 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 258.485,77 EUR, zuzüglich Säumniszuschläge, insgesamt in Höhe von 583.557,77 EUR geltend zu machen beabsichtige. Daraufhin reagierte die Antragstellerin wiederum nicht.

Mit Bescheid vom 29.09.2016 forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 30.06.2008 die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen inklusive Umlagen U1 und U2 in Höhe von 583.557,77 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen von 325.072,00 EUR). Rechtsgrundlage für die Nachforderung der fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge sei § 28e Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Einzelberechnungen ergäben sich aus den beigefügten Anlagen. Nachdem die Antragstellerin der Aufforderung an der Betriebsprüfung mitzuwirken und mitzuteilen, ob sie weitere Unterlagen als die bereits beschlagnahmten, insbesondere Arbeitszeitnachweise, zur Verfügung stellen könne, nicht nachgekommen sei, habe sie nach Aktenlage entschieden. Dabei habe sie die Unterlagen des HZA und das Strafurteil des Amtsgerichts U. vom 19.10.2015, Aktenzeichen 14 DS 940 JS 11081/08 ausgewertet. Die bei der Antragstellerin beschäftigten Reinigungskräfte seien in den meisten Fällen untertariflich bezahlt worden. Sie unterlägen dem persönlichen Geltungsbereich des Rahmentarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer und Auszubildende des Gebäudereinigerhandwerks vom 04.10.2003, mit Wirkung ab dem 01.04.2004 allgemeinverbindlich erklärt, dem Lohntarifvertrag einschließlich Ausbildungsvergütungen vom 04.10.2003, mit Wirkung ab 01.04.2004 allgemeinverbindlich erklärt, dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 09.10.2007, allgemeinverbindlich erklärt ab 01.03.2008 durch die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Gebäudereinigerhandwerk vom 27.02.2008 (außer Kraft getreten am 30.09.2009). Für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.12.2004 gelte im Tarifgebiet Ost ein Mindestlohn in Höhe von 6,18 EUR pro Stunde, vom 01.01.2005 bis 28.02.2008 im Tarifgebiet Sachsen ein Mindestlohn in der Lohngruppe 1 in Höhe von 6,36 EUR pro Stunde und vom 01.03.2008 bis 30.09.2009 im Tarifgebiet Sachsen für die Lohngruppe 1 in Höhe von 6,58 EUR pro Stunde. Die Lohngruppe 1 umfasse Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, insbesondere Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Innenbauteilen an Bauwerken und Verkehrsmitteln aller Art, Gebäudeeinrichtungen, haustechnische Anlagen und Raumausstattungen; Reinigung und Pflege von maschinellen Einrichtungen sowie Beseitigung von Produktionsrückständen; Reinigung von Verkehrs- und Freiflächen einschließlich der Durchführung des Winterdienstes. Da die Voraussetzungen für den räumlichen, betrieblichen und persönlichen Geltungsbereich der Tarifverträge gegeben seien, hätten die Arbeitnehmer der Antragstellerin Anspruch auf den tariflichen Mindestlohn. Das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt setze sich aus dem zustehenden tariflichen Stundenlohn und der Arbeitszeit zusammen. Gemäß § 28f Abs. 1 SGB IV habe der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Entgeltunterlagen in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Dies gelte auch für die Entgeltunterlagen von geringfügig Beschäftigten. Aufzubewahren seien auch die Beitragsabrechnungen und -nachweise. Der Arbeitgeber habe die Aufzeichnungen so zu führen, dass bei einer Prüfung innerhalb angemessener Zeit ein Überblick über die formelle und sachliche Richtigkeit der Entgeltabrechnung des Arbeitgebers gewährleistet sei. Aufzeichnungspflichtig seien alle Tatbestände, die für eine Beurteilung der Versicherungspflicht oder -freiheit sowie der Beitragsberechnung, -abrechnung und des Meldeverfahrens von Bedeutung seien. Nach Sichtung sämtlicher sichergestellter Unterlagen und Datenträger sowie Vernehmung bei der Antragstellerin beschäftigter Reinigungskräfte und Verwaltungsangestellte sei deutlich geworden, dass weder durch die Antragstellerin noch durch die Reinigungskräfte selbst den Vorschriften entsprechende Arbeitsaufzeichnungen geführt und aufbewahrt worden seien. Zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeiten hätten sogenannte "Kundenkontrolllisten" gedient, in denen Anwesenheit oder ausgeführte Tätigkeiten lediglich mit einem Kreuz oder durch Unterschrift bestätigt worden seien. Diese Tätigkeiten in den jeweiligen Reinigungsobjekten seien dann bei ihrer Erfassung durch die Fachbereichsleiter in einer Computersoftware mit vorgegebenen Sollstunden hinterlegt und so den jeweiligen Mitarbeitern in Anrechnung gebracht worden. Selbst in den von den Reinigungskräften privat geführten und dem HZA teilweise überlassenen Arbeitszeitaufzeichnungen seien nur die von der Antragstellerin für die jeweiligen Objekte vorgegebenen Stunden erfasst worden. Dies bedeute, dass es anhand der vorliegenden Unterlagen und Datenträger nicht möglich sei, die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der gewerblichen Arbeitnehmer zu ermitteln. Die personenbezogenen geleisteten Arbeitsstunden bildeten die Grundlage bei der Ermittlung des Anspruchs auf Mindestentgelt. Im Urteil des Amtsgerichts U. vom 19.10.2015 sei festgestellt worden, dass der angeklagte Geschäftsführer der Antragstellerin den gewerblichen Arbeitnehmern, den Reinigungskräften, nicht die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vergütet habe, sondern lediglich die Arbeitszeit, die er für die zu reinigenden Objekte für erforderlich erachtet habe. Diese Kalkulation sei zu knapp und regelmäßig nicht machbar gewesen, was aufgrund der glaubhaften Aussagen der als Zeugen gehörten Putzfrauen und Bereichsleiter feststehe. Die Ermittlung der Lohndifferenz sei anhand einer zulässigen Schätzung erfolgt, da die Antragstellerin den Aufzeichnungspflichten nicht hinreichend nachgekommen sei. Nach § 28f Abs. 2 SGB IV könne der prüfende Rentenversicherungsträger den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ohne namentliche Benennung der einzelnen Arbeitnehmer festsetzen, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten unzureichend erfülle oder diesen gar nicht nachkomme und der tatsächliche Sachverhalt nicht mehr festgestellt werden könne, wie das hier der Fall sei. Dann könne der prüfenden Rentenversicherungsträger auf der Grundlage der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte einen Summenbeitragsbescheid erlassen. Lasse sich die Summe der Arbeitsentgelte nicht oder nur mit großem Aufwand ermitteln, sei sie vom prüfenden Rentenversicherungsträger in Anlehnung an das Steuerrecht zu schätzen. Dabei seien ortsübliche Maßstäbe mit zu berücksichtigen, zum Beispiel ortsüblicher Tariflohn, tarifliche Arbeitszeit sowie in der jeweiligen Branche üblicherweise geleistete Überstunden von gleichartigen Beschäftigten. Ein Orientierungspunkt könne auch der Umsatz des Arbeitgebers sein. Deshalb seien von der Antragstellerin erwirtschaftete Umsätze aus den Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) bzw. kurzfristigen Erfolgsrechnungen (BWA) ermittelt und jeweils die für die Antragstellerin günstigeren Werte herangezogen worden. Für Mai und Juni 2008 seien die Planzahlen verwendet worden, da die Antragstellerin keine weiteren Unterlagen zur Verfügung gestellt habe. Die daraus ermittelte produktive Lohnquote (Löhne der gewerblich beschäftigten Arbeitnehmer) habe 2004 31,79%, 2005 32,32 %, 2006 32,13 %, 2007 35,06 % und von Januar bis April 2008 28,39 % betragen. Demgegenüber liege die durchschnittliche produktive Lohnquote im Reinigungsgewerbe bei ca. 67 %. Die Lohndifferenzen habe die Antragsgegnerin aus den Nettoumsatzerlösen abzüglich Fremdleistungen pro Kalenderjahr errechnet, in dem sie diese mit 66,67 % multipliziert und die Lohn- sowie Gehälterkosten davon abgezogen habe. Die daraus berechneten Lohndifferenzen seien im sozialversicherungsrechtlichen Sinn Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 1 SGB IV und beitragspflichtig. Da es sich dabei um vorsätzlich vorenthaltene Gesamtsozialversicherungsbeiträge handele, seien die Beitragsansprüche nicht nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verjährt. Die Rechtsgrundlage zur Erhebung der Säumniszuschläge ergebe sich aus § 24 SGB IV.

Gegen den Bescheid vom 29.09.2016 legte die Antragstellerin am 10.10.2016 Widerspruch ein und beantragte mit Schriftsatz vom 15.11.2016 die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 08.12.2016 ab. Weder bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides noch liege eine unbillige Härte vor. Die Antragstellerin könne Ratenzahlungsvereinbarungen mit den beteiligten Krankenkassen als Einzugsstellen abschließen und beantragen, die Beitragsforderungen zu stunden.

Am 19.12.2016 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Chemnitz (SG) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 06.10.2016 gegen den Beitragsbescheid vom 29.09.2016 gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt. Der Bescheid vom 29.09.2016 sei rechtswidrig. Die Forderungshöhe habe nicht nach der sogenannten 66 2/3 Methode geschätzt werden dürfen. Es habe keine Betriebsprüfung stattgefunden. Die Forderungshöhe beruhe allein auf der strafrechtlichen Verurteilung von Z ... Diese sei aber nur durch einen "Deal" zustande gekommen. Den Sozialversicherungsschaden konkret zu berechnen, sei möglich gewesen, da alle Mitarbeiter der Antragstellerin nach nicht oder falsch berechneten Arbeitsstunden befragt worden seien und jeder Mitarbeiter hierüber genaue Angaben gemacht habe. Viele Mitarbeiter hätten ausgesagt, nur vereinzelt Unregelmäßigkeiten in der Zeiterfassung bzw. bei der Lohnauszahlung bemerkt zu haben. Wenn die Forderungshöhe für jeden einzelnen Beschäftigten konkret bestimmbar sei, sei eine abstrakte Schätzung willkürlich und unverhältnismäßig. Vollstreckungsmaßnahmen bedeuteten eine besondere Härte, weil sie sofort Insolvenz anmelden müsse und 25 Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze verlören.

Am 15.12.2016 hat Z ... in einer eidesstattlichen Versicherung angegeben, dass die extrem hohe Forderung die sofortige Insolvenz der Antragstellerin zur Folge habe.

Mit Beschluss vom 16.05.2017 hat das SG den Antrag abgelehnt. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sei der Bescheid vom 29.09.2016 rechtmäßig. Die Antragsgegnerin sei zur Schätzung der Beiträge pauschal nach der 66 2/3 - Methode anhand der Lohndifferenz berechtigt. Nach § 28f Abs. 2 SGB IV könne die Antragsgegnerin als Prüfbehörde die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und deshalb die Sozialversicherungs- und Beitragspflichten oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden könne. Voraussetzung sei weiter, dass der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln könne. Die Schätzung sei nicht zu beanstanden. Im Strafverfahren hätten die Zeugenvernehmungen (auch wenn sie nur auszugsweise erfolgt seien) ergeben, dass die zu reinigende Fläche im Vergleich zur angesetzten Arbeitszeit zu hoch bemessen gewesen sei. Die Zeiten seien kaum oder gar nicht zu schaffen gewesen. Die Mitarbeiter hätten sich gegen diese Vorgaben nicht gewehrt und teilweise selbst keine Aufzeichnungen geführt bzw. diese schon vernichtet. Auch ließe sich anhand der Zeugenaussagen nicht ermitteln, ob die Mitarbeiter, die überobligationsmäßig tätig gewesen seien, ihr jeweilig vorgegebenes Arbeitspensum tatsächlich geschafft hätten. Bei den Mitarbeitern, welche nachweislich länger gearbeitet hätten, ließen sich die Zeiten ebenfalls nicht ermitteln. Insoweit sei der Verwaltungsaufwand immens, um die einzelnen nicht bezahlten Überstunden zu ermitteln. Des Weiteren komme hinzu, dass Mitarbeiter bei wechselnden Einsatzorten die Fahrzeiten nicht als Arbeitszeiten angerechnet und bei Nutzung des eigenen Pkw keinen Aufwendungsersatz erhalten hätten. Beide Leistungen seien in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen. Auch diese Aufwendungen seien nicht ohne entsprechend großen Verwaltungsaufwand zu ermitteln. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) habe der Arbeitgeber in den Entgeltunterlagen insbesondere auch Angaben über den Beschäftigten aufzunehmen, zu dokumentieren und mit Belegen aufzubewahren, die für die Beurteilung einer angenommenen Versicherungsfreiheit, etwa nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV i. V. m. §§ 5 Abs. 2 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) maßgeblich seien. Angesichts der Tatsache, dass bei allen Arbeitnehmern unklar sei, in welchem Umfang sie unbezahlte Überstunden geleistet und darüber hinaus insbesondere bei den geringfügig Beschäftigten die Urlaubs- und Krankheitstage in der Bezahlung gefehlt hätten, sei ohne größeren Verwaltungsaufwand nicht feststellbar, ob die Lohnhöhe noch unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze gelegen habe oder diese Arbeitnehmer in die volle Sozialversicherung übergewechselt seien. Deshalb sei auch bei diesen Arbeitnehmern eine Schätzung zulässig. Auch die Schätzgröße von 66 2/3 % der Lohndifferenz sei angemessen. Die durchschnittliche produktive Lohnquote im Reinigungsgewerbe liege bei 67 %. Insoweit könnten die Grundsätze, welche in der Baubranche anerkannt seien, bei der sogar von einer Investitions- und somit von einer niedrigeren Lohnquote ausgegangen werde, angewandt werden. Der Berechnungsmodus sei von der Antragstellerin von den Ausgangswerten her nicht angegriffen worden. Argumente, warum die Lohnquote allgemein im Reinigungsgewerbe oder möglicherweise speziell im Unternehmen der Antragstellerin niedriger sein sollte, seien nicht vorgetragen worden. Der Geschäftsführer der Antragstellerin habe angesichts der rechtskräftigen Verurteilung nach einem entsprechenden Geständnis auch vorsätzlich gehandelt, so dass gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV die 30-jährige Verjährungsfrist gelte.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 26.05.2017 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 23.06.2017 beim SG Beschwerde eingelegt, die am 26.06.2017 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingegangen ist. Die Schadenshöhe habe nicht geschätzt werden dürfen. Die Antragsgegnerin habe keine Betriebsprüfung durchgeführt und die einzelnen Zeugenaussagen nicht ausgewertet. Kein einziger Zeuge habe den von der Antragsgegnerin unterstellten Sachverhalt bestätigt. Außerdem sei dem Strafurteil des Amtsgerichts U. vom 19.10.2015 eine Verständigung zugrunde gelegen, ohne dass eine Tatsachenermittlung und Beweiswürdigung in genügendem Umfang erfolgt sei. Der Antragsgegnerin sei es möglich gewesen, eine Betriebsprüfung durchzuführen und ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand die Höhe der Arbeitsentgelte zu ermitteln. Eine Schätzung nach der sogenannten 66 2/3-Methode habe nicht erfolgen dürfen. Denn vorliegend sei eine konkrete Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge möglich gewesen. Die Arbeitszeiten der Beschäftigten seien penibel genau aufgezeichnet worden. Sämtliche digitale und in Papierform vorhandene Lohn- und Zeiterfassungsunterlagen habe das HZA beschlagnahmt und ausgewertet. Die Verwaltungsangestellten und Reinigungskräfte habe das HZA als Zeugen vernommen, so dass deren Aussagen zur Spezifizierung eines möglichen Schadens heranzuziehen seien. Das HZA habe sämtliche Ermittlungsergebnisse ausgewertet, alle Zeiten und Entgelte konkret berechnet und als "Auswertung Arbeitsstunden" in den Beweismittelordnern zusammengefasst. Die Lohnquote für das Reinigungsgewerbe in Höhe von knapp 67 % sei zudem unzutreffend. Die Antragstellerin sei kein reines Reinigungsgewerbe, sondern ein Dienstleistungsunternehmen, welches auch technische Baureinigungen, insbesondere Winterdienste mit Gerät oder Maßnahmen der Landschaftspflege ausführe. Hierbei fielen Stundenverrechnungssätze von bis zu 40 EUR an. Nur ca. ¼ dieser Kosten stellten dabei Personalaufwand dar. Mit der Differenz würden hauptsächlich die Kosten für das technische Spezialgerät sowie spezielle und sehr kostenintensive Reinigungsmittel abgegolten. Tatsächlich seien die errechneten tatsächlichen Lohnquoten von ca. 30 % richtig. Eine Aufzeichnungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BVV habe nicht bestanden, weil die BVV erst nach dem 03.05.2006 in Kraft getreten sei. Die unbillige Härte sei durch die eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers vom 15.12.2016 glaubhaft gemacht. Die Forderung habe die sofortige Insolvenz der Antragstellerin zur Folge.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 16.05.2017 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 06.10.2016 gegen den Bescheid vom 29.09.2016 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Für die behauptete unbillige Härte der Vollziehung des Forderungsbescheids habe die Antragstellerin bisher keine Nachweise vorgelegt. Es sei weiterhin möglich, mit den Einzugsstellen Ratenzahlungen zu vereinbaren.

Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft AA ... zu dem Aktenzeichen. (im Folgenden: StA) sowie die zu diesem Strafverfahren gehörenden vier Beweismittelorder des HZA (im Folgenden: EV 735/07) beigezogen. Dem Senat lagen ferner die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin (im Folgenden: VA) mit drei Beweismittelordnern des HZA (im Folgenden: EV 30/11) sowie die Gerichtsakten beider Instanzen vor, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung waren.

II. Die nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 06.10.2016 gegen den Bescheid vom 29.09.2016 anzuordnen, zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf An-trag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt unter anderem bei Entscheidungen über Beitragspflichten sowie der Anforde-rungen von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten und der darauf entfallenden Säumniszuschläge die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfech-tungsklage. Das Gericht entscheidet über den Antrag nach summarischer Prüfung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen sowie Heranziehung der in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG niedergelegten Grundsätze. Nach Letzteren soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 SGG für bestimmte Konstellationen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert, bedeutet dies, dass in diesen Fällen im Zweifel grundsätz-lich das öffentliche Interesse an der Vollziehung Vorrang hat. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung bestehen daher nur dann, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfes im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg, da eine gerichtliche Entscheidung das genannte Regel-Ausnahme-Verhältnis und die darin liegende gesetzliche Risikoverteilung zu Lasten des Betroffenen unterliefe, setzte sie die Vollziehung bereits dann aus, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens also offen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 86a Rn. 27a). Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutgemacht werden können (Keller, a.a.O., § 86a Rn. 27b). Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beschei-des ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht.

Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung gegenwärtig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich der angefochtene Bescheid im Widerspruchsverfahren als überwiegend rechtmäßig erweisen wird. Nach summarischer Prüfung bestehen keine ernsthaften Bedenken an der Forderung der Antragsgegnerin. Sie war berechtigt, die der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Arbeitsentgelte zu schätzen und hat die an eine Entgeltschätzung gestellten Anforderungen beachtet. Auch der Höhe nach begegnet die Beitragsfestsetzung keinen durchgreifenden Bedenken.

Rechtsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch -Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (verkörpert im sog. Prüfbescheid, BSG, Urteil vom 16.12.2015, B 12 R 11/14 R in SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, juris) einschließlich der Widerspruchsbescheide zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV erfolgt mindestens alle vier Jahre – bei Vorliegen besonderer Gründe auch außerhalb dieses Turnus – eine Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Die Prüfung umfasst unter anderem nach § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV auch die Prüfung der Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2002 – B 1 KR 19/01 R – juris Rn. 21 f.). Zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Sinne von § 28d SGB IV gehören die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung, zur Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Außerdem gehören zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Umlagen U1 und U2 (Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 28d Rn. 18) sowie die Insolvenzgeldumlage (Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 28d Rn. 20).

Die Antragsgegnerin durfte das Ergebnis der vom HZA durchgeführten Prüfungen zu Grunde legen und auf dieser Grundlage die Prüfung nach § 28p SGB IV durchführen und durch Verwaltungsakt abschließen. Die Prüfungen des HZA beruhten auf § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, BGBl. I 2004, 1842), wonach die Behörden der Zollverwaltung unter anderem prüfen (Nr. 1), ob die sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Pflichten nach § 28a SGB IV erfüllt werden und (Nr. 5), ob die Arbeitsbedingungen nach Maßgabe des Mindestlohngesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des § 8 Absatz 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eingehalten werden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Regelung werden die Behörden der Zollverwaltung bei den Prüfungen nach Abs. 1 von den Trägern der Rentenversicherung unterstützt. Nach Satz 3 der Bestimmung können die Prüfungen mit anderen Prüfungen der Träger der Rentenversicherung ("der in diesem Absatz genannten Stellen") verbunden werden. Im Ergebnis ist die Antragsgegnerin somit als für die Prüfung bei den Arbeitgebern zuständige Einrichtung befugt, die von der Hauptzollverwaltung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes durchgeführten Prüfungen mit der eigenen Prüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 SGB IV zu verbinden, was die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Prüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz beinhaltet.

Die vor Erlass des Bescheides vom 29.09.2016 nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche Anhörung hat die Antragsgegnerin mit Anhörungsschreiben vom 08.08.2016 vorgenommen. Die Antragstellerin hat nicht geantwortet.

Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Beitragsforderung ist § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach haben Arbeitgeber für versicherungspflichtig Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d Satz 1 SGB IV) zu zahlen. Aus der abhängigen Beschäftigung der Mitarbeiter der Antragstellerin folgen grundsätzlich die Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Daraus resultiert die entsprechende Beitragspflicht der Antragstellerin.

Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten, § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 57 Abs. 1 SGB XI i. V. m. § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III. Für die Umlage U 1 für Krankheitsaufwendungen und U 2 Mutterschaftsgeld regelten in der Zeit bis 31.12.2005 § 17 bzw. § 10 Lohnfortzahlungsgesetz die Umlagenbeitragsfestsetzung, ab danach § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz. Der Beitragsbemessung liegt in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI). Dabei gilt im Beitragsrecht der Sozialversicherung für laufend gezahltes Arbeitsentgelt das sog. Entstehungsprinzip (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Danach entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Maßgebend für das Entstehen von Beitragsansprüchen, die an das Arbeitsentgelt Beschäftigter anknüpfen, ist damit allein das Entstehen des arbeitsrechtlich geschuldeten Entgeltanspruchs, ohne Rücksicht darauf, ob, von wem und in welcher Höhe dieser Anspruch im Ergebnis durch Entgeltzahlung erfüllt wird. Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet als unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen geschuldet ist, also überobligatorische Zahlungen erbracht werden. Unerheblich ist zudem, ob der einmal entstandene Entgeltanspruch vom Arbeitnehmer (möglicherweise) nicht mehr realisiert werden kann (stRspr; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, SozR 4-7815 § 10 Nr. 3, Rn. 15, juris). Rechtsgrundlage für den Summen- und Schätzbescheid ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Danach kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann (Satz 1); lässt sich die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln, ist sie zu schätzen (Satz 3). Das gilt nicht nur, wenn die Lohnsumme für den Erlass eines Summenbescheids nicht festgestellt werden kann, sondern auch, wenn die genaue Bestimmung der Entgelthöhe nicht möglich ist (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, Rn. 52, juris; BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, SozR 4-7815 § 10 Nr. 3, Rn. 19, juris). Dies ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage hier der Fall. Die Antragstellerin hat ihre Aufzeichnungspflicht verletzt. Arbeitgeber haben nach § 28f Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV für jeden Beschäftigten außerhalb privater Haushalte, getrennt nach Kalenderjahren, Lohnunterlagen im Geltungsbereich des SGB in deutscher Sprache zu führen und diese sowie Beitragsabrechnungen und Beitragsnachweise bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Diese Pflicht bezieht sich auf alle Beschäftigten, also auch für versicherungsfreie und beitragsfreie Beschäftigte (insbesondere auch geringfügig Beschäftigte). Für diese sind Lohnunterlagen zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Die ausnahmslose Aufzeichnungspflicht ist erforderlich, um Fragen der Versicherungspflicht und Beitragspflicht rückwirkend prüfen zu können. Sie gilt auch, wenn der Arbeitgeber überhaupt keinen Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen hat und deshalb auch nicht zu Meldungen (§ 28a Abs. 1) verpflichtet ist. Auch diese Arbeitgeber werden gemäß § 28p SGB IV überwacht und geprüft (KassKomm/Wehrhahn, SGB IV, § 28f Rn. 3-5, beck-online). Diese Pflicht ist verletzt, wenn der Arbeitgeber die erforderlichen Aufzeichnungen ganz oder teilweise unterlässt, wobei es nicht darauf ankommt, ob ihn ein Verschulden trifft (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, Rn. 55 mwN; BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, SozR 4-7815 § 10 Nr 3, Rn. 20, juris). Zu den Entgeltunterlagen gemäß § 28f Abs. 1 SGB IV gehören insbesondere Angaben über das Arbeitsentgelt, seine Zusammensetzung und zeitliche Zuordnung (§ 8 Abs. 1 Nr. 10 Beitragsverfahrensordnung [BVV]). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin galt diese Regelung auch für die streitgegenständlichen Zeiträume vor dem 01.07.2006 aufgrund § 2 Abs. 1 Nr. 7, Nr. 8 i. V. m. §§ 5, 6 Beitragsüberwachungsverordnung (BÜVO; Scheer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28n SGB IV, Rn. 8, 24). Die BVV vereinigt die Beitragszahlungsverordnung (BZVO) und die Beitragsüberwachungsverordnung (BÜVO), die zum 01.07.2006 außer Kraft traten (Scheer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28n SGB IV, Rn. 8). Die Antragstellerin hat sowohl pflichtwidrig die Lohnunterlagen der Arbeitnehmer unvollständig geführt als auch danach an der Aufklärung der tatsächlich entstandenen Arbeitsentgeltansprüche der Arbeitnehmer nicht mitgewirkt. Einer unzureichenden oder fehlenden Dokumentation steht sowohl die Nichtvorlage gegebenenfalls ordnungsgemäß geführter Aufzeichnungen als auch eine unterbliebene Mitwirkung der Antragstellerin gleich, ohne die eine Feststellung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts nicht möglich ist. Das ergibt sich zum einen aus dem Zweck der Aufzeichnungspflicht, Fragen der Versicherungs- und Beitragspflicht rückwirkend prüfen zu können und die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung im Interesse sowohl der Versicherungsträger als auch der Versicherten sicherzustellen. Diese Prüfung ist dem Rentenversicherungsträger auch dann nicht möglich, wenn vorhandene Aufzeichnungen nicht überlassen werden oder die zur Ermittlung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte erforderlichen Angaben unterbleiben (vgl. BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, SozR 4-7815 § 10 Nr. 3, Rn. 21, juris). Nach Aktenlage treffen die eingangs zusammengefassten Ermittlungsergebnisse des HZA in vollem Umfang zu. Die Antragstellerin zahlte untertariflich. Es fielen regelmäßig Mehr-/Überstunden an, die die Antragstellerin ebenso wenig vergütet hat wie die Arbeitszeiten und Fahrtkosten für Wegstecken zwischen den Reinigungsobjekten. Es existierten nur objektbezogene Aufzeichnungen über vorgegebene kalkulierte Stunden, sog. "Kundenkontrolllisten". Weder die Antragstellerin noch ihre Beschäftigten führten personenbezogene tatsächliche Arbeitszeitnachweise mit Beginn, Dauer und Ende der tatsächlichen Arbeitszeit. Der Senat stützt sich dabei auf die Angaben der sowohl vom HZA als auch vom Amtsgericht U. vernommenen Zeugen (Zeugenvernehmung S ..., StA, Bl. 457- 458; R ..., StA, Bl. 49; EV 735/07, Bd. I, Bl. 120; Q ..., StA, Bl.459, 460; EV 735/07, Bd. II, Bl. 216, 219; P ..., StA, Bl. 461-462; EV 735/07, Bd. II, Bl. 320; O ..., StA, Bl. 463; EV 735/07, Bd. II, Bl. 395, 396; Q ..., StA, Bl. 465, 466, M ..., StA, Bl. 467; EV 735/07, Bd. III, Bl. 495 – 497; L ..., StA, Bl. 468, 469; EV 735/07, Bd. II, Bl. 535, 536; K ..., StA, Bl. 470; EV 735/07, Bd. IV, Bl. 86; J ..., StA, Bl. 470-472; EV 735/07, Bd. III, Bl. 652; I ..., StA, Bl. 473; EV 735/07, Bd. III, Bl. 782, H ..., StA, Bl. 479; EV 735/07, Bd. I, Bl. 29-35). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelte es sich auch nicht nur um "vereinzelte Unregelmäßigkeiten in der Zeiterfassung", sondern um eine systematisch angelegte und dauerhaft praktizierte betriebliche Übung. So haben sogar noch die vom HZA im Frühjahr 2012 und Herbst 2014 vernommenen Zeugen die Ermittlungsergebnisse des HZA für den ab Juni 2008 anschließenden Zeitraum bestätigt. Der Senat zitiert aus (beispielhaft ausgewählten) Vernehmungsprotokollen des HZA: Die Zeugin BB ... bekundete am 12.03.2012 (BV 30/11; Bd. I, Bl. 368-374): "Es gab nur die Kundenkontrolllisten. Einen Arbeitszeitnachweis gab es nicht. Ich habe mir auch keine eigenen Aufzeichnungen gemacht, weil mir gesagt wurde, dass nur die vorgegebenen Zeiten bezahlt werden. Erst zum Schluss, circa im Oktober 2010, stellte Herr Z ... konkrete Arbeitszeitnachweise zur Verfügung. Auch dort wurden nur die vorgegebenen Stunden erfasst und nicht die tatsächlich geleisteten. In der Arbeitszeitvorgabe war vorgegeben, wie viele Stunden wir pro Tag für die Reinigung zur Verfügung hatten. Die Zeit reichte aber bei weitem nicht aus. Es kam vor, dass ich an Tagen, an denen ich nur bis 22:15 Uhr arbeiten sollte, bis circa 23:30 Uhr gearbeitet habe. Ich kann sagen, dass ich regelmäßig 1-2 Stunden pro Tag mehr gearbeitet habe, als vorgegeben war." Die Zeugin CC ... bekundete am 09.03.2012 (BV 30/11, Bd. I, Bl. 212): "Es gab einen vorgefertigten Stundenzettel, auf dem die tägliche Arbeitszeit festgeschrieben war. Und gearbeitet habe ich auch jeden Tag länger. Gleichzeitig musste ich noch die so genannten Kundenkontrolllisten führen. Ich habe nie nach den vorgegebenen Zeiten auf dem Stundenzettel gearbeitet. Am Anfang vermerkte ich meine tatsächliche Arbeitszeit. Später sollte ich nur noch die vorgeschriebene Zeit auf dem Stundenzettel vermerken, was ich dann auch tat. Ja, ich habe ja immer mehr gearbeitet, als mir bezahlt wurde." Die Zeugin DD ... bekundete am 27.10.2014 (BV 30/11, Bd. I, Bl. 141): "Es war ein Vordruck, auf dem ich die Tage, an denen ich gearbeitet habe, eingeschrieben habe. Es waren keine Zeiten angegeben. Es wurde nur montags, mittwochs, freitags ein Kreuz gemacht. Das waren die Tage, an denen ich gearbeitet habe. Den Zettel habe ich dann unterschrieben und in der Firma abgegeben. Im Prinzip war es schon ein Objektlohn. Da ich ja nur eine dreiviertel Stunde bezahlt bekam, egal wie lange die Reinigung tatsächlich gedauert hat." Die Zeugin EE ... bekundete am 27.10.2014 (BV 30/11, Bd. III, Bl. 88): "Nein, das sind nicht die tatsächlichen Zeiten. Die Arbeit war in der Zeit nicht zu schaffen. Eingetragen im Arbeitszeitprotokoll sind nur die vorgegebenen Zeiten. Ich habe immer schon eine halbe Stunde früher angefangen, um die Arbeit zu schaffen ... Frau F ... hat gesagt, dass nur die vorgegebenen Arbeitszeiten eingetragen werden dürfen. Meine mehr geleisteten Stunden sind nicht bezahlt worden Mir wurden nur die vorgegebenen Stunden bezahlt. Urlaub und Feiertage wurden wir nicht bezahlt." Die Zeugin FF ... bekundete in ihrer Vernehmung vom 30.10.2014 (BV 30/11, Bd. II, Bl. 6,7): "Ja, das sind meine Arbeitszeitnachweise und aufgeschrieben habe ich nur meine vorgegeben Stunden. Tatsächlich habe ich zwischen 15 und 30 Minuten länger gebraucht. Ich habe Überstunden gemacht, die wurden aber nicht bezahlt. Lohn habe ich nur bekommen, wenn ich gearbeitet habe. Krank wurde ich nicht bezahlt." Die Zeugin GG ... bekundete in ihrer Vernehmung vom 24.09.2014 (BV 30/11, Bd. II, Bl. 29): " Um der Arbeit doch irgendwie gerecht zu werden, hat mir mein Mann des Öfteren bei sehr zeitaufwendigen Arbeiten geholfen und dennoch habe ich zwei bis dreimal pro Woche so 10 Minuten länger gearbeitet. Die Arbeitszeit meines Mannes wurde nicht aufgeschrieben. Viele andere haben täglich eine Stunde unbezahlt gearbeitet. Auf meinen Arbeitszeitprotokollen steht die von Herrn Z ... vorgegebene Arbeitszeit. Eine bezahlte Mehrarbeit lehnte er ab." Bei Urlaub oder Krankheit sei nicht weiter Lohn bezahlt worden. Die Zeugin HH ... bekundete am 02.10.2014 (EV 30/11, Bd. II, Bl.: 95, 96): " Ich habe nur die vorgeschriebenen Zeiten eingetragen und auch nur die wurden bezahlt. Frau F ... hat das so telefonisch an mich weitergegeben." Bei Urlaub oder Krankheit sei nicht weiter Lohn gezahlt worden. Die Zeugin II ... bekundete am 01.10.2014 (EV 30/11, Bd. II, Bl. 147): "Ich habe meine Stunden selbst aufgeschrieben. Ich habe Anfang und Ende - wie es vorgegeben war - aufgeschrieben. Ich habe jedoch bestimmt immer 20 Minuten länger gearbeitet, da es in der vorgegebenen Zeit nicht zu schaffen war." Die Zeugin JJ ... bekundete am 01.10.2014 (EV 30/11, Bd. II, Bl. 308): "Ich habe von Anfang an immer die Kundenkontrolllisten mit den Kreuzen ausgefüllt. Später kamen dann die Arbeitszeitprotokolle mit den Anfangs – und Endzeiten hinzu. Die dort eingetragenen Zeiten entsprechen den von der Firma vorgegebenen Angaben. Frau F ... sagte uns, dass wir nichts anderes eintragen dürfen. Es wurde nur die angewiesene Mehrarbeit bezahlt. Wenn wir unsere Arbeit nicht in der vorgegebenen Zeit schafften, verfielen diese Stunden. Es wurden nur die arbeitsvertraglich vereinbarten 21,5 Stunden bezahlt." Die Zeugin KK ... bekundete am 10.10.2014 (EV 30/11, Bd. III, Bl. 221, 222): Auf Vorlage Arbeitszeitnachweise: "Nein, das sind nicht die tatsächlichen Zeiten. Es gab immer Abweichungen, denn wir haben immer länger gebraucht. Die mehr geleisteten Stunden durfte ich ja nicht aufschreiben und somit wurden diese auch nicht gezahlt." Bei Urlaub oder Krankheit sei nicht weiter Lohn gezahlt worden. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin enthalten auch die "Auswertungen Arbeitsstunden" (EV 735/07, BMO, Bl. 334-344) nur die vorgegebenen kalkulierten Arbeitsstunden bezogen auf das konkrete Reinigungsobjekt, nicht jedoch die tatsächlich dafür von den Reinigungskräften aufgewandten Arbeitsstunden. So bekundete die Sekretärin F ... in ihrer Vernehmung durch das HZA am 22.02.2010 (EV 735/07, Bd. IV, Bl. 859-872): "Ja, es gab nur diese Kundenkontrolllisten und keine direkten Arbeitszeitnachweise. Die Stunden wurden anhand der vorgegebenen Zeiten im "Reinigungsassistenten" erfasst. Tatsächliche Arbeitszeiten blieben unbeachtet. Es wurde nur entsprechend der Kreuze oder Unterschriften mit den vorgegebenen Stunden in den Kundenkontrolllisten für die einzelnen Objekte die Arbeitszeit erfasst." Die geringfügig Beschäftigten hätten tatsächlich mehr gearbeitet als gegenüber der Arbeitsagentur angegeben worden sei. Die Stunden seien entsprechend angepasst worden. Diese Angaben wiederholte die Zeugin in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht U. am 28.09.2015 (StA, Bl. 479). In der weiteren Vernehmung des HZA vom 27.02.2013 bekundete die Zeugin F ... (EV 30/11, Bd. I, Bl. 527-531), obwohl nach der Durchsuchung 2008 Arbeitszeitprotokolle eingeführt worden seien, hätten darin weiterhin nur die von Z ... vorgegebenen Stunden aufgezeichnet werden dürfen, seien (unverändert) keine Fahrzeiten zwischen den Reinigungsobjekten und keine Wegstreckenentschädigungen vergütet und den geringfügig Beschäftigten (unverändert) keine Lohnfortzahlung für Urlaub und Krankheit geleistet worden. Soweit Mehr- oder Minderstunden entsprechend der Vorgabe der Antragstellerin überhaupt in einem Überstundenkonto erfasst wurden, stellte dieses nicht die Differenz zwischen angerechneter und tatsächlicher Arbeitszeit dar, sondern lediglich durch die Antragstellerin vorgegebene und anerkannte Mehr- oder Minderarbeit gegenüber den arbeitsvertraglich vereinbarten Sollstunden. Dabei stützt sich der Senat neben den sich in den Ermittlungsakten befindlichen Dokumenten, insbesondere auf den Schlussbericht des Zollbeamten T ... vom 01.06.2011 über die von ihm festgestellten Ermittlungsergebnisse (StA, Bl. 200-231) und seine Angaben in seiner amtsrichterlichen Zeugenvernehmung vom 24.08.2015 (StA, Bl. 448-450), die telefonische Aussage des Geschäftsführers Z ... gegenüber C ... am 19.02.2016, keine Aufzeichnungen über tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zu besitzen (Bl. 94 d. VA), sowie das Geständnis des Angeklagten Z ... in der Hauptverhandlung des Amtsgerichts U. am 19.10.2015 (StA, Bl. 486). Die personenbezogene Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeiten der einzelnen Arbeitnehmer ist aber essentiell für die Berechnung der Höhe des entstandenen (individuellen) Arbeitsentgeltanspruchs. Denn sowohl nach den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen (EV 735/07, Bd. I, Bl. 325-363) als auch nach § 5 des von der Antragstellerin verwandten standardisierten Arbeitsvertrages (vgl. zum Beispiel EV 735/07, Bd. I, Bl. 20, 42 [Martina Wimmer], Bl. 94 [Gertraude Wesp], Bl. 131 [R ...]) waren Mehrstunden (Überstunden) zusätzlich zu vergüten. Die für die Beitragsbemessung maßgebenden Entgeltansprüche der Reinigungskräfte waren für die Antragsgegnerin "nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand" im Sinne des § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV zu ermitteln. Insoweit ist vorrangiger Prüfungsmaßstab eine Abwägung zwischen dem im Einzelfall zu erwartenden Verwaltungsaufwand und den Interessen des Versicherten wie auch des Arbeitgebers (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, Rn. 58, juris). Im Rahmen dieser Abwägung ist sowohl die Amtsermittlungspflicht des prüfenden Trägers (§§ 20 ff SGB X), der sich sämtlicher in Betracht kommender Beweismittel zu bedienen hat, als auch die Mitwirkungspflicht des zu prüfenden Arbeitgebers, der über die konkrete Aufzeichnungspflicht hinaus allgemein angemessene Prüfhilfen zu leisten hat (§ 28p Abs. 5 Satz 1 SGB IV), zu berücksichtigen. Gemessen daran war der Antragsgegnerin die Ermittlung der Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts nicht mit vertretbarem und zumutbarem Aufwand möglich. Das HZA und die Antragsgegnerin haben sämtliche erreichbaren Ermittlungsansätze in vollem Umfang ausgeschöpft. Das HZA hat die sichergestellten Geschäftsunterlagen ausgewertet, die Beschäftigten der Antragstellerin als Zeugen vernommen und dem Angeklagten Z ... Gelegenheit zur Einlassung gegeben. Zudem hat die Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung angestrebt, der die Antragstellerin keine Folge leistete. Ferner ist sie der Aufforderung der Antragsgegnerin, weitere Geschäftsunterlagen zur Prüfung und Ermittlung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten zur Verfügung zu stellen und bei deren Aufklärung mitzuwirken, nicht nachgekommen. Für eine annähernd genaue Berechnung fehlen aussagekräftige Beweismittel, Belege und Aufzeichnungen. Personenbezogene Aufzeichnungen der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden wurden nicht geführt und fehlen völlig. Die den Angeboten bzw. Rechnungen der Antragstellerin zugrunde liegende Kalkulation war vom HZA aus den vorgefundenen Geschäftsunterlagen nicht nachzuvollziehen. Zudem traf die Antragstellerin auch Pauschalpreisvereinbarungen mit Auftraggebern (EV 735/07; BMO Bl. 365) oder folgte kundenorientierten Kalkulationen (EV 735/07; BMO Bl. 298-301). Welche (kostendeckenden) Stundenverrechnungssätze (und kalkulatorischer Unternehmerlohn) auf welcher Basis angewandt wurden, war nicht aufzuklären, und demzufolge auch nicht, ob und wenn ja in welchem Umfang die tariflichen und gesetzlichen Leistungen im Stundenverrechnungssatz enthalten waren. Der Fachbereichsleiter E ... bekundete in seiner richterlichen Zeugenvernehmung am 28.09.2015 (StA, Bl. 477-478), die Sollstunden seien nach einer Objektbesichtigung per Computerprogramm ermittelt und nicht auf Plausibilität überprüft worden (vgl. auch EV 735/07, Bd. IV, Bl. 846-853). Der Fachbereichsleiter D ... bekundete (StA, Bl. 480–481), die Aufträge seien den Kundenwünschen angepasst worden. Welche Stunden in die Lohnabrechnung eingegangen seien, wisse er nicht. Diese sei ein Geheimnis gewesen. Er habe öfter eine Auseinandersetzung mit Z ... gehabt, was Tarif sei und was nicht. Es habe Ungereimtheiten bei den geringfügig Beschäftigten gegeben (siehe auch EV 735/07, Bd. IV, Bl. 935-947). Soweit die Angebote/Rechnungen der Antragstellerin Einzelpreise pro Quadratmeter Fläche enthalten haben, kann deren Plausibilität nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand überprüft werden, weil der Reinigungsaufwand aufgrund der sehr unterschiedlichen Objektgegebenheiten nicht immer vergleichbar ist. Denn der Reinigungsaufwand ist abhängig von dem Grad der Zustellung von Räumen (Tische, Stühle, Schränke, Kabel etc.), den Belagsarten (PVC, Linoleum, Naturstein, textile Beläge), dem Reinigungsverfahren (z.B. einstufiges oder zweistufiges Wischverfahren), der Vorbehandlung der Flächen (Beschichtung), den Rüstzeiten (z.B. Wegezeiten zu Putzkammer und Lagerraum und für Entsorgung), der Größe der Räume (Turnhalle, Flur, kleines oder großes Büro), dem regelmäßigen Verschmutzungsgrad (Schüler, Verwaltungsangestellter) und natürlich von eigenen Hygieneansprüchen. Da die oben genannten Kriterien sehr stark variieren können und sich auch gegenseitig beeinflussen, können allgemeine Angaben über Richtwerte für Quadratmeterleistungen nicht gemacht werden (vgl. https://www.die-gebaeudedienstleister-hessen.de/auftraggeber/auswahl-reinigungsbetrieb/). Deshalb müssten alle Objekte besichtigt und die damaligen Anforderungen und Bedingungen des Auftraggebers im Einzelnen nachvollzogen und berücksichtigt werden - mit aufgrund des Zeitablaufs zu erwartenden Veränderungen und teilweise getroffener mündlicher Absprachen zu rechnenden ungenauen und unsicheren Ermittlungsergebnissen. Da keine anderweitig verlässlichen Beweismittel zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ohne nennenswerten zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu beschaffen sind, sowie keine betriebswirtschaftliche Parameter festzustellen sind (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09 –, juris), die eine konkrete Berechnung der Höhe der Arbeitsentgelte ermöglichen, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Schätzung gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV vor. Die Antragsgegnerin war zur Schätzung der Höhe des Arbeitsentgelts berechtigt (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R –, BSGE 120, 209; Urteil vom 26. September 2017 – B 1 KR 31/16 R –, juris). Sie legte die Schätzungsgrundlagen und Berechnungsmethode in der Begründung ihres Bescheides im Einzelnen nachvollziehbar dar (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R –, BSGE 120, 209-230, SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, Rn. 62, juris). Auch die Schätzung an sich begegnet keinen Bedenken. Sie ist so exakt vorgenommen worden, wie dies bei noch verhältnismäßigem Verwaltungsaufwand möglich ist, und nicht zu beanstanden, da sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, Rn. 60 mwN, BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, SozR 4-7815 § 10 Nr. 3, Rn. 23; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. März 2007 – 2 BvR 162/07 –, Rn. 11, alle juris). Der Zweifelssatz wurde im Rahmen der Gesamtwürdigung des Schätzergebnisses beachtet (BGH, Urteil vom 12. August 1999 – 5 StR 269/99 –, Rn. 16, juris). Gegen die Anwendung eines Prozentsatzes von 66,67% (zwei Drittel) des Nettoumsatzes als Nettolohnsumme (zur Ermittlung vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge) bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen in Form der Schwarzarbeit grundsätzlich zwei Drittel des Nettoumsatzes als Lohnsumme - und zwar als Nettolohnsumme – zu veranschlagen (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09 –, Rn. 21, juris). Das Gebäudereinigerhandwerk ist mindestens genauso lohnintensiv. Nach summarischer Prüfung erscheinen die Schätzergebnisse hinsichtlich aller Bemessungsgrundlagen wirtschaftlich vernünftig und möglich (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09 –, juris). Die Untersuchung "Branchenmonitor Gebäudereinigung" der Hans Böckler Stiftung (https://www.mitbestimmung.de/assets/downloads/2017-11-BM-Gebaeudereinigung.pdf) stellt auf Seite 6 fest, dass mit 74,7% der Gesamtkosten die Personalkosten in der Gebäudereinigung den größten Kostenblock darstellten. Neben dem Bruttoentgelt liege dies an den Sozialaufwendungen des Arbeitgebers. Im internationalen Vergleich seien die Kosten für Reinigungsleistungen in Deutschland aufgrund von gesetzlichem Mindestlohn und Tarifverträgen besonders hoch. Nach eigenen Angaben verwendeten die quantitativen Auswertungen des Branchenmonitors statistische Daten gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 [WZ 2008], hier der WZ08-81.21. Die WZ08-81.21 Allgemeine Gebäudereinigung umfasst die allgemeine Reinigung von Gebäuden aller Art, wie: Büros, Wohnhäuser und Wohnungen, Fabriken, Geschäfte, Anstaltsgebäude. Diese Tätigkeiten betreffen in der Regel die Innenreinigung, wenngleich auch die Reinigung angrenzender Außenflächen wie Fenster und Fußwege eingeschlossen sein kann. Diese Unterklasse umfasst nicht Reinigung neu errichteter Gebäude (Baugrobreinigung), Spezialreinigung wie Fensterreinigung, Reinigung von Kaminen, Öfen, Kesseln, Lüftungsschächten und Entlüftungsanlagen, Shampoonieren von Teppichen und Läufern sowie Reinigung von Vorhängen und Gardinen, auch in den Räumen des Kunden (siehe:https://www.klassifikationsserver.de/klassService/jsp/common/url.jsf?item=81210&variant=wz2008&detail=true). Im Vergleich dazu ermittelte die Schwalbe/Kluge Steuerberatungsgesellschaft mbH bei der Antragstellerin für 2004 einen Prozentsatz von 58,08 % Personalkosten zur Gesamtleistung, für 2005 in Höhe von 56,08% (EV 735/07, BMO, Bl. 137), zum 30.09.2006 in Höhe von 54,80% (a. a. O., Bl. 182). Von Januar bis Dezember 2006 lag die Personalkostenquote bei 57,89% (Personalkosten in Höhe von 282.744,56 EUR [incl. Geschäftsführergehalt: 54.985,54 EUR und Gehälter Verwaltung: 10.150,00 EUR] geteilt durch Gesamtkosten in Höhe von 488.359,37 EUR [davon Verwaltungskosten A ... Z ...: 134.311,69 EUR] multipliziert mit 100; a. a. O., Bl. 206, 209). Von Januar bis Dezember 2007 lag die Personalkostenquote bei 57,82% (Personalkosten in Höhe von 225.224,64 EUR [inklusive Geschäftsführergehalt: 30.906,27 EUR und Gehälter Verwaltung: 14.500 EUR] geteilt durch Gesamtkosten in Höhe von 389.503,20 EUR [davon Verwaltungskosten A ... Z ...: 101.765,85 EUR] multipliziert mit 100; a. a. O., Bl. 257, 258). Von Januar bis April 2008 lag die Personalkostenquote bei 61,26% (Personalkosten in Höhe von 73.786,81 EUR [inklusive Geschäftsführergehalt: 24.449,08 EUR und Gehälter Verwaltung: 5.800,00 EUR] geteilt durch Gesamtkosten in Höhe von 120.454,37 EUR [davon Verwaltungskosten A ... Z ...: 24.302,85 EUR] multipliziert mit 100; a. a. O., Bl. 263 - 266). Auch unter Betrachtung dieser Analysen ist die Schätzung der Antragsgegnerin wirtschaftlich nachvollziehbar. Z ... geht in seinen Nachträgen vom 21.10.2003 gegenüber der Stadtverwaltung V ... und vom 29.10.2003 gegenüber der FGG Grundstücks- und Gebäudeverwaltungs GmbH (EV 735/07, BMO, Bl. 352, 353, 355) "im Ergebnis der tariflichen Neuabschlüsse in unserer Branche" sogar von einem "85% Anteil der Lohn- und Lohnfolgekosten am Gesamtpreis pro Reinigungsobjekt" aus. Der Einwand der Antragstellerin, dass bei den spezialisierten Diensten wie Baureinigungen, Winterdienste und Maßnahmen der Landschaftspflege eine höhere Kostenquote auf Reinigungsmittel und Spezialgerät entfalle und die Personalkostenquote wesentlich geringer sei, ist nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Vielmehr wird über die Unterhaltsreinigung der größte Teil des Umsatzes erzielt (vgl. Schlussbericht von ZOS Neudel, HZA vom 01.06.2011, Seite 6, StA, Bl. 205: in 2004: 47,6%, 2005: 51,6%, 2006: 57,2%). Nach der kurzfristigen Erfolgsrechnung Januar bis Dezember 2007 (EV 735/07, BMO, Bl. 257) machte die Unterhaltsreinigung mit einem Umsatzerlös in Höhe von 285.556,05 EUR sogar 72,09% gegenüber dem Gesamterlös in Höhe von 396.088,98 EUR (Bau-, Grund-, Glasreinigung, Garten- und Landschaftspflege, Hausmeisterleistungen, Gardinen/Shampoonierungen, Winterdienst) aus. Der Material-/Wareneinkauf in Höhe von 12.252,75 EUR (EV 735/07, BMO, Bl. 254) betrug nur 3,09% der Umsatzerlöse. Hinzu kommt, dass die anderen Dienste nicht weniger personalintensiv sind und das Personal sogar unter Umständen in höhere Tariflohngruppen einzustufen wäre. Für Fehler bei der konkreten Berechnung der nachgeforderten Beiträge bestehen keine Anhaltspunkte. Die Antragstellerin hat insoweit auch keine Einwände erhoben. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der bis zum 31.12.2005 gültigen Fassung spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der ab 01.01.2006 geltenden Fassung sind Beiträge in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Dementsprechend wären die Beiträge für die Monate April 2004 bis Juni 2008 mit Ablauf der Kalenderjahre 2009/2012 verjährt, es sei denn, es gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) für vorsätzlich vorenthaltene Beiträge, wie im vorliegenden Fall. Der Geschäftsführer der Antragstellerin Z ... hatte um die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge hinreichend Kenntnis (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, Rn. 64 und 68; BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, SozR 4-7815 § 10 Nr. 3, Rn. 26 – 32, juris) und hat die geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten. Die Antragstellerin muss sich das ihrem Geschäftsführer (§§ 35 Abs. 1, 43 Abs. 1 GmbHG) vorzuwerfende vorsätzliche Vorenthalten von Beiträgen zurechnen lassen (§ 276 BGB). Rechtsgrundlage für die Erhebung der Säumniszuschläge ist § 24 SGB IV. Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen (Abs. 1 Satz 1); wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (Abs. 2). Die Antragstellerin trifft eine vorwerfbare Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht hinsichtlich der nicht verjährten Beiträge. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin darauf, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für sie eine unbillige Härte bedeuten würde. Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Betroffenen Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 86a Rn. 27b). Noch keine unbillige Härte liegt bei ernsthaften Liquiditätsproblemen vor, da die Beitragslast jeden Beitragspflichtigen unabhängig von seiner Einkommens- und Vermögenslage trifft. Ob allein eine drohende Insolvenz ohne weiteres zur Annahme einer unbilligen Härte führt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung kommt schwierigen Vermögensverhältnissen des Beitragspflichtigen eine ausschlaggebende Relevanz im Eilverfahren regelmäßig nur dann zu, wenn er substantiiert darlegt und glaubhaft macht, dass es sich um einen nur vorübergehenden finanziellen Engpass bei grundsätzlich ausreichender Ertragssituation handelt, der bereits mit Zahlungserleichterungen - etwa in Form von Ratenzahlungen - erfolgreich und nachhaltig behoben werden kann (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. Dezember 2018 – L 12 BA 23/18 B ER –, Rn. 40, juris). Eine unbillige Härte wird weiter angenommen, wenn schlüssig belegt ist, dass dem Betroffenen durch die sofortige Zahlung der Beitragsnachforderung Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz droht oder seine Existenz gefährdet wird (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. März 2019 – L 16 BA 174/18 B ER –, Rn. 22, juris). Der Senat hat bereits entschieden, dass von einer unbilligen Härte regelmäßig auszugehen ist, wenn das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung des Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einen Abwarten der Hauptsache aber nicht weiter gefährdet wäre als aktuell (Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 12. Februar 2018 – L 9 KR 496/17 B ER –, Rn. 149, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Dezember 2013 – L 8 R 499/13 B ER –, Rn. 67, juris). Gemessen daran hat die Antragstellerin das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht glaubhaft gemacht. Die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin vom 15.12.2016 ist zu diesem Aspekt oberflächlich und wenig aussagekräftig. Unternehmenskennzahlen und –ergebnisse werden nicht offengelegt. Außerdem ist nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung davon auszugehen, dass für die Forderungen der Einzugsstellen Rückstellungen gebildet wurden (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Ferner können Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen und Stundungsanträge bei den Einzugsstellen (§ 76 Abs. 2 SGB IV) gestellt werden. II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Antragstellerin waren auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil sie unterlegen ist.

III.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist (BSG, Beschluss vom 29. August 2011 – B 6 KA 18/11 R –, SozR 4-1500 § 86a Nr. 2, Rn. 21). Vorliegend ist die Hauptsache mit 583.557,77 EUR zu beziffern.

IV.

Der Beschluss ist kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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