L 4 KR 328/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 4361/97
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 328/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Bedarfsprüfung einen Antrag mit Reha - Einrichtungen
Die Berufung der Beklagten zu 1) wird mit der Klarstellung zurückgewiesen, dass die Beklagten verpflichtet sind, das Angebot des Klägers auf Abschluss des Versorgungsvertrags anzunehmen. Die Beklagten zu 1) bis 4) haben dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahr-nes als Gesamtschuldner zu erstatten.

Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 111 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) in Heidenheim an der Brenz streitig. Der Kläger betreibt in H. die Reha - Einrichtung W.-straße 41 mit insgesamt 19 Wohnplätzen, verteilt auf zwei Wohngruppen in zwei Gebäuden. Mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom 21. April 1999 wurde der Name dieses Vereins geändert in Reha - Verein Soziale Psychiat-rie Donau-Alb e.V. und am 08. Juli 1999 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Ulm VR 1389 eingetragen. Auf der Grundlage des Modellprogramms "Psychiatrie" der Bundesregierung wurde auf Bundesebene von den Kranken- und Rentenversicherungsträgern sowie der Bundesanstalt für Arbeit (BA) zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung und Eingliederung psychisch Kranker und Behinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft die Empfehlungsvereinbarung über die Zusammenarbeit der genannten Träger bei der Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen in Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke und Behinderte vom 17. November 1986 beschlossen (Empfehlungsvereinbarung RPK). Danach sollten im Zusammenwirken der Kosten-träger für medizinische und berufliche Rehabilitation in einer vierjährigen Erprobungsphase sta-tionäre medizinische und berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation für psychisch Kranke und Behinderte (RPK) in Rehabilitationseinrichtungen für diesen Personenkreis gewährt werden. Für Baden-Württemberg wurde für die Zeit ab 01. September 1989 das Rehazentrum Haus Christiani in Albbruck - Schachen für 50 Plätzen für die Umsetzung des Erprobungsmodells aus-gewählt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation erklärte die RPK- Erprobungsphase zum 31. Dezember 1993 mit dem Ergebnis für beendet, das Modell der RPK- Einrichtungen ha-be sich als rehabilitatives Versorgungsangebot für psychisch Kranke bewährt. Am 11. April 1994 beschlossen die Landeswohlfahrtsverbände, die Kostenträger für medizi-nisch-berufliche Rehabilitation und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg, langfristig einen Gesamtausbau auf 200 RPK-Plätze in Baden-Württemberg zu unterstützen, wobei in einer ersten Ausbaustufe an geeigneten Übergangsein-richtungen zunächst fünf Standorte mit jeweils zehn Plätzen errichtet werden und die 50 Plätze im Rehazentrum Haus Christiani als Bestandteil der künftigen Versorgungsstruktur bestehen bleiben sollten. Mit gemeinsamem Schreiben vom 25. August 1994 baten die Krankenversiche-rungs- und Rentenversicherungsträger sowie das Landesarbeitsamt (LAA) Baden-Württemberg die Träger der in Betracht kommenden Einrichtungen, sich unter Vorlage eines ausgefüllten Strukturerhebungsbogens (STE) nebst einer therapeutischen Konzeption sowie des Formulars für die Preiskalkulation (Pk) um die Anerkennung als RPK - Einrichtung in Baden-Württemberg zu bewerben. Der Kläger bewarb sich unter seinem alten Namen unter Beifügung der angeforderten Unterla-gen für zehn Rehabilitationsplätze. Unter Beteiligung aller Kostenträger wurden unter 18 antragstellenden Einrichtungen fünf Ein-richtungen in Mannheim, Ulm, Stuttgart, Ravensburg und Heilbronn ausgewählt, die mit Schrei-ben vom 16. Mai 1995 mit jeweils zehn Plätzen als RPK - Einrichtungen anerkannt wurden. Zwischen den Trägern dieser Einrichtungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen wurde ein entsprechender Versorgungsvertrag (VV) für die Rehabilitation psychisch Kranker nach § 111 Abs. 2 SGB V abgeschlossen. Die Krankenversi-cherungs- und Rentenversicherungsträger sowie das LAA Baden-Württemberg teilten mit ge-meinsamem Schreiben ebenfalls vom 16. Mai 1995 dem Kläger mit, dass er nicht habe berück-sichtigt werden können. Der Kläger erhob gegen diese ablehnende Entscheidung, die von den Kostenträgern mit Schreiben vom 08. September 1995 nochmals bestätigt wurde, am 28. Juni 1996 Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart (S 10 KR 2718/96). Nachdem das SG Zweifel daran geäußert hatte, ob der Antrag des Klägers überhaupt durch Verwaltungsakt abgelehnt wor-den sei, beantragte der Kläger nochmals mit Schreiben vom 17. Februar 1997 bei den Beklagten den Abschluss eines VV nach § 111 SGB V. Diesen Antrag lehnten die Beklagten mit Bescheid vom 30. April 1997 mit der Begründung ab, eine alleinstehende Zulassung nach § 111 SGB V sei mit den Grundsätzen und der Zielsetzung der RPK - Konzeption, die eine isolierte Erbringung von medizinischen Rehabilitationsleistun-gen ausschließe, nicht vereinbar. Den hiergegen am 28. Mai 1997 eingelegten Widerspruch wie-sen die Beklagten mit Bescheid vom 02. September 1997 im Wesentlichen mit der vorgenannten Begründung zurück. Die Antragstellung nach § 111 SGB V, die nur segmenthaft für die Kosten-träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gelte, widerspreche den übergreifenden Inhalten des RPK - Therapiekonzepts und dessen Zielsetzungen. Durch den Abschluss von VV mit den ausgewählten RPK - Einrichtungen sei lediglich die gesetzlich geforderte Grundlage für die Mitwirkung der KV in Form der Erbringung integrierter medizinischer Rehabilitationsleis-tungen für einen Teilbereich des Versorgungsangebotes RPK geschaffen worden. Dies sei nur die Folge der gemeinsamen Beschlussfassung und entsprechenden Anerkennung der jeweiligen RPK -Einrichtungen "durch alle beteiligten Kostenträger". Im Übrigen bestehe auch kein An-spruch auf den Abschluss eines VV gemäß § 111 SGB V, da die medizinische Rehabilitation bereits in den vorhandenen Psychiatrischen Landeskrankenhäusern (PLK), jetzt Zentren für Psy-chiatrie (ZfP) erbracht werde. Der Belegungsgrad der RPK - Einrichtungen zeige, dass die vor-handenen Plätze ausreichten bzw. die gestellten Belegungserwartungen nicht in vollem Umfang erfüllt würden, so dass ein weiterer Ausbau in Richtung der seinerzeit in Aussicht gestellten 200 Plätze nicht realisiert werde.

Hiergegen erhob der Kläger am 11. September 1997 Klage beim SG Stuttgart. Auf übereinstim-menden Antrag der Beteiligten wurde das Ruhen des Verfahrens S 10 KR 2718/92 angeordnet. Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger im Wesentlichen vor, bei seiner Einrichtung hand-le es sich um eine Rehabilitationseinrichtung im Sinne des § 107 Abs. 2 Nr. 1b SGB V, wobei es nicht entscheidend darauf ankomme, dass die im Einzelfall getroffenen Maßnahmen auch der Vorbereitung einer beruflichen Rehabilitation dienten. Die von den Beklagten, dem Land Baden-Württemberg, den Rentenversicherungsträgern und der BA verfolgte RPK -Konzeption verhin-dere nicht eine Anerkennung als Versorgungseinrichtung nach § 111 SGB V, zumal die Antrag-stellung zentral und unmittelbar auf die von den Krankenkassen gemäß § 40 SGB V zu erbrin-genden Leistungen der medizinischen Rehabilitation vor allem psychisch Kranker ziele. Die Ab-lehnung mit Hinweis auf die RPK - Konzeption stelle eine Bedarfskontingentierung dar, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unzulässig sei (Urteil vom 19. November 1997 [3 RK 1/97] = SozR 3 – 2500 § 111 Nr. 1). Eine rechtsstaatlichen Erfordernissen insbeson-dere Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügende Bedarfsplanung der Krankenkassenver-bände existiere nicht. Es bestünden erhebliche und medizinisch bedenkliche Wartezeiten für die stationäre Versorgung und Rehabilitation psychisch erkrankter Personen, so dass nach den Grundsätzen des erwähnten Urteils des BSG dem Antrag stattzugeben sei. Die Beklagten traten der Klage unter Federführung der Beklagten zu 1) im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, es sei für den Abschluss eines VV nach § 111 SGB V kein Bedarf ersicht-lich, da dieser jetzt durch die ZfP - ehemals PLK - und durch psychiatrische Akuteinrichtungen abgedeckt sei, zumal in den Krankenhausbedarfsplänen ein entsprechender Mehrbedarf über bereits bestehende Kapazitäten hinaus nicht ausgewiesen sei. Im Rahmen eines Auslagerungs-konzepts sei die Umschichtung der vorhandenen Kapazitäten der ZfP in eine dezentrale wohn-ortnahe Versorgung vorgesehen. Der Auslastungsgrad der vorhandenen Einrichtungen der medi-zinischen Rehabilitation nach § 111 SGB V sei im Laufe des Jahres 1997 nochmals deutlich zu-rückgegangen, so dass hier kein Bedarf gegeben sei. Der begehrte VV könne nur einen Teilbe-reich der RPK - Konzeption abdecken. Im Übrigen habe der Kläger weder zur Qualität noch zur Preishöhe, bezogen auf den begehrten Abschluss eines VV nach § 111 SGB V, konkrete Anga-ben gemacht. Die vorliegenden Daten bezögen sich auf die ursprünglich beantragte Anerken-nung als RPK - Einrichtung, weshalb eine konkrete Prüfung der weiteren Kriterien der Bedarfs-notwendigkeit, der Qualität und der Wirtschaftlichkeit schon nicht möglich sei.

Das SG gab der Klage mit Urteil vom 17. Februar 2000, das der Beklagten zu 1) am 20. März 2000 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wurde, statt und verpflichtete die Beklagten unter Aufhebung ihres Bescheids vom 30. April 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. September 1997, mit dem Kläger einen VV nach § 111 SGB V für stationäre medizinische Rehabilitationsleistungen für psychisch Erkrankte für zehn Betten im Sozialpsychiatrischen Wohnverbund Heidenheim abzuschließen. Das SG führt in den Entscheidungsgründen, auf die zur weiteren Darstellung Bezug genommen wird, unter Darlegung der gesetzlichen Vorausset-zungen im Wesentlichen aus, die Einrichtung des Klägers erfülle die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGB V, womit auch die Beklagten übereinstimmten. Die Streitfrage, ob es sich hierbei um eine Einrichtung im Sinn des § 107 Abs. 2 Nr. 1b SGB V handle, sei zu bejahen. auch wenn in der Einrichtung des Klägers berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation angeboten und erbracht würden, da dem Wortlaut des § 107 Abs. 2 Nr. 1b SGB V eine solche Ausschließlichkeit der medizinischen Rehabilitationsleistungserbringung nicht entnommen wer-den könne. Die Erbringung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation zu Lasten der Beklagten schließe eine Erbringung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation zu Lasten der Ren-tenversicherungsträger und der BA nicht aus. Entsprechend § 40 Abs. 2 SGB V könnten die Be-klagten der Einrichtung des Klägers nur Patienten zuweisen, bei denen allein die Erbringung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation erforderlich ist. Die Voraussetzungen der Bedarfs-gerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit gemäß § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V lägen im Übrigen vor. Die Einrichtung des Klägers sei auch bedarfsgerecht, da die Beklagten im Unterschied zur Krankenhausbehandlung in der Rehabilitation weitgehend Einfluss auf die Be-willigung und die Dauer von Maßnahmen und damit auch der Kosten hätten. Deshalb sei keine Bedarfsprüfung durchzuführen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte zu 1) mit der am 27. März 2000 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung. Zu deren Begründung trägt die Beklagte zu 1) federführend für die weiteren Beklagten vor, bis zur mündlichen Verhandlung beim SG seien die Beklagten davon ausgegangen, dass die klägerische Einrichtung nicht als Rehabilitationseinrich-tung im Sinne des § 107 Abs. 2 SGB V angesehen werden könne, nachdem ein Antrag auf Aner-kennung als RPK - Einrichtung gestellt worden sei und in diesem Zusammenhang Behandlungs- und Therapiekonzept vorgelegt worden seien. Das RPK - Konzept sehe eine Auswahl der für die allgemeine medizinische Rehabilitation vorgesehenen Patientenklientel im Hinblick auf die För-derfähigkeit im Bereich der beruflichen Rehabilitation vor. Entgegen der Annahme des SG sei bezogen auf den auf die medizinische Rehabilitation nunmehr eingeschränkten Antrag des Klä-gers die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Nr. 1b SGB V nicht gegeben. Die Einrichtung des Klägers sei zur bedarfgerechten Versorgung der Versicherten nicht notwendig. Es könne auch unter Berufung auf die Rechtsprechung des BSG nicht von einer Bedarfsprüfung abgesehen werden, zumal das Land Baden-Württemberg in der Krankenhausplanung eine Ausweitung der Akutversorgungsangebote im Fachgebiet psychotherapeutische Medizin in einer Größenordnung von rund 1.040 Betten verfolge, wovon 240 Betten auf die Region Mittlerer Neckar entfielen. Dies sei deshalb in die Bedarfserwägungen einzubeziehen, da die medizinische Abgrenzung der Akut- zur Reha - Leistungserbringung in der Psychotherapie insgesamt sehr schwierig sei. Schließlich solle mit der Einführung des Psychotherapeutengesetzes der Vorrang "ambulant vor stationär" weiterverfolgt werden, was den Bedarf für neue Rehabilitationseinrichtungen weiter vermindere. Die Beklagten haben nach Vorlage entsprechender Unterlagen durch den Kläger den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die Beklagte zu 1) hat am 14. Februar 2002 das von der Leitenden Medizinaldirektorin Dr. H., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Neurologie, Sozialmedizin - Ärztliches Qualitätsmanagement sowie ärztliche Referentin für Psychiatrische Neurologische Versorgung, und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin, Fachleiter für Psychiatrie Dr. M. vom 10. Dezember 2001 vorgelegt, wonach die Einrichtung des Klägers voraussichtlich die Voraussetzung des § 107 Abs. 2 SGB V erfülle und eine medizinisch leistungsfähige Versorgung der Patienten gemäß § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V gewährleistet sei. Die Voraussetzungen für stationäre Rehabilitationsbehandlungen eines Versorgungsauftrages im Indikationsbereich "psychische Erkrankungen" lägen ebenso vor.

Die Beklagten zu 1 - 4) beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Februar 2000 aufzuheben und die Kla-ge abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des SG für richtig und verweist darauf, dass das BSG die Revisionen der Be-klagtenseite gegen das von ihm im Berufungsverfahren vorgelegte Urteil des LSG Niedersachsen vom 28. Juni 2001 zurückgewiesen hat. Nach dem BSG könne der für den Krankenhausbereich entwickelte Begriff "bedarfsgerecht" trotz desselben Wortlauts nicht deckungsgleich auf den Bereich der Rehabilitationseinrichtungen übertragen werden, da eine verfassungskonforme Aus-legung des Begriffs "bedarfsgerecht" geboten sei. Seine Einrichtung sei im Sinn des Urteils des BSG vom 23. Juli 2002 (B 3 KR 63/01 = SozR 3 – 2500 § 111 Nr. 3) bedarfsgerecht, da sie einer Nachfrage gerecht werde, die bislang noch nicht anderweitig gedeckt werde. Der Kläger hat am 27. Dezember 2001 den von den Beklagten geforderten Strukturerhebungsbogen über die beab-sichtigte Abteilung Medizinische Rehabilitation beim Sozialpsychiatrischen Wohnverbund Hei-denheim ausgefüllt und mit einem Formular für die Preiskalkulation vom 09. Juli 2001 sowie Darstellung des Therapiekonzepts vorgelegt.

Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 10. Januar 2001 erörtert.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten zu 1) vorgelegten Verwaltungsakten, der Akten beider Rechtszüge sowie der Akte des SG Stuttgart S 10 KR 2718/96 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Be-rufung der Beklagten zu 1) ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der den Abschluss eines VV ablehnende Bescheid der Beklagten vom 30. April 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. September 1997 rechtswidrig ist und die Beklagten verpflichtet sind, mit dem Kläger einen VV nach § 111 SGB V für statio-näre medizinische Rehabilitationsleistungen für psychisch Erkrankte im Umfang von zehn Bet-ten im Sozialpsychiatrischen Wohnverbund Heidenheim abzuschließen. Klarstellend waren die Beklagten im Hinblick auf die vollstreckungsrechtliche Regelung des § 894 der Zivilprozessord-nung (ZPO) zu verpflichten, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Versorgungsvertrags anzunehmen. Denn nach der genannten Vorschrift gilt im Falle der Verurteilung des Schuldners zur Abgabe einer Willenserklärung (hier: Annahme eines Vertragsangebots) die Erklärung als abgegeben., sobald das Urteil Rechtskraft erlangt hat.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass einer Entscheidung des SG nicht entgegen stand, dass die Beklagten - wie im Berufungsverfahren vorgetragen - zum Zeitpunkt des Erlasses der angefoch-tenen Entscheidung noch davon ausgegangen sind, dass der Kläger den Abschluss eines Versor-gungsvertrages als RPK - Einrichtung nach der baden-württembergischen Konzeption entspre-chend der Empfehlungsvereinbarung RPK begehrt hat, nicht aber ganz allgemein als Einrichtung zur Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation für psychisch Erkrankte. Denn selbst unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Begründung der ablehnenden Entscheidung im Wesentlichen mit der Zielsetzung des baden-württembergischen RPK - Konzepts auf der Grund-lage der Empfehlungsvereinbarung RPK auseinandersetzt, haben die Beklagten mit ihrer Ent-scheidung gleichwohl umfassend über das Begehren des Klägers auf Abschluss eines Versor-gungsvertrags gemäß § 111 SGB V entschieden und diesen Antrag generell abgelehnt. Eine neu-erliche Entscheidung - wie von der Beklagten zu 1) offenbar zunächst für erforderlich erachtet - brauchte insoweit daher nicht zu ergehen.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass die geplante Einrichtung des Klägers die Voraussetzun-gen für den Abschluss eines Versorgungsvertrags zur Erbringung stationärer medizinischer Re-habilitationsleistungen erfüllt und daher Anspruch auf Abschluss eines entsprechenden Versor-gungsvertrags hat.

Gemäß § 111 Abs. 1 SGB V dürfen die Krankenkassen medizinische Leistungen zur Vorsorge (§ 23 Abs. 4 SGB V) oder Leistungen der medizinischen Rehabilitation einschließlich der An-schlussheilbehandlung (§ 40 SGB V), die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhaus-behandlung erfordern, nur in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach Abs. 2 besteht. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Regelung schlie-ßen die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen einheitliche Versorgungsverträge über die Durchführung der in Abs. 1 genannten Leistungen mit Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, die die Anfor-derungen des § 107 Abs. 2 SGB V erfüllen (Nr. 1) und für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten ihrer Mitgliedskassen mit stationären medizini-schen Leistungen zur Vorsorge oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung notwendig sind (Nr. 2).

Diesen Anforderungen trägt die vom Kläger geplante Einrichtung Rechnung. Sie erfüllt im Sinne der Nr. 1 dieser Regelung insbesondere die Anforderungen des § 107 Abs. 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift (Nr. 1 Buchst. a) sind Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen im Sinne des SGB V Einrichtungen, die der stationären Behandlung der Patienten dienen, um eine Schwä-chung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegen zu wirken (Vorsorge) oder (Nr. 1 Buchst. b) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine dro-hende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszuglei-chen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen, (Nr. 2) fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln ein-schließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäfti-gungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwir-kungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungs-kräfte zu helfen, und in denen (Nr. 3) die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.

Auf der Grundlage des Gutachtens der Dr. H. und des Dr. M. vom MDK, an dessen Richtigkeit der Senat aufgrund der dargelegten Konzeption keine Zweifel hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Patienten des Klägers in der geplanten Einrichtung fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung sowie unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch die Anwendung von Heil-mittel behandelt werden. Da sie in der Einrichtung auch untergebracht und verpflegt werden können, entspricht die Einrichtung den Anforderungen des § 111 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 107 Abs. 2 SGB V.

Auch die weiteren Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V sind erfüllt. Die Einrichtung ist insbesondere bedarfsgerecht im Sinne dieser Regelung. In seinem Urteil vom 23. Juli 2002 hat das BSG (aaO) ausgeführt, dass eine Rehabilitationseinrichtung im Sinne des § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V jedenfalls dann bedarfsgerecht ist, wenn sie einer Nachfrage gerecht wird, die bislang noch nicht anderweitig gedeckt wird. Damit beschreibt die Formulierung "für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendig" nicht die Unverzichtbarkeit der einzelnen antragstellen-den Einrichtung, sondern verdeutlicht nur den gesetzlichen Auftrag der Kassenverbände, im Rahmen ihrer Planungshoheit und Strukturverantwortung zumindest so viele Versorgungsverträ-ge abzuschließen, wie für eine flächendeckende Mindestausstattung eines Bundeslandes mit sta-tionären Rehabilitationseinrichtungen erforderlich sind. Der Begriff "bedarfsgerecht" ist im Rahmen der Zulassung von Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen anders als bei der Krankenhausbehandlung verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Krankenkassen nach Sinn und Zweck des § 111 Abs. 2 SGB V lediglich für die erforderliche Mindestausstattung der betroffenen Region mit stationären Rehabilitationseinrichtungen zu sorgen haben. Dagegen haben die Kassenverbände nicht die Aufgabe und das Recht, Obergrenzen bei der flächende-ckenden Versorgung mit derartigen Einrichtungen festzulegen. § 111 Abs. 2 Satz 1 SGB V ge-bietet im Rehabilitationsbereich den Abschluss von Versorgungsverträgen mit allen zur Min-destversorgung notwendigen Einrichtungen, ohne zugleich den Abschluss von zu einem Überan-gebot führenden zusätzlichen Versorgungsverträgen zu untersagen. Nach dieser Auslegung des Begriffs "Bedarfsgerechtigkeit", der der Senat uneingeschränkt folgt, ist kein Raum für die von den Beklagten zur Versagung des Abschlusses eines Versorgungsvertrags mit dem Kläger he-rangezogene Begründung, ein Bedarf für eine weitere Einrichtung bestehe nicht. Auch die Leis-tungsfähigkeit der geplanten stationären Rehabilitationseinrichtung ist zu bejahen, da das Be-handlungskonzept dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und der Umfang des eingesetzten therapeutischen Personals die erforderliche medizinische Versorgung der Patienten gewährleistet. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Dr. H. und des Dr. M. vom 10. Dezember 2001, dessen Richtigkeit auch von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen wurde. Dafür, dass die Einrichtung nicht wirtschaftlich im Sinne des § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V wird arbeiten können, liegen keine Anhaltspunkte vor. Diesem Gesichtspunkt kommt im Rah-men des Zulassungsverfahrens auch nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Da die Vergütungs-sätze zwischen den Vertragsparteien gesondert verhandelt und vereinbart werden, ist die Höhe der Vergütung nicht Teil der Zulassungsentscheidung der Krankenkasse.

Nachdem sämtliche Voraussetzungen des § 111 SGB V somit erfüllt sind, sind die Beklagten verpflichtet, den beantragten Versorgungsvertrag mit dem Kläger abzuschließen. Dem bei Erfül-lung der Voraussetzungen des § 111 SGB V gesetzlich normierten Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags steht weder die Empfehlungsvereinbarung - RPK noch die hieraus entwi-ckelte baden-württembergische Konzeption für die RPK entgegen. Da dieser Vereinbarung bzw. der entsprechenden Konzeption keine Rechtsnormqualität beizumessen ist, vermögen diese un-tergesetzlichen Regelungen den gesetzlich verankerten Anspruch des Klägers nicht einzuschrän-ken. Entsprechend lassen sich hieraus - wovon die Beklagten offenbar ausgehen - auch keine über die gesetzlich normierten Anspruchsvoraussetzungen hinaus gehenden Erfordernisse herlei-ten, die über die Tatbestandsvoraussetzungen des § 111 SGB V hinaus erfüllt sein müssten. Soweit die Beklagten den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit der Begründung ablehnen, die Konzeption des Klägers sehe die Erbringung beruflicher Leistungen zur Rehabilitation nicht vor, ist darauf hinzuweisen, dass auch den gesetzlichen Regelungen des SGB V keine Anhalts-punkte dafür zu entnehmen sind, dass die berufliche Rehabilitation Gegenstand des Leistungsan-gebots der Krankenkasse ist und daher von einer im Leistungsspektrum der gesetzlichen Kran-kenkasse stationäre Rehabilitationsleistungen anbietenden Einrichtung zur Verfügung gestellt werden muss. Weder § 40 SGB V, der den Leistungsanspruch des Versicherten beschreibt, noch § 107 SGB V, der die Anforderungen an eine Einrichtung normiert, die für die Gewährung stati-onärer Leistungen der Rehabilitation für gesetzlich krankenversicherte Personen erfüllt sein müssen, bietet Anhaltspunkte dafür, dass neben der medizinischen Rehabilitation als Ziel der Behandlung auch die berufliche Rehabilitation steht. Entsprechendes lässt sich auch § 27 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht entnehmen. Soweit diese Regelung den Auftrag enthält, bei der Krankenbe-handlung den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, kann hieraus nicht die Erweiterung der Leistungspflicht der Krankenkassen auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation abgeleitet werden. Eine derart weitreichende Ausweitung des Leistungsspektrums der GKV hätte einer ausdrücklichen Erwähnung bedurft, nachdem die angesprochenen Maß-nahmen nach dem gegliederten System der Sozialleistungsträger nicht der gesetzlichen Kran-kenversicherung, sondern den Trägern der Rentenversicherung bzw. der Arbeitslosenversiche-rung übertragen sind. Angesichts der Verzahnung dieser Systeme gerade in Grenzbereichen und insbesondere auch im Bereich der RPK mag es durchaus sinnvoll sein, ein integriertes Angebot, bestehend aus medizinischer, sozialer und beruflicher Rehabilitation, zu entwickeln und zur Ver-fügung zu stellen. Doch rechtfertigt dies nicht, Einrichtungen von der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten nur deshalb auszuschließen, weil sie zwar die gesetzlichen Voraussetzun-gen für eine Zulassung als Einrichtung der stationären Rehabilitation nach den Vorschriften des Rechts der GKV erfüllen, nicht aber im Rahmen des daneben bestehenden integrativen Behand-lungssystems gleichzeitig auch berufliche Rehabilitation anbieten. Ein Ausschluss solcher Ein-richtungen hätte nicht zuletzt auch im Hinblick auf Art. 12 GG einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft. Letztlich können sich die Beklagten zur Stützung ihrer Rechtsauffassung auch nicht auf die Vorschriften der §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1, 17 Abs. 1 Nr. 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) stützen. Denn die insoweit normierte Verpflichtung der Sozialleis-tungsträger zur Zusammenarbeit schränken schon von ihrem Regelungsgehalt her den Anspruch der Klägerin aus § 111 SGB V nicht ein.

Da das angefochtene Urteil des SG nach alledem nicht zu beanstanden ist, war die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01. Januar 2001 gültig gewesenen Fassung. Nachdem nur die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt hat, war nur sie Berufungskläge-rin. Im Hinblick auf die notwendige Streitgenossenschaft der Beklagten waren sie jedoch alle zur Antragstellung im Berufungsverfahren befugt. Wegen der Antragstellung auch der Beklagten zu 2) bis 4) sind auch sie als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger die außergerichtlichen Kos-ten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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