L 10 R 2170/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 592/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2170/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.05.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.

Der am 1961 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er arbeitete von Juli 1980 - mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit - bis Anfang 2017 (s. Versicherungsverlauf S. 129 f. Bd. 2 Renten-VerwA) sozialversicherungspflichtig als (Bauhof-)Arbeiter bei der Stadt B ... Seither ist er arbeitsunfähig bzw. ohne Beschäftigung und arbeitsuchend. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 festgestellt.

Auf seinen ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung von September 2015, der keinen Erfolg hatte (Bescheid vom 30.10.2015), holte die Beklagte das Gutachten der Fachärztin für Chirurgie und Sozialmedizinerin Dr. B.-K. ein, die beim Kläger nach Untersuchung und unter Berücksichtigung der von dem Internisten, Rheumatologen und Sozialmediziner Dr. L. erhobenen apparativen Befunde im Wesentlichen zu folgenden Diagnosen gelangte: Minderbelastbarkeit des linken Hüftgelenks bei fortgeschrittenem Verschleiß mit hochgradig eingeschränkter Funktion, vorbestehende Minderung der Stand- und Gangsicherheit durch angeborene Fehlbildung der Füße (Spaltfüße beidseits), Leberschaden bei schädlichem Konsum von Alkohol in der Vergangenheit, unter Abstinenz rückläufig, angeborene Fehlbildung der Hände in Form von Spalthänden beidseits, bisher ohne wesentliche Funktionseinschränkung im Alltag und Beruf. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (überwiegend im Sitzen, ohne starke Beugung der Hüftgelenke, etwa kein häufiges Bücken, keine Arbeiten in gebückter, kniender oder hockender Haltung, sowie ohne besondere Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der Hände) seien dem Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich möglich; eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.

Im April/Mai 2016 nahm der Kläger an einer stationären Anschlussheilbehandlung in den S. R. Kliniken Bad S. (Abt. Orthopädie) teil, nachdem bei ihm eine Hüft-Totalendoprothese (TEP) links implantiert worden war. Aus der Rehabilitationsmaßnahme wurde er ausweislich des Entlassungsberichts (S. 52 ff. Bd. 2 Reha-VerwA) zwar (noch) arbeitsunfähig - für ca. drei Monate postoperativ - aber mit einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung (Einschränkungen: kein Heben, Tragen, Bewegen von Lasten über 15 kg, kein tiefes Sitzen bzw. keine Arbeiten im Hocksitz und keine knienden Tätigkeiten, keine Zwangshaltungen, kein häufiges Bücken, kein häufiges Treppensteigen, keine Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Standsicherheit, etwa auf Leitern und Gerüsten bzw. auf unebenem Gelände, keine Tätigkeiten mit Vibrationsbelastung) entlassen (Entlassungsdiagnosen: gute Funktion nach Implantation einer zementfreien Hüft-TEP links bei Coxarthrose links; abgeklungene postoperative Wundheilungsstörung, antibiotisch behandelt; Funktionseinschränkung der Hände und Füße bei Dysmelie beider Hände und Füße mit Oligodaktylie, u.a. Fehlen beider Daumen; Nikotinabusus). Mit der Leistungsbeurteilung war der Kläger einverstanden (S. 54 Bd. 2 Reha-VerwA).

Am 08.08.2017 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen und sozialmedizinischer Auswertung lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20.11.2017 und Widerspruchsbescheid vom 24.01.2018 sowie der Begründung ab, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne und daher keine Erwerbsminderung vorliege. Die aktuell bestehende Einschränkung der Wegefähigkeit führe im Hinblick auf die zugesagte Fahrtkostenübernahme (Hinweis auf Bescheid vom 16.11.2017, S. 105 Bd. 2 Renten-VerwA) zu keiner anderen Bewertung.

Hiergegen hat der Kläger am 19.02.2018 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, dass er nicht mehr "arbeitsfähig" sei, namentlich weil er außerhalb des häuslichen Umfelds einen Rollstuhl benötige. Außerdem habe er einen GdB von 70.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Neurologe Dr. R. hat mitgeteilt, den Kläger zweimal untersucht zu haben; einen Kontrolltermin habe er nicht mehr wahrgenommen. Die Diagnostik sei nicht abgeschlossen gewesen, er gehe von einer (alkoholbedingten) Polyneuropathie als wahrscheinliche Ursache der beschriebenen Gangstörung aus. Es sei unwahrscheinlich, dass der Kläger noch einer Berufstätigkeit im Umfang von drei bis sechs Stunden nachgehen könne, abschließend könne er - Dr. R. - dies aber nicht sagen. Das maßgebliche Leiden liege auf neurologischem Fachgebiet. Der Hausarzt des Klägers, Allgemeinmediziner PD Dr. H. , hat u.a. angegeben, dass die Polyneuropathie letztlich zur Gangstörung und Rollstuhlpflicht ab Herbst 2017 geführt habe, vermutlich im Zusammenhang mit der toxischen Leberzirrhose. Der Kläger sei "eigentlich" durchgehend seit 2015 arbeitsunfähig, weswegen es "vollkommen unverständlich" sei, dass keine Berentung erfolge.

Das SG hat sodann von Amts wegen das Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. Dr. D. eingeholt, der beim Kläger nach Untersuchung eine Dysmelie mit Spalthänden und -füßen, einen Zustand nach Hüft-TEP links im April 2016 sowie eine axonale Polyneuropathie vom distalen symmetrischen Manifestationstyp ohne nachweisbare Lähmungen und ohne belangvolle Hinweise auf eine sensible Ataxie bei relativ gutem Gangbild und völlig intakter Kraft im Bereich der unteren Extremitäten (s. Bl. 112 f., 118 SG-Akte) diagnostiziert hat. Beim Kläger sei unter Zugrundelegung des durchgeführten Beschwerdevalidierungstests eindeutig von einer Aggravation bzw. Simulation auszugehen. Schwere und ständig mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg seien dem Kläger nicht mehr möglich, ebenso wenig Tätigkeiten mit besonderer Anforderung an die Standsicherheit (z.B. kein Gehen auf unebenem Gelände, kein häufiges Treppensteigen, kein Ersteigen von Leitern und Gerüsten), Arbeiten im Hocken und Knien, mit besonderen Anforderungen an die Geschicklichkeit/Feinmotorik der Hände sowie mit besonderer geistiger Beanspruchung und hoher Verantwortung für Menschen und Maschinen. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen könne der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten; eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Klinische Befunde, die die Benutzung eines Rollstuhls erforderlich machten, bestünden nicht, weswegen der Auffassung des PD Dr. H. schon deshalb nicht gefolgt werde könne (Bl. 118 SG-Akte). Die Leistungsbeurteilung des Dr. R. sei ebenfalls nicht nachvollziehbar, da eine ausgeprägte Kraftminderung in den Beinen des Klägers nicht vorliege und sich auch aus dem von Dr. R. mitgeteilten Befund gar nicht ableiten lasse (vgl. Bl. 118 f. SG-Akte).

Zu dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. D. hat die Klägerseite im Wesentlichen unter Hinweis auf die Rollstuhlbenutzung, die geringe berufliche Qualifikation, die mangelnde Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt und die fehlende gesundheitliche Besserungsaussicht Stellung genommen (vgl. Bl. 124 f. SG-Akte). Mit Urteil vom 16.05.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen für die begehrte Rente hat es ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfülle, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und unter Beachtung der vom Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D. angeführten sowie weiter genannter qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich arbeiten könne, ohne dass eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit vorliege und ohne dass eine Verweisungstätigkeit benannt werden müsse. In orthopädischer Hinsicht ist es der Leistungseinschätzung der Ärzte in Bad S. gefolgt. In neurologischer Hinsicht hat es sich der Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. Dr. D. angeschlossen und - im Hinblick auf die Wegefähigkeit - u.a. auf die vom Kläger gegenüber dem Sachverständigen geschilderten Tagesablaufaktivitäten (namentlich Gemüseanbau im Garten, Spaziergehen mit seinen zwei Hunden, "immer aktiv und draußen", vgl. Bl. 97 SG-Akte) hingewiesen. Den entgegenstehenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte - Dr. R. sei eine abschließende Leistungsbeurteilung ohnehin nicht möglich gewesen - könne im Hinblick darauf und auf den vom Sachverständigen erhobenen Befund (u.a. Schmerzüberempfindlichkeit nur an den Großzehen, ansonsten nur geringfügige Schmerzüberempfindlichkeit und keine Paresen und auch keine Lähmungen im Bereich der Extremitäten bei völlig intakter Muskelkraft, Reflexverhalten - bis auf den Achillessehnenreflex - uneingeschränkt, relativ gutes Gangbild ohne deutliche Stand-/Gangataxie bei klinisch nur geringer Ausbildung der Polyneuropathie) bzw. den von den Ärzten in Bad S. erhobenen Befund (u.a. sicheres Gangbild im Vier-Punkte-Gang) nicht gefolgt werden. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger erst nach dem 02.01.1961 geboren sei.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten am 29.05.2019 zugestellte Urteil hat dieser am 01.07.2019 (einem Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der Kläger auf sein erstinstanzliches Vorbringen verwiesen und auf die Auffassung "seines behandelnden Arztes", wonach eine Arbeitstätigkeit nicht möglich und auch von keiner Besserung auszugehen sei.

Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst (vgl. Bl. 3 Senats-Akte),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.05.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2018 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2017 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGBVI -) zu; eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) kann der Kläger von Gesetzes wegen ohnehin nicht beanspruchen, weil er nach dem 02.01.1961 - nämlich Ende Januar 1961 - geboren wurde (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit den vom Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D. beschriebenen (s. dazu oben) und den weiteren (von den Ärzten in Bad S. , s. dazu ebenfalls oben) genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben kann und dass bei ihm auch keine sozialmedizinisch relevante Einschränkung der Wegefähigkeit vorliegt. Das SG hat ausführlich und zutreffend, insbesondere auf der Grundlage des vom Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D. erstatteten Gutachtens, dargelegt, dass und warum auf dem - vom Kläger in den Vordergrund gerückten - neurologischen Fachgebiet über die vom Sachverständigen genannten qualitativen Einschränkungen hinaus keine rentenrelevante Leistungsminderung und keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit resultiert und dass bzw. warum den Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte Dr. R. sowie PD Dr. H. nicht gefolgt werden kann; gleichermaßen überzeugend hat es dies auf der Grundlage des Entlassungsberichts der Ärzte in Bad S. für das orthopädische Fachgebiet dargelegt. Der Senat sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den oben zusammengefassten Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zugunsten des Klägers legt der Senat über die vom SG im Einzelnen benannten qualitativen Einschränkungen sämtliche von den Ärzten in Bad S. aufgeführten und die von Dr. B.-K. zusätzlich angeführten (keine Arbeiten mit starker Beugung der Hüftgelenke und keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feingeschicklichkeit der Hände) zu Grunde.

Wie bereits das SG verneint somit auch der Senat eine rentenrelevante Leistungseinschränkung. Vielmehr ist der Kläger in der Lage, jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der angeführten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auszuüben. Er ist damit nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI).

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Soweit die Klägerseite pauschal auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen hat, besteht keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung, nachdem das SG das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. D. eingeholt und sich - wie dargelegt - mit dem Vorbringen des Klägers unter Zugrundelegung (u.a.) eben dieses Gutachtens (in dem der Sachverständige die Angaben des Klägers und die Einschätzung der ihn behandelnden Ärzte ausführlich gewürdigt hat) im Einzelnen auseinandergesetzt hat. Nur am Rande merkt der Senat insoweit noch an, dass dem GdB eines Versicherten keinerlei Aussagekraft hinsichtlich seiner beruflichen Einsetzbarkeit zukommt (Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 09.09.2015, B 13 R 290/15 B, in juris, Rdnr. 5), dass es rentenrechtlich unerheblich ist, ob der Versicherte einen dem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz innehat oder ihm ein solcher vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist und dass der Frage des Bestehens von Arbeitsunfähigkeit für die hier zu beurteilende Frage der Erwerbsminderung keine entscheidende Bedeutung zukommt. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, in SozR 4-2500 § 44 Nr. 7), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Deshalb spielt es für die Frage der Erwerbsminderung keine maßgebliche Rolle, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 19).

Soweit der rechtskundig vertretene Kläger mit seinem Rechtsmittel (wiederum nur pauschal) wiederholend auf die Einschätzung "seines behandelnden Arztes" verwiesen hat, ist schon offengeblieben, welchen Arzt er damit meint, nachdem Dr. R. ihn zuletzt Anfang 2018 behandelte (s. Auskunft gegenüber dem SG, Bl. 23 SG-Akte) und PD Dr. H. ihn lediglich bis zur Beendigung seiner kassenärztlichen Tätigkeit Ende Januar 2018 betreute (s. Auskunft gegenüber dem SG, Bl. 37 SG-Akte). Ungeachtet dessen hat das SG auf der Grundlage des vom Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D. erhobenen klinischen Befunds (sowie der vom Kläger geschilderten Tagesablaufaktivitäten) und dessen Auseinandersetzung mit den Einschätzungen dieser Ärzte - auch hinsichtlich der angeblichen "Rollstuhlpflicht" - (s. Bl. 118 f. SG-Akte) im Einzelnen dargelegt, warum der Auffassung des Dr. R. und des PD Dr. H. nicht gefolgt werden kann. Das SG hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass Dr. R. sich zu einer abschließenden Leistungsbeurteilung - nach ohnehin nur zweimaliger Behandlung - auch überhaupt nicht im Stande gesehen hat. Ergänzend merkt der Senat in diesem Zusammenhang nur an, dass weder Dr. R. noch PD Dr. H. die Beschwerdeangaben des Klägers validiert haben - wohl aber der gerichtliche Sachverständige (vgl. Bl. 103 ff. SG-Akte) - und dass nicht erkennbar ist, dass PD Dr. H. als Allgemeinmediziner über eine besondere Kompetenz auf dem von ihm als maßgeblich erachteten neurologischen Fachgebiet verfügt.

Soweit der Kläger noch gemeint hat, dass sich sein Gesundheitszustand nicht bessern werde, ist dies ohne Belang, weil - wie dargelegt - sein Leistungsvermögen eine Erwerbsminderung nicht begründet.

Schließlich hat das SG auch zutreffend erkannt, dass die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit vorliegend nicht erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94, in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie dem Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein. So liegt der Fall beim Kläger. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Eine relevante Einschränkung der klägerischen Wegefähigkeit besteht - was das SG auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens und des Entlassungsberichts der Ärzte in Bad S. überzeugend begründet hat - nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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