L 1 AS 4154/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 1587/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4154/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 22.10.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, mit welchem Leistungen für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.03.2014 in Höhe von 2.746,53 EUR zurückgefordert werden.

Der 1962 geborene Kläger steht und stand beim Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 22.07.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II u.a. in Höhe von monatlich 657,00 EUR für die Zeit vom 01.11.2013 bis 28.02.2014. Am 05.08.2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er ab 01.08.2013 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Verkaufsleiter aufgenommen hat. Er gab zunächst an, er habe sich die Tätigkeit selbst gesucht. Der Beklagte hob hieraufhin mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 22.08.2013 die Bewilligung von SGB II-Leistungen ab dem 01.09.2013 auf, da die Hilfebedürftigkeit durch Arbeitsaufnahme entfallen sei. Mit Schreiben gleichen Datums forderte er den Kläger zur Mitwirkung auf und bat um Übersendung des Arbeitsvertrages, von Lohnabrechnungen sowie Nachweisen des Zahlungseingangs.

Mit Schreiben vom 24.10.2013 kündigte der Arbeitgeber des Klägers, die b. & w. UG, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 08.11.2013.

Am 04.11.2013 reichte der Kläger beim Beklagten ein Antragsformular "Weiterbewilligungsantrag" ein, welches neben den Angaben zur Person keinerlei weitere Angaben beinhaltet. Der Beklagte bewilligte dem Kläger hieraufhin mit Bescheid vom 06.11.2013 für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 657,00 EUR. Mit Schreiben gleichen Datums forderte er den Kläger zur Mitwirkung auf und bat um Übersendung von Lohnabrechnungen.

Mit Änderungsbescheid vom 15.11.2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, der Bescheid vom 06.11.2013 werde aufgehoben. Die vorläufige Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 betrage monatlich 832,00 EUR. Zur Begründung führte er aus, es sei eine Änderung aufgrund der Übernahme der Kosten für die Heizung eingetreten. Aufgrund der Regelsatzerhöhung änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung zudem mit Bescheid vom 23.11.2013 für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.05.2014 und bewilligte dem Kläger Leistungen in Höhe von monatlich 841,00 EUR.

Mit Bescheid vom 05.05.2014 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 und teilte dem Kläger mit, der in diesem Zusammenhang ergangene Bescheid vom 15.11.2014 (gemeint war offenkundig der Bescheid vom 15.11.2013) werde aufgehoben. Der Beklagte bewilligte Leistungen für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.12.2013 in Höhe von 835,00 EUR, für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.01.2014 in Höhe von 844,00 EUR, für die Zeit vom 01.02.2014 bis 28.02.2014 in Höhe von 964,60 EUR sowie für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.05.2014 in Höhe von 844,00 EUR. Die Änderung begründete der Beklagte mit der Erhöhung der Stromkosten. Dieser Bescheid enthält keinen Hinweis mehr auf eine nur vorläufige Leistungsbewilligung.

Der frühere Arbeitgeber des Klägers teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 08.05.2014 mit, der Kläger sei dort vom 01.08.2013 bis 11.11.2013 beschäftigt gewesen. Er legte zudem neben Einkommensbescheinigungen für die Monate Oktober und November 2013 ein Protokoll über die öffentliche Sitzung des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 05.12.2013 vor. Ausweislich dieses Protokolls schlossen der Arbeitgeber und der Kläger einen Vergleich, wonach sie außer Streit stellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen auf die Kündigung des Arbeitgebers mit Ablauf des 01.11.2013 geendet hat. Der Arbeitgeber verpflichtete sich dazu, an den Kläger restliche Vergütung für den Zeitraum vom 01.09.2013 bis 11.11.2013 in Höhe von insgesamt 7.000,00 EUR brutto in vier monatlichen Raten zu bezahlen. Die erste Rate von brutto 2.000,00 EUR sei am 31.12.2013 fällig, die zweite Rate von brutto 2.000,00 EUR am 31.01.2014, die dritte Rate von brutto 2.000,00 EUR am 28.02.2014. Die Schlussrate von brutto 1.000,00 EUR sei am 31.03.2014 fällig. In der Folge dieses Vergleichs hatte der ehemalige Arbeitgeber des Klägers diesem am 03.01.2014 eine Zahlung in Höhe von 1.402,15 EUR (Eingang auf dem Konto des Klägers am 07.01.2014), am 06.02.2014 in Höhe von 1.092,53 EUR (Eingang auf dem Konto des Klägers am 07.02.2014) und am 07.03.2014 in Höhe von 1.247,34 EUR (Eingang auf dem Konto des Klägers am 10.03.2014) überwiesen.

Mit Schreiben vom 18.6.2014 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung zu viel erbachter Leistungen für die Zeit von Januar bis März 2014 in Höhe von 2.746,53 EUR sowie einer beabsichtigten Aufrechnung an.

Der Kläger führte hierzu am 24.06.2014 aus, die mit gerichtlichem Vergleich geltend gemachten Forderungen würden sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem er nicht im Leistungsbezug gewesen sei. Er habe in dieser Zeit Schulden aufnehmen müssen, da sein Arbeitgeber die Zahlungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht geleistet habe und erst vor dem Arbeitsgericht bereit gewesen sei, die Ansprüche anzuerkennen. Daher seien diese Zahlungen nicht bei den Leistungen nach dem SGB II anzurechnen.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 08.09.2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er hebe die Bescheide vom 06.11.2013, 15.11.2013, 23.11.2013 und 06.05.2014 (gemeint war der in der Akte mit dem Datum 05.05.2014 dokumentierte Bescheid) für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.03.2014 teilweise unter Verweis auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 SGB X auf. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger habe während des genannten Zeitraumes Einkommen durch seinen früheren Arbeitgeber aus dem Vergleich des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 05.12.2013 erzielt. Bei den Zahlungen handele es sich um Gehaltsnachzahlungen, die als Einnahmen zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe für Januar 2014 die gesamten Leistungen in Höhe von 844,00 EUR sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 162,66 EUR, für Februar 2014 teilweise Leistungen in Höhe von 792,53 EUR und für März 2014 teilweise Leistungen in Höhe von 784,68 EUR sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 162,66 EUR zurückzuerstatten. Die Erstattungsforderung werde im Wege der Ermessensausübung in Höhe von 30% der für den Kläger maßgeblichen Regelleistung (konkret im September 2014: 117,30 EUR = 30 % des 2014 maßgeblichen Regelbedarfs von 391,00 EUR) mit den laufenden Leistungen aufgerechnet. Der Beklagte stellte sodann seine Ermessenserwägungen näher dar.

Mit weiterem Bescheid vom 08.09.2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die neue Leistungsbewilligung für Februar 2014 betrage 172,07 EUR und für März 2014 werde ein Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 59,32 EUR bewilligt.

Hiergegen erhob der Kläger mit zwei Schreiben vom 01.10.2014 jeweils Widerspruch, den er dahingehend ergänzend begründete, der Beklagte habe ihm einen Arbeitgeber vermittelt, der von Anfang an gar nicht bereit gewesen sei, die Lohnzahlungen zu leisten. Es habe bekannt sein müssen, dass der Arbeitgeber regelmäßig keine Lohnzahlungen an die vermittelten Arbeitnehmer leiste. Dennoch habe der Beklagte ihn an diesen Arbeitgeber vermittelt. Er habe deshalb einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.12.2014 wies der Beklagte die Widersprüche zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die vor dem Arbeitsgericht Stuttgart erstrittenen Zahlungen des früheren Arbeitgebers entsprechend ihrem tatsächlichen Zufluss als Einkommen zu berücksichtigen seien. Es habe daher ab dem 01.01.2014 eine Änderung in den Verhältnissen vorgelegen. Indem der Kläger diese erhebliche Verhältnisänderung verspätet mitgeteilt habe, habe er zumindest grob fahrlässig seine leistungsrechtlichen Verpflichtungen verletzt.

Hiergegen hat der Kläger am 23.01.2015 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben (S 14 AS 251/15). Mit Beschluss vom 15.07.2015 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Am 19.05.2017 hat der Beklagte das Verfahren wieder angerufen. Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, die Zahlungen seines ehemaligen Arbeitgebers habe er für Spesen, Schadensersatz und Lohn für den Zeitraum vom 01.09.2013 bis 11.11.2013 und damit für einen Zeitraum erhalten, in dem er nicht im Leistungsbezug gewesen sei. Wegen der ausstehenden Zahlungen seines ehemaligen Arbeitgebers habe er Schulden machen müssen, die er mit den Zahlungen beglichen habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers im Januar, Februar und März 2014 seien als Einkommen zu berücksichtigen. Es sei unerheblich, dass das der Nachzahlung zugrundeliegende Entgelt bereits zu einem früheren Zeitpunkt erarbeitet worden sei.

Gegen den ihm am 25.10.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.11.2018 Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 22.10.2018 sowie die Bescheide des Beklagten vom 08.09.2014 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2014 aufzuheben.

Hilfsweise, das Verfahren im Rahmen eines Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft, nachdem Berufungsausschließungsgründe (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) nicht eingreifen.

Die Berufung ist allerdings nicht begründet. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebungs-, Änderungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten vom 08.09.2014 - welche trotz Abfassung in zwei Bescheiden als rechtliche Einheit zu verstehen ist - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2014. Mit den angefochtenen Bescheiden hat der Beklagte die für die streitige Zeit von Januar 2014 bis März 2014 ergangene Bewilligungsentscheidung (teilweise) zurückgenommen und die Leistungsbewilligung des Klägers entsprechend abgeändert. Hiergegen wendet sich die Kläger mit der statthaften und zulässigen isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG).

Die vom Kläger angefochtene Aufhebungs-, Änderungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in dessen Rechten. Der Beklagte hat die Bewilligung von SGB II-Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.03.2014 zu Recht teilweise zurückgenommen und die zu Unrecht erbrachten SGB II-Leistungen in einer Gesamthöhe von 2.746,53 EUR vom Kläger zurückgefordert. Dieser hat die genannten SGB II-Leistungen in der Zeit von Januar bis März 2014 zu Unrecht bezogen, da er wegen vorhandenen Einkommens nicht (Januar 2014) bzw. nur in geringem Umfang (Februar und März 2014) hilfebedürftig war.

1.) Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erlassene Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung ist § 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB II - in der hier anzuwenden und bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung vom 13.05.2011 - und § 330 Abs. 2 SGB III.

a.) Die Bescheide sind formell rechtmäßig. Die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung wurde durch das Anhörungsschreiben vom 18.06.2014 durchgeführt. Zwar war in den Anhörungsschreiben mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X eine unzutreffende Rechtsgrundlage angeführt, der Kläger hatte aber durch das ausführliche Anhörungsschreiben Kenntnis von dem für die getroffene Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt und war über alle wesentlichen Umstände informiert. Alle maßgeblichen Tatsachen, auf die der Beklagte seine Entscheidung stützte, nämlich der Zufluss von Einkommen in den Monaten Januar bis März 2014 sowie das subjektive Element des "wissen Müssens" des teilweisen Wegfalls des Leistungsanspruchs, waren dem Kläger durch das Schreiben vom 18.06.2014 bekannt. Unerheblich ist dabei hingegen, dass der Beklagte in der Anhörung § 48 SGB X als maßgebliche Rechtsgrundlage mitgeteilt hat. Denn bezüglich der Frage, ob ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R -, juris; LSG Hamburg, Urteil vom 13.06.2019 – L 4 AS 358/16 –, Rn. 21, juris)

b.) Die Entscheidung des Beklagten ist auch materiell rechtmäßig. Die teilweise Aufhebung der Bewilligungsentscheidung vom 05.05.2014 hinsichtlich der Monate Januar bis März 2014 findet ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III und § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll. Dagegen kommt eine Aufhebung nach § 48 SGB X in Betracht, wenn nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten ist. Beide Normen grenzen sich folglich nach dem Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden soll, ab. Erlassen ist ein Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt, in dem er dem Adressaten bekanntgegeben und damit wirksam wurde (BSG Urteil vom 01.06.2006 – B 7a AL 76/05 R - BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr. 4, juris, Rn. 13).

aa.) Der maßgebliche Bewilligungsbescheid, der hier der Aufhebung bedurfte, war der Änderungsbescheid vom 05.05.2014 (der vom Beklagten in der Aufhebungsentscheidung mit dem Datum 06.05.2014 bezeichnet wurde), der als endgültige Leistungsbewilligungen seinerseits bereits alle zuvor ergangenen (vorläufigen) Leistungsbewilligung ersetzt hat. Bei dem Änderungsbescheid vom 05.05.2014 handelt es sich um eine endgültige Leistungsbewilligung. Weder aus dessen Verfügungssatz noch aus der Begründung des Bescheides ist die Aufrechterhaltung des in den Bescheiden vom 06.11.2013 und 15.11.2013 noch beinhalteten Vorläufigkeitsvorbehalts hinreichend deutlich erkennbar. Wird ein Bescheid über eine vorläufige Bewilligung von Leistungen, wie hier der Ausgangsbescheid vom 06.11.2013, durch einen späteren Änderungsbescheid abgeändert, der sich auf die Leistungshöhe bezieht, so bewirkt der Änderungsbescheid dann, wenn er nicht selbst die Leistung für vorläufig erklärt oder auf die vorläufige Leistungsfestsetzung im Ausgangsbescheid Bezug nimmt, mit der Änderung zugleich die endgültige Festsetzung der Leistung (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Juli 2018 – L 19 AS 616/18 B –, juris). Soweit der Beklagte dennoch im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 08.09.2014 auch noch die zeitlich davor ergangenen Bescheide vom 06.11.2013, 15.11.2013 und 23.11.2013 aufhob, bedurfte es dieser Aufhebung nicht. Der Änderungsbescheid vom 05.05.2014 enthält eine vollständige Neuregelung der Leistungsbewilligung für die von ihm umfassten Bewilligungszeiträume, die die zuvor ergangenen Bewilligungs- und Änderungsbescheide für diese Zeiträume ersetzen (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 04.06.2019 – L 4 AS 203/16 –, Rn. 48, juris).

Bei Erlass des Änderungsbescheides vom 05.05.2014 war das Einkommen aus den Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers, dessen Zufluss die tatsächliche Grundlage für die Aufhebung und Erstattung bildet, bereits dem Kläger zugeflossen. Deshalb kann § 48 SGB X, der die Fälle einer Änderung der Verhältnisse nach Erlass eines Verwaltungsakts erfasst, hier nicht Rechtsgrundlage der Aufhebung sein. Vielmehr ist § 45 SGB X heranzuziehen, der die Aufhebung von Verwaltungsakten betrifft, die bereits bei ihrem Erlass rechtswidrig sind.

bb.) Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 - 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Abs. 2 der Regelung darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2). der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Grundsätzlich kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs. 2 der Regelung nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 S. 3 Nr. 2 oder 3 vor, kann jedoch der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 SGB X). Eine Rücknahme für die Vergangenheit gemäß den vorbenannten Vorschriften ist von der Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen, zu bewirken (§ 45 Abs. 4 SGB X). Bei einer Aufhebungsentscheidung, die auf § 45 SGB X gestützt wird, bedarf es grundsätzlich der Ausübung von Ermessen. Abweichend hiervon ordnet der im vorliegenden Fall über § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II anwendbare § 330 Abs. 2 SGB III an, dass bei Vorliegen der in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes dieser - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist.

Der letzte maßgebliche Bewilligungsbescheid vom 05.05.2014, mit denen der Beklagte dem Kläger Leistungen u.a. für die hier streitige Zeit von Januar bis März 2014 ohne Anrechnung von Einkommen bewilligt hat, war bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig, da dem Kläger in den Monaten Januar bis März 2014 Zahlungen seines ehemaligen Arbeitgebers zugeflossen waren, die vom Beklagten - mangels Kenntnis hiervon - nicht als Einkommen angerechnet wurden. Der Kläger war in den von der Aufhebung erfassten Monaten Januar bis März 2014 dadurch nicht bzw. nicht im bei der Bewilligung angenommenen Umfang hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II), da er seinen Lebensunterhalt vollständig bzw. in größerem Umfang als angenommen aus dem zu berücksichtigenden Einkommen sichern konnte.

Bei den Zahlungen in Höhe von 1.402,15 EUR (Januar 2014), 1.092,53 EUR (Februar 2014) und 1.247,34 EUR (März 2014) handelte es sich zur Überzeugung des Senats um Vergütungs- und damit Lohnzahlungen aus dem zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnis des Klägers. Dies ergibt sich bereits aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 05.12.2013, in dem sich die Beteiligten ausdrücklich auf eine Zahlung "restlicher Vergütung" geeinigt haben. Der Vortrag des Klägers, es habe sich auch um Spesen und Schadensersatz gehandelt, findet hingegen im arbeitsgerichtlichen Vergleich und den tatsächlichen Verhältnissen keinerlei Grundlage.

Die Lohnzahlungen waren - auch soweit es sich dabei um Lohnnachzahlungen für Zeiten gehandelt haben mag, in denen der Kläger nicht im Leistungsbezug stand - jeweils im Monat des Zuflusses, also im Januar, Februar und März 2014 als Einkommen zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung vom 13.05.2011 sind auch Gehaltsnachzahlungen als laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 154/11 R -, juris, Rn. 22). Bereits aufgrund der Zahlung über mehrere Monate hinweg, handelte es sich bei den Zahlungseingängen in den Monaten Januar bis März 2014 um laufende Einnahmen. Im Übrigen reicht es für die Qualifizierung einer Einnahme als im Zuflussmonat zu berücksichtigende laufende Einnahme aus, wenn diese nach dem ihr zugrundeliegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre, auch wenn sie tatsächlich erst in einem Gesamtbetrag nach der Beendigung des Rechtsverhältnisses erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2012, a.a.O., Rn. 21, m.w.N.; BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 32/14 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 72; Sächsisches LSG, Urteil vom 14.02.2017 – L 7 AS 2055/13 –, Rn. 45, juris).

Soweit der Kläger sich wegen einer angeblichen Falschberatung des Beklagten auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch beruft, verkennt er, dass der Herstellungsanspruch auf seiner Rechtsfolgenseite auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Sozialleistungsträger die ihm gegenüber dem Leistungsempfänger obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der Herstellungsanspruch kann einen Sozialleistungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Voraussetzung ist also, dass der entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden kann. Umgekehrt bedeutet dies: In Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, bleibt für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum (BSG, Urteil vom 11.03.2004 – B 13 RJ 16/03 R –, BSGE 92, 241-248, SozR 4-2600 § 58 Nr. 3). Der tatsächliche Zufluss von Einkommen und die Verpflichtung des Beklagten zur dessen Anrechnung kann daher durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht negiert werden.

cc.) Neben der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung liegen auch die übrigen Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung vor. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen. Vertrauensschutz ist nämlich gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen, wenn der Kläger die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Der Kläger kann sich vorliegend nicht auf einen die Rücknahme ausschließenden Vertrauensschutz berufen, da er die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 05.05.2014 infolge des in den Monaten Januar bis März 2014 zugeflossenen Einkommens hätte kennen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X) und eine Unkenntnis damit als grob fahrlässig zu werten ist. Dem seit mehreren Jahren zumindest immer wieder im Leistungsbezug des Beklagten stehenden Kläger musste bewusst sein, dass im Bescheid vom 05.05.2014 in den Monaten Januar bis März 2014 keinerlei Einkommen bei ihm angerechnet wurde, er jedoch tatsächlich in diesen Monaten einen erheblichen Zufluss an Mitteln in einer Gesamthöhe von 3.742,02 EUR zu verzeichnen hatte. In sämtlichen seit Jahren vom Kläger gestellten Leistungs- bzw. Fortzahlungsanträgen waren Fragen nach Einkommen und Vermögen enthalten. Des Weiteren enthielten auch die Bewilligungsbescheide des Beklagten den Hinweis, dass Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen dem Beklagten mitzuteilen sind. Der Kläger musste daher dafür sensibilisiert sein, dass sich der Zufluss von insgesamt 3.742,02 EUR während des Bezuges von steuerfinanzierten Fürsorgeleistungen nach dem SGB II leistungsrechtlich auswirkt. Es hätte insofern dem Kläger oblegen, offene Fragen und bei ihm eventuell vorhandene Fehlvorstellungen über die Anrechenbarkeit dieser Zahlungen als Einkommen mit dem Beklagten abzuklären. Ein berechtigtes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides vom 05.05.2014 ist bei dieser Sachlage hingegen ausgeschlossen.

dd.) Die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten. Die im September 2014 verfügte Aufhebung erfolgte innerhalb der Frist von einem Jahr nach Bekanntwerden der Aufhebung der Bewilligung rechtfertigenden Tatsachen im Mai 2014 (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X).

ee.) Dass der Beklagte die Aufhebungsentscheidung auf § 48 SGB X gestützt hat, obwohl richtige Rechtsgrundlage § 45 SGB X war, führt schließlich auch nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung. Da sich der Aufhebungsbescheid in seinem Verfügungssatz nicht ändert, ist nur die Begründung, nicht die Entscheidung selbst betroffen. Infolgedessen handelt es sich auch nicht um eine Umdeutung im Sinne von § 43 SGB X. Eine fehlerhafte Begründung führt aber nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Jedenfalls wenn wie vorliegend die subjektiven Voraussetzungen des § 45 SGB X erfüllt sind, ist der "Austausch der Rechtsgrundlage" daher unschädlich (vgl. BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 41/15 R -, juris, m.w.N.; LSG Hamburg, Urteil vom 23. 02.2017 – L 4 AS 277/16 –, Rn. 26, juris).

2.) Das Erstattungsverlangen des Beklagten findet seine Grundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung vom 13.05.2011 (a.F.) i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Ist ein Verwaltungsakt aufgehoben worden, so sind danach bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 5 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1 und Abs. 5 SGB III. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des vom Beklagten errechneten Rückforderungsbetrages in einer Gesamthöhe von 2.746,53 EUR (vgl. zu den Details der Berechnung Bl. 917 ff der Verwaltungsakte), hat weder der Senat, noch wurde die Unrichtigkeit im Klage- oder Berufungsverfahren vom Kläger geltend gemacht.

3.) Zuletzt ist auch die vom Beklagten verfügte Aufrechnung nach § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 SGB II i.H.v. 30 % des maßgebenden Regelbedarfs nicht zu beanstanden. Die Erklärung einer Aufrechnung steht im (Entschließungs-)Ermessen des Leistungsträgers. Dieses dem Beklagten eingeräumte Ermessen, ob er aufrechnet, hat er erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt. Seine Ermessensentscheidung ist gerichtlich nur eingeschränkt darauf zu prüfen (§ 39 Abs. 1 SGB I, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG), ob er sein Ermessen überhaupt ausgeübt, ob er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat ("Rechtmäßigkeits-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle"). Dass der Beklagte sein Ermessen erkannt hat, ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid. Aus der in diesem Bescheid vom 08.09.2014 gegebenen Begründungen ergibt sich zudem, dass der Beklagte die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers berücksichtigt und mit dem Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler, bestehende Forderungen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln beizutreiben, abgewogen hat. Ermessensfehler sind weder vorgetragen noch erkennbar.

Die Höhe der vom Beklagten im Grundlagenverwaltungsakt erklärten monatlichen Aufrechnung in Höhe von 30 % des für den Kläger maßgebenden Regelbedarfs entspricht der ein Ermessen ausschließenden Vorgabe in § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Danach beträgt die Höhe der Aufrechnung bei Erstattungsansprüchen, die nicht auf §§ 42 und 43 SGB I, § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III oder § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 iVm § 50 SGB X beruhen, 30 % des für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelbedarfs. Aufgrund dieser Regelung ziehen alle anderen Erstattungsansprüche nach § 50 SGB X, die nicht einer Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X folgen, eine Aufrechnung in Höhe von 30 % nach sich (BT-Drucks 17/4095 S 35; BSG, Urteil vom 09.03.2016 - B 14 AS 20/15 R -, BSGE 121, 55-69, SozR 4-4200 § 43 Nr. 1, Rn. 27).

4.) Soweit der Kläger hilfsweise beantragt hat, das Verfahren im Rahmen eines Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorzulegen, ist der Senat diesem Antrag nicht gefolgt. Der Kläger hat seinen diesbezüglichen Antrag damit begründet, das BVerfG werde im November 2019 über die Verfassungsmäßigkeit von "Sanktionen im SGB II" entscheiden. Da bei ihm eine Aufrechnung in Höhe von 30 % der Regelleistung verfügt worden sei, liege eine vergleichbare Situation zu einer Sanktionsentscheidung vor, so dass das BVerfG auch über seinen Fall zu entscheiden habe. Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach Rechtsprechung des BSG ist die Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen gegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 30 % des Regelbedarfs über bis zu drei Jahre mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar (BSG, Urteil vom 09.03.2016, a.a.O.). Die Verfassungsbeschwerde gegen diese BSG Entscheidung wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10.08.2017 - 1 BvR 1412/16 -, juris). Mangels verfassungsrechtlicher Bedenken an der Regelung des § 43 SGB II sah sich der Senat daher nicht zur Aussetzung des Verfahrens und Vorlage des Rechtsstreits nach Art. 100 Grundgesetz an das BVerfG veranlasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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