L 8 AL 4281/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AL 4195/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4281/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.10.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Der im Jahr 1966 geborene Kläger ist gelernter Industriekaufmann und war seit Februar 1999 im S. Klinikum K. als Arbeiter in der Wäscherei beschäftigt. Mit Bescheid vom 31.01.2011 stellte das Landratsamt K. einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit dem Jahr 2010 fest und anerkannte eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne von § 33b Abs. 2 Nr. 2b Einkommenssteuergesetz (EStG). Das Landratsamt berücksichtigte als Funktionsbeeinträchtigung einen Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, Hämorrhoiden, Funktionsbehinderungen beider Kniegelenke, Knorpelschäden am rechten Kniegelenk, eine seelische Störung, ein chronisches Schmerzsyndrom, eine psychovegetative Störung sowie eine Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenkes.

Am 22.04.2014 beantragte der Kläger die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX und führte zur Begründung des Antrages an, dass er in Vollzeit arbeite und eine innerbetriebliche Umsetzung wegen der Auswirkung seiner Behinderung bereits erfolgt sei. Sein Arbeitsverhältnis sei gefährdet, da es infolge der Behinderung zu häufigen Fehlzeiten und ständigen ärztlichen Behandlungen zu einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes komme. Er sei wegen der Beschwerden im Rücken und am rechten und linken Knie, des Ellenbogens, der Schulter, des Meniskusrisses im linken Knie sowie der Atemwege in ständiger ärztlicher Behandlung. Der Arbeitgeber habe bereits mit einer Kündigung mündlich gedroht, wenn er diesen Platz nicht mehr machen könne und keine andere Stelle frei sei.

Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der zuständigen Krankenkasse bei (Bl. 8 bis 9 der Verwaltungsakte).

Die Personalabteilung des S. Klinikums K. gGmbH teilte auf Anfrage der Beklagten mit, dass der Kläger als Wäschereihelfer eingesetzt sei und gesundheitliche Einschränkungen zu häufigen Fehlzeiten führten. Der derzeitige Arbeitsplatz sei für den Kläger geeignet. Eine innerbetriebliche Umsetzung sei nicht vorgesehen. Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes infolge behinderungsbedingter Auswirkungen liege nicht vor. Es handle sich nach § 34 Abs. 2 TVöD-K um ein unkündbares Arbeitsverhältnis.

Die Schwerbehindertenvertretung des Arbeitgebers teilte mit Schreiben vom 18.07.2014 mit, dass der derzeitige Arbeitsplatz für den Kläger nicht geeignet sei und auch eine Verbesserung durch eine Umsetzung nicht erreicht werden könne, da der Kläger bereits einen für die Wäscherei leichteren Arbeitsplatz habe. Der Arbeitsplatz sei gefährdet, da keine dauerhafte körperliche Belastung mehr möglich sei.

Der Betriebsrat des Arbeitgebers teilte unter dem 14.07.2014 mit, dass der derzeitige Arbeitsplatz nicht geeignet sei und auch eine Verbesserung durch eine Umsetzung nicht möglich sei. Es bestünden Einschränkungen im Rücken und Bewegungsapparat. Die Belastung sei dauerhaft nicht mehr möglich. Eine Kündigung sei derzeit nicht ausgesprochen.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 12.08.2014 den Antrag auf Gleichstellung ab, da der Kläger aufgrund seines Alters und der Betriebszugehörigkeit einen besonderen Kündigungsschutz habe und es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass ihm aufgrund wiederholter häufiger Fehlzeiten eine außerordentliche Kündigung drohe und er deshalb zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes auf den Schutz angewiesen sei. Den hiergegen am 31.08.2014 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2015 zurück. Der Kläger legte hiergegen keine Rechtsmittel ein.

Am 04.02.2016 beantragte der Kläger erneut die Gleichstellung gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX. Der Kläger gab zur Begründung des Antrages an, dass er seine derzeitige Tätigkeit nicht mehr ausüben könne, da die Abteilung geschlossen werde und eine innerbetriebliche Umsetzung nicht möglich sei.

Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der zuständigen Krankenkasse bei (Bl. 54 bis Bl. 57 der Verwaltungsakte).

Die Personalabteilung des Arbeitgebers gab unter dem 08.04.2016 eine Stellungnahme ab und führte zur Begründung aus, dass der derzeitige Arbeitsplatz geeignet, jedoch infolge der geplanten Schließung der Wäscherei gefährdet sei. Es sei eine innerbetriebliche Umsetzung auf einen anderen geeigneten Arbeitsplatz geplant. Es liege ein besonderer Kündigungsschutz nach § 34 Abs. 2 TVöD-K vor. Eine Kündigung sei nicht ausgesprochen.

Die Schwerbehindertenvertretung teilte in ihrer Stellungnahme mit, dass der Arbeitsplatz für den Kläger geeignet, jedoch infolge der geplanten Schließung der Wäscherei gefährdet sei.

Der Betriebsrat führte am 02.05.2016 aus, dass der Arbeitsplatz infolge der geplanten Schließung der Wäscherei gefährdet sei. Eine Kündigung sei noch nicht ausgesprochen.

Mit Bescheid vom 01.06.2016 lehnte die Beklagte die Gleichstellung ab, da der Kläger bereits einen besonderen Kündigungsschutz habe und nur aus wichtigem Grund gekündigt werden könne. Aufgrund der geplanten Schließung der Wäscherei sei nach Aussage des Arbeitgebers keine betriebsbedingte Kündigung geplant. Es sei vorgesehen, den Kläger innerbetrieblich auf einen anderen geeigneten Arbeitsplatz umzusetzen. Der Arbeitsplatz sei damit nicht aus behinderungsbedingten Gründen konkret gefährdet und er nicht zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes auf den Schutz angewiesen.

Der Kläger erhob hiergegen am 08.06.2016 Widerspruch und übersandte am 23.09.2016 einen Bericht vom 25.08.2016 des Arbeitsmedizinischen Dienstes der Beklagten über sein Leistungsprofil (Bl. 87 bis 89 der Verwaltungsakte).

Der Arbeitgeber teilte am 30.09.2016 telefonisch mit, dass die Wäscherei zum 31.12.2016 definitiv geschlossen werde. Der Kläger sei gesundheitlich so angeschlagen, dass eine Wiedereingliederung schwierig sei. Er selbst habe sich für eine Tätigkeit im Zentrallager entschieden, die jetzt im Wege der Hospitation probiert werde. Diese Tätigkeit sei eigentlich zu schwer für den Kläger. Das Problem bestehe darin, dass kein geeigneter Arbeitsplatz frei sei, der mit dem Kläger besetzt werden könne.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 zurück und führte zur Begründung an, dass der Kläger einen Arbeitsplatz als Mitarbeiter in der Wäscherei innehabe und dieser Arbeitsplatz nach den Feststellungen des Ärztlichen Dienstes der Stadt K. nicht geeignet sei. Er hospitiere derzeit im Zentrallager. Eine Umsetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz sei beabsichtigt. Die Feststellung, dass dieser Arbeitsplatz im Zentrallager für den Kläger geeignet sei, könne nicht getroffen werden. Derzeit werde ein geeigneter Arbeitsplatz gesucht. Die Beklagte könne somit derzeit nicht feststellen, dass der Kläger einen geeigneten Arbeitsplatz innehabe. Eine Gleichstellung im Sinne der 2. Alternative des § 2 Abs. 3 SGB IX zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes sei somit nicht möglich, da es sich nicht um einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne von § 2 Abs.3 SGB IX handle. Unabhängig davon sei der Kläger aufgrund tarifvertraglicher Regelung grundsätzlich nicht mehr ordentlich kündbar. Eine Kündigung sei nur noch außerordentlich nach § 626 BGB möglich. Hierbei sei ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen und in erheblich weiterem Umfang als bei einer ordentlichen Kündigung sei es dem Arbeitgeber in diesen Fällen zumutbar, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Eine Umsetzung innerhalb des S. Klinikums K. sei eingeleitet. Hierfür sei eine Gleichstellung nicht erforderlich. Vorgesehene Rationalisierungsmaßnahmen des Arbeitgebers wie die Schließung der Wäschereiabteilung zum 31.12.2016, von denen auch Menschen ohne Behinderung gleichermaßen betroffen seien, könnten eine Gleichstellung mit den schwerbehinderten Menschen nicht begründen, da hier die Behinderung nicht wesentliche Ursache für die Gefährdung des Arbeitsplatzes sei.

Der Kläger hat am 07.12.2016 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zuvor hat er am 23.11.2016 bei der Beklagten einen Antrag auf § 44 SGB X gestellt. Der Kläger hat zur Klagebegründung angeführt, dass die Beklagte nicht berücksichtigt habe, dass in der Wäscheversorgung ein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Diesen Arbeitsplatz erhalte der Kläger aber von seinem Arbeitgeber mit der Begründung nicht, dass er körperlich infolge der vorliegenden Behinderung nicht in der Lage sei, in der Wäscheversorgung zu arbeiten. Stattdessen sei ihm ein neuer Arbeitsplatz ab dem 02.01.2017 in der Entsorgung zugewiesen worden. Dieser Arbeitsplatz sei aus Sicht des Klägers hinsichtlich der zu verrichtenden Tätigkeiten noch viel schwerer. Der Arbeitsplatz in der Wäscheversorgung sei dagegen ein leidensgerechter Arbeitsplatz, den der Kläger aus Gründen seiner Behinderung jedoch nicht vom Arbeitgeber erhalte bzw. dorthin versetzt werde. Diesbezüglich sei eine Klage auf Versetzung beim Arbeitsgericht Karlsruhe (Az: 3 Ca 480/16) anhängig. Insofern liege eine Konkretisierung entsprechend der Entscheidung des BSG vom 06.08.2014 (B 11 AL 5/14 R) vor, was für eine mögliche Gleichstellung vorausgesetzt werde. Auch habe der Kläger in der Vergangenheit erhebliche Fehlzeiten gehabt. Im Hinblick auf den vom Arbeitgeber vorgesehenen Einsatz des Klägers in der Entsorgung sei zudem mit weiteren künftigen erheblichen Fehlzeiten zu rechnen. Der Kläger legte ein Schreiben der Personalabteilung des Arbeitgebers vom 23.12.2016 vor, in der dem Kläger mitgeteilt wird, dass er ab dem 01.01.2017 als Entsorger im Transportdienst eingesetzt werde. Die Wochenarbeitszeit und bisherige Eingruppierung ändere sich hierdurch nicht.

Die Beklagte teilte zur Klageerwiderung mit, dass der Kläger nicht vorgetragen habe, ob er den zum 01.01.2017 zugewiesenen Arbeitsplatz angetreten habe. Sollte sich dieser Arbeitsplatz als ungeeignet erweisen, käme bereits aus diesem Grund keine Gleichstellung in Betracht. Eine Gleichstellung zur Erlangung des Arbeitsplatzes in der Wäscheversorgung, die der Kläger anstrebe, komme nur in Betracht, wenn dieser Arbeitsplatz zum einen geeignet wäre und der Kläger zum anderen diesen Arbeitsplatz nur mit einer Gleichstellung erlangen könnte. Nach dem Vortrag des Klägers sehe der Arbeitgeber schon keine Eignung für diesen Arbeitsplatz. Allein die Benennung des Arbeitsplatzes reiche für eine Gleichstellung nicht aus. Es müsse sich auch um einen geeigneten Arbeitsplatz nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.08.2014, B 11 AL 5/14 R) handeln. Weiter müsse die Behinderung der Grund sein, weshalb der behinderte Mensch den geeigneten Arbeitsplatz nicht erhalte und der Wettbewerbsnachteil müsse durch eine Gleichstellung ausgeglichen werden können.

Das SG zog ein aktuelles Vorerkrankungsverzeichnis von der zuständigen Krankenkasse bei (Bl. 28 bis 34 der SG-Akte).

Das SG vernahm den Vorsitzenden des Betriebsrats des S. Klinikums K. schriftlich als Zeugen. In seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 07.04.2017 führte M. H. an, dass die Wäscherei zum 31.12.2016 geschlossen worden sei. Da sich der Kläger seit Längerem im Krankenstand befinde, übe er gegenwärtig keine Tätigkeit aus. Der Kläger solle im Bereich der Kliniklogistik, in der Funktion eines Entsorgers beschäftigt werden. Der vorgesehene Arbeitsplatz entspreche am ehesten den Kriterien der wechselnden Belastung. Weitere Umsetzungsmöglichkeiten würden nicht gesehen. Alle weiteren Tätigkeiten im Arbeiterbereich stellten hohe Anforderungen an die körperliche Belastbarkeit und seien oft mit Zwangshaltungen verbunden bzw. würden überwiegend im Stehen oder Sitzen ausgeführt. Der Arbeitsplatz in der Wäscheversorgung werde als nicht geeignet angesehen. Durch die Umstellung auf Fremdwaschleistung hätten sich die Anforderungen an die Wäscheversorgung stark verändert. Die Wäschewägen müssten nun von den Anlieferungspunkten auf die Stationen geschoben werden. Das Schieben und Rangieren von Wäschewägen stelle eine Belastung für die Wirbelsäule dar. Die Transportwege hätten sich verlängert. Auf den Stationen und Bereichen müsse die Wäsche den Wagen entnommen werden und in die dafür vorgesehenen Schränke verbracht werden. Dazu sei häufiges Bücken i.V.m. Heben durch die Wäscheentnahme aus den Wagen sowie das Einsortieren auch in tief- bzw. hochliegende Schrankfächer notwendig. Die Tätigkeit werde im Gehen und Stehen verrichtet. Der Zuschnitt der Arbeitsbereiche bedinge ein Arbeiten unter Zeitdruck (Bl. 35 bis 47 der SG-Akte).

Das SG vernahm des Weiteren den Personalsachbearbeiter H. S. schriftlich als Zeugen. In seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 10.04.2017 teilte der Zeuge mit, dass der Kläger ab dem 01.01.2017 im Einvernehmen mit der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat als Entsorger in den Transportdienst innerhalb des Klinikums umgesetzt worden sei. Der Kläger sei allerdings seit dem 23.03.2016 ununterbrochen und weiterhin arbeitsunfähig krankgemeldet. Er habe die ihm ab 01.01.2017 zugewiesene Arbeit als Entsorger nicht angetreten. Der Arbeitsplatz des Klägers sei gefährdet. Er sehe sich gesundheitlich nicht in der Lage, die Arbeiten als Entsorger zu erledigen, ohne dort bisher gearbeitet zu haben. Sollte der Kläger seine Tätigkeiten als Entsorger tatsächlich objektiv nicht erfüllen können, so sei das Klinikum gezwungen, das Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt zu kündigen, weil ein anderer den Wünschen, Kenntnissen, Fähigkeiten und gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers geeigneter Arbeitsplatz derzeit und in absehbarer Zeit nicht zu besetzen sei. Dem Kläger sei auch eine Tätigkeit als Telefonist in der Telefonzentrale angeboten worden. Auch diesen Arbeitsplatz halte er nicht für leidensgerecht (Bl. 48 bis 61 der SG-Akte).

Das SG vernahm zudem A. J., den Vertrauensmann der Schwerbehindertenvertretung. In seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 18.04.2017 teilte der Zeuge J. mit, dass der vorgesehene Arbeitsplatz in der Wäscheentsorgung am ehesten den Kriterien einer wechselnden Belastung entspreche. Erst nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit und Wiederaufnahme der Tätigkeit werde der Umfang der sich ergebenden Einschränkungen an diesem Arbeitsplatz zeigen. Erst dann könne die genauere Art der Unterstützung z.B. Änderung der Arbeitsorganisation, Arbeitsplatzausstattung mit technischen Hilfsmitteln o.ä. festgestellt werden. Die Umsetzung auf den Arbeitsplatz als Entsorger entspreche am ehesten den gesundheitlichen Einschränkungen des Beschäftigten. Alle weiteren Tätigkeiten im Arbeiterbereich stellten hohe Anforderungen an die körperliche Belastungsfähigkeit.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 17.05.2017 mitgeteilt, dass der Richter beim Arbeitsgericht Karlsruhe die Tätigkeit in der Entsorgung als nicht geeignet bezeichnet habe.

Der Kläger reichte mit Schreiben vom 14.07.2017 eine Beurteilung über die stufenweise Eingliederung nach Plan ein (Bl. 76 bis 78 der SG-Akte). Er könne zu "100 %" die Anforderungen des Arbeitsplatzes in der Entsorgung nicht erfüllen. Der Kläger hat mit weiterem Schreiben vom 28.09.2017 mitgeteilt, dass eine Hospitation in der Wäscheversorgung erfolgreich verlaufen sei. Dennoch habe der Arbeitgeber ihn nach Beendigung der Hospitation wieder in die Wäscheentsorgung versetzt.

Mit Urteil vom 24.10.2017 gab das SG der Klage statt und verpflichtete die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016, den Kläger mit Wirkung vom 04.02.2016 einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen. Das SG führte zur Begründung an, dass der Kläger einen geeigneten Arbeitsplatz innehabe. Er sei bis zum 31.12.2016 in der Wäscherei tätig gewesen. Im Hinblick auf diese Tätigkeit sei das Leistungsvermögen des Klägers auf Dauer aufgehoben gewesen und der Kläger sei seit dem 01.01.2017 formal auf eine Tätigkeit in der Entsorgung umgesetzt worden und habe jedoch damit unstreitig einen ungeeigneten Arbeitsplatz inne. Er habe aber von Anfang an auf einen geeigneten Arbeitsplatz umgesetzt werden können, nämlich in der Wäscheversorgung. Die Hospitation im Jahr 2017 in der Versorgung habe bestätigt, dass der Kläger in der Lage sei, die dort anfallenden Tätigkeiten mit seinen Behinderungen zu bewältigen. Dies habe auch die Arbeitgeberin des Klägers eingeräumt. Es könne aus Sicht des SG keine Rolle spielen, wenn der Arbeitgeber vortrage, die Wäscheversorgung sei überbesetzt. Für die Bejahung der Geeignetheit des Arbeitsplatzes müsse genügen, dass eine behindertengerechte Ausgestaltung des Arbeitsplatzes durch rechtlich gebotenes Handeln des Arbeitgebers und des zuständigen Rehabilitationsträgers realisiert werden könne. Ansonsten hätte der Arbeitgeber die Möglichkeit, eine Gleichstellung zu verhindern, indem er geeignete Stellen kurzfristig mit anderen Arbeitnehmern besetze. Der Kläger habe in der Wäscheversorgung bereits hospitiert und führe ein arbeitsgerichtliches Verfahren mit dem Ziel auf den Arbeitsplatz in der Versorgung umgesetzt zu werden. Es liege eine hinreichende Konkretisierung des Arbeitsplatzes vor. Auch sei der Arbeitsplatz des Klägers wegen seiner Behinderung gefährdet. Bei dem Kläger seien innerhalb der letzten Jahre außergewöhnlich lange behinderungsbedingte Fehlzeiten eingetreten. Zuletzt sei er vom 21.03.2016 bis zum 21.03.2017 wegen orthopädischer Leiden arbeitsunfähig gewesen. Der Arbeitgeber habe im Rahmen der Zeugenanhörung erklärt, dass sofern der Kläger seine Tätigkeit als Entsorger objektiv nicht erfüllen könne, er gezwungen wäre, das Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt zu kündigen. Der Betriebsrat wie auch die Schwerbehindertenvertretung hätten die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich bestätigt.

Die Beklagte hat am 10.11.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben und hat zur Berufungsbegründung angeführt, dass das SG zu Unrecht davon ausgehe, dass der Kläger einen geeigneten Arbeitsplatz innehabe. Bezugspunkt sei hierbei nicht ein Arbeitsplatz in der Wäscheversorgung, da der Kläger einen solchen nach den eindeutigen Aussagen des Arbeitgebers gerade nicht innehabe. Er habe lediglich in der Wäscheversorgung hospitiert. Ein dauernder Einsatz dort sei wegen fehlender Freistellung gerade nicht möglich. Eine Gleichstellung könne dem Erhalt eines Arbeitsplatzes nicht dienen. Bezüglich des weggefallenen Arbeitsplatzes in der Wäscherei sei dies aus tatsächlichen Gründen nicht möglich. Hinsichtlich des Arbeitsplatzes als Entsorger, den der Kläger formal innehaben könne, bestehe jedoch nach eigener Aussage des Klägers keine Eignung. Andere Arbeitsangebote seitens des Arbeitgebers habe der Kläger nach bisherigem Kenntnisstand abgelehnt. Eine Gleichstellung zum Zwecke des Erhalts eines Arbeitsplatzes scheide deshalb aus. Auch zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sei eine Gleichstellung nicht möglich. Neben der Eignung für einen konkreten Arbeitsplatz müsse ein solcher auch erlangbar sein. Der Arbeitgeber des Klägers habe im arbeitsgerichtlichen Verfahren erklärt, dass es in der Wäscheversorgung keine freien Arbeitsplätze gebe und diese sogar besetzt seien. Entgegen der Auffassung des SG komme es durchaus entscheidend darauf an, ob ein in Betracht kommender Arbeitsplatz frei und damit auch erlangbar sei. Hierbei sei die aktuelle Rechtsprechung des BAG zu berücksichtigen. Danach bestehe kein Anspruch auf eine anderweitige Beschäftigung, wenn eine solche zwar in Betracht käme, sie dem Arbeitgeber aber unzumutbar wäre oder für ihn einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bedeuten würde. Insbesondere müsse der Arbeitgeber keinen zusätzlichen, bisher nicht vorhandenen und nicht benötigten Arbeitsplatz dauerhaft einrichten. Auch eine "Freikündigung" dürfe nicht abverlangt werden. Diese scheide jedenfalls dann aus, wenn der Inhaber der in Frage kommenden Stelle den allgemeinen Kündigungsschutz genieße.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.10.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hat zur Berufungserwiderung auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass der Arbeitgeber die Gleichstellung des Klägers dadurch verhindert habe, dass er die geeigneten Stellen in der Wäscheversorgung nach Schließung der Wäscherei mit anderen Arbeitnehmern aus der Wäscherei besetzt, nicht aber ihn berücksichtigt habe. Der Arbeitgeber habe somit bewusst und gezielt Mitarbeiter ohne Einschränkung auf die freien Stellen gesetzt, nicht aber ihn, der außergewöhnlich lange behinderungsbedingte Fehlzeiten aufweise. Er könne vor diesem Hintergrund nicht auf etwaige Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber verwiesen werden. Da der Arbeitgeber die leidensgerechte Beschäftigung in der Wäscheversorgung vereitelt habe, könne er sich somit auch nicht darauf berufen, dass es ihm unzumutbar wäre, ihn nunmehr in der Wäscheversorgung zu beschäftigen. Auch eine Freikündigung müsse dem Arbeitgeber in diesem Fall abverlangt werden und wäre auch nicht unverhältnismäßig, da er sich schließlich selbstbewusst und gewollt in diese Situation gebracht habe. Zwar genieße er den besonderen Kündigungsschutz nach § 34 TVöD. Allerdings sei nach ganz herrschender Auffassung selbst die außerordentliche Kündigung eines tariflich unkündbaren Mitarbeiters mit Auslauffrist möglich, wenn dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich oder zumutbar wäre.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 05.02.2018 und vom 21.02.2018 weiter vorgetragen, dass das Integrationsamt eine technische Arbeitsberatung mit Arbeitsplatzbegehung am Arbeitsplatz in der Entsorgung vorgenommen habe und das Integrationsamt bzw. der EFD zum Ergebnis komme, dass der Arbeitsplatz in der Entsorgung mit technischer Hilfe leidensgerecht eingerichtet und somit erhalten werden könne. Ohne technische Hilfe sei der Arbeitsplatz nicht leidensgerecht und der Kläger würde seinen Arbeitsplatz voraussichtlich im Falle einer personenbedingten Kündigung infolge seiner körperlichen Einschränkungen bzw. Behinderung verlieren. Der Kläger hat weitere Unterlagen bezüglich der vorgeschlagenen Geräte und Hilfsmittel eingereicht (Bl. 42 bis 48 der SG-Akte) sowie einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 17.10.2018 vorgelegt, wonach dem Kläger Leistungen zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt werden (Bl. 57 der Senatsakte). Mit weiterem Schreiben vom 22.10.2018 hat der Kläger vorgetragen, dass eine leidensgerechte Tätigkeit in der Entsorgung für ihn ohne Hilfsmittel denkbar sei, er könne dann allerdings nicht alle Tätigkeiten als Entsorger ausüben.

Die Berichterstatterin hat das Verfahren in einem nichtöffentlichen Verhandlungstermin am 20.05.2019 erörtert. Der Kläger hat im Termin vorgetragen, dass er derzeit in der Poststelle tätig sei. Den Arbeitsplatz in der Entsorgung habe er nicht mehr ausüben können, dass er es mit technischen Hilfsmitteln dies nicht zur Zufriedenheit des Arbeitgebers machen konnte. Die Tätigkeit in der Poststelle sei für ihn leidensgerecht und er beziehe immer noch die gleiche Vergütung.

Der Senat hat die Leiterin des Geschäftsbereichs Personal C. J. des S. Klinikums K. schriftlich als Zeugin vernommen. In ihrer schriftlichen Zeugenaussage vom 08.07.2019 hat die Zeugin mitgeteilt, dass es sich bei der Tätigkeit in der Poststelle um eine temporäre Tätigkeit handle. Die Gleichstellung sei keine Voraussetzung für die Zuweisung der Tätigkeit gewesen. Die Tätigkeit in der Poststelle könne der Kläger nach Auflösung der Wäscherei langfristig ohne Verwendung von Hilfsmitteln und ohne Einschränkung ausführen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt (Beklagte Schreiben vom 06.08.2019, Kläger Schreiben vom 14.08.2019).

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 01.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Gleichstellung des Klägers nach § 2 Abs. 3 SGB IX zu Recht abgelehnt. Das angefochtene Urteil des SG vom 24.07.2017 ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung eines Gleichstellungsbegehrens ist wegen der Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragsstellung in erster Linie dieser Zeitpunkt. Allerdings müssen wegen des Zwecks der Regelung auch wesentliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur letzten mündlichen Verhandlung Berücksichtigung finden (BSG, Urteil vom 02.03.2000, B 7 AL 46/99 R, SozR 3-3870 § 2 Nr. 1; zuletzt vgl. BSG 06.08.2014, B 11 AL 16/13 R, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6; sowie Senatsurteil vom 23.10.2015, L 8 AL 4146/14, alle juris).

Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX (Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland) vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können.

Der Kläger, der sowohl Wohnsitz als auch Beschäftigung i.S.d. § 73 SGB IX im Inland aufweist, als auch über die Zuerkennung eines GdB von weniger als 50 und mindestens 30 verfügt, erfüllt damit zwar die persönlichen Voraussetzungen der Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX. Jedoch erfüllt der Kläger nicht die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 SGB IX. Dazu müsste er infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen (Alternative 1) oder nicht behalten (Alternative 2) können. Die beiden Tatbestandsalternativen können kumulativ oder auch nur alternativ vorliegen (BSG 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr. 4). Zweck der Gleichstellung ist es, die ungünstige Konkurrenz-/Wettbewerbssituation des Behinderten am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und somit den Arbeitsplatz sicherer zu machen oder seine Vermittlungschancen zu erhöhen (BSG 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4).

Geschützt ist nur das Erlangen bzw. Behalten eines geeigneten Arbeitsplatzes. Bei der Prüfung der Geeignetheit des Arbeitsplatzes sind die besonderen Verpflichtungen aller Versicherungsträger zur Rehabilitation sowie die aus § 164 Abs. 3 und 4 SGB IX folgenden Verpflichtungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen (LSG 09.08.2013 - L 12 AL 238/12 - n.v.; Christians in GK-SGB IX, § 2 RdNr. 143 ff.). Besondere Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX (§ 81 Abs. 4 Nr. 5 SGB IX a.F.), der schwerbehinderten - und ihnen gleichgestellten - Menschen gegenüber ihren Arbeitgebern einen Anspruch auf Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen zubilligt. Für die Bejahung der Geeignetheit des Arbeitsplatzes im Sinne des § 2 Abs. 3 SGB IX muss es deshalb genügen, dass der behinderte Mensch durch Leistungen zur Rehabilitation oder eine vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellende behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes in die Lage versetzt werden kann, diesen vollwertig auszufüllen. Die erforderliche Geeignetheit des Arbeitsplatzes bestimmt sich damit individuell nach dem Eignungs- und Leistungspotential des Klägers als behinderter Mensch (BSG 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R -, juris, dort RdNr. 16, BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr. 1) unter Berücksichtigung der dem Arbeitgeber und den Rehabilitationsträgern obliegenden Verpflichtungen. Ungeeignet für einen konkreten Arbeitsplatz ist somit derjenige, der behinderungsbedingt nicht in der Lage ist, unverzichtbare Tätigkeiten an seinem Arbeitsplatz auszuüben oder diese nur unter Inkaufnahme sofort oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der Zukunft deswegen auftretender gesundheitsschädlicher Folgen noch verrichten kann. Der Zweck der Gleichstellung, die Verbesserung der Wettbewerbschancen der behinderten Menschen am Arbeitsplatz oder auf dem Arbeitsmarkt, wird nicht erreicht, wenn die Leistungsanforderungen des konkreten Arbeitsplatzes von vornherein nicht erfüllt werden können oder die konkrete Tätigkeit zu einer zunehmenden Gesundheitsverschlechterung führt, was aller Voraussicht nach zu einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbschancen führt. Fehlt das Tatbestandsmerkmal des geeigneten - derzeit innehabenden - Arbeitsplatzes, besteht kein Anspruch auf Gleichstellung; ggf. wäre dann zu prüfen, ob eine Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes vorzunehmen ist (vgl. BSG 02.03.2000, a.a.O., RdNr.19, 20).

Der Kläger ist nicht einem schwerbehinderten Menschen i.S.d. § 2 Abs. 3 2. Alt. SGB IX gleichzustellen, da die Gleichstellung nicht zur Erhaltung oder Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes erforderlich ist.

In dieser Variante der Gleichstellung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes will § 2 Abs. 3 SGB IX das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, mithin die Freiheit der Berufswahl des behinderten Menschen, objektivrechtlich gewährleisten (BSG 06.08. 2014 – B 11 AL 5/14 R –, SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 21 unter Hinweis auf Jarass in Jarass/Pieroth, GG 12. Aufl. 2012, Vorb. vor Art 1 RdNr. 3 m.w.N.). Auch Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Lit. a und e UN-BRK und Art. 21, 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh) geben Hinweise zur Auslegung des § 2 Abs. 3 SGB IX, denn nach diesen völkerrechtlichen und supranationalen Normen ist ein diskriminierungsfreier Zustand anzustreben. Dieser ist nicht bereits dadurch hergestellt, dass ein behinderter Mensch in irgendeiner Weise eine Tätigkeit ausüben kann, vielmehr muss auch der Zugang zu anderen bzw. der Wechsel von Berufsfeldern diskriminierungsfrei ermöglicht werden (BSG 06.08.2014 – B 11 AL 5/14 R –, SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 21 unter Hinweis auf OVG Niedersachsen 25.01.2011 - 5 LC 190/09 - juris; BSG 01.03.2011 – B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr. 4 = juris; BSG 06.08. 2014 – B 11 AL 5/14 R –, SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 21).

Jedoch setzt diese Variante des Gleichstellunganspruchs voraus, dass der behinderte Mensch einen konkreten geeigneten Arbeitsplatz anstrebt (BSG 06.08.2014 – B 11 AL 5/14 R – SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 19). Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung. Nach der zweiten Alternative des Gleichstellungstatbestands ("behalten können") hat eine Gleichstellung zu erfolgen, um dem behinderten Menschen das Behalten seines Arbeitsplatzes zu ermöglichen (BSG 06.08.2014 – B 11 AL 5/14 R – SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 19). Ziel dieser Regelung ist es, dass der behinderte Mensch den konkret von ihm besetzten und für ihn geeigneten Arbeitsplatz behalten kann. Auch für den Erlangungs-Tatbestand (Alternative 1) ist zu verlangen, dass der behinderte Mensch einen konkreten geeigneten Arbeitsplatz erlangen will. Das Erfordernis eines geeigneten Arbeitsplatzes ist geboten, um den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 SGB IX nicht zu überdehnen. Würde es genügen, dass es - abstrakt betrachtet - (irgendwelche) Arbeitsplätze gibt, für die der behinderte Mensch, der Gleichstellung bedürfte, um sie zu erlangen, wäre fast jeder behinderte Mensch mit GdB 30 oder 40 gleichzustellen (BSG 06.08.2014 – B 11 AL 5/14 R – SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 19), denn der behinderte Mensch müsste nur Arbeitsplätze benennen, die er ohne Gleichstellung nicht erlangen kann. Auch im Wortlaut des § 2 Abs. 3 i.V.m. § 156 SGB IX (§ 73 SGB IX a. F.) ist eine Konkretisierung angelegt, wenn dort zur Voraussetzung erhoben wird, dass der behinderte Mensch kausal durch die Behinderung "einen" für ihn geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen kann (BSG 06.08.2014 – B 11 AL 5/14 R – SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 20). Weder die Frage der Kausalität noch die Frage der Eignung des Arbeitsplatzes kann abstrakt und allgemein für alle denkbaren Arbeitsplätze geprüft werden (BSG 06.08.2014 – B 11 AL 5/14 R – SozR 4-3250 § 2 Nr. 5 = juris RdNr. 20).

Entgegen der Ansicht des Klägers und des SG sind die Voraussetzungen für eine Gleichstellung zur Erlangung eines konkreten geeigneten Arbeitsplatzes nach § 2 Abs. 3 2. Alt. SGB IX nicht erfüllt, da die Behinderung nicht kausal dafür ist, dass der Kläger den von ihm gehaltenen Arbeitsplatz nicht konkurrenzfähig ausüben kann und daher dessen Behalt gefährdet ist und auch nicht dafür kausal ist, dass er einen konkret angestrebten Arbeitsplatz nicht erlangen kann.

1. Bezogen auf den Arbeitsplatz des Klägers in der Wäscherei stellt der Senat fest, dass § 2 Abs. 3 SGB IX weder zum Erlangen eines konkreten geeigneten Arbeitsplatzes noch zum Behalten eines geeigneten Arbeitsplatzes erfüllt ist.

Der Kläger war zwar ursprünglich in der Wäscherei beschäftigt. Dieser Arbeitsplatz ist infolge der Schließung der Wäscherei zum 31.12.2016 betriebsbedingt weggefallen, so dass dieser nicht mehr behalten werden kann. Dies geht aus den insoweit übereinstimmenden Angaben des Arbeitgebers des Klägers vom 08.04.2016 (Blatt 69/70 der Verwaltungsakte), der Schwerbehindertenvertretung (Blatt 71/72 der Verwaltungsakte) und des Betriebsrates vom 02.05.2016 (Blatt 73/74 der Verwaltungsakte) hervor. Auch entnimmt der Senat der Stellungnahme der Ärztin G. vom Ärztlichen Dienst des Arbeitgebers vom 24.08.2016 (Blatt 87/89 der Verwaltungsakte), dass das Leistungsvermögen des Klägers für diese Tätigkeit in der Wäscherei auf Dauer aufgehoben ist. Dies belegt auch das Vorerkrankungsverzeichnis der zuständigen Krankenkasse, welches in den vorangegangenen Jahren 2014, 2015 und auch im Jahr 2016 mehrfache Arbeitsunfähigkeitszeiten infolge der Behinderung aufweist. Verfügt der Kläger betriebs- und nicht behinderungsbedingt nicht mehr über seinen früheren Arbeitsplatz und ist dieser auch nicht geeignet, so hat er keinen Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen zur Erhaltung dieses nicht geeigneten Arbeitsplatzes. Auch scheidet eine Gleichstellung zum Erlangen dieses Arbeitsplatzes aus, da es ihn nicht mehr gibt.

2. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 SGB IX sind jedoch auch bezogen auf den Arbeitsplatz in der Wäscheentsorgung nicht erfüllt. Eine Gleichstellung scheidet daher bezogen auf diesen Arbeitsplatz aus. Der Kläger wurde nach der Schließung der Wäscherei und dem Wegfall seines Arbeitsplatzes in diesem Bereich vom Arbeitgeber mit Schreiben vom 23.12.2016 in den Bereich Entsorgung versetzt worden (Blatt 17 der SG – Akte). Der Kläger will aber diesen Arbeitsplatz nicht antreten und wehrt sich vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe (Az.: 3 Ca 480/16) gegen die Versetzung in den Bereich Entsorgung und begehrt die Versetzung in den Bereich Wäscheversorgung. Die Tätigkeit in der Wäscheentsorgung ist jedoch, wie der Senat nach dem Bericht über die stufenweise Wiedereingliederung nach Plan vom 10.07.2017 (Blatt 77/78 der SG – Akte) feststellt, für den Kläger, selbst bei Einsatz von Hilfsmitteln nicht geeignet, da er nicht alle Tätigkeiten ausüben kann, auch wird von ihm diese Tätigkeit nicht angestrebt. Der Senat nimmt diesbezüglich auf den Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren in den Schriftsätzen vom 04.05.2018 und vom 22.11.2018 Bezug. § 2 Abs. 3 SGB IX ist daher weder in der Erlangensalternative erfüllt, da der Kläger diesen Arbeitsplatz nicht anstrebt und dieser zudem nicht geeignet ist, noch liegen die Voraussetzungen des Behaltens eines geeigneten Arbeitsplatzes gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX bezogen auf die Tätigkeit in der Wäscheentsorgung vor, da der Kläger den Arbeitsplatz nicht tatsächlich innehat und dieser auch nicht geeignet ist.

3. Der Senat stellt jedoch fest, dass die Voraussetzungen für eine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX entgegen der Ansicht des SG auch nicht für die Tätigkeit in der Wäscheversorgung erfüllt sind.

Da der Kläger diesen Arbeitsplatz nicht innehat, scheidet eine Gleichstellung zum Behalten eines geeigneten Arbeitsplatzes nach § 2 Abs. 3 Alt. 2 SGB IX aus. Eine Gleichstellung zum Erlangen eines konkreten geeigneten Arbeitsplatzes scheitert zunächst nicht daran, dass der Arbeitsplatz in der Wäscheversorgung nicht geeignet wäre. Zwar wurde diese Tätigkeit sowohl vom Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 07.04.2017 gegenüber dem SG (Blatt 35/47 der SG – Akte), vom Arbeitgeber in seiner Stellungnahme vom 10.04.2017 (Blatt 48/61 der SG – Akte) sowie der Schwerbehindertenvertretung vom 18.04.2017 (Blatt 62/68 der SG – Akte) im Unterschied zu der Tätigkeit als Entsorger als nicht geeignet eingestuft, jedoch ist die Tätigkeit in der Wäscheversorgung, wie Dr. R. vom Ärztlichen Dienst des Arbeitsgebers in ihrer Stellungnahme vom 22.11.2016 über die arbeitsmedizinische Untersuchung des Klägers darstellt, leidensgerecht und auch die Hospitation des Klägers ist, wie auch der Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Schreiben vom 12.10.2017 gegenüber dem Arbeitsgericht Karlsruhe bestätigt hat (Blatt 88/89 der SG – Akte) in diesem Bereich erfolgreich verlaufen. Der Senat stellt daher fest, dass die Tätigkeit in der Wäscheversorgung eine geeignete Tätigkeit darstellt

Der Kläger kann jedoch einen konkreten Arbeitsplatz in der Wäscheversorgung nicht erlangen, da wie der Arbeitgeber in den Schriftsätzen vom 12.10.2017 gegenüber dem Arbeitsgericht Karlsruhe sowie mit Schreiben vom 12.10.2017 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt hat, in der Wäscheversorgung kein Arbeitsplatz frei ist, dieser Bereich vielmehr überbesetzt ist. Hinweise darauf, dass entgegen dieser Aussage ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, liegen dem Senat nicht vor und wurde auch vom Kläger nicht vorgetragen. Der Senat stellt daher fest, dass es in der Wäscheversorgung beim Arbeitgeber keinen freien geeigneten Arbeitsplatz gibt.

Entgegen der Auffassung des SG kann aus dem Urteil des LSG Baden–Württemberg vom 09.08.2013 (L 12 AL 238/12, juris) nicht geschlossen werden, dass der Umstand, dass kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, für die Gleichstellung nicht relevant ist. Danach genügt es für die Bejahung der Geeignetheit des Arbeitsplatzes iS des § 2 Abs. 3 SGB 9, dass der behinderte Mensch durch Leistungen zur Rehabilitation oder eine vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellende behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes (hier ua Elektroseilwinde und motorische Unterstützung zum erleichterten Heben und Tragen) in die Lage versetzt werden kann, diesen vollständig auszufüllen. Die behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes ist indes von dem Fall zu unterscheiden, dass kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist und der Arbeitgeber den angestrebten Arbeitsplatz erst "freikündigen" müsste. Dies wäre nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 664/13, juris) unzulässig und hätte zur Folge, dass der gekündigte Arbeitnehmer sich arbeitsgerichtlich gegen die Kündigung mit Erfolg wehren könnte und einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hätte. Eine Pflicht zur "Freikündigung" eines leidensgerechten Arbeitsplatzes für den erkrankten Arbeitnehmer allein auf der Grundlage des allgemeinen Kündigungsschutzes besteht danach grundsätzlich nicht.

Der Schutz des behinderten Menschen erfährt daher dort eine Grenze, wo der Arbeitgeber zu Maßnahmen gedrängt wird, welche bestehende Arbeitsverhältnisse anderer Arbeitnehmer gefährden. Das BAG führt in der Entscheidung vom 20.11.2014 (aaO) dazu aus,

"Die Verpflichtung zur Beschäftigungs- und Vertragstreue gegenüber (schwer-)behinderten Menschen findet ihre Grenze in den entgegenstehenden Rechten der von einer "Freikündigung" betroffenen Stelleninhaber (vgl. Lepke, Kündigung bei Krankheit 14. Aufl. Rn. 235; Nehring, Die krankheitsbedingte Kündigung im Lichte neuerer Gesetzgebung S. 185 f.; Lingemann BB 1998, 1106, 1107). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Stelleninhaber Bestandsschutz nach dem KSchG genießt. Selbst wenn die Krankheit des (schwer-)behinderten Arbeitnehmers betrieblich verursacht ist und zu seiner Leistungsunfähigkeit oder doch der Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit geführt hat, besteht nicht etwa ein Überhang an Arbeitskräften, der den Arbeitgeber zu einer betriebsbedingten Kündigung des anderen Mitarbeiters berechtigen könnte (vgl. APS/Kiel, 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 461; HaKo/Gallner, 4. Aufl. § 1 Rn. 479; Boecken, RdA 2012, 210, 215). Der Kündigungsgrund liegt vielmehr in der Person des auf seinem angestammten Arbeitsplatz nicht mehr arbeitsfähigen (schwer-)behinderten Arbeitnehmers. Sogar dann, wenn das KSchG auf das Arbeitsverhältnis des Stelleninhabers (noch) keine Anwendung findet, ist eine "Freikündigung" wegen des mit ihr verbundenen Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Beschäftigten aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen (vgl. Kleinebrink, NZA 2002, 716, 718). In keiner seiner Bestimmungen sieht das SGB IX die Entlassung anderer Arbeitnehmer vor, um den Beschäftigungsanspruch schwerbehinderter Menschen oder ihnen Gleichgestellter verwirklichen zu können. Vielmehr setzten die Prüfpflichten des Arbeitgebers nach § 164 Abs. 1 SGB IX (§ 81 Abs. 1 SGB IX a.F.), die im Rahmen von § 164 Abs. 4 Satz Nr. 1 SGB IX (§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX a.F.) mit zu berücksichtigen sind, das Vorhandensein freier Arbeitsplätze voraus (vgl. BVerwG 28. Februar 1968 - V C 33.66 - BVerwGE 29, 140; Boecken, RdA 2012, 210, 215)."

Eine "Freikündigung" stellt somit nach der angeführten Rechtsprechung einen absoluten Ausnahmefall (ultima ratio) dar. Dies hat das BAG zuletzt im Urteil vom 16.05.2019 (6 AZR 329/18, juris) nochmals bestätigt und explizit ausgeführt, dass das SGB IX nicht die Entlassung anderer Arbeitnehmer verlange, um den Beschäftigungsanspruch schwerbehinderter Menschen verwirklichen zu können. Vorausgesetzt sei vielmehr das Vorhandensein freier Arbeitsplätze. Danach scheide eine Pflicht des Arbeitgebers zur "Freikündigung" jedenfalls dann aus, wenn der Inhaber der infrage kommenden Stelle den allgemeinen Kündigungsschutz genieße. Auch dürfe der Arbeitgeber bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs eine unternehmerische Entscheidung treffen, welche den bisherigen Arbeitsplatz eines schwerbehinderten Menschen durch eine Organisationsänderung entfallen lässt. Die in § 164 Abs. 4 SGB IX (bis 31. Dezember 2017: § 81 Abs. 4 SGB IX aF) vorgesehenen Ansprüche schwerbehinderter Menschen seien lediglich bei der Prüfung einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu berücksichtigen (BAG, aaO).

Der Nachweis der fehlenden besonderen Härte wäre vorliegend für den Kläger jedoch kaum zu führen, da er den fehlenden Kündigungsschutz des freizukündigenden Arbeitnehmers belegen und zugleich darlegen müsste, dass die Tätigkeit in der Wäscheversorgung für ihn den einzig geeigneten Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers darstellt (vgl. zur Darlegungslast Faber in: Breier/Dassau/Kiefer u.a., TV-L, 88. AL 6/2019, BAG vom 20.11.2014 - 2 AZR 664/13). Dem Kläger wurde jedoch vom Arbeitgeber auch eine Tätigkeit als Telefonist angeboten. Angesichts der Möglichkeit der ergonomischen Ausstattung des Arbeitsplatzes mit Stehpult bzw. höhenverstellbaren Schreibtischen vermag der Verweis des Klägers im Schreiben vom 05.02.2018 auf die Ungeeignetheit einer ausschließlich sitzenden Tätigkeit einen Ausschluss dieser Tätigkeit nicht zu begründen. Des Weiteren ist der Kläger nach der Zeugenaussage der Leiterin des Geschäftsbereich Personal J. vom 08.07.2019 seit dem 10.07.2018 in der Poststelle eingesetzt. Diese Tätigkeit kann der Kläger nach Aussage der Zeugin J. langfristig ohne Verwendung von Hilfsmitteln und ohne Einschränkungen ausführen. Dass diese Tätigkeit leidensgerecht ist, hat auch der Kläger im Erörterungstermin vom 20.05.2019 bestätigt. Dass er derzeit nach Aussage von Frau J. nur vorübergehend dort tätig ist und noch keine dauerhafte Versetzung in diesen Bereich erfolgte, ändert nichts an der Tatsache, dass diese Tätigkeit ebenfalls für den Kläger geeignet ist und somit eine Tätigkeit in der Wäscheversorgung nicht die einzig noch in Betracht kommende Arbeitsstelle darstellt. Auch war die Gleichstellung nach Aussage der Zeugin nicht Voraussetzung für die Tätigkeit des Klägers in der Poststelle.

Die "Freikündigung" zur Erlangung eines Arbeitsplatzes stellt daher entgegen der Aussage des SG kein rechtlich gebotenes Handeln des Arbeitgebers dar. Die Gleichstellung würde somit dem Kläger nicht zu einem Arbeitsplatz in der Wäscheversorgung helfen, da der Kläger selbst mit Gleichstellung, dort kein Arbeitsplatz vorhanden ist und er keinen Anspruch auf Kündigung eines anderen Arbeitnehmers und Versetzung an dessen Arbeitsplatz hätte. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn ein Arbeitsplatz tatsächlich frei ist und das Besetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. In einem solchen Fall könnte die Gleichstellung dazu führen, dass der gleichgestellte Arbeitnehmer, gleiche Eignung vorausgesetzt, sich im Wege der Konkurrentenklage bzw. des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Besetzung des angestrebten Arbeitsplatzes mit einem nicht gleichgestellten Arbeitnehmer wehren könnte (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12.12.2017, 9 AZR 152/17, Urteil vom 22.10.2015, 8 AZR 384/14, beide juris). Hierfür bestehen jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte und der Kläger hat hierzu auch nichts vorgetragen. Der Senat stellt daher fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gleichstellung zum Erlangen eines Arbeitsplatzes in der Wäscheversorgung hat.

4. Die Gleichstellung ist jedoch auch nicht zur Erhaltung eines geeigneten Arbeitsplatzes als Telefonist erforderlich. Wie bereits ausgeführt wurde, scheitert der Anspruch nicht von vorneherein an der fehlenden Geeignetheit des Arbeitsplatzes, da dieser ergonomisch ausgestattet werden kann. Der Kläger will diesen, ihm vom Arbeitgeber angebotenen Arbeitsplatz jedoch nicht antreten, so dass dem Erlangen dieses Arbeitsplatzes nicht die Behinderung entgegensteht. Der Kläger könnte diese Tätigkeit trotz seiner Behinderung wettbewerbsfähig ausüben, auch sind solche Arbeitsplätze beim Arbeitgeber vorhanden; er will diese Tätigkeit lediglich nicht ausüben. Der Kläger hat damit bezogen auf die Tätigkeit als Telefonist keinen Gleichstellungsanspruch.

5. Auch zur Erlangung der Tätigkeit in der Poststelle war die Gleichstellung nicht erforderlich. Der Kläger hat diesen Arbeitsplatz inne, so dass er ihn nicht noch erlangen muss. Zum Behalten des Arbeitsplatzes ist die Gleichstellung auch nicht erforderlich, da er ihn ohne Gleichstellung erlangt hat und die Gleichstellung nicht Voraussetzung für den Einsatz an diesem Arbeitsplatz bzw. dessen Behaltenkönnen ist.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass er trotz des besonderen Kündigungsschutzes nach § 34 TVöD von einer Kündigung bedroht sei, da selbst die außerordentliche Kündigung eines tariflich unkündbaren Mitarbeiters mit Auslauffrist möglich sei, wenn dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich oder zumutbar wäre, begründet dies keinen Anspruch auf Gleichstellung. Der Kläger hat nach der Aussage der Zeugin J. derzeit einen geeigneten Arbeitsplatz inne, welchen er auch langfristig ausüben kann. Insofern ist dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung möglich. Sofern der Arbeitgeber in der Vergangenheit die Möglichkeit einer Kündigung als ultima ratio in Spiel gebracht hat, ist dies auch der Tatsache geschuldet, dass der Kläger ihm angebotene geeignete Tätigkeiten, wie die Tätigkeit als Telefonist abgelehnt und als einzig ihm zumutbare Tätigkeit die Tätigkeit in der Wäscheversorgung angesehen hat, obgleich dort kein Arbeitsplatz frei war. Insofern ist das mittlerweile nicht mehr bestehende Risiko einer außerordentlichen Kündigung wesentlich durch den Wunsch des Klägers, unter allen Umständen in die Wäscheversorgung versetzt zu werden, befördert worden.

Der Sachverhalt ist vollständig ermittelt, weshalb weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht zu erfolgen haben. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben dem Senat in Verbindung mit den Auskünften des Arbeitsgebers, dessen Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrates die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO).

Da der Kläger keinen Anspruch auf Gleichstellung hat, war der Bescheid der Beklagten vom 01.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2016 nicht rechtswidrig und das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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