L 5 KR 97/16

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 19 KR 174/14 (SG Lübeck)
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 97/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 4. Juli 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht der Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).

Die am 1948 geborene Klägerin war zunächst aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und seit 1. Mai 2004 als Bezieherin einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Nach Ablauf des 65. Lebensjahres wurde die Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2013 in eine Regelaltersrente umgewandelt. Am 6. Dezember 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR. Sie legte eine Mitgliedschaftsbescheinigung der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) vom 3. Dezember 2013 vor, wonach ihr Ehemann seit 1. November 1972 dort versichert ist und die Klägerin als mitversicherte Angehörige geführt wird. Die Postbeamtenkrankenkasse bestätigte, dass die Mitversicherung in der Grundversicherung ruht. Es bestehe kein Leistungsanspruch. Der Ruhensbeitrag betrage 23,80 EUR. Die ruhende Mitversicherung der Klägerin lebe zum 1. Januar 2014 auf, wenn die Befreiung aus der KVdR und eine entsprechende Endbescheinigung der gesetzlichen Krankenkasse vorgelegt werde. Das Mitglied erhalte für sich und seine mitversicherten Angehörigen die in der Satzung der PBeaKK festgesetzten Leistungen, die der Art nach denen der gesetzlichen Krankenversicherung mit Ausnahme von Krankengeld entsprächen.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht als Rentnerin ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Der Antrag auf Befreiung sei gemäß § 8 Abs. 2 SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen, wenn eine Rente beantragt worden sei oder ein Rentenbezug eintrete. Weitere Voraussetzung sei, dass zuvor kein anderweitiger versicherungspflichtiger Tatbestand vorgelegen und es sich hierbei also nicht lediglich um einen Statuswechsel innerhalb der Versicherungspflicht gehandelt habe. Die Klägerin sei bereits seit dem 1. Mai 2004 Rentenbezieherin und seitdem in der KVdR pflichtversichert. Eine Befreiung sei daher nicht möglich.

Die Klägerin legte am 24. Januar 2014 Widerspruch ein und machte geltend, sie zahle seit Jahren Ruhensbeiträge an die PBeaKK, um ihre Mitversicherung bei Erreichen der Altersrente wiederaufleben zu lassen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V könne auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden, wer versicherungspflichtig werde durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente. Dies setze voraus, dass unmittelbar vor Eintritt des die Versicherungspflicht begründenden Tatbestandes keine Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung bestanden habe. Diese Voraussetzung sei im Fall der Klägerin bei Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in eine Regelaltersrente nicht erfüllt gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 24. Juni 2008 – B 12 KR 28/07 – sei das Recht auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nur beim erstmaligen Eintritt von Versicherungspflicht aufgrund eines ununterbrochenen Rentenbezuges gegeben.

Die Klägerin hat am 14. April 2014 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben. Sie hat vorgebracht, bei der PBeaKK handele es sich nicht um ein privates Krankenversicherungsunternehmen, sondern um eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts, die für sie eine ausreichende Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB V biete. Deshalb sei die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BSG auf ihren Fall nicht anwendbar. Sie habe den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR nur in den ersten drei Monaten des Jahres 2014 stellen können, da die ruhende Mitversicherung in der PBeaKK erst zum 1. Januar 2014 wieder aufgelebt sei. Außerdem habe der Umstand, dass die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Mai 2004 zunächst nur befristet gewährt worden sei, einen Wechsel zur PBeaKK verhindert.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2014 festzustellen, dass sie - die Klägerin - von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V als Rentnerin bei der Beklagten befreit wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert, die PBeaKK weise in ihrer Mitgliedschaftsbescheinigung vom 3. Dezember 2013 selbst darauf hin, dass sie keine gesetzliche Krankenkasse im Sinne des § 4 SGB V, sondern eine Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost sei. Die von der Klägerin angeführte Ruhensvereinbarung zur Mitgliedschaft bei der PBeaKK sei somit lediglich mit einer Anwartschaftsversicherung vergleichbar, um die Möglichkeit der Wiederaufnahme zu gewährleisten. Schließlich trage sie selbst vor, dass der Bestand der Postbeamtenkrankenkasse im Rahmen der Postreform II seit dem 1. Januar 1995 in ihrem Bestand geschlossen sei. Das heiße, es könnten keine Mitglieder mehr neu aufgenommen werden. Da eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR aufgrund des unzweifelhaften Fristablaufs gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 SGB V nicht mehr in Frage komme, bliebe nur ein Kassenwechsel im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten der §§ 173 bis 175 i.V.m. § 4 SGB V. Eine Wechselmöglichkeit zur PBeaKK oder einem (anderen) privaten Versicherungsunternehmen bestehe jedoch nicht.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 4. Juli 2016 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin gehöre nicht zu dem Personenkreis, dem durch die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V eine Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht eingeräumt werde. Die Versicherungspflicht sei nicht erst aufgrund der Zahlung der Regelaltersrente, sondern bereits mit dem Bezug der Erwerbsminderungsrente ab 1. Mai 2004 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin unstreitig nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 8 Abs. 2 S. 1 SGB V von ihrem Befreiungsrecht Gebrauch gemacht. Ein erneutes Befreiungsrecht bei Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente bestehe nicht. Für einen durchgehenden Versicherungspflichttatbestand ohne erneute Befreiungsmöglichkeit sprächen sowohl der Wortlaut der Vorschrift als auch systematische und historische Gründe. Nach den Vorschriften über die Versicherungspflicht der Rentner begründe die zu Beginn eines Rentenbezugs eintretende Versicherungspflicht einen dauerhaften Status der Zugehörigkeit zum System der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Zugehörigkeit entfalle bei fortdauerndem Rentenbezug nicht beim Übergang von der einen zu einer anderen Rentenart. Die Vorschrift könne nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut vielmehr – sowohl im Hinblick auf den Wechsel einer Rentenart als auch in Fällen anderer Versicherungspflichtigkeit bereits vor Eintritt der Regelaltersrente – nur so verstanden werden, dass sich die Voraussetzung des Versicherungspflichtigwerdens auf den erstmaligen Eintritt von Versicherungspflicht beziehe (BSG, Urteil vom 27. April 2016 – B 12 KR 24/14 R -, juris). Die innerhalb der Frist des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB V sodann zu treffende Entscheidung für oder gegen eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung könne nicht widerrufen werden. Mit der Befreiung von der Versicherungspflicht werde in der Regel und auf Dauer der Ausschluss vom System der gesetzlichen Krankenversicherung gewählt. Den Sinn einer solchen Statusentscheidung würde es widersprechen, trotz fortlaufenden Rentenbezugs nur wegen der Änderung der Rentenart eine neue Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen und einen erneuten Statuswechsel zuzulassen (BSG, Urteil vom 24. Juni 2008 – B 12 KR 28/07 R -, juris). § 8 SGB V solle vielmehr (nur) ermöglichen, dass ein bestehender (in der Regel) privater Krankenversicherungsschutz aufrechterhalten werden könne, obwohl aufgrund eines der in § 8 Abs. 1 SGB V aufgezählten Ereignisse an sich und erstmalig Versicherungspflicht eintrete (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. November 2014 – L 1 KR 138/13, juris, Rn 23 mwN). Gestützt werde dieses Verständnis der Vorschrift durch die Gesetzeshistorie. Mit § 8 SGB V seien die Vorgängervorschriften der §§ 173 a bis 173 f Reichsversicherungsordnung (RVO) weitgehend inhaltlich übernommen und zusammengefasst worden (BT-Drs. 11/2237, S. 160). Gemäß § 173 a RVO habe sich von der Versicherungspflicht befreien lassen können, wer bei einem Krankenversicherungsunternehmen versichert gewesen sei und Leistungen erhalten habe, die der Art nach denjenigen der Krankenhilfe entsprochen hätten. Zwar setze § 8 SGB V nicht mehr voraus, dass eine anderweitige Absicherung durch eine private Krankenversicherung bestehe. Insofern könne die PbeaKK als adäquate anderweitige Absicherung im Krankheitsfall in Betracht kommen. Die grundsätzliche Eignung der PBeaKK ändere jedoch nichts am Fristversäumnis. Weil es sich bei der PbeaKK um eine soziale Absicherung sui generis und nicht um eine gesetzliche Krankenkasse handele, komme auch nicht alternativ ein von der Klägerin ohnehin nicht ausdrücklich beantragter Krankenkassenwechsel nach den Vorgaben der §§ 173-175 SGB V i.V.m. § 4 SGB V in Betracht.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 12. Juli 2016 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die am 28. Juli 2016 bei Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie macht weiterhin geltend, sie habe den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht erst stellen können, nachdem ihr die Altersrente bewilligt worden sei. Zuvor habe das Arbeitsverhältnis wegen der befristeten Erwerbsminderungsrenten lediglich geruht. Von einer Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Bei einem Wechsel der Rentenart entstehe ein neues Antragsrecht auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Ihre Vermögensdisposition, sich durch monatliche Beitragszahlungen in Höhe von zuletzt 23,90 EUR einen zukünftigen Leistungsanspruch gegenüber der PBeaKK zu erhalten, müsse respektiert werden. Sie habe den Nachweis einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall erbracht. Es bestehe auch keinerlei Schutzbedürfnis für die Beklagte, da keine Versicherungslücken oder Beitragsrückstände zu befürchten seien. Das vom Sozialgericht in Bezug genommene Urteil des BSG vom 24. Juni 2008 – B 12 KR 28/07 R – sei schon deswegen nicht anwendbar, weil es sich in dem dortigen Fall um einen Wechsel in eine private Krankenversicherung gehandelt habe, nicht jedoch um einen Wechsel in die PBeaKK. Vor dem Hintergrund der laufenden Beitragszahlungen in die PBeaKK sei das durch Art. 14 Grundgesetz (GG) geschützte Eigentumsrecht zu berücksichtigen. Auf diese besondere Fallkonstellation sei das BSG in den vom Sozialgericht zitierten Entscheidungen nicht eingegangen. Ein sachlicher Grund für § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V sei, dass die Befreiungsmöglichkeit auch unter dem Blickwinkel der Statuskontinuität in diesem Stadium Sinn mache, wenn sich der Betroffene bereits zuvor außerhalb der GKV privat oder im Rahmen eines anderen öffentlich-rechtlichen Mitgliedschaftsverhältnisses gegen Krankheit abgesichert und daran interessiert gewesen sei, diese Absicherung auch als Rentner aufrecht zu erhalten. Sie habe wegen des Bezuges der Erwerbsminderungsrente zuvor eine andere Statusentscheidung gar nicht treffen können.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 4. Juli 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung unter Berücksichtigung der hier maßgeblichen Rechtsvorschriften und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die rechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil vom 4. Juli 2016 Bezug.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin ist lediglich ergänzend auszuführen:

Von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung als Rentner kann sich nicht befreien lassen, wer bereits zuvor der Versicherungspflicht aus anderen Gründen unterlag. Auch wenn der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V "auf Antrag wird von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig wird" die Auslegung zulassen mag, die Vorschrift könne auch ein Antragsrecht für Personen eröffnen, bei denen kraft geänderter äußerer Umstände lediglich ein anderer (neuer) die Versicherungspflicht in der GKV auslösender Tatbestand eintritt, spricht hiergegen allerdings die Systematik der Norm. § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V folgt unmittelbar auf die Befreiungstatbestände des § 8 Abs. 1 Nrn 1, 1a, 2, 2a und 3 SGB V. Nach allen diesen, der vorliegend anzuwendenden Vorschrift vorangestellten Regelungen bestand jeweils unmittelbar vor Beginn der Versicherungspflicht keine Versicherungspflicht in der GKV. Die Regelungen betreffen Beschäftigte, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren und für die erst eine Änderung der Jahresarbeitsentgeltgrenze die Versicherungspflicht begründet (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld, die vor dem Leistungsbezug nicht in der GKV versichert waren (§ 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V) und nicht voll Erwerbstätige während der Elternzeit, die aufgrund der Reduzierung ihrer Arbeitszeit versicherungspflichtig werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht können seit dem 1. Januar 2012 auch Personen während einer Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegezeitgesetz stellen, wenn sie durch Herabsetzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit unter die Versicherungspflicht in der GKV fallen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2a SGB V). Allen diesen Befreiungstatbeständen gemeinsam ist, dass die Antragsteller vor dem Eintritt der Versicherungspflicht nicht versicherungspflichtig in der GKV waren. Auch die Befreiungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V setzt eine vorangegangene Versicherungsfreiheit voraus, indem sie eine seit mindestens fünf Jahren wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze bestehende versicherungsfreie Beschäftigung verlangt.

Der Befreiungstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V schließt an diese Vorschriften unmittelbar an. Gründe dafür, die Vorschrift in einem erweiterten Sinne zu verstehen und eine darüber hinausgehende Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht in der GKV schon aufgrund eines neuen, die Versicherungspflicht begründenden Tatbestandes zu schaffen, obwohl der Antragsteller zuvor bereits in der GKV pflichtversichert war, sind nicht ersichtlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat den überzeugenden Ausführungen des BSG im Urteil vom 27. April 2016 – B 12 KR 24/14 R -, juris, Rn 18-20) inhaltlich uneingeschränkt an.

Auch die Entstehungsgeschichte und der darin zum Ausdruck kommende Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen ein Befreiungsrecht im Sinne der Vorstellungen der Klägerin. So spricht die Gesetzesbegründung zumindest dafür, dass das Gesetz für den Befreiungstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V als Ersatz für den früheren § 173 a Abs. 1 RVO auch weiterhin das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht bis zum Eintritt einer solchen voraussetzte: Nach § 173 a Abs. 1 RVO aber konnte sich von der Versicherungspflicht in der GKV nur befreien lassen, wer bei einem privaten Versicherungsunternehmen krankenversichert und damit nicht in der GKV versicherungspflichtig war. Lediglich die frühere Regelung, dass "die Befreiung den – auch nur vorübergehenden – Abschluss einer privaten Krankenversicherung voraussetzt, die der Art nach den Leistungen der Krankenhilfe entspricht" sollte von den durch das SGB V geschaffenen Neuregelungen nicht übernommen werden (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, BT-Drucks 11/2237 S 160 zu § 8). Dafür, dass mit der den früheren § 173 a Abs. 1 RVO ersetzenden Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nun hinausgehend über das alte Recht eine erweiterte Befreiungsmöglichkeit für bereits in der GKV Pflichtversicherte geschaffen werden sollte, die nur aufgrund eines anderen (neuen) die Versicherungspflicht begründenden Tatbestandes versicherungspflichtig werden, gibt es keine Anhaltspunkte (BSG, a.a.O., Rn 23).

Auch der Sinn und Zweck der Regelung spricht nicht für das von der Klägerin begehrte Befreiungsrecht. Typischerweise profitieren Versicherte gerade von einer auf die Versicherung als Beschäftigter unmittelbar folgenden und für die Versicherten günstigen Mitgliedschaft als Rentner in der GKV. Eine Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht in der GKV macht regelmäßig nur Sinn für Versicherte, die zuvor bereits privat gegen Krankheit versichert waren, denn diese hatten mit ihren Beiträgen Rückstellungen zur Finanzierung einer privaten Absicherung gegen die für den einzelnen Versicherten im Alter üblicherweise höheren Krankheitskosten gebildet. Dies war bei der Klägerin jedoch nicht das Motiv ihres angestrebten Wechsels in eine andere Form der Absicherung gegen Krankheit. Ihr Plan war offenbar von vornherein darauf gerichtet, erst mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze in die PBeaKK zu wechseln und sich nur für diesen Zeitpunkt das Wiederaufleben der Mitversicherung in der PBeaKK durch den monatlichen Ruhensbeitrag zu sichern. Im Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2013 hat sie von der günstigen Mitgliedschaft in der KVdR profitiert. Hätten die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht am 1. Mai 2004 vorgelegen und wäre es der Klägerin erst ab Erreichen der Regelaltersgrenze möglich gewesen, die Mitversicherung wiederaufleben zu lassen, hätte sich die Klägerin privat gegen Krankheit versichern müssen. Allerdings läge in diesem Fall kein rechtlich anzuerkennender Hinderungsgrund vor, ein gesetzlich zustehendes Befreiungsrecht ab Rentenbeginn am 1. Mai 2004 fristgerecht in Anspruch zu nehmen. Auch der Umstand, dass es sich jeweils um die Gewährung von befristeten Renten wegen Erwerbsminderung gehandelt hat, hätte einer Befreiung von der Versicherungspflicht ab 1. Mai 2004 grundsätzlich nicht im Wege gestanden. Nur wenn unmittelbar vor Rentenbeginn am 1. Mai 2004 Versicherungspflicht aufgrund eines anderen Versicherungspflichttatbestandes vorgelegen hätte, z.B. aufgrund einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V) oder wegen des Bezuges von Krankengeld als Lohnersatzleistung, hätte dies einem Befreiungsrecht entgegen stehen können, weil dann nicht erstmals durch den Bezug der Rente Versicherungspflicht in der GKV eingetreten wäre.

Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum grundrechtliche Erwägungen hier zu einer anderen Auslegung des § 8 SGB V zwingen sollten. Die Klägerin ist durch die Versicherungspflicht in der KVdR insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Die Eigentumsgarantie sichert nur den konkreten Bestand an vermögenswerten Rechten (vgl. BVerfGE 98, 365, 401). Art. 14 GG schützt nicht das Vermögen als solches. Die bloße Erwartung, die Zahlung von Ruhensbeiträgen zur Aufrechterhaltung der Mitversicherungsmöglichkeit in der PBeaKK werde in ferner Zukunft tatsächlich einmal dazu führen, dass die Versicherung in Anspruch genommen werden kann, ist keine zu verfassungsrechtlichem Eigentum verfestigte Rechtsposition. Dass die gezahlten Ruhensbeiträge an die PBeaKK jetzt für die Klägerin entwertet sind, beruht allein auf ihrer rechtlichen Fehleinschätzung, sie könne unabhängig vom vorangegangenem Versicherungsstatus in jedem Fall mit Beginn der Regelaltersrente von der Versicherungspflicht in der KVdR befreit werden. Diese Möglichkeit hätte jedoch – wie oben aufgezeigt wurde – selbst dann nicht bestanden, wenn sie bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in einem Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt pflichtversichert gewesen wäre oder einen anderen Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 SGB V erfüllt hätte. Rechtliche Fehleinschätzungen werden nicht vom Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst und geschützt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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