S 31 R 61/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 31 R 61/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 236/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 02.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Beschäftigung ab 01.04.2005 für die Beigeladene zu 1. von der Versicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 01.04.2005 bis 30.06.2015 für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1.

Der Kläger ist ausgebildeter Architekt und war in der streitigen Zeit als Trainee/Consultant im Bereich Valuation bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt.

Der Kläger ist seit dem 03.12.2003 Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und seit dem 01.01.2004 Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

Für eine vorherig ausgeübte Tätigkeit bei F. und G. Architekten war er mit Bescheid vom 04.01.2002 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden.

Am 20.03.2015 beantragte der Kläger die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht wegen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. bei der Beklagten. Er legte ein Aufgabenprofil dieser Tätigkeit, eine Bestätigung des Beigeladenen zu 2. über die dortige Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 3. vom 27.04.2015, den Anstellungsvertrag mit der Beigeladenen zu 1. vom 09.02.2005/04.02.2005 und 04.07.2005 nebst Anlagen vor.

Mit Bescheid vom 02.06.2015 lehnte die Beklagte die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ab, weil es sich bei der Beschäftigung des Klägers für die Beigeladene zu 1. um keine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt handeln würde. Es müsse ein innerer Zusammenhang zwischen der Tätigkeit, für die die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht begehrt werde und dem Versicherungsschutz durch die berufsständige Versorgungseinrichtung bestehen. Die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sei tätigkeitsbezogen. Berufsspezifisch sei eine Tätigkeit, die dem typischen durch die Hochschulausbildung und dem entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Betreffenden entspreche. Das Leistungsbild des Architekten sei in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAL) genau definiert. Es umfasse für die Gebäudeplanung und Realisierung die Leistungsphasen der Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung, Objektbetreuung und Dokumentation. Ausweislich der Stellenausschreibung bestehe die Aufgabe des Klägers als Consultant der Abteilung Valuation vorwiegend in der Bewertung von Immobilienportfolios und Einzelimmobilien im Zusammenhang mit Investmenttransaktionen, Bilanzierungen und Finanzierungsfragen für internationale und deutsche Kunden des Auftraggebers. Nach der Gesamtschau der dem Kläger übertragenen Aufgaben entspreche die Tätigkeit nicht dem berufsspezifischen Bild eines Architekten. Für diese sei weder die Ausbildung zum Architekten erforderlich noch würden berufsspezifische Tätigkeiten ihr das Gepräge geben. Die Tätigkeit selbst setze objektiv nicht zwingend die Qualifikation als Architekt voraus. Aus der Stellenausschreibung sei ersichtlich, dass die Tätigkeit auch von anderen Berufsgruppen ausgeübt werden könne. Das abgeschlossene Studium der Architektur sei zwar von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich. Allein der Umstand, dass es sich um eine für Architekten zulässige Tätigkeit handele, mache diese noch nicht zu einer berufsspezifischen. Eine wirksame Befreiung könne nicht aus dem Befreiungsbescheid vom 04.01.2002 hergeleitet werden, da diese sich ausschließlich auf die konkrete Tätigkeit, für die sie beantragt worden sei, bezogen habe. Sie sei bereits mit der Aufgabe der Tätigkeit als Architekt bei F. und G. Architekten in B-Stadt unwirksam geworden. Aus dem Ergebnis früherer Betriebsprüfungen könne sich eine materielle Bindungswirkung nur dann und insoweit ergeben, als Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt konkret festgestellt worden seien. Hiervon ausgehend habe das Bundessozialgericht bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen das Bestehen einer Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer beziehungsweise eines Vertrauen begründeten Verwirkungsverhaltens des prüfenden Versicherungsträgers verneint.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 29.06.2015. Er leitete einen Anspruch auf Befreiung bereits aus dem Bescheid vom 02.12.2001 her. In diesem Bescheid fehle jegliche Bezugnahme auf eine Tätigkeit. In dem Bescheid heiße es: "Die Befreiung gilt für die oben genannte und weitere berufsspezifische Beschäftigung/Tätigkeiten, solange hierfür eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständigen Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer besteht und solange Versorgungsabgaben beziehungsweise Beiträge in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären." Dementsprechend beziehe sich der Bescheid schon seinem Wortlaut nach ausdrücklich auf sämtliche Architektentätigkeiten von ihm. Auch sei die im Bescheid vom 02.06.2015 wiedergegebene Beschreibung des Leistungsbildes des Architekten unvollständig. Zu den klassischen Architektentätigkeiten gehöre auch die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken als Sachverständiger. Ohne Belang sei es im Übrigen, dass nach der Stellenanzeige auch andere Personen als Architekten diese Tätigkeit ausüben könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts komme es allein darauf an, ob die Tätigkeit auch vom Architekten ausgeübt werden könne und zu dem klassischen Berufsbild zähle. Dies sei hier der Fall.

Am 08.01.2016 erging zurückweisender Widerspruchsbescheid. Es wurden die im Bescheid vom 02.06.2015 dargelegten Argumente im Wesentlichen wiederholt.

Am 08.02.2016 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben, mit der er die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. ab 01.04.2005 begehrt. Neben den bereits dargelegten Argumenten im Widerspruch vom 29.06.2015 verwies der Kläger darauf, dass seine Tätigkeit im Rahmen einer im Jahre 2008 durchgeführten Betriebsprüfung wie folgt beschrieben worden sei: planungs- und baurechtliche Analyse von Bestandsgebäuden und unbebauten Grundstücken, Ausführung von Objekt-/Markt/Standortanalysen, Entwicklung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Umnutzungsszenarien, Erstellung von Wertgutachten nach nationalen und internationalen Wertermittlungsstandards für private und institutionelle Investoren sowie Hypothekenbeziehungsweise Investmentbanken. Auch nach der Betriebsprüfung im Jahre 2008 habe sich nichts an der Abführung von Sozialversicherungsabgaben im Hinblick auf seine Tätigkeit geändert. Insbesondere seien weiterhin Beiträge zur Altersversorgung an die Beklagte nicht sondern an die Beigeladene zu 2. abgeführt worden. Als Reaktion auf die sogenannten Syndikusurteile des Bundessozialgerichts habe die Beigeladene zu 1. zum 01.01.2015 die Abführung der Beiträge für die Altersvorsorge geändert und fortan in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Daraufhin habe er sich veranlasst gesehen, bei der Beklagten um eine Bestätigung zu bitten, dass die Befreiung, wie sie im Bescheid vom 02.12.2001 erteilt worden sei, weiterhin fortbestehe.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Beschäftigung ab 01.04.2005 zuzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen ihre Argumente im Widerspruchsbescheid wiederholt.

Mit Beschluss vom 23.08.2016 wurde die E. GmbH und das Versorgungswerk der Architektenkammer in NRW und mit Beschluss vom 01.11.2016 die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen dem Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene zu 1. hat keinen anderen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 2. hat darauf hingewiesen, dass nach § 1 Abs. 1 BauKaG NRW die Berufsaufgabe der Architekten und Architektinnen eine gestaltende, technische, energetische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken sei. Gemäß § 1 Abs. 5 BauKaG NRW gehöre zu den Berufsaufgaben auch die Beratung, Betreuung und Vertretung des Auftraggebers oder der Auftraggeberin in den mit der Planung und Ausführung eines Vorhabens zusammenhängenden Angelegenheiten sowie die Überwachung der Ausführung. Zu den Berufsaufgaben gehörten auch Sachverständigen-, Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie Dienstleistungen bei der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Baumaßnahmen und bei der Nutzung von Bauwerken und die Wahrnehmung von sicherheits- und gesundheitstechnischen Belangen. Einen eigenen Antrag hat sie nicht gestellt.

Die Beigeladene zu 3. hat ebenfalls keinen eigenen Antrag gestellt. Sie ist der Ansicht, dass die im Aufgabenprofil Teamleiter Office/Logistics, Businessline Valuation aufgeführten inhaltlichen Aufgaben Schwerpunkte der Berufsaufgaben der Architekten und Architektinnen gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 5 BauKaG NRW darstellen würden.

Die Verwaltungsakte wurde dem Verfahren beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachverhaltsaufklärung und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte vorliegend durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Rechtsstreit keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und das Gericht den Sachverhalt als geklärt ansieht.

Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig und begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie rechtswidrig sind.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich seiner Tätigkeit als Teamleiter/Office/Logistics, Businessline Valuation bei der Beigeladenen zu 1.

Grundsätzlich sind gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI). Von der Versicherungspflicht werden Beschäftigte für die Beschäftigung befreit, wegen der sie aufgrund einer durch das Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtungen Mitglied einer öffentlich rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständige Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständigen Kammer sind, wenn am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständigen Kammer bestand, für die nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständigen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständigen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist in die Architektenliste eingetragen und Pflichtmitgliedschaft in der für ihn maßgeblichen berufsständigen Kammer, der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, der Beigeladenen zu 3. und der Beigeladenen zu 2. als dementsprechendem Versorgungswerk.

Auch ist der Kläger gerade wegen der hier zu beurteilenden Beschäftigung Pflichtmitglied bei der Beigeladenen zu 2. und der Beigeladenen zu 3. Nach Überzeugung der Kammer besteht der erforderliche tätigkeitsbezogene innere Zusammenhang zwischen der Beschäftigung des Klägers und der Mitgliedschaft.

Die Beschäftigung des Klägers besteht in der Ausübung einer praktischen Tätigkeit im Aufgabenbereich des Architekten. Der Aufgabenbereich des Architekten ist zunächst in § 1 Abs. 1 und Abs. 4 Architektengesetz dargestellt. Damit ist die Berufsaufgabe der Architekten in gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken, die Beratung, Betreuung und Vertretung des Auftraggebers oder Dienstherrn in allen die Planung, Ausführung und Überwachung eines Vorhabens betreffenden Angelegenheiten unter Beachtung der die Sicherheit der Nutzer und der Öffentlichkeit betreffenden Gesichtspunkte. Zu den Berufsaufgaben können auch Sachverständigen-, Forschungs-, Lehr- und Entwicklungstätigkeiten sowie sonstige Dienstleistungen bei der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Baumaßnahmen, bei der Nutzung von Bauwerken sowie die Wahrnehmung der damit verbundenen sicherheits- und gesundheitstechnische Belange gehören, ebenso Überwachungstätigkeiten im Hinblick auf die Einhaltung öffentlich rechtlicher Vorschriften. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die Tätigkeit des Klägers als berufsspezifische Architektentätigkeit einzustufen. Seine konkrete Tätigkeit ist gekennzeichnet durch die Erstellung von planungs- und baurechtlichen Analysen von Bestandsgebäuden und unbebauten Grundstücken, der Ausführung von Objekt-/Mark-/Standortanalysen, der Entwicklung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Umnutzungsarten sowie der Erstellung von Wertgutachten nach nationalen und internationalen Wertermittlungsstandards laut Stellenaufgabenprofil, wie von der Beigeladenen zu 1. vorgelegt. Damit übt der Kläger eine berufsspezifische Architektentätigkeit hauptsächlich in Gestalt einer Sachverständigentätigkeit aus. Er bewertet Immobilienportfolios und Einzelimmobilien im Zusammenhang mit Investmenttransaktionen, Finanzierungen und Finanzierungsfragen für nationale und internationale Kunden, wie auch im Widerspruchsbescheid dargelegt.

Dieser Einstufung als Architektentätigkeit steht nicht entgegen, dass in der Stellenbeschreibung angegeben wird, dass die Stelle ebenfalls von Personen mit einem abgeschlossenen wirtschaftswissenschaftlichen oder immobilienökonomischen Studium besetzt werden kann. Das Merkmal der berufsspezifischen Tätigkeit setzt nicht voraus, dass ausschließlich und zwingend diese Tätigkeiten nur von einem Architekten ausgeübt werden kann. Wie schon vom Sozialgericht Duisburg im Urteil vom 18.01.2013 – S 37 R 777/11 und Sozialgericht Reutlingen im Gerichtsbescheid vom 14.06.2016 – S 8 R 985/14 – ausgeführt gibt es wesensverwandte Berufsgruppen, deren Tätigkeitsprofil naturgemäß Überschneidungen aufweist. Solche Überschneidungen können gerade auch im Bereich von Sachverständigentätigkeiten mit anderen Berufen auftreten. Wie die Beigeladene zu 2. und zu 3. zu Recht dargelegt haben, sind die inhaltlichen Aufgabenschwerpunkte im Aufgabenprofil Berufsaufgaben der Architekten nach § 1 Abs. 1 und Abs. 5 BauKaG NRW, wozu die planungs- und baurechtliche Analyse von Bestandsgebäuden und unbebauten Grundstücken sowie die Ausführung von Objekten und Standortanalysen und auch der Aufgabenschwerpunkt Entwicklung mit Wirtschaftlichkeitsberechnung von Umnutzungsszenarien gehört. Weiter hat die Beigeladene zu 3. darauf hingewiesen, dass in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure der Aufgabenschwerpunkt Entwicklung und Wirtschaftlichkeitsberechnung von Umnutzungsszenarien eine besondere Leistung der Leistungsphase 3 darstellt, die Ausführung von Objekt- und Standortanalysen besondere Leistungen der Leistungsphase 1 sind ebenso wie die Planung von baurechtlicher Analyse von Bestandsgebäuden und unbebauten Grundstücken.

Nach § 1 Abs. 5 BauKaG NRW gehören zu den Berufsaufgaben die Sachverständigentätigkeiten, auch die Erstellung von Wertgutachten. Die Ansicht der Beklagten, dass eine berufsspezifische Tätigkeit nur dann vorliegt, wenn diese Tätigkeit ausschließlich von Architekten ausgeübt werden kann, findet im Gesetz keine Stütze und geht auch an der Arbeitswirklichkeit vorbei. Gerade auch im Bereich der Architektentätigkeit sind Überschneidungen mit anderen Berufsgruppen immer wieder gegeben, jedoch nicht mit der Folge, dass keine berufsspezifische Tätigkeit vorliegt. So hat auch das Sozialgericht München in seinem Urteil vom 12.10.2016, Aktenzeichen: S 15 R 2628/15 zu Recht dargelegt, dass eine Befreiungsvoraussetzung nicht ist, ob die Hochschulausbildung als Architekt zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit ist und ob die Tätigkeit auch Hochschulabsolventen anderer Fachrichtungen zugänglich ist. In dieser Entscheidung ist ausgeführt, dass weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und Art. 3 Abs. 1 Bayerisches BauKaG dies hergeben. Berufsspezifische Tätigkeiten des Architekten könnten auch solche sein, die von verwandten Berufen ebenfalls ausgeführt werden können. Dies lasse sich bereits anhand der Leistungsphase 8 gemäß HOAL entnehmen.

Soweit der Kläger der Ansicht ist, dass die Befreiung bereits aus dem Bescheid vom 02.12.2001 herzuleiten ist, ist ihm zuzugestehen, dass diese Befreiung sich nicht auf eine konkret ausgeübte Tätigkeit bezog. Jedoch ist durch den Bescheid vom 02.06.2015 eine konkludente Aufhebung des Bescheides vom 02.12.2001 erfolgt. Die erforderliche Anhörung wurde dann im Widerspruchsverfahren nachgeholt. Da vorliegend Beiträge zur berufsständigen Versorgungseinrichtung bis 31.12.2014 von der Beigeladenen zu 1. gezahlt wurden und ab 01.01.2015 Beiträge für die Altersvorsorge an die Beklagte erfolgten, der Befreiungsantrag vom 20.03.2015 datiert, wurde er innerhalb der Dreimonatsfrist des § 6 Abs. 4 SGB VI gestellt. Eine frühere Antragstellung war weder möglich noch erforderlich, da die Beiträge wunschgemäß an die Beigeladene zu 2. abgeführt wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt den Verfahrensausgang.
Rechtskraft
Aus
Saved