S 46 AS 2230/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
46
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 46 AS 2230/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Grundsi-cherungsleistungen, hier insbesondere ein höherer Bedarf auf Grund alters- und ge-schlechtsspezifischer Diskriminierung, Rechtsmittelkosten, sowie die Übernahme der Kosten für einen Elektroradiator zum zusätzlichen Beheizen der Wohnung im zweiten Kalenderhalbjahr 2014.

Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 laufend Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von dem Beklagten. Er bewohnt eine 48 qm große Erdgeschosswohnung, bestehend aus einem Kinderzimmer, einem Bad, einer Küche welche ohne Tür mit dem Flur verbunden ist, ei-nem Wohnzimmer und einem Schlafzimmer. Die Wohnung wird mit einer Gasetagenhei-zung beheizt. Die Warmwasserbereitung erfolgt nach Angaben des Klägers jedoch über Strom. Die Gasetagenheizung hat nach den Herstellerangaben eine kleinste Wärmebe-lastung von 8,4 Kilowatt (kW), die elektrische Leistungsaufnahme beträgt 120 Watt (W).

Bereits bei seiner ersten Antragstellung gab der Kläger an, dass er auf Grund seiner per-sönlichen Lebensführung, seiner Anschauungen, sowie seiner genetischen Anlagen einen erhöhten monatlichen Mehraufwand habe. Er berief sich dabei unter anderem auf die UN-Menschenrechte. Hinsichtlich sowohl der höheren Bedarfe, als auch der Heizkosten wurde in der Vergan-genheit bereits eine Vielzahl von Verfahren vor dem hiesigen Sozialgericht und dem Landessozialgericht geführt.

Mit Bescheid vom 23.05.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleis-tungen für den Zeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 391,00 Euro Regelleis-tung und 279,04 Euro für die Kosten der Unterkunft und Heizung (insgesamt: 670,04 Eu-ro). Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Mit Änderungsbescheid vom 04.08.2014 rechnete der Beklagte ein Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung an. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 17.06.2015 hob der Beklagte den Änderungsbescheid vom 04.08.2014 wieder auf und bewilligte die Leistun-gen in ursprünglicher Höhe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2015 setzte der Beklagte die Leistungen ausdrück-lich wieder in ursprünglicher Höhe von insgesamt 670,04 Euro fest und wies den Wider-spruch des Klägers im Übrigen zurück. Hinsichtlich der Höhe der Heizkosten und der Verfassungsmäßigkeit der Bedarfe verwies der Beklagte insoweit auf die abgeschlossenen Gerichtsverfahren.

Mit der dagegen am 19.06.2015 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren wei-ter. Er trägt vor, dass junge Menschen einen höheren Ernährungsbedarf haben als ältere, sowie Männer einen höheren Bedarf als Frauen. Dies sei wissenschaftlich erwiesen. Auch sei die Unterscheidung zwischen Arbeitslosengeld und der bis 2004 bestehenden Arbeitslosenhilfe unzulässig. Ebenso unzulässig sei die Unterscheidung zwischen Ar-beitslosengeld und Arbeitslosengeld II. Das Handeln des Beklagten verstoße gegen hö-herrangiges Recht, insbesondere gegen die UN-Menschenrechte. Seine Heizkosten inklusive des Betriebes des Elektroradiators seien angemessen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 23.05.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.08.2014 und 17.06.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 abzuändern und den Beklagten zur Gewährung weiterer Leistungen zu verurtei-len.

Der Kläger beantragt dabei insbesondere:

1. Ich beantrage, meine dokumentierte Inbetriebnahme meines Elektroradiators "Baufa 1500 Watt Type ERST 15, Nr. 316088" meine tatsächlichen Heizkosten vollumfänglich zu erstatten. Dies ist ein Volumen von 270 kw/h

2. Ich beantrage, die Entscheidungen des LSG NRW als Beweis hinzuzuziehen u.a. Urteil L 2 AS 273/14, L 2 AS 564/14, L 2 AS 798/14 und L 2 AS 800/14.

3. Ich beantrage, das Sitzungsprotokoll vom 23.09.2014 und die entsprechen-den späteren anderslautenden Entscheidungen des LSG NRW als Beweis hinzuzuziehen u.a. die Sitzungsprotokolle zu denselben Aktenzeichen, wie zu den Urteilen unter 2. genannt.

4. Beantrage ich einen Schadensersatz gem. § 823 BGB und 839 BGB sowie auch einen immateriellen Schaden nach § 253 BGB. Außerdem fordere ich Schmerzensgeld (§ 847 BGB).

5. Ich beantrage, die verfassungswidrigen Diskriminierungen bei der Ernährung bzw. Diskriminierung von Männern/jungen Menschen gegenüber Frau-en/älteren Menschen bei der Ernährung durch die nichtbedarfsgerechte/nicht transparente Grundsicherung SGB II Regelleistung zu unterlassen. Ich ma-che begründet höhere Leistungen geltend.

6. Ich beantrage, die fehlende Transparenz insbesondere der Referenzgruppe der Einkommens- und Verbraucherstichprobe und die Streichungen von Ta-bak und Alkohol zu unterlassen.

7. Ich beantrage es zu unterlassen, an dem verfassungswidrigen Handeln, ver-fassungswidrigen Diskriminierungen festzuhalten.

8a. Ich beantrage, dass das Handeln (die Bescheidungen) der Beklagten und das Handeln Deutschlands in Übereinstimmung mit den Zielen und Grunds-ätzen der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stehen, weil Deutsch-land sich in der Schlussakte der KSZE unter VII dazu verpflichtet hat, dass sein Handeln in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der all-gemeinen Erklärung der Menschenrechte steht.

8b. Ich beantrage es zu unterlassen, dass das Handeln Deutschlands nicht in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der allgemeinen Erklä-rung der Menschenrechte steht.

9. Ich beantrage, die Unterscheidung ALG und ALG II bzw. die Diskriminierung der sogenannten Langzeitarbeitslosen zu unterlassen. Ich beantrage, alle Ar-beitslosen gleich zu behandeln, abzusichern und die widerrechtlichen Sank-tionsandrohungen und Sanktionen zu unterlassen.

9a. Ich beantrage eine Erstattung meiner Rechtsmittelkosten. Ich beantrage Kos-tenfestsetzung und mache Schadensersatzansprüche geltend.

10. Ich beantrage die Verfahren gem. § 100 Abs. 2 Grundgesetz auszusetzen und an das zuständige Bundesverfassungsgericht zu verweisen, weil es um Völkerrecht/Schlussakte der KSZE geht, weil sich Deutschland in der Schlussakte der KSZE unter VII dazu verpflichtet hat, dass sein Handeln mit den Zielen und Grundsätzen der allgemeinen Erklärung der Menschen-rechte im Einklang steht und Deutschland/Jobcenter dieser Verpflichtung aus der Schlussakte der KSZE unter VII zuwider handelt.

11. Ich beantrage, meine gesamten schriftlichen Einreichungen/Anträge zu be-rücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist bei seiner im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vertretenen Auffassung verblieben und verweist auf die Ausführungen in den vorangegangenen Verfahren so-wie im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Der Kläger hat eine Übersicht über die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr einge-reicht. Hinsichtlich des Betriebes des Elektroradiators zum Beheizen der Wohnung hat der Kläger eine Aufstellung zu den Akten gereicht, wann und wie lange er im Zeitraum ab Januar 2015 den Radiator benutzt hat. Zudem hat er Erklärungen seiner Mutter und seiner Brü¬der eingereicht, ausweislich derer der Kläger auch mit dem Elektroradiator ge-heizt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Be-zug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene, insgesamt zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid vom 23.05.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.08.2014 und 17.06.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 ist rechtmäßig. Der Kläger wird durch diesen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt, § 54 Abs. 2 Sozial-gerichtsgesetz (SGG).

Die Höhe der von dem Beklagten übernommenen Kosten für die Unterkunft und Hei-zung im hier streitgegenständlichen Zeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2014 sind nicht zu beanstanden.

Die Wohnung des Klägers ist mit einer Gasetagenheizung ausgestattet. Die Abschläge für die Gasversorgung werden in voller Höhe übernommen. Für den Betriebsstrom der Gasheizung wird zusätzlich ein Anteil von 5% der Heizkosten übernommen. Dies entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.09.2016, Az.: L 31 AS 300/15; LSG Nordrhein-Westfalen, Ur-teil vom 19.02.2013, Az.: L 2 AS 2081/12; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 10.06.2016, Az.: L 11 AS 1788/15 m.w.N. Auch das Bundessozialgericht ver-weist darauf, dass die Kosten für den Betriebsstrom mangels eigenen Zählers einer Schätzung zugänglich sind, und dass ein Anteil von 4 – 10% der Brennstoffkosten eine mögliche Rechenweise für die Schätzung darstellt: BSG, Urteil vom 03.12.2015, Az.: B 4 AS 47/14 R).

Die Übernahme der Kosten für den Elektroradiator kommt daneben nicht in Betracht. Zum einen ist die Wohnung mit einer Gasetagenheizung ausgestattet. Wenn diese nicht ausreicht, um die Wohnung komplett zu beheizen, muss sich der Kläger an seinen Ver-mieter wenden. Auch das Fehlen eines Heizkörpers im Flur und in der Küche führt nicht zu einem Anspruch auf Kostenübernahme durch den Beklagten. Aus der Tatsache, dass das Landessozialgericht in einem der Sitzungsprotokolle der früheren Verfahren festge-halten hat, dass ein Anspruch darauf bestehe, die gesamte Wohnung zu beheizen, ergibt sich insoweit nichts anderes. Aus den von dem Kläger eingereichten Protokollen über den Betrieb des Elektroradiators in anderen Streitzeiträumen (hier: ab 2015, im Pa-rallelverfahren S 46 AS 4050/14 auch für den früheren Zeitraum Januar bis März 2014) ergibt sich, dass er den Radiator ausschließlich abends und nachts verwendet hat. Im Verhandlungstermin hat der Kläger zudem angegeben, dass er den Elektroradiator nicht nur in der Küche und im Flur, sondern auch in seinem Arbeitszimmer (das auch als Kin-derzimmer bezeichnet worden ist), im Wohnzimmer und im Schlafzimmer benutzt hat. Die Notwendigkeit des Heizens mit dem Elektroradiator ist zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Denn in der Küche und insbesondere im Flur, in dem man sich nicht dauerhaft aufhält, erschließt sich die Notwendigkeit des Heizens in der Nacht nicht. In den anderen Räumen sind Heizkörper vorhanden, die mit der Gasetagenheizung beheizt werden können. Die insoweit entstehenden Kosten werden von dem Beklagten über-nommen. Zum anderen sind die Kosten für den Betrieb des Elektroradiators nicht nachgewiesen. Zwar hat der Kläger Erklärungen von Familienangehörigen eingereicht, dass er den Ra-diator benutzt habe, aber dies stellt keinen geeigneten Nachweis über die genaue Be-triebsdauer und insbesondere nicht über die dadurch entstandenen Kosten dar. Die blo-ße Behauptung, dass der Elektroradiator einen Betrag X verbrauche und dass deshalb ein Verbrauch von 270 kw/h im hier streitigen Zeitraum gegeben sei, ist zur Überzeugung der Kammer nicht ausreichend, um den tatsächlichen Verbrauch zu belegen.

Die weiteren Anträge des Klägers zu Nr. 2. bis 11. haben ebenfalls keinen Erfolg. Die Urteile und Sitzungsprotokolle des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen liegen vor, für eine weitergehende Beiziehung der in den Anträgen Nr. 2. und 3. genannten und bereits vorliegenden Urteile und Protokolle fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.

Für eine Schadenersatzforderung und Schmerzensgeld (Antrag Nr. 4) besteht keine Zu-ständigkeit des Sozialgerichts. Der Sozialrechtsweg gemäß § 51 SGG ist nicht eröffnet. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden gemäß § 51 Abs. 1 SGG nur über öf-fentlich-rechtliche Streitigkeiten in den unter Nr. 1 – 10 genannten Fällen und gemäß § 51 Abs. 2 SGG über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen und privaten Pflegeversicherung. Eine Scha-denersatzklage kann daher vor dem Sozialgericht keinen Erfolg haben.

Die Anträge Nr. 5. bis 9. sind unzulässig, soweit sie auf die allgemeine Verfassungswid-rigkeit oder auf allgemeine Ansprüche anderer Menschen abstellen. Eine konkrete eige-ne Beschwer des Klägers im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist insoweit nicht ersicht-lich. Soweit der Kläger die Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes (§ 20 SGB II) in Frage stellt und höhere Leistungen begehrt, da er als junger Mann einen höheren Bedarf habe als ältere Menschen oder Frauen, ist die Klage unbegründet. Das Gericht hat an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Regelbedarfes keine Zweifel (vgl. u.a. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2014, Az.: L 2 AS 1866/13, sowie BSG, Urteil vom 28.03.2013, Az.: B 4 AS 12/12 R).

Der Antrag Nr. 9a ist weder zulässig, noch begründet. Rechtsmittelkosten werden nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) übernommen, soweit ein Widerspruch er-folgreich ist. In Klageverfahren werden Kosten nach § 193 SGG erstattet. Die Kostener-stattung erfolgt hierbei konkret für das jeweilige Verfahren. Im vorliegenden Verfahren waren Widerspruch und Klage nicht erfolgreich, so dass eine Kostenerstattung insoweit nicht in Betracht kommt. Eine allgemeine, über § 63 SGB X und § 193 SGG hinausge-hende Erstattung von Rechtsmittelkosten sieht das Gesetz nicht vor.

Dem Antrag Nr. 10 war ebenfalls nicht zu folgen. Gemäß Art. 100 Abs. 2 Grundgesetz hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in ei-nem Rechtsstreit zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bun-desrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass dem Kläger weitere Ansprüche auf Grund völkerrechtliche Bestimmungen nicht zustehen.

Antrag Nr. 11 ist gegenstandslos, da alle Anträge des Klägers berücksichtigt worden sind. Sämtliche Schriftsätze und Anträge waren ohnehin Gegenstand des Verfahrens, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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