S 48 R 1545/18 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
48
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 48 R 1545/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 411/19 BER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der von dem Antragsteller am 09.11.2018 sinngemäß gestellte Eilantrag,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 23.08.2018 anzuordnen und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, den in Folge der Verrechnung einbehaltenen Betrag in Höhe von 338,14 Euro zuzüglich Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 Euro zu gewähren,

hat keinen Erfolg.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei-ner Klage gegen den Bescheid vom 23.08.2018 nicht glaubhaft gemacht. Gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen weder ernstliche Zweifel noch führt die Vollziehung für den Antragsteller zu einer unbilligen Härte, mithin kommt auch ein Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch nicht in Betracht.

Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Der Entfall der aufschiebenden Wirkung folgt vorliegend aus § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anfor-derung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.

Die Verrechnung stellt eine Anforderung von Beiträgen im Sinne des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG dar.

Gemäß § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG soll die Aussetzung in diesen Fällen erfolgen, in denen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen, wenn auf der Basis einer summarischen Prüfung der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als der Misserfolg. Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen oder ernsthaft dro-hen, die nicht oder nur schwer wiedergutgemacht werden können, sofern sie über die eigentliche Zahlung hinausgehen.

Einem Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache steht hier bereits die Bestandskraft (§ 77 SGG) des Bescheides vom 23.08.2018 zum Zeitpunkt der Klageerhebung entge-gen. Der Bescheid vom 23.08.2018 ist nämlich für die Beteiligten in der Sache bindend geworden, da bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist eine Widerspruchseinlegung durch den Antragsteller nicht erfolgt war.

Darüber hinaus ist vor dem Hintergrund der im Eilverfahren gebotenen, aber auch aus-reichenden summarischen Prüfung nach dem derzeitigen Kenntnisstand der streitige Bescheid vom 23.08.2018 auch materiell-rechtlich nicht offensichtlich rechtswidrig und seine Vollziehung bedeutet für den Antragsteller auch keine unbillige Härte.

Nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) kann der für eine Geldleistung zustän-dige Leistungsträger (vorliegend die Antragsgegnerin) mit der Ermächtigung eines ande-ren Leistungsträgers (vorliegend der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Han-nover) dessen Ansprüche mit der ihm obliegenden Geldleistung (vorliegend Altersrente) verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann mit Beitragsansprüchen – bei der Forderung der Landwirtschaftlichen Berufsge-nossenschaft Hannover handelt es sich um solche Beitragsansprüche – der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zur deren Hälfte auf-rechnen, soweit der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch nicht hilfebe-dürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunter-halt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch wird.

Vorliegend hat der Antragsteller den Nachweis des Eintrittes der Hilfebedürftigkeit – trotz mehrfacher Aufforderung – nicht geführt, sondern sich auf die Regelungen des § 850 c Zivilprozessordnung (ZPO) berufen. Diese finden auf das vorliegende Verfahren jedoch keine Anwendung, da sie bei einer Verrechnung gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I nicht beachtet werden müssen. Mit diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber den Sozial-leistungsträgern nämlich zur Durchsetzung ihrer Beitrags- und Erstattungsforderungen die Möglichkeit eröffnet, ohne Bindung an die Pfändungsgrenzen der ZPO auch mit dem unpfändbaren Teil einer laufenden Geldleistung bis zu deren Hälfte und bis zur Grenze der Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssu-chende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufzurechnen bzw. zu ver-rechnen. Die Regelungen in §§ 52, 51 Abs. 2 SGB I bezwecken eine Privilegierung der Sozialleistungsträger, wenn dem Versicherten bestimmte "systemerhaltende" Gegenan-sprüche (Beitragsansprüche, Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleis-tungen) des zuständigen oder eines anderen Leistungsträgers entgegen gehalten wer-den können.

Hinsichtlich des von dem Antragsteller außerdem geltend gemachten Schmerzensgeld-anspruchs hat der Antrag ebenfalls keinen Erfolg. Für die hierfür erhobene Klage fehlt es mangels Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Sozialgerichten sowohl an einem An-ordnungsanspruch, als auch mangels erkennbarer Eilbedürftigkeit an einem Anord-nungsgrund.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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