L 3 AL 150/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 18 AL 287/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 150/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Bewilligungsbescheid, der aufgehoben worden ist, wird durch einen neuen Bewilligungsbescheid nicht im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG abgeändert oder ersetzt. Denn in dem neuen Bewilligungsbescheid wird über den Anspruch (hier auf Arbeitslosengeld) sowohl hinsichtlich der Leistungsart, der Dauer des Anspruchs als auch der Höhe vollständig neu entschieden.
2. Es verstößt nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass nur die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume bei der Berechnung von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen sind
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 8. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zahlung höheren Arbeitslosengeldes.

Die Klägerin meldete sich mit Schreiben vom 26. September 2014 ab dem 1. Januar 2015 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Die Arbeitsbescheinigung der Y ... GmbH in A ... vom 25. November 2014 weist eine Beschäftigung der Klägerin vom 16. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 2013 als Kaufmännische Leiterin aus. Die Arbeitsbescheinigung der Xgesellschaft ... in W ... vom 8. Dezember 2014 weist eine Beschäftigung vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 als Transferkurzarbeiterin und ein in dieser Zeit erzieltes beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, welches beim Ausscheiden bereits abgerechnet war, in Höhe von 45.914,99 EUR aus. Ausdrücklich wurde erklärt, dass der Monat Dezember zum Austrittszeitpunkt nicht abgerechnet war.

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld für 720 Kalendertage vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Dezember 2016 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 48,40 EUR auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 137,47 EUR.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2015 wandte sich die Klägerin gegen die Höhe des Bewilligungsbescheides, da das Gehalt der Y ... GmbH und nicht das der Transfergesellschaft, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von 7.936,45 EUR und eine Einmalzahlung in Höhe von 12.000,00 EUR Grundlage der Berechnung des Arbeitslosengeldes sein müsse.

Mit Aufhebungsbescheid vom 7. Januar 2015 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 8. Januar 2015 auf, da eine Rehabilitationsmaßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld begann.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2015 zurück. Der Bemessungsrahmen umfasse die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014. Der Bemessungsrahmen sei auf zwei Jahre zu erweitern, wenn es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen. Arbeitsentgelte, die die Beitragsbemessungsgrenze überstiegen, würden sich auf die Höhe des Arbeitslosengeldes nicht auswirken. Der Entgeltabrechnungszeitraum Dezember 2014 gehöre zudem nicht zum Bemessungszeitraum, weil er beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis noch nicht abgerechnet gewesen sei. Im Bemessungszeitraum sei daher in 334 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 45.914,99 EUR erzielt worden, so dass ein durchschnittliches tägliches Entgelt (Bemessungsentgelt) von 137,47 EUR zugrunde zu legen sei. Die Voraussetzungen für die Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre würden nicht vorliegen. Dies wäre nur der Fall, wenn das Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen das um 10 % erhöhte Bemessungsentgelt aus dem einjährigen Bemessungsrahmen übersteigen würde. Das Entgelt aus dem erweiterten Bemessungszeitraum betrage 104.741,99 EUR (= 58.800,00 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 [da die Bemessungsgrenze im Jahr 2013 bei 58.800,00 EUR liege] + 45.914,99 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 30. November 2014) und sei in 699 Tagen erzielt worden. Dies ergebe ein Bemessungsentgelt von 149,84 EUR, was niedriger sei als das um 10 % erhöhte Bemessungsentgelt aus dem regulären Bemessungszeitraum, das heißt niedriger als 151,21 EUR (= 137,47 EUR + 10 %).

Die Klägerin hat am 11. Februar 2015 Klage erhoben (Az.: S 18 AL 84/15). Der Bewilligungsbescheid vom 30. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 sei abzuändern und es sei Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Aufgrund der Tätigkeit in der Transfergesellschaft als Transferkurzarbeiterin sei § 151 Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) anzuwenden und das Einkommen bei der Y ... GmbH nebst Einmalzahlung sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld ohne die Abfindung der Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde zu legen. Dies ergebe ein Bemessungsentgelt in Höhe von 192,41 EUR und nach den entsprechenden Abzügen einen täglichen Leistungssatz von 59,29 EUR, so dass monatlich 326,79 EUR zu wenig bewilligt worden seien.

In einer E-Mail vom 18. Februar 2015, die die "WB [Weiterbewilligung] nach Übergangsgeld" betroffen hat, hat eine Arbeitsvermittlerin der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass sie den Leistungsbezug der Klägerin ab dem 30. Januar 2015 nicht nachvollziehen könne. Denn sie habe am 29. Januar 2015 den Entlassungsschein der Klinik V ... zum Scannen weitergegeben. Die Kur habe vom 8. Januar 2012 bis zum 29. Januar 2015 gedauert. Damit sei die Klägerin ab dem 30. Januar 2015 verfügbar. Die Klägerin sei an einer Auskunft interessiert. Nach dem Entlassungsschein ist die Klägerin als arbeitsfähig entlassen worden.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 20. Februar 2015 Arbeitslosengeld für 713 Kalendertage vom 30. Januar 2015 bis zum 21. Januar 2017 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 48,40 EUR auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgeltes von 137,47 EUR bewilligt.

Den Widerspruch der Klägerin vom 19. März 2015 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2015 als unzulässig zurückgewiesen. Bereits im Verfahren Az. S 18 AL 84/15 werde eine höhere Bewilligung des Arbeitslosengeldes begehrt.

Die Klägerin hat am 23. April 2015 Klage erhoben (Az.: S 18 AL 287/15). Der Widerspruch habe nicht als unzulässig verworfen werden dürfen, da die Bewilligungszeiträume nicht deckungsgleich gewesen seien.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Bescheid vom 20. Februar 2015 um die Wiederbewilligung des am 1. Januar 2015 entstandenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld handele, da die Dauer und Höhe des Anspruchs bereits mit Bewilligungsbescheid vom 30. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 festgestellt worden sei. Da mangels Begründung des erneuten Widerspruches davon auszugehen sei, dass sachliche Identität mit der bereits erhobenen Klage bestehe, seien die maßgeblichen Rechtsfragen in diesem Verfahren zu klären. Der Weiterbewilligungsbescheid sei sachlich und rechtlich zutreffend, soweit er eine weitergehende Regelung enthalte.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2016 die Klage Az.: S 18 AL 84/15 abgewiesen. Die Berechnung des täglichen Leistungsbetrages in Höhe von 48,40 EUR sei zutreffend. Der Bemessungsrahmen umfasse die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014. Jedoch sei der Entgeltabrechnungszeitraum vom 1. Dezember bis zum 31. Dezember 2014 nicht zu berücksichtigen, da dieser beim Ausscheiden noch nicht abgerechnet gewesen sei. In den daher maßgebenden 331 Tagen sei ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 45.914,99 EUR erzielt worden, so dass sich ein tägliches Bemessungsentgelt von 137,47 EUR ergebe.

Das Sozialgericht hat mit weiterem Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2016 die Klage Az.: S 18 AL 287/15 als unzulässig verworfen. Der lediglich den Bewilligungszeitraum abändernde Bescheid vom 20. Februar 2015 sei gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Verfahrens Az.: S 18 AL 84/15 geworden, da er den Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Zeitraums der Unterbrechung abändere.

Gegen den ihr am 21. Juli 2016 zugestellten Gerichtsbescheid Az.: S 18 AL 84/15 hat die Klägerin am 19. August 2016 Berufung (Az.: L 3 AL 149/16) eingelegt. Der Bemessungsrahmen umfasse den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014. Ausweislich des Gesetzestextes sei jedoch das Einkommen von Dezember 2014 fehlerhaft nicht berücksichtigt worden, obwohl dieses gemäß § 151 Abs. 1 Satz 2 SGB III als erzielt gelte. Der Lohn sei immer im Abrechnungsmonat gezahlt worden, so dass nicht maßgebend sein könne, wie die Transfergesellschaft dies zuletzt gehandhabt habe. Würde etwas anderes gelten, müsste jedenfalls das Entgelt aus Dezember 2013 in die Berechnung aufgenommen werden. Zudem müsse das Entgelt der Y ... GmbH zugrunde gelegt werden. Hierunter fielen auch Urlaubs- und Weihnachtsgelder. Es gelte § 151 Abs. 3 Nr. 1 SGB III. Wolle man der Rechtsauffassung der Beklagten folgen, bestehe eine unbillige Härte, da die Klägerin auf die erhaltenen Löhne allesamt Sozialbeiträge gezahlt habe.

Ferner hat die Klägerin gegen den ihr am 21. Juli 2016 zugestellten Gerichtsbescheid (Az.: S 18 AL 287/15) am 19. August 2016 die vorliegende Berufung (Az.: L 3 AL 150/16) eingelegt. Der Bewilligungsbescheid vom 20. Februar 2015 sei soweit angegriffen worden, wie er nicht Gegenstand des bereits anhängigen Verfahrens geworden sei. Somit betreffe das Verfahren den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 21. Januar 2017. Die Voraussetzungen des § 96 SGG würden nicht vorliegen, da eine Änderung oder Ersetzung des ursprünglichen Bescheides nicht erkennbar sei. Ein bloßer Sachzusammenhang reiche nicht aus. Der ursprüngliche Bescheid umfasse lediglich die Leistungen bis zum 31. Dezember 2016. Dessen Verfügungssatz erschöpfe sich insofern.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 8. Juli 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2015 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klage sei unzulässig, da das Gericht zutreffend darauf abgestellt habe, dass der Bewilligungsbescheid vom 20. Februar 2015 Gegenstand des Verfahrens Az.: S 18 AL 84/15 geworden sei. Es handele sich um einen klassischen Änderungsbescheid, da die Bewilligung des Arbeitslosengeldes nach Ablauf der Unterbrechungszeit durch das Ruhen aufgrund des Übergangsgeldbezuges von Amts wegen wieder aufzunehmen gewesen wäre. Die Arbeitslosmeldung der Klägerin vom 26. November 2014 sei durch den Kuraufenthalt vom 8. Januar 2015 bis 29. Januar 2015 nicht erloschen, da die Unterbrechung weniger als sechs Wochen gedauert habe. Der Regelungsgegenstand der Bescheide sei identisch. Die Änderung beziehe sich lediglich auf den Zeitraum der Unterbrechung, jedoch gerade nicht auf die streitbefangene Höhe des Bemessungsentgeltes.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 9. August 2018 darauf hingewiesen, dass der Bewilligungsbescheid vom 20. Februar 2015 nicht nach § 96 SGG zum Gegenstand des Klageverfahrens Az.: S 18 AL 84/15 geworden sein dürfte mit der Folge, dass die Berufung Az.: L 3 AL 149/16 nicht statthaft wäre, da der Wert des Beschwerdegegenstandes wegen des Anspruches auf höheres Arbeitslosengeld lediglich für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 7. Januar 2015 die Grenze von 750,00 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht überschreite. Daraufhin hat die Klägerin diese Berufung zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts besteht kein Prozesshindernis. Doppelte Rechtshängigkeit ist nicht gegeben.

1. Die Klägerin wendet sich vorliegend gegen den Bescheid vom 20. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2015, mit welchem ihr nach dem Ende einer Rehabilitationsmaßnahme und dem Ende des Bezuges von Übergangsgeld für die Zeit vom 30. Januar 2015 bis zum 21. Januar 2017 erneut Arbeitslosengeld in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages vom 48,40 EUR bewilligt wurde. Tatsächlich sei ein täglicher Leistungssatz von 59,29 EUR geschuldet. Unzweifelhaft liegt der damit streitige Differenzbetrag über 750,00 EUR.

2. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass seit dem 11. Februar 2015, das heißt auch zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides am 20. Februar 2015, das Verfahren Az.: S 18 AL 84/15 anhängig war. Mit diesem wandte sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2014 in der Fassung des Bescheides vom 7. Januar 2015 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015. Mit identischer rechtlicher Argumentation begehrte sie gleichfalls einen täglichen Leistungssatz von 59,29 EUR. Denn der streitbefangene Bewilligungsbescheid vom 20. Februar 2015 ist nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens Az.: S 18 AL 84/15 geworden. Es liegt kein Fall der doppelten Rechtshängigkeit vor.

a) Der im Verfahren Az.: S 18 AL 84/15 streitbefangene Bewilligungsbescheid vom 30. Dezember 2014, gegen den die Klägerin am 5. Januar 2015 Widerspruch erhoben hatte, wurde mit Bescheid vom 7. Januar 2015 ab dem 8. Januar 2015 vollständig und bestandskräftig aufgehoben, da eine Rehabilitationsmaßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld begann. Dieser Aufhebungsbescheid wurde nach § 86 SGG zum Gegenstand des Vorverfahrens. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind typische nach § 86 SGG und § 96 Abs. 1 SGG einzubeziehende Bescheide solche, durch die Leistungen neu festgestellt (Änderungsbescheide) oder entzogen (Aufhebungsbescheide) werden (vgl. die Nachweise bei Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz [12. Aufl., 2017], § 96 Rdnr. 5, § 86 Rdnr. 3). Auf der Grundlage der im Verfahren Az.: S 18 AL 84/15 streitbefangenen Bescheide wurden Leistungen vom 1. Januar 2015 bis zum 7. Januar 2015 und somit für fünf Leistungstage gewährt.

Eine Klageerweiterung (gewillkürte Klageänderung in Form der Klageerweiterung, vgl. § 99 SGG) in Bezug auf andere (spätere) Leistungszeiträume wurde im Verfahren Az.: S 18 AL 84/15 nicht erklärt.

b) Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Wenn dies der Fall ist, wird der neue Verwaltungsakt "automatisch", ohne dass es einer Prozesshandlung der Beteiligten (oder eines Vorverfahrens) bedarf, Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Würde trotz dieser Wirkung ein getrenntes gerichtliches Verfahren geführt werden, würde doppelte Rechtshängigkeit (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG]) vorliegen.

Welche Fallgestaltungen von § 96 Abs. 1 SGG erfasst sind, ist in der Rechtsprechung – insbesondere bei Dauerrechtsverhältnissen – umstritten gewesen. So hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 17. November 2005 (Az.: B 11a/11 AL 57/04 R – SozR 4-1500 § 96 Nr. 4 = juris Rdnr.18) eine analoge Anwendung des § 96 SGG bei Bewilligung von Arbeitslosengeld und Unterhaltsgeld in aneinander anschließenden Zeiträumen anerkannt.

Vorliegend scheitert die Einbeziehung der später ergangen Bewilligungsbescheide in das bereits laufende Klageverfahren nach § 96 Abs. 1 SGG jedoch an der Neufassung der gesetzlichen Regelung, welche einer analogen Anwendung entgegensteht (vgl. Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG [2. Aufl., 2014], § 96 unter Rdnr. 4 ff.; Schmidt, a. a. O., § 96 Rdnr. 4).

§ 96 Abs. 1 SGG ist mit Wirkung zum 1. April 2008 (vgl. Artikel 1 Nr. 16 des Gesetzes vom 26. März 2008 [BGBl. I. S. 444]) dahingehend konkretisiert worden, dass irgendein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem neuen Verwaltungsakt und dem Streitgegenstand des Klageverfahrens nicht mehr ausreicht. Die Neufassung ist gerade zur Herstellung von Rechtssicherung und Rechtsklarheit erfolgt, um der weiten analogen Anwendung entgegenzuwirken (vgl. Schmidt, a. a. O., § 96 Rdnr.1; Leitherer, NJW 2008, 1258 [1261]). Die Gesetzesbegründung weist zur Neufassung aus: "Die Sozialgerichte haben die Vorschrift in der Vergangenheit verschiedentlich extensiv ausgelegt. Teilweise wurde sogar die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes in das anhängige Verfahren schon dann als gerechtfertigt angesehen, wenn der neue Verwaltungsakt mit dem anhängigen Streitgegenstand in irgendeinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stand. Die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schränkt den Anwendungsbereich der Norm wieder ein. Künftig soll die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes – entsprechend der ursprünglichen Zielsetzung der Norm – nur noch möglich sein, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen Verwaltungsakt ersetzt oder abgeändert wird." (BT-Drs. 16/7716 S. 18, 19).

Die Neufassung beschränkt den Anwendungsbereich von § 96 Abs. 1 SGG ausdrücklich auf die Einbeziehung der nach Erlass des Widerspruchsbescheides zum selben Gegenstand ergangenen Bescheide. Der neue Verwaltungsakt muss zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen sein. Ein bloßer Sachzusammenhang ist nicht ausreichend.

Mit dem Bewilligungsbescheid vom 20. Februar 2015 wurde der Bewilligungsbescheid vom 30. Dezember 2014, welcher zwischenzeitlich bereits durch den Aufhebungsbescheid vom 7. Januar 2015 abgeändert worden war, nicht erneut abgeändert oder ersetzt. Vielmehr wurde über den Anspruch auf Arbeitslosengeld sowohl hinsichtlich der Leistungsart, der Dauer des Anspruchs als auch der Höhe vollständig neu entschieden. Es liegt noch nicht einmal eine teilweise Überschneidung des Leistungszeitraums vor. Der Bewilligungsbescheid vom 20. Februar 2015 regelte nicht dasselbe Rechtsverhältnis. Dass sich inhaltlich die identische Rechtsfrage stellte, führt nicht zur Einbeziehung nach § 96 Abs. 1 SGG.

Der Umstand, dass es vorliegend im Rahmen der erneuten Bewilligung des Arbeitslosengeldes keiner erneuten Arbeitslosmeldung bedurfte, da die Wirkung der Meldung aufgrund der keine sechs Wochen dauernden Rehabilitationsmaßnahme noch nicht erloschen war (vgl. § 141 Abs. 2 Nr. 1 SGB III), ändert an diesem Ergebnis nichts. So hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 25. Mai 2005 (Az.: B 11a/11 AL 61/04 R – BSGE 95, 1 ff. – SozR 4-4300 § 147 Nr. 4 = juris Rdnr. 29) ausgeführt, dass es einer erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung und Antragstellung bei einer bis zu sechs Wochen andauernden Unterbrechung auch dann nicht bedarf, wenn die ursprüngliche Arbeitslosengeldbewilligung nicht nur für den voraussichtlichen Zeitraum der Unterbrechung (hier der Rehabilitationsmaßnahme), sondern ohne Einschränkung nach § 48 SGB X aufgehoben wurde und daher der Anspruch auf Arbeitslosengeld unmittelbar wieder auflebt, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Auch die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichtesvom 16. Juni 2015 (Az.: B 4 AS 37/14 R, SozR 4-4200 § 27 Nr. 2 = juris) steht dieser Wertung nicht entgegen. Denn die Entscheidung betrifft einen anders gelagerten, nicht vergleichbaren Sachverhalt. Dort waren verfahrensgegenständlich in beiden Bescheiden Ansprüche des Klägers auf alle Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Nach zunächst erfolgter umfassender Ablehnung erfolgte später mit weiterem Bescheid eine Sachprüfung allein hinsichtlich eines Teils der Leistung. Es waren jedoch jeweils die identischen Leistungszeiträume betroffen, ohne dass es zu einer Aufhebung des zuerst ergangenen Bescheides gekommen war.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage nicht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2015 ist im Ergebnis rechtmäßig. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten für die Zeit vom 30. Januar 2015 bis zum 21. Januar 2017 keinen Anspruch auf Zahlung höheren Arbeitslosengeldes über das mit Bescheid vom 20. Februar 2015 bereits bewilligte hinaus.

1. Maßgebend für den Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach sind vorliegend die §§ 136 ff. SGB III in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl I S. 2854]). Nach § 137 Abs. 1 SGB III hat die Klägerin Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), wenn sie im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 138 SGB III arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 21 i. V. m. § 141 SGB III) und durch ihre vorangegangene Beschäftigung bei der Arbeitgeberin die Anwartschaftszeit erfüllt hat (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 142 SGB III). Die Klägerin hat unstreitig zum 1. Januar 2015 diese Voraussetzungen des Arbeitslosengeldanspruchs erfüllt.

2. Die Höhe des Arbeitslosengeldes berechnet sich nach Maßgabe der gleichfalls zum 1. April 2012 in Kraft getretenen Regelungen in §§ 149 ff. SGB III. Das Arbeitslosengeld beträgt für Arbeitslose, die kein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3, 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (vgl. § 149 Nr. 2, §§ 150, 151 und 153 SGB III). Nach § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr und endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (vgl. § 150 Abs. 1 Satz 2 SGB III)

a) Danach erstreckt sich gemäß § 150 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Bemessungsrahmen, wie zutreffend von der Beklagten festgestellt, vorliegend vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014.

(1) Die Voraussetzungen für eine Erweiterung des Bemessungsrahmens liegen nicht vor. Gemäß § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB III wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungsrahmen auszugehen. Dies war hier nicht der Fall. Der Senat verweist hinsichtlich der Berechnung auf die nicht angegriffenen und auch nach eigener Prüfung zutreffenden Ausführungen und Berechnungen im Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2015. Die im Jahr 2013 erzielten, jedoch die BeItragsbemessungsgrenze übersteigenden Arbeitsentgelte wirken sich auf die Höhe des Arbeitslosengeldes nicht aus, weil die beitragspflichtigen Einnahmen nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt werden (vgl. § 341 SGB III).

(2) Für die von der Klägerin begehrte grundsätzliche Verschiebung des Bemessungsrahmens auf die Zeit vor der Tätigkeit in der Transfergesellschaft findet sich im Gesetz keine Stütze. Insbesondere folgt auch aus § 151 Abs. 3 Nr. 1 SGB III entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass das vor der Transfergesellschaft im Jahr 2013 erzielte Entgelt der Berechnung zugrunde zu legen ist. Diese Regelung führt zu keinem Rückgriff auf ein Arbeitsentgelt außerhalb des Bemessungszeitraums.

b) Als Bemessungszeitraum hat die Beklagte gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III zutreffend lediglich die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Januar 2014 bis zum 30. November 2014 berücksichtigt, da der Dezember 2014 zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin aus dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (unstreitig) noch nicht abgerechnet war.

(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte das im Dezember 2014 erarbeitete und im Januar 2015 entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelung abgerechnete und ausgezahlte Entgelt auch vor dem Hintergrund des § 151 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine Berücksichtigung finden.

(1.1) Für die Leistungsbemessung gilt nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III, dass das Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt ist, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gilt nach § 151 Abs. 1 Satz 2 SGB III als erzielt, wenn es zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen ist.

(1.2.) Die Frage, welche Entgeltabrechnungszeiträume im Bemessungsrahmen den Be-messungszeitraum bilden, ist jedoch in § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III gesetzlich geregelt und höchstrichterlich entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 97/96 – juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 8. Juli 2009 – B 11 AL 14/08 RSozR 4-4300 § 130 Nr. 6 = juris Rdnr. 22) und findet durch § 151 Abs. 1 Satz 2 SGB III keine Modifikation (so bereits Sächs. LSG, Beschluss vom 13. Februar 2018 – L 3 AL 94/17 NZB – juris Rdnr. 30 ff.).

Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Die Bemessungsgrundlage stellt damit nicht auf das im letzten Jahr vor Entstehung des Anspruchs erarbeitete Entgelt ab. Maßgebend sind vielmehr nach dem klaren Wortlaut des § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III nur abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume im Bemessungsrahmen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, den Berechnungsvorgang zu vereinfachen. Die Bundesagentur soll sich für die Ermittlung des Bemessungszeitraums auf die Abrechnungen des Arbeitgebers verlassen können, ohne komplizierte Umrechnungen auf einzelne Tage anstellen zu müssen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 1977 – 12 RAr 79/76SozR 4100 § 112 Nr. 3 = juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 21. Juli 1977 – 7 RAr 102/76SozR 4100 § 112 Nr. 5 = juris Rdnr. 18).

Ein Entgeltabrechnungszeitraum ist abgerechnet, wenn der Arbeitgeber das für diesen Zeitraum erarbeitete Entgelt vollständig erfasst hat, so dass es ohne weitere Rechenoperationen auf Grund der Berechnung an den Arbeitnehmer ausgezahlt oder überwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 1988 – 7 RAr 38/87BSGE 64, 179 ff. = SozR 4100 § 112 Nr. 43 = juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 AL 89/99 RSozR 3-4100 § 136 Nr. 12 = juris Rdnr. 21; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand 5/17], § 150 Rdnr. 70).

(1.3) Die Frage, ob Arbeitsentgeltmonate, die beim Ausscheiden nicht abgerechnet waren, jedoch nachträglich abgerechnet werden, bemessungsrelevant sind, wenn das beitragspflichtige Entgelt nachträglich tatsächlich zufließt, ist, wie der Senat im Beschluss vom 13. Februar 2018 (Az.: L 3 AL 94/17 NZB, juris Rdnr. 33 ff.) bereits ausgeführt hat, höchstrichterlich – auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Relevanz dieser Frage – entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009 – B 11 AL 14/08 RSozR 4-4300 § 130 Nr. 6 = juris Rdnr. 24, 26 f. [zu §§ 130, 131 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung]).

Nach § 151 Abs. 1 Satz 2 SGB III (vormals: § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F.) gelten zwar Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt, wenn sie – unter anderem – zugeflossen sind. Dies betrifft jedoch allein die Frage, welches Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum "erzielt" worden ist, und modifiziert nicht die den Bemessungszeitraum selbst betreffenden Tatbestandsmerkmale (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2009 – B 11 AL 14/08 RSozR 4-4300 § 130 Nr. 6 = juris Rdnr. 26 [zu §§ 130, 131 SGB III a. F.]). Auf die Frage der Zuordnung erzielter Entgelte zum Bemessungszeitraum gibt § 151 Abs. 1 Satz 2 SGB III keine Antwort.

Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 6. März 2013 (Az. B 11 AL 12/12 RBSGE 113, 100 ff. = SozR 4-4300 § 132 Nr. 9 = juris Rdnr. 20) unter Verweis auf frühere Rechtsprechung ausgeführt, dass die Berücksichtigung nur abgerechneter Entgeltabrechnungszeiträume gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. auch sachgerecht ist. Zweck der Regelung sei es, unter Inkaufnahme vereinfachter Maßstäbe bei der Leistungsberechnung eine schnelle Feststellung und Auszahlung des Arbeitslosengeldes zu ermöglichen. Dabei sei hinzunehmen, dass die Teile des Arbeitseinkommens unberücksichtigt blieben, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgerechnet seien. Der Gesetzgeber sei bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie der Bemessung des Arbeitslosengeldes grundsätzlich zu typisierenden, generalisierenden und pauschalierenden Regelungen berechtigt und dürfe dabei auch die Praktikabilität und Einfachheit des Rechts als hochrangige Ziele berücksichtigen, um den Erfordernissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen.

(1.4) Danach umfasste der Bemessungszeitraum vorliegend nicht den Monat Dezember 2014. Denn zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis war das Entgelt für den letzten Beschäftigungsmonat Dezember 2014 unstreitig weder abgerechnete noch ausgezahlt.

(2) Die Klägerin erzielte somit im maßgebenden Bemessungszeitraum in 331 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 45.914,99 EUR erzielt. Hieraus ergibt sich ein tägliches Entgelt (Bemessungsentgelt) von 137,47 EUR und ein zu zahlendes Arbeitslosengeld in Höhe von 48,40 EUR. Denn die Nichtberücksichtigung der nicht abgerechneten Entgelte für den Monat Dezember 2014 hat entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Auswirkung auf den Bemessungsrahmen und führt nicht zur Einbeziehung und Berücksichtigung der für Dezember 2013 erzielten Entgelte.

c) Dass nur die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume zu berücksichtigen sind und es vorliegend auch zu keiner Verschiebung des Bemessungsrahmens kommt, verstößt auch nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 3. April 1979 (Az. 1 BvL 30/76BVerfGE 51, 115 ff. = SozR 4100 § 112 Nr. 10 = juris Rdnr. 37) zur Frage, ob eine unterschiedliche Berücksichtigung von Überstundenvergütungen im Rahmen des § 112 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bei der Berechnung von Arbeitslosengeld der Verfassung, insbesondere Artikel 3 Abs. 1 GG entspricht, ausgeführt, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten sei, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen. Die individuellen Beiträge kämen angesichts der für die Arbeitslosenversicherung typischen kurzen Anwartschaftszeiten, des extrem kurzen Bemessungszeitraums und der üblicherweise kurzen Leistungsbezugszeit ohnedies als vorrangiger Maßstab nicht in Betracht. Die Gesamtleistung an Arbeitslosengeld stehe im Einzelfall typischerweise nicht in einer Beziehung zur jeweiligen Beitragsleistung. Das sei auch eine Folge dessen, dass alle Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung ihres individuellen Arbeitslosenrisikos gleichmäßig zur Beitragsleistung herangezogen würden.

Dies gilt entsprechend für die Nichtberücksichtigung von nicht abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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