L 2 AL 27/17 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 41 AL 196/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 27/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Februar 2015 sowie der im Erinnerungsverfahren ergangene Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 14. März 2017 werden aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Das Beschwerdeverfahren betrifft Vergütungsansprüche einer beigeordneten Rechtsanwältin gegen die Landeskasse.

Zum Zeitpunkt ihrer Beiordnung in den Verfahren S 41 AL 146/14 und S 41 AL 196/14 im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe war die Beschwerdegegnerin angestellte Rechtsanwältin in der damals noch als Bürogemeinschaft firmierenden Rechtsanwaltskanzlei R-S-Law (jetzt R-S-Law R. & K.).

Der Kläger in den Verfahren S 41 AL 146/14 und S 41 AL 196/14 erhielt von der beklagten Bundesagentur für Arbeit ab 5. August 2011 nur bis 23. Februar 2012 Arbeitslosengeld. Dies beruhte auf einem Umzug ohne Meldung bei der Beklagten, nach dem er für sie nicht mehr postalisch erreichbar war. Nach Wiederbeantragung erhielt er - mit Unterbrechung durch eine Sperrzeit vom 12. bis 18. April 2012 - ab 5. März 2012 wieder Arbeitslosengeld.

Der Kläger erklärte bei einer Kontrolle am 17. Juli 2012 gegenüber dem Hauptzollamt, seit Oktober 2011 zu einem Festlohn von 400 Euro monatlich in der Regel mittwochs, freitags und sonnabends jeweils von 20 bis 24 Uhr beschäftigt zu sein. Das Hauptzollamt nahm hingegen eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 bis 25 Stunden in der Woche an und teilte dies der Beklagten so mit.

Die Beklagte gab dem Kläger die Gelegenheit, sich zur Aufhebung der Bewilligung ab dem 1. Oktober 2011 und zum Vorwurf, die Arbeitsaufnahme trotz der Belehrungen hierzu nicht mitgeteilt zu haben, zu äußern.

Nachdem sich der Kläger nicht äußerte, hob die Beklagte - ohne dies nach der zuvor erfolgten Anhörung nochmals ausführlich darzulegen - wegen der Arbeitsaufnahme die Bewilligung von Arbeitslosengeld gegenüber dem Kläger ab dem 1. Oktober 2011 auf (Bescheid vom 7. Januar 2013) und forderte mit weiterem Bescheid vom selben Tag die Erstattung des bis 23. Februar 2012 gezahlten Arbeitslosengeldes.

Außerdem nahm die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld gegenüber dem Kläger ab dem 5. März 2012 sowie ab dem 19. April 2012 wegen dessen Erwerbstätigkeit seit dem 1. Oktober 2011 zurück (ebenfalls Bescheid vom 7. Januar 2013).

Die Widersprüche des Klägers hiergegen wies die Beklagte jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2013 zurück. Hierin verwies sie jeweils auf die pflichtwidrig bzw. grob fahrlässig nicht mitgeteilte Arbeitsaufnahme.

Die Klage S 41 AL 146/14 wurde gegen den Aufhebungsbescheid vom 7. Januar 2013 - den Zeitraum ab dem 1. Oktober 2011 betreffend - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2013 erhoben. Die Beschwerdegegnerin begründete die Klage nach Akteneinsicht mit einer etwa eine Seite umfassenden Begründung, warum der Kläger gegenüber dem Hauptzollamt nicht angegeben habe, mehr als 15 Wochenstunden zu arbeiten. Er sei auf 100-Euro-Basis unter 15 Wochenstunden beschäftigt gewesen. Das Sozialgericht bewilligte Prozesskostenhilfe und ordnete die Beschwerdegegnerin bei (Beschluss vom 1. Dezember 2014). Der Kläger nahm die Klage im Januar 2015 zurück.

Die Klage S 41 AL 196/14 wurde gegen den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 7. Januar 2013 - die Zeiten ab dem 5. März 2012 sowie ab dem 19. April 2012 betreffend - in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2013 erhoben. Die Beschwerdegegnerin begründete die Klage nach Akteneinsicht mit einer etwa eine Seite umfassenden Begründung, warum der Kläger gegenüber dem Hauptzollamt nicht angegeben habe, mehr als 15 Wochenstunden zu arbeiten. Er sei auf 100-Euro-Basis unter 15 Wochenstunden beschäftigt gewesen. Das Sozialgericht bewilligte Prozesskostenhilfe und ordnete die Beschwerdegegnerin bei (Beschluss vom 1. Dezember 2014). Der Kläger nahm die Klage im Januar 2015 zurück.

In beiden Verfahren hat die Beschwerdegegnerin mit Rechnung vom 15. Januar 2015 die Zahlung von je 380,80 Euro geltend gemacht:

Einzeln

Gesamt

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

300,00 Euro

+

Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

=

Zwischensumme netto

320,00 Euro

+

Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG

60,80 Euro

=

Gesamtbetrag

380,80 Euro

Jeweils mit Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 26. Februar 2015 hat das Sozialgericht durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Gesamtkostenerstattungsanspruch auf 202,30 Euro festgesetzt. Dem lag folgende Berechnung zugrunde:

Einzeln

Gesamt

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

300,00 Euro

-

Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG

150,00 Euro

+

Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

=

Zwischensumme netto

170,00 Euro

+

Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG

32,30 Euro

=

Gesamtbetrag

202,30 Euro

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss im Verfahren S 41 AL 196/14 hat die Beschwerdegegnerin am 5. März 2015 Erinnerung eingelegt (Az. S 2 SF 62/15 E). Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr sei nicht vorzunehmen.

Das Sozialgericht hat die Erinnerung dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gegeben, welcher am 22. September 2015 selbst Erinnerung eingelegt hat. Ein Vergütungsanspruch sei in diesem Verfahren dem Grunde nach nicht entstanden, weil es sich in beiden Klagen um eine Angelegenheit gehandelt habe. Beiden Klagen liege derselbe Lebenssachverhalt zugrunde. Unterschiedlich seien nur die streitgegenständlichen Zeiträume.

Das Sozialgericht hat beide Erinnerungen mit Beschluss vom 14. März 2017 zurückgewiesen. Es seien in verschiedenen Angelegenheiten Klage erhoben worden, weil erstens im Parallelverfahren die Aufhebung strittig gewesen sei, sich die Verfahren durch unterschiedliche Leistungszeiträume unterschieden und die Beklagte mehrere Entscheidungen getroffen habe. Die Bescheide hingen nicht voneinander ab bzw. hätten keinen gegenseitigen Einfluss. Dass der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde lag, sei bei der Bemessung der Gebühren zu berücksichtigen.

Gegen den ihm am 20. März 2017 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 30. März 2017 Beschwerde eingelegt. Er hält daran fest, dass kein Vergütungsanspruch entstanden sei. Ob mehrere Gegenstände dieselbe Angelegenheit beträfen, hänge davon ab, ob sie von einem einheitlichen Auftrag umfasst seien, zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang bestehe und der Rechtsanwalt einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahre. Dies sei gegeben. Er gehe auch davon aus, dass die damals beigeordnete Beschwerdegegnerin Anspruchsinhaberin bzw. Beteiligte ist.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss 26. Februar 2015 und den Beschluss vom 14. März 2017 aufzuheben.

Die Beschwerdegegnerin hat keinen Antrag angekündigt.

Sie ist der Ansicht, sie sei aufgrund ihres Ausscheidens aus der Rechtsanwaltskanzlei im Jahre 2015 nicht mehr Beteiligte.

Die hierzu angehörten Rechtsanwälte aus der ehemaligen Kanzlei haben mitgeteilt, dass die Beschwerdegegnerin bei ihnen angestellt gewesen sei. Insofern stünden ihnen die Ansprüche auf Vergütung aus der Prozesskostenhilfe gegen die Landeskasse zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

II.

Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch den Senat, nachdem der Berichterstatter als Einzelrichter das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Sätze 1 und 2 RVG).

Die Beschwerdegegnerin ist Passivbeteiligte des Verfahrens. Nur sie und nicht die Rechtsanwaltskanzlei ist dem Kläger beigeordnet worden, so dass nur sie einen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse haben kann (§ 121 Zivilprozessordnung und § 45 RVG; vgl. Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 121 ZPO, Rn. 41). Die Beiordnung hat auch nach dem Ende des Klageverfahrens noch Wirkung. Das Ausscheiden der Beschwerdegegnerin aus der Rechtsanwaltskanzlei ändert an der Wirksamkeit der Beiordnung nichts.

Die Beschwerde ist statthaft. Denn der maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt den Betrag von 200 Euro (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Der Beschwerdeführer wendet sich insgesamt gegen die Festsetzung in Höhe von 202,30 Euro.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist aus § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist begründet. Er hat wegen der Beiordnung der Beschwerdegegnerin für das Verfahren S 41 AL 196/14 keine Vergütung zu zahlen, so dass sowohl die Festsetzung als auch der sie bestätigende Beschluss aufzuheben sind.

Nach § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Dabei bemessen sich die Rahmengebühren für die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten nach dem RVG, deren Höhe bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG in der jeweils geltenden Fassung.

Ausgangspunkt der Kostenfestsetzung der gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG aus der Landeskasse (§ 45 Abs. 1 RVG) zu zahlenden Vergütung ist die gesetzliche Vergütung. Entstehen - wie hier - Rahmengebühren, bestimmt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 bis 3 RVG der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift ("vor allem") nicht abschließend, sodass weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R - zitiert nach juris). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG a.F. (nunmehr § 15 Abs. 2 RVG n.F.) kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Zu der Frage, ob dies vorliegt, benennen die Tätigkeitskataloge des § 16 RVG ("dieselbe Angelegenheit") und des § 17 RVG ("verschiedene Angelegenheiten") Regelbeispiele, die jedoch nicht abschließend sind. Der Gesetzgeber hat die abschließende Klärung des Begriffs "derselben Angelegenheit" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG und auch des § 7 Abs. 1 RVG der Rechtsprechung und dem Schrifttum überlassen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 6 KA 4/07 R, Rn. 16 m.w.N. - zitiert nach juris). Es handelt sich um einen gebührenrechtlichen Begriff, der sich mit dem prozessrechtlichen Begriff des (Verfahrens-) Gegenstandes decken kann, aber nicht muss. Während die Angelegenheit den für den Einzelfall definierten Rahmen der konkreten Interessenvertretung bezeichnet, umschreibt der Begriff des Gegenstandes inhaltlich die Rechtsposition, für deren Wahrnehmung die Angelegenheit den äußeren Rahmen abgibt. Daher kommt es zur Bestimmung, ob dieselbe Angelegenheit vorliegt, auf die Umstände des konkreten Einzelfalls sowie auf den Inhalt des erteilten Auftrags an (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R, Rn. 15 - zitiert nach juris). Von derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG ist in der Regel auszugehen, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen, also den verschiedenen Gegenständen, ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegen (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10, Rn. 10 m.w.N. - zitiert nach juris). Für ein Tätigwerden "in derselben Angelegenheit" kann es im gerichtlichen Verfahren regelmäßig schon genügen, dass die Begehren mehrerer Auftraggeber einheitlich in demselben Verfahren geltend gemacht werden und zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 BvQ 33/11 - zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund geht auch die Rechtsprechung des BSG davon aus, dass es sich auch bei den Individualansprüchen mehrerer Auftraggeber nach dem SGB II um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG handeln kann, wobei die Konstellation der Bedarfsgemeinschaft dann eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG auslöst (BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 155/10 R, Rn. 22 m.w.N. - zitiert nach juris). Gleiches kann auch dann bei mehreren Auftraggebern gelten, wenn die Angelegenheit verschiedene Gegenstände und teilweise getrennte Prüfaufgaben betrifft (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10, Rn. 10 - zitiert nach juris). Ausreichend ist es allein, dass ein einheitlicher Lebenssachverhalt vorliegt (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 6. November 2014 - L 6 SF 1022/14, Rn. 19 - zitiert nach juris; so auch Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, Kommentar, 23. Auflage, 2017, § 15, Rn. 5). Auch hinsichtlich eines Auftraggebers kann dieselbe Angelegenheit zu bejahen sein, wenn mehrere Bescheide zwar unterschiedliche Leistungszeiträume betreffen, diesen jedoch dieselbe Sach- und Rechtsfrage zu Grunde liegt (so etwa SG Berlin, Beschluss vom 27. Januar 2011 - S 127 SF 9411/00 E, Rn. 16 - zitiert nach juris). Demgegenüber ist regelmäßig nicht von derselben Angelegenheit eines Auftraggebers auszugehen, wenn unterschiedliche Sach- und/oder Rechtsfragen zu klären sind, die allenfalls den gleichen Anknüpfungspunkt für die weitere Prüfung haben.

Ausgehend von diesen Anforderungen handelte es sich bei den vor dem Sozialgericht geführten Verfahren S 41 AL 146/14 und S 41 AL 196/14 um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG.

Sowohl die Aufhebung als auch die Rücknahme der Bewilligung beruhten auf demselben Lebenssachverhalt, nämlich der die Arbeitslosigkeit beendenden Arbeitsaufnahme des Klägers.

Dass einmal eine Aufhebung, im anderen Fall eine Rücknahme angezeigt war, lag allein an der Leistungsunterbrechung durch den Wegfall der Verfügbarkeit des Klägers für die Bundesagentur für Arbeit im Februar 2012. Für den davor liegenden Zeitraum war eine Aufhebung wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse (Wegfall der Arbeitslosigkeit nach Bewilligung aufgrund Arbeitsaufnahme von mehr als 15 Stunden in der Woche) angezeigt. Im danach liegenden Zeitraum war die Wiederbewilligung aber von vornherein rechtswidrig erteilt, weil der Kläger gar nicht arbeitslos war.

Betroffen blieb hingegen derselbe Anspruch. Denn beim Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) handelt es sich nicht wie in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) um einen Anspruch, der gegliedert nach Bewilligungszeiträumen entsteht. Er bemisst sich nach 30 Tage zählenden Monaten (§§ 147, 150 SGB III). Er wird - soweit wie hier nicht verbraucht - bei einer Leistungsunterbrechung ohne neue Prüfung nur wiederbewilligt (anders als etwa im SGB II, weswegen hier meist verschiedene Angelegenheiten vorliegen, vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17. September 2018 - L 4 AS 414/18 B - juris Rn. 29), sofern während der Leistungsunterbrechung keine neue Anwartschaftszeit im Sinne des § 142 SGB III begründet ist.

Eine Unterschiedlichkeit wird hier nicht dadurch begründet, dass die Bundesagentur für Arbeit mehrere Bescheide unter Bezugnahme auf verschiedene Rechtsgrundlagen für die Beseitigung der Bewilligungen erlassen hatte. Denn sie beruhten auf derselben Sach- und Rechtslage, hier dem aufgrund der Arbeitsaufnahme im Oktober 2011 nicht mehr bestehenden Anspruch auf Arbeitslosengeld. Materiell-rechtlich, d.h. auf Ebene des Leistungsrechts, lag insofern kein Unterschied vor. Ab dem 1. Oktober 2011 war eine Beschäftigungslosigkeit i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III durchgängig nicht gegeben. Durch die Leistungsunterbrechung war schon zuvor eine Pause in der Bewilligung bzw. Gliederung der Bewilligung entstanden. Nur die formellen Rechtsgrundlagen für die Beseitigung der erteilten Bewilligungen waren verschieden. In deren Rahmen konnte und hat die Bundesagentur für Arbeit aber dasselbe Verhalten, nämlich die durchgehende pflichtwidrige Nichtmitteilung der Arbeit (einmal die unterlassene Veränderungsmitteilung, im anderen Fall die falschen Angaben im Leistungsantrag) für die Aufhebung und die Rücknahme herangezogen.

Der einzige Unterschied der Bescheide lag also in der rechtlichen Prüfung, ob einmal eine ursprünglich rechtmäßig erteilte Bewilligung rechtswidrig wurde und zum anderen, ob eine Wiederbewilligung von Anfang an rechtswidrig war. Maßgebend hierfür waren aber derselbe Lebenssachverhalt, der nur zeitlich in die Zeiträume der Bewilligungen einzuordnen war, und dasselbe bzw. fortgesetzte Verhalten des Klägers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit.

Die Fallgestaltung ist daher eine andere als in der Entscheidung des Senats zum SGB II (Beschluss vom 8. August 2018 - L 2 AS 827/17 B - juris), wonach wegen unterschiedlicher Rechtsgrundlagen für getrennte Aufhebungs- bzw. Rücknahmebescheide mehrere Klageverfahren nicht als dieselbe Angelegenheit anzusehen sind. Gegenstand waren auch in diesem Fall sich zeitlich anschließende Aufhebungen und Rücknahmen von Arbeitslosengeld II wegen desselben Ereignisses (dem Zufluss einer Erbschaft). Ausschlaggebend für die Entscheidung war aber, dass unterschiedliche Rechtsgrundlagen für die Beseitigung der Bewilligungen (Aufhebung bzw. Rücknahme) und zudem unterschiedliche materiell-rechtliche Rechtsgrundlagen für das Nichtbestehen des Leistungsanspruchs zu prüfen waren. Auch wenn Anknüpfung für die Aufhebung bzw. Rücknahme dieselbe Erbschaft war, musste deren Berücksichtigung in einem Fall als Einkommen, im anderen Fall als Vermögen geprüft werden. Danach lag den Verfahren nicht dieselbe Sach- und Rechtsfrage zugrunde.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.
Rechtskraft
Aus
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