L 8 KR 188/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 34 KR 1067/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 188/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf eine hautstraffende Operation im Bereich des Bauchs, der Oberarme, der Oberschenkel und der Brust streitig.

Die Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Infolge einer am 20. November 2012 durchgeführten laparoskopischen Schlauchmagenbildung zu Lasten der Beklagten nahm sie ca. 70 kg an Körpergewicht ab.

Am 7. April 2014 beantragte die Klägerin die begehrte Maßnahme und legte eine ärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. med. C. (Klinikum Hanau) vom 1. April 2014 vor. Durch überschüssiges Gewebe seien rezidivierende Entzündungen aufgetreten.

Am 16. April 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, es sei eine körperliche Untersuchung durch den Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) notwendig, die am 29. April 2014 erfolgen solle.

Der MDK führte in seinem Gutachten vom 29. April 2014 aus, bei der körperlichen Untersuchung der Klägerin habe man keine Funktionsstörungen oder Bewegungseinschränkungen, Hautirritationen oder Entzündungserscheinungen gesehen. Eine medizinische Indikation für eine mehrfache Straffungsoperation (Oberschenkel, Oberarme, Brüste und Fettschürze) sei aus den vorliegenden Unterlagen und nach der heutigen Untersuchung nicht abzuleiten. Es bestehe keine Erkrankung im Sinne des SGB V.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. Mai 2014 den Antrag der Klägerin ab. Es liege keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (im Weiteren: GKV) vor. Es bestehe keine medizinische Notwendigkeit zur Durchführung der körperformenden Operation.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. In den Hautfalten am Bauch, Armen und Beinen bildeten sich immer wieder nässende Stellen und Ekzeme sowie abszessähnliche Geschwüre unter der Brust und im Bereich des Gesäßes. Zudem sei sie im Alltag und beim Sport stark eingeschränkt, die Hautüberschüsse verursachten Schmerzen. Zur weiteren Begründung reichte sie ein ärztliches Attest von Dr. D. vom 3. Juni 2014 ein, der die beantragte Operation befürwortete.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine aktenmäßige Stellungnahme des MDK, die am 16. Juli 2014 erstellt wurde. Danach seien die Hautfalten funktionell nicht beeinträchtigend oder entstellend. Die beantragte Operation könne nicht übernommen werden.

Die Klägerin legte daraufhin ein ärztliches Attest des Markus Krankenhaus vom 18. September 2014 vor.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 zurück. Sie stützt ihre Entscheidung auf die eingeholten Gutachten. Es stünden für die Operationen ästhetische Gründe im Vordergrund.

Dagegen hat die Klägerin am 30. Dezember 2014 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die beantragte Leistung sei gemäß der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V genehmigt, da die Beklagte nicht innerhalb der gesetzlichen Fünf-Wochen-Fristen entschieden habe.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, auch wenn die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten sei, könne die Frage der medizinischen Notwendigkeit nicht dahingestellt bleiben. Von der Genehmigungsfiktion würden nur solche Leistungen erfasst, die notwendig, geeignet und ausreichend seinen sowie dem Qualität- und Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen. Würde die Genehmigungsfunktion jegliche Leistung umfassen, so müsse die Krankenkasse den Versicherten auch mit nicht ausreichend erprobten Behandlungsmethoden versorgen. Zudem greife die Genehmigungsfiktion nur im Falle der Kostenerstattung selbst beschaffter Leistungen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Februar 2017 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, der Klägerin die hautstraffende Operation im Bereich des Bauchs, der Oberarme, der Oberschenkel und der Brust als Sachleistung zu gewähren. Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V sei eingetreten, da die Beklagte nicht innerhalb von fünf Wochen über den Antrag der Klägerin entschieden habe. Nach § 13 Abs. 3a SGB V habe die Krankenkasse über den Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt werde, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme für erforderlich halte, habe sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nehme innerhalb von drei Wochen gutachterlich Stellung (Satz 3). Könne die Krankenkasse die Frist nach Satz 1 nicht einhalten, teile sie dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolge keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Die Tatbestandsvoraussetzungen seien im Hinblick auf die Überschreitung der Fünf-Wochen-Frist erfüllt. Die Beklagte habe den Antrag der Klägerin nicht innerhalb der gesetzlichen Fünf Wochen Frist beschieden und der Klägerin keine hinreichenden Gründe für die Fristüberschreitung mitgeteilt. Die Klägerin habe bei der Beklagten am 7. April 2014 die hinreichend bestimmten hautstraffenden Operationen beantragt. Die Frist habe nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V am 8. April 2014 begonnen und am 13. Mai 2014 geendet. Der Bescheid vom 14. Mai 2014 sei somit nach Ende der Fünf-Wochen-Frist erlassen worden, ohne dass der Klägerin dazu Gründe mitgeteilt worden seien. Nach Ansicht der Kammer seien die Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. März 2016 (B 1 KR 25/15 R) erfüllt. Die begehrte Leistung der Klägerin sei fiktionsfähig. Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) sei eine Leistung fiktionsfähig, wenn die Versicherte die Leistung für erforderlich halten dürfe und nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liege. Die Gesetzesregelung habe diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion nicht ausdrücklich geregelt, dies ergebe sich aber sinngemäß aus dem Regelungszusammenhang und -zweck. Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirke eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung lägen. Einerseits solle die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah selbst zu beschaffen. Andererseits solle sie ihn nicht zum Rechtsmissbrauch einladen, indem er Leistungsgrenzen des gesetzlichen Leistungskatalogs überwinde, die jedem Versicherten klar sein müssten (vgl. BSG, a.a.O. – juris Rn. 25-26). Die beantragten Hautstraffungen als stationäre Krankenhausbehandlung seien ihrer Art nach eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Gegensatz zu ambulanten Leistungen sei für stationäre Leistungen kein Erlaubnisvorbehalt normiert, sondern es bestehe nach § 137c SGB V eine generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, für die keine negative Bewertung nach § 137c Abs. 1 SGB V – wie hier – vorliege, dürften von den Krankenhäusern zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Bei jeder Krankenhausbehandlung sei zuvor zu prüfen, ob die Behandlung medizinisch indiziert und notwendig sei. Eine Einzelfallprüfung entfalle jedoch bei den Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V, so dass es hier nicht auf die medizinische Notwendigkeit bei der Klägerin ankommen könne (BSG, a.a.O. – juris Rn. 32). Dass eine stationäre Hautstraffungsoperation keinesfalls eine medizinische Behandlung darstellen könnte, könne nicht angenommen werden. Der Einwand der Beklagten, die Genehmigungsfiktion sei nur auf Kostenerstattungsverfahren anwendbar, greife nach Ansicht der Kammer nicht durch. So führe das BSG in seiner Rechtsprechung aus, die Genehmigungsfiktion erfasse nicht nur einen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch den Sachleistungsanspruch. Dies ermögliche auch dem Versicherten, der nicht in der Lage sei, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, seinen Anspruch zu realisieren (vgl. BSG, a.a.O. – juris Rn. 25). Dieser überzeugenden Argumentation schließe sich die Kammer an.

Gegen das am 6. April 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. April 2017 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Die Beklagte trägt zur Begründung vor, der Sachverhalt sei unstreitig, sie könne sich jedoch den Entscheidungsgründen des Sozialgerichts nicht anschließen. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 8. März 2016 (B 1 KR 25/15 R) sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Das Bundessozialgericht habe in diesem Urteil zu einem Anspruch auf außervertragliche Psychotherapie entschieden. Vorliegend gehe es jedoch um eine Schönheitsoperation. Dies habe der MDK in seinen Gutachten (29. April und 16. Juli 2014) festgestellt. Bei einer Schönheitsoperation dürfe der Versicherte grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass diese zum Leistungskatalog der GKV gehöre, dagegen könne dies bei einer Psychotherapie schon der Fall sein. Die beantragte körperformende Operation sei keine Leistung, die unter die Vorschrift des § 137c Abs. 3 SGB V falle. Danach dürften Untersuchung- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Abs. 1 getroffen habe, im Rahmen der Krankenbehandlung nur dann angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative böten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolge, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall, wie der MDK festgestellt habe, sei die körperformende Operation gerade nicht medizinisch indiziert und nicht notwendig.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion seien erfüllt. Die streitgegenständliche Maßnahme sei eine Leistung, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liege. Es handele sich um eine Leistung im Bereich der postbariatrischen Wiederherstellungschirurgie, die von der GKV regelmäßig als Sachleistung erbracht und nach dem System der DRG abgerechnet werde.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der Einzelheiten des Streit- und Sachstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung des Senats gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.

Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2017 ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der angefochtene Bescheid vom 14. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2014 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat aufgrund fingierter Genehmigung ihres Antrags einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit einer hautstraffender Operation im Bereich des Bauchs, der Oberarme, der Oberschenkel und der Brust. Die spätere Ablehnung der beantragten Leistungen verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Der Anspruch der Klägerin entstand durch den Eintritt der Fiktion der Genehmigung ihres Antrags nach § 13 Abs. 3a SGB V. Die Voraussetzungen der Fiktion der Genehmigung sind erfüllt. § 13 Abs. 3a SGB V (in der Fassung vom 20. Februar 2013, BGBl. I S. 277) erfasst die von der Klägerin beantragten Leistungen zeitlich und als eine ihrer Art nach der Genehmigungsfiktion zugänglichen Leistungsart. Die Klägerin war leistungsberechtigt. Sie erfüllt mit ihrem Antrag vom 7. April 2014 die Voraussetzungen eines genehmigungsfähigen, den Lauf der Frist auslösenden Antrags auf Versorgung mit der begehrten Operation. Die Klägerin durfte die beantragte Leistung für erforderlich halten. Die Beklagte hielt die gesetzlich gebotene Frist für eine Entscheidung nicht ein.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat in seinen Entscheidungsgründen des Urteils vom 23. Februar 2017 die rechtlichen Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V dargelegt und deren Vorliegen damit begründet, dass der Antrag der Klägerin vom 7. April 2014 fiktionsfähig ist, sie davon ausgehen durfte, dass die beantragte Leistung, die nicht außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt, erforderlich ist und die Beklagte über den Antrag der Klägerin nicht innerhalb der Fünf-Wochen-Frist des § 13a Abs. 3 Satz 1 SGB V entschieden hat, sondern erst nach Fristablauf und ohne Angabe von Gründen. Der Senat macht sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu Eigen.

Auch die Begründung der Beklagten im Berufungsverfahren begründet keine andere Entscheidung.

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die mit der Genehmigungsfiktion begründete Leistungspflicht bestehe nur im Falle eines Kostenerstattungsanspruchs und nicht wie vorliegend im Fall eines streitigen Sachleistungsanspruchs, kann sich dem der Senat nicht anschließen. Wie das Bundessozialgericht im seinem Urteil vom 17. Juli 2017 (B 1 KR 26/16 R Rn. 13) klarstellend ausgeführt hat:

"Soweit die Beklagte mit vereinzelten abweichenden Stimmen einen Naturalleistungsanspruch als Rechtsfolge der Genehmigungsfiktion verneint, geht diese Ansicht fehl (einen Naturalleistungsanspruch bejahend z.B. LSG für das Saarland Urteil vom 17.5.2017 - L 2 KR 24/15 - Juris RdNr. 34; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.3.2017 - L 1 KR 623/15 - Juris RdNr. 26; Bayerisches LSG Urteil vom 12.1.2017 - L 4 KR 37/15 - Juris RdNr. 42 ff.; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 3.11.2016 - L 5 KR 197/15 - Juris RdNr. 18; Bayerisches LSG Urteil vom 28.6.2016 - L 5 KR 323/14 - Juris RdNr. 27; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 20.1.2016 - L 5 KR 238/15 B ER - Juris RdNr. 25 ff. = NZS 2016, 311, und nahezu die gesamte veröffentlichte umfängliche SG-Rspr.; einen Naturalleistungsanspruch ablehnend z.B. Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 603 f.; Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr. 69 ff., Update-Stand 7.6.2017; zutreffend dagegen Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2017, K § 13 RdNr. 58l und 58.r; Schifferdecker in Kasseler Komm, Stand März 2017, § 13 RdNr. 145). Sie verkennt, dass die ursprüngliche geplante Regelung in Art. 2 Nr. 1 PatRVerbG-Entwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/10488 S. 7) unmaßgeblich ist. Der Entwurf sah zunächst lediglich eine Fristsetzung durch den Antragsteller und eine an den Fristablauf gebundene Berechtigung zur Selbstbeschaffung der erforderlichen Leistung vor. Diese Konzeption wurde jedoch durch die vom Ausschuss für Gesundheit (14. Ausschuss) empfohlenen (BT-Drucks. 17/11710 S. 11), mit § 13 Abs. 3a S. 5 und 6 SGB V Gesetz gewordenen Änderungen i.S. eines fingierten Verwaltungsakts (Genehmigung) grundlegend geändert. Letztlich will die einen Naturalleistungsanspruch ablehnende Meinung die von ihr als gesetzgeberische Fehlleistung bewertete Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V (vgl. nur Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr. 71, Update-Stand 7.6.2017: "missglückte Wortwahl") entgegen dem eindeutigen Wortlaut nicht anwenden. Sie vernachlässigt dabei, dass § 13 Abs. 3a SGB V bewusst abweichend von den sonstigen in § 13 SGB V geregelten Kostenerstattungstatbeständen geregelt ist und sich wie der Erstattungsanspruch (vgl. § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V) nur auf subjektiv "erforderliche" Leistungen erstreckt (vgl. BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 33, RdNr. 25)."

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an. Wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, wird damit dem mittellosen Versicherten ermöglicht, seinen Anspruch zu realisieren.

Auch kann die Auffassung der Beklagten nicht überzeugen, die Klägerin habe die von ihr begehrte Leistung nicht für erforderlich halten dürfen bzw. diese stehe offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV. Wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 17. Juli 2017 (B 1 KR 26/16 R Rn. 21, juris) ausführt, bewirkt die Begrenzung auf erforderliche Leistungen eine Beschränkung auf die subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistung, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zum Rechtsmissbrauch einladen, indem Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwunden werden, die jedem Versicherten klar sein müssen.

Die von der Klägerin begehrte stationäre Operation liegt nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV. Im Streit steht eine hautstraffende Operation im Bereich des Bauchs, der Oberarme, der Oberschenkel und der Brust. Eine solche Operation ist bei Vorliegen medizinischer Indikationen vom Leistungskatalog der GKV erfasst (siehe auch LSG Saarland, Urteil vom 17. Mai 2017 – L 2 KR 24/15; nicht rechtskräftig; Revision anhängig beim BSG unter B 1 KR 15/17 R). Die Klägerin durfte subjektiv aufgrund des ärztlichen Attests des Klinikum Hanau vom 1. April 2014 sowie des ärztlichen Attests des Markus Krankenhauses vom 18. September 2014 vom Vorliegen einer medizinischen Indikation ausgehen. Soweit die Beklagte dem entgegensetzt, die begehrte Leistung stehe offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs, ist dem entgegenzuhalten, dass sie selbst eine medizinische Indikation durch Beteiligung des MDK abklären ließ.

Die Auffassung der Beklagten, die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Genehmigungsfiktion sei nicht ausreichend, um diese vorliegend annehmen zu können, überzeugt nicht. Auch wenn die bisher veröffentlichten Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V (Urteil vom 8. März 2016 - B 1 KR 25/15 R Antrag auf Psychotherapie; Urteil vom 11. Juli 2017 – B 1 KR 1/17 R Antrag auf stationäre Liposuktion; Urteil vom 11. Juli 2017 – B 1 KR 26/16 R Antrag auf bariatrische Operation) die vorliegend streitige Leistung nicht zum Streitgegenstand hatten, so beinhalten diese Entscheidungen allgemeine Kriterien die auf den vorliegenden Fall anzuwenden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzung des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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