L 14 RA 105/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RA 47/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 RA 105/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 51/04 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgericht Detmold vom 09.09.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der am 00.00.1942 geborene Kläger begehrt mit seiner Klage die Gewährung von Witwerrente. Streitig ist insbesondere, ob die am 08.10.1975 verstorbene Ehefrau des Klägers den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor ihrem Tode überwiegend bestritten hat.

Der Kläger war selbstständiger Fleischermeister. Die am 08.10.1975 verstorbene versicherte Ehefrau war gelernte Fleischereifachverkäuferin und zuletzt - nachdem sie nach der Geburt des Sohnes am 21.07.1968 bis zum 01.10.1971 nicht berufstätig gewesen war - angestellte Verkäuferin im Fleischereibetrieb, der auf den Namen des Klägers lief. Zur Begründung seines Antrages vom 23.02.2001 auf Witwerrente verwies der Kläger darauf, dass er als Fleischermeister in Folge von Kreditverpflichtungen kein eigenes Einkommen gehabt habe. Ab Oktober 1971 sei er selbstständig gewesen. Die Ehefrau habe als Bruttoarbeitsentgelt 800,00 DM monatlich erzielt. Die Tätigkeit seiner Ehefrau schilderte er als "Verkäuferin und 3-Personen-Haushalt"; seine eigene Tätigkeit bezeichnete er als "Produktion". Seinen Angaben in den Terminen beim Sozial- und Landessozialgericht nach war der Kläger von früh morgens bis zum späten Abend (teilweise bis 23:00 Uhr) in der Produktion beschäftigt. Die Ehefrau arbeitete im Verkaufsraum im Zeitraum von etwa einer Stunde vor Beginn der Ladenöffnungszeiten bis eine Stunde nach den Öffnungszeiten, insgesamt deutlich über 50 Stunden in der Woche. Je nach Kundenaufkommen stand es ihr allerdings frei, in die Wohnung zu gehen und dort Hausarbeiten zu verrichten. Nach den Angaben des Klägers hatte seine Ehefrau die gesamte Haushaltsführung einschließlich der Betreuung des im Juli 1968 geborenen Sohnes übernommen. Dieser sei im Alter von 4 oder 4 1/2 Jahren in den Kindergarten gekommen. Nach dem Kindergarten ist das Kind nach den Angaben des Klägers auch öfters im Laden oder angrenzende Hof betreut worden. Die Wohnung der Eheleute befand sich unmittelbar angrenzend an den Verkaufsraum der Metzgerei. Eine Betreuung des Kindes in der Wurstküche, in welcher der Kläger tätig war, kam aus betrieblichen Gründen nicht in Frage.

Mit Bescheid vom 17.07.2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Witwerrente mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen des § 303 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht gegeben seien. Denn nach der genannten Vorschrift sei eine Hinterbliebenenrente nur zu gewähren, wenn die Verstorbene den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten habe. Da nach den Angaben des Klägers die verstorbene Ehefrau im Zeitraum vom 01.10.1974 bis zum 30.09.1975 zirka 800,00 DM monatlich als Verkäuferin verdient habe, habe sie nicht den überwiegenden Unterhalt der Familie bestritten. Der Wert des Betriebes bzw. die Erträgnisse aus diesem Betrieb seien beiden Ehegatten zu gleichen Teilen anzurechnen. Insoweit handele es sich um eine Ehegatten-Innengesellschaft.

Den eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass im vorliegenden Fall eine auf den Einzelfall bezogene Betrachtungsweise geboten sei. Prägend sei die Mitarbeit der Ehefrau im Betrieb und in der Haushaltsführung gewesen, so dass der überwiegende Anteil des Familieneinkommens durch diese erwirtschaftet worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verblieb bei der zuvor vertretenen Auffassung.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 21.08.2002, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgt hat. Er ist bei seiner bisher vertretenen Auffassung, der überwiegende Unterhalt der Familie sei durch die verstorbene Ehefrau sichergestellt worden, geblieben. Er sei als selbständiger Fleischermeister zusammen mit seiner Frau im eigenen Handwerksbetrieb tätig gewesen. Die Ehefrau habe zudem die Haushaltsführung und die Kindererziehung übernommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002 zu verurteilen, ihm Hinterbliebenenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf den Inhalt der Akten und die angefochtenen Bescheide verwiesen.

Das Sozialgericht hat einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt und den Kläger befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 20.05.2003 verwiesen.

Der Kläger hat in dem Erörterungstermin eine Erklärung des Steuerbevollmächtigten Eberhard Gleiche über die steuerlichen und Einkommensverhältnisse des Fleischereibetriebs in den 70iger Jahren vorgelegt.

Mit Urteil vom 09.09.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, inwieweit es sich bei den Tätigkeiten der verstorbenen Versicherten und des Klägers um eine Ehegatten-Innengesellschaft gehandelt habe. Nach den Ermittlungen des Gerichts seien die Voraussetzungen des § 303 SGB VI nicht nachgewiesen worden. Dies gehe nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Nach der gesetzlichen Fiktion habe auch der Kläger zum Familienunterhalt durch Übernahme teilweiser Haushaltspflichten beigetragen. Letztlich überzeuge nicht die Argumentation, dass die verstorbene Versicherte durch alleinige Übernahme der Haushaltstätigkeit zusätzlich zu ihrem Einkommen den überwiegenden Unterhalt sichergestellt haben solle. Die Folgen der Nichterweislichkeit dieses Sachverhaltes gingen zu Lasten des Klägers. Das Sozialgericht ist den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid gefolgt und hat sich diese gem. § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu eigen gemacht.

Gegen das am 02.10.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.10.2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im wesentlichen seinen Vortrag aus dem Klageverfahren. Insbesondere trägt er vor, er selbst habe von 06:00 Uhr bis 23:00 Uhr in der Fleischereiküche gearbeitet. Die Ehefrau sei während der Ladenöffnungszeiten dort für den Verkauf zuständig gewesen. Zudem habe sie den gemeinsamen Sohn erzogen und den Haushalt geführt. Aufgrund der hohen Kreditverpflichtungen seien Privatentnahmen lediglich in Höhe von ca. 10.000,00 DM pro Jahr möglich gewesen. Selbst wenn man von einer Ehegatten-Innengesellschaft ausgehe, so habe die Ehefrau doch zusätzlich den Haushalt geführt. Diese Haushaltsführung und Erziehungsleistung sei als Dienstleistung mit ihrem wirtschaftlichen Wert zu berücksichtigen. Nach dem Tod der Ehefrau sei er gezwungen gewesen, die Erziehung und Betreuung des Sohnes seinem Bruder und dessen Frau zu überlassen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 09.09.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.07.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002 zu verurteilen, ihm Witwerrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide und das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Rentenakte des Klägers bei der LVA Westfalen beigezogen. In dieser ist unter anderem ein Antrag des Klägers auf Feststellung von Kindererziehungszeiten zu finden, in dem er angibt, er habe den Sohn während der gesamten ersten 10 Lebensjahre erzogen.

Im Termin vor dem Landessozialgericht am 27.08.2004 ist der Kläger persönlich angehört worden. Bezüglich der Einzelheiten seiner Einlassung wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2004 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der LVA Westfalen Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Bescheid vom 17.07.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Witwerrente.

Gemäß § 46 SGB VI in Verbindung mit § 303 SGB VI besteht Anspruch auf eine Witwerrente nur dann, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten hat. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Zur Überzeugung des Senats hat die Versicherte auch unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers im letzten maßgeblichen Dauerzustand vor ihrem Tode den Unterhalt der Familie nicht überwiegend bestritten.

Hinsichtlich der zeitlichen Festlegung des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes ist dem Sozialgericht allerdings nicht zu folgen. Als maßgeblichen Zeitraum hat das Sozialgericht den Zeitraum vom 01.10.1974 bis 30.09.1975 zugrundegelegt. Richtigerweise ist der Beginn der Erkrankung der Versicherten als Beendigungszeitpunkt zugrunde zu legen, da diese die Einkommensverhältnisse wesentlich beeinflussende Krankheit von relativ kurzer Dauer war und es deshalb aus Billigkeitserwägungen gerechtfertigt ist, die durch sie bewirkte Verschlechterung der Unterhaltslage nicht als Prüfungsmaßstab für die Voraussetzungen der Witwerrente anzulegen (BSG, SozR 2200, § 1266 Nr. 7 m.w.N., Kasseler Komm § 303 SGB VI Rn 50). Maßgeblicher Zeitraum ist im Sinne der Rechtsprechung des BSG hier die Zeit von Juli 1974 bis Juni 1975.

In diesem Zeitraum hat die Versicherte den Unterhalt der Familie jedenfalls nicht "überwiegend" bestritten. Nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Einlassungen des Klägers im sozialgerichtlichen Verfahren sowie im Termin vor dem Landessozialgericht haben der Kläger und seine verstorbene Ehefrau das Metzgereigeschäft gemeinsam betrieben, und das hieraus erzielte Einkommen ist zur Bestreitung des Familienunterhalts verwendet worden. Sowohl die Einkünfte des Klägers aus dem Gewerbebetrieb als auch diejenigen der Versicherten aus nichtselbständiger Tätigkeit wurden durch den Betrieb der Metzgerei erwirtschaftet, denn auch das Arbeitseinkommen der Versicherten entstammte aus einer Tätigkeit für den Metzgereibetrieb. Obwohl das Metzgereigeschäft nach außen hin auf den Namen des Klägers lief, ist zur Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass zwischen den Eheleuten eine sog. Ehegatten-Innengesellschaft bestand. Für eine solche Innengesellschaft ist es kennzeichnend, dass sich die Partner stillschweigend zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verpflichtet haben, also die Voraussetzungen eines Gesellschaftsvertrages im Sinne der §§ 705 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gegeben sind, jedoch nach außen nur ein Partner als der Inhaber des Unternehmens in Erscheinung tritt. Die Eheleute müssen durch ihre beiderseitigen Leistungen einen über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen, in dem sie etwa durch Einsatz von Vermögenswerten oder Arbeitsleistungen gemeinsam ein Vermögen aufbauen oder berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten ausüben (Bundesgerichtshof, NJW 1999, 2962). Es ist nicht erforderlich, dass die Eheleute sich darüber bewusst gewesen sind, zueinander in einem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis im Sinne einer BGB-Gesellschaft zu stehen (vgl. BSG, SozR 2200 § 1266 Nr. 3 und 22).

Von einer solchen Innengesellschaft ist im vorliegenden Fall auszugehen. Die Eheleute haben die Entscheidung den Betrieb zu übernehmen gemeinsam getroffen. Beide Ehegatten haben durch den Einsatz ihrer gesamten Arbeitskraft bei entsprechender Aufgabenteilung den Betrieb praktisch gemeinsam geführt. Die Ehefrau des Klägers hat dabei im wesentlichen den Verkauf übernommen, während der Kläger in der Produktion und Warenbeschaffung tätig war. Alle wichtigen Entscheidungen wurden gemeinsam getroffen. Die erzielten Einkünfte dienten dem Familienunterhalt. Dies ergibt sich insbesondere aus den Bekundungen des Klägers im sozialgerichtlichen Verfahren und im Termin vor dem Landessozialgericht. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Bekundungen des Klägers auch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Die Beteiligten haben im übrigen übereinstimmend erklärt, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Innengesellschaft vorlag und insoweit auf die Vernehmung des Steuerberaters des Klägers verzichtet.

Dem Umstand, dass das der Versicherten zufließende Einkommen steuer- und versicherungsrechtlich wie ein Arbeitnehmerentgelt behandelt wurde, kommt bei dem festgestellten Bestehen einer Innengesellschaft keine Bedeutung zu. Eine dahingehende Handhabung lag in der Disposition der Eheleute, schloss aber nicht aus, dass die Versicherte dennoch stille Ehegatten-Gesellschafterin war (vgl. BSG, SozR 2200, § 1266 Nr. 20).

Bei Vorliegen einer Ehegatten-Innengesellschaft haben - wenn wie hier keine anderen Absprachen getroffen wurden - beide Ehegatten Anspruch auf die Erträge der gemeinsamen Arbeit. Die erzielten Einkünfte im maßgeblichen Zeitraum sind in entsprechender Anwendung des § 722 BGB je zur Hälfte zu teilen. Das bedeutet, dass sowohl der Gewinn des Metzgereigeschäftes als auch das Nettoarbeitsentgelt der Ehefrau jeweils zur Hälfte den Ehepartnern zuzurechnen ist, so dass sich allein aus dem Einkünften des Klägers und der Versicherten nicht feststellen lässt, dass die Versicherte den Unterhalt überwiegend bestritten hat.

Auch unter Berücksichtigung der im gemeinsamen Haushalt angefallenen Arbeiten kann nicht festgestellt werden, dass die Versicherte den Familienunterhalt überwiegend bestritten hat.

Bei der rechtlichen Zuordnung des Wertes der Haushaltsführung kommt es nicht allein darauf an, welche Arbeiten ein Ehegatte tatsächlich verrichtet hat, sondern es muss auch die familienrechtliche Verpflichtung zur Hausarbeit Beachtung finden, unabhängig davon, ob und wie diese erfüllt wird (BSG, SozR § 1266 Nr. 10). Die Aufteilung der Hausarbeit wird von den Ehegatten in gegenseitigem Einvernehmen geregelt (§ 1356 Abs. 1 BGB). So können Ehegatten ohne weiteres vereinbaren, dass einer allein sämtliche anfallenden Hausarbeiten verrichtet, obwohl auch der andere durchaus in der Lage wäre, sich an der Hausarbeit angemessen zu beteiligen. Für den Anspruch auf Witwerrente kann diese Aufteilung der Hausarbeiten von erheblicher Bedeutung sein: Übernimmt der Ehemann allein die Haushaltsführung, so kann sein Anspruch auf Witwerrente daran scheitern, dass er durch den Wert der ihm zurechenbaren Hausarbeiten den Familienunterhalt überwiegend bestritten hat. Übernimmt dagegen die Ehefrau alle Hausarbeiten, so kann durch den ihr zurechenbaren Wert dieser Arbeiten der Witwerrentenanspruch erst begründet werden. Auf diese Weise könnte im Ergebnis durch eine privatrechtliche Vereinbarung ein Rentenanspruch begründet oder aufgehoben werden. Es stünde damit in der Verfügungsmacht einer Versicherten durch eine Vereinbarung mit ihrem Ehemann über die Haushaltsführung den Rentenversicherungsträger zur Zahlung einer Rente zu verpflichten. Deswegen kann nicht allein auf die tatsächliche oder vertragliche Verteilung der Hausarbeit abgestellt werden, sondern es muss auch die familienrechtliche Verpflichtung zur Hausarbeit Beachtung finden (BSG, Urteil vom 01.12.1983, 4 RJ 33/82).

Im Normalfall ist dabei von einer beiderseitigen gleichwertigen Haushaltsführung durch beide Ehegatten auszugehen. Dies ist immer dann gerechtfertigt, wenn beide Ehegatten nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in gleichem Umfang Hausarbeiten ausführen können, wie dies vielfach z.B. bei Ehepaaren mit gleicher beruflicher Belastung der Fall sein wird. Diese gemeinsame Haushaltsführung hätte zur Folge, dass sich der Wert der Hausarbeit der beiden Ehegatten gegenseitig aufhebt und deswegen nicht zur Begründung eines Rentenanspruchs beiträgt. Demgegenüber können zwar andere Möglichkeiten der Verteilung der Hausarbeit nicht ausgeschlossen werden, für die Bewertung im Rahmen des Anspruchs auf Witwerrente bedarf es dazu jedoch des Vorliegens verständiger Gründe. So hat das BSG zum Beispiel in einem Fall das Vorliegen eines verständigen Grundes zumindest in Erwägung gezogen, in dem der Ehemann der Versicherten wegen seines Gesundheitszustandes außerstande war, sich an der Haushaltsführung zu beteiligen (BSG, Urteil vom 01.12.1983, Az: 4 RJ 33/82).

Im vorliegenden Fall ist zunächst grundsätzlich von der gesetzlichen Fiktion auszugehen, dass beide Eheleute in gleichem Umfang zur Haushaltsführung beitragen konnten. Beide Eheleute sind voll erwerbstätig gewesen. Es liegt zur Überzeugung des Senats kein verständiger Grund im Sinne des o.g. BSG-Urteils vor, der dazu führt, dass die interne Verteilung der Hausarbeit im Rahmen des Anspruchs auf Witwerrente zum Tragen kommt.

Auch der Vortrag des Kläger, er habe länger gearbeitet, teilweise bis 23:00 Uhr und habe bei der Durchführung seiner Arbeit den gemeinsamen Sohn nicht betreuen können, führt zu keinem anderen Ergebnis. Grundsätzlich ist vielmehr bei voller Berufstätigkeit beider Eheleute davon auszugehen, dass jeder der beiden auch zur hälftigen Haushaltsführung und Kinderbetreuung verpflichtet ist - und nur auf diese Verpflichtung kommt es an (vgl. hierzu auch BSG, SozR 2200 § 1266 Nr. 3). Der Kläger hat im Termin vor dem Landessozialgericht insofern vorgetragen, dass sowohl er als auch seine Ehefrau voll berufstätig gewesen seien. Dies ergibt sich für die Versicherte insbesondere aus den vorgetragenen Arbeitszeiten.

Zudem ist festzustellen, dass die vorgetragene "Mehrarbeit" des Klägers für den Metzgereibetrieb im Ergebnis auch dem Unterhalt der Familie diente. Insgesamt stellt sich die wirtschaftliche und familiäre Situation des Klägers und seiner Familie im maßgeblichen Zeitraum so dar, dass die Eheleute gemeinsam den Metzgereibetrieb aufgebaut und betrieben haben - ebenso wie den "Betrieb Familie". Jeder der beiden Eheleute hat nach seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten Aufgaben im Betrieb und in der Familie wahrgenommen und dabei seine gesamte Arbeitskraft eingesetzt. Diese interne Arbeitsverteilung kann aber zur Überzeugung des Senats nicht dazu führen, dass ein Anspruch auf Witwerrente entsteht, da dies im Ergebnis bedeuten würde, dass der Anspruch auf Witwerrente durch eine privatrechtliche (familienrechtliche) Vereinbarung begründet werden könnte (vgl. BSG, Urteil vom 01.12.1983, Az: 4 RJ 33/82).

Wird von den Eheleuten ein Geschäft gemeinsam betrieben und gleichzeitig ein Haushalt geführt wobei die interne Verteilung der Arbeiten im Geschäft und im Haushalt einvernehmlich geregelt ist und stellt jeder der Eheleute hierbei seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung, so ist jedenfalls nicht im Sinne des § 303 SGB VI davon auszugehen, dass die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten hat. Es ist vielmehr in solchen Konstellationen davon auszugehen, dass die Eheleute den Unterhalt der Familie zu gleichen Teilen bestritten haben.

Dies entspricht im Übrigen auch Sinn und Zweck der Regelung des § 303 SGB VI, der u.a. für die Fälle, in denen - wie hier - die Versicherte vor dem 1. Januar 1986 gestorben ist, die Weitergeltung des zuvor in § 1266 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. § 43 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) geregelten Rechts auf Witwerrente enthält. Die Gewährung der Witwerrente in § 1266 RVO bzw. § 43 AVG soll davon abhängig sein, dass die gesamten Leistungen der verstorbenen Versicherten für den Unterhalt der Familie wesentliche (überwiegende) Bedeutung gehabt haben (vgl. hierzu BVerfG, BVerfGE 17, S.1 ff). Im vorliegenden Fall hat die Unterhaltsleistung der Ehefrau durch ihre Mitarbeit im Metzgereibetrieb und durch die Haushaltsführung im Verhältnis zur Unterhaltsleistung durch den Kläger, der insgesamt im gleichen Umfang wie die Versicherte tätig war, nicht eine überwiegende sondern lediglich eine gleichwertige Bedeutung für den Unterhalt der Familie gehabt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Rechtsprechung des BSG, auf die der Senat Bezug genommen hat, erfasst nicht genau die vorliegende Fallgestaltung.
Rechtskraft
Aus
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