L 10 U 2213/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2826/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2213/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 06.02.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen wegen eines Arbeits- bzw. Wegeunfalls.

Die Klägerin ist die Ehefrau des 1964 geborenen und am 28.02.2015 verstorbenen Versicherten T. O. (im Folgenden: Versicherter).

Der Versicherte stürzte am 20.02.2015 gegen 19.50 Uhr auf dem Weg vom Betrieb nach Hause auf dem Parkplatz seiner Arbeitgeberin, der Firma B. Automotive S. GmbH, die ein Mitgliedsbetrieb der Beklagten ist. Dabei zog sich der Versicherte eine Platzwunde am Kinn mit oberflächlicher Schürfung an der rechten Wange zu und wurde um 20.51 Uhr vom Rettungsdienst in das S. S. G. eingeliefert (Durchgangsarztbericht, Bl. 1 VA und Auskunftsschreiben, Bl. 8, 30 und 33 VA). Nach den Ausführungen im Durchgangsarztbericht befand sich der Versicherte bei seinem Sturz in alkoholisiertem Zustand; es habe ein Foetor alkoholicus (Alkoholatemgeruch) vorgelegen und der Versicherte sei zeitlich und örtlich nicht orientiert gewesen. Nach Erstversorgung des Versicherten sei dieser nach Angaben des Oberarztes Dr. S. auf eigenen Wunsch entlassen worden.

Um 22.14 Uhr desselben Tages wurde der Versicherte nach einem erneuten Sturz wiederum mit dem Rettungswagen in das S. eingeliefert (Auskunftsschreiben, Bl. 8 VA). Die dann durchgeführte Blutalkoholbestimmung ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,96 Promille (Aufnahmebericht, Bl. 36 VA). Ein an diesem Tag gefertigtes Computertomogramm zeigte keine konkreten Hinweise auf ein Schädel-Hirn-Trauma oder Blutungen (Bl. 14 VA). Im Aufnahmebericht wurde als Verletzungsursache ein Sturz unklarer Ursache genannt. Der Versicherte sei vermutlich einen Berg heruntergerollt und gestürzt. Er sei zeitlich und örtlich desorientiert gewesen.

Im Verlauf der weiteren stationären Behandlung stürzte der Versicherte am 22.02.2015 im Zusammenhang mit einem alkoholbedingten Krampfanfall in seinem Klinikzimmer erneut. In den daraufhin erhobenen bildgebenden Befunden ergaben sich verschiedene Einblutungen im Bereich des Schädels (vgl. CT Bl. 15f VA). Der Kläger verstarb am 28.02.2015 im Stauferklinikum. Gemäß dessen Bericht vom 01.03.2015 sei die Todesursache unklar geblieben, weshalb zur genaueren Ermittlung die Kriminalpolizei eingeschaltet worden sei (Bl. 11 f. VA).

Der leichenbeschauende Arzt Dr. A. gab gegenüber dem Polizeipräsidium A. an, dass auf Grund der Krankenakte, der festgestellten Befunde und der Leichenschau ein kausaler Zusammenhang zwischen Tod und Sturzgeschehen nahezu auszuschließen sei. Hierfür habe es keine Anhaltspunkte gegeben. Es sei von einer inneren Todesursache im Zusammenhang mit der Alkoholkrankheit des Versicherten auszugehen (Bl. 92 VA). In dem Polizeibericht wird zudem eine Rücksprache mit dem behandelnden Assistenzarzt Dr. S. wiedergegeben, wonach der Versicherte nach der ersten Untersuchung mit einem Taxi direkt in die nächste Gaststätte gefahren sei und dort weitergetrunken habe (Bl. 91 VA). Nach Abschluss der Ermittlungen ging das Polizeipräsidium A. von einem Tod aus innerer Ursache aus. Es sei davon auszugehen, dass "der Sturz" nicht im kausalen Zusammenhang mit dem Tod stehe (Bl. 92 VA). Die Staatsanwaltschaft E. stellte das Todesermittlungsverfahren daraufhin ein (Bl. 37 VA).

Die Arbeitgeberin des Versicherten führte in einer Stellungnahme an die Beklagte (Bl. 53 VA) aus, dass sich der Versicherte während der regulär bis 20.15 Uhr laufenden Arbeitsschicht wegen privater Probleme (seine Frau würde aus dem Haus ausziehen) abgemeldet und um 19.54 Uhr ausgestempelt habe. Der Sturzort sei eine asphaltierte Fläche gewesen.

Auf Anfrage der Beklagten erläuterte das Stauferklinikum, dass keine abschließende Todesursache mitgeteilt werden könne (Bl. 84 VA). Entsprechend den klinischen Umständen sei die Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie als Todesursache sehr wahrscheinlich.

Mit Bescheid vom 25.06.2015 (Bl. 138 ff. VA) lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen an die Klägerin ab, da der Tod des Versicherten nicht infolge eines Versicherungsfalles eingetreten sei. Den hiergegen ohne Begründung erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2015 (Bl. 173 ff. VA) zurück. Nach Auswertung der medizinischen Befunde sei der Tod des Versicherten aus innerer Ursache, höchstwahrscheinlich auf Grund der bestehenden Alkoholsucht eingetreten. Es sei davon auszugehen, dass "weder der Arbeitsunfall noch der zweite unversicherte Sturz in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit dem Tod" stünden.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.09.2015 zum Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Tod des Versicherten sei Folge eines Arbeitsunfalls gewesen. Dieser sei auf dem Betriebsparkplatz gestürzt und habe sich dabei erhebliche Verletzungen zugezogen. Der Sturz auf dem Parkplatz sei jedenfalls mitursächlich und eine wesentliche Bedingung für den Tod des Versicherten. Entgegen der Angabe von Dr. S. habe der Versicherte zwischen dem ersten und dem zweiten Sturz keinen Alkohol in einer Gaststätte konsumiert. Dies sei bereits auf Grund des zeitlichen Ablaufs ausgeschlossen. Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung erläutert, der verstorbene Versicherte habe ihr und seiner Tochter gegenüber am 21.02.2015 im Krankenhaus erklärt, er sei auf dem Parkplatz über "irgendwas gestolpert". Über Einzelheiten sei nicht gesprochen worden.

Mit Urteil vom 06.02.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, weder der erste noch der zweite Sturz am 20.02.2015 seien als Versicherungsfälle im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu qualifizieren. Die starke Alkoholisierung des verstorbenen Versicherten habe seinen Versicherungsschutz zum Zeitpunkt der beiden Sturzereignisse am 20.02.2015 entfallen lassen, nachdem in beiden Fällen unklar geblieben sei, welche sonstigen versicherten Risiken sich auf den von ihm beschrittenen Wegen realisiert haben könnten. Beim Versicherten hätten im Anschluss an beide Stürze offensichtliche und typische massive alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorgelegen. Seine unversicherte Trunkenheit sei für die Stürze von überragender Bedeutung gewesen, nicht jedoch der jeweilige Weg, den er bei seinen Stürzen zurückgelegt habe.

Am 06.06.2017 (Dienstag nach Pfingstmontag) hat die Klägerin gegen das am 05.05.2017 zugestellte Urteil Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es sei schlechterdings nicht nachgewiesen, dass der verstorbene Versicherte zum Zeitpunkt des ersten Sturzes auf dem Parkplatz des Betriebsgeländes alkoholisiert bzw. erheblich alkoholisiert gewesen sei. Zudem habe das SG den Umstand bzw. Vortrag der Klägerin nicht gewertet, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin dieser und der Tochter im Krankenhaus erklärt habe, dass er im Vorbeigehen am Fahrradständer auf dem Parkplatz des Betriebes über einen Gegenstand gestolpert und sodann gestürzt sei. Jedenfalls für den ersten Sturz auf dem Betriebsgelände bzw. dem Parkplatz sei somit nicht die unversicherte Trunkenheit des Versicherten ursächlich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 06.02.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2015 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenleistungen gemäß §§ 63 ff. SGB VII aus Anlass des Todes ihres Ehemanns zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für richtig.

Ebenfalls mit Bescheid vom 25.06.2015 hat die Beklagte Hinterbliebenenleistungen gegenüber der Tochter des verstorbenen Versicherten abgelehnt. Das dagegen geführte gerichtliche Verfahren ist in der Berufung vor dem LSG erfolglos geblieben (Beschluss vom 19.09.2019, L 1 U 3262/18).

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 25.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2015, mit dem die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ablehnte. Die dagegen erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig.

Ein Anspruch auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen besteht nicht, weshalb die Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ist und das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Nach § 63 Abs. 1 SGB VII besteht in der gesetzlichen Unfallversicherung ein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Der Tod eines Versicherten ist infolge eines Versicherungsfalls eingetreten, wenn er durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit und sei es auch nur mittelbar, vor allem auf Grund der sich aus ihnen ergebenden Gesundheitsstörungen und Erkrankungen verursacht wurde (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R).

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehört nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Dabei muss eine sachliche Verbindung mit der versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausübte, stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein. Dementsprechend muss auch der innere Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Zurücklegung des Weges nachgewiesen sein, also sicher feststehen (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84). Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können muss (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84). Lediglich hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90).

Im vorliegenden Unfallgeschehen realisierte sich keine Gefahr, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt. Bei den Stürzen des Versicherten am 20.02.2015 handelte es sich bereits nicht um Wegeunfälle. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, welchen konkreten Weg der Versicherte nach seiner Selbstentlassung aus dem Krankenhaus genommen hat.

Im parallelen Rechtsstreit der Tochter des Versicherten hat der 1. Senat des LSG (Beschluss vom 19.09.2019, L 1 U 3262/18) bereits ausgeführt:

"Die Unfallversicherung des Zurücklegens des Weges nach und von dem Ort der (jeweiligen) versicherten Tätigkeit schützt nur gegen Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremden Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen durch die Beschaffenheit des Verkehrsraums hervorgehen (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R -, BSGE 112, 177-188, SozR 4-2700 § 8 Nr. 46). Der Versicherte befand sich zwar zum Zeitpunkt des ersten Sturzes auf dem unmittelbaren Weg zwischen dem Ort seiner versicherten Tätigkeit und seiner Wohnung, auch ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis gesichert. Es ist aber nicht feststellbar, dass sich bei dem Unfallgeschehen eine Gefahr realisiert hat, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt. Ohne Feststellung einer konkreten Kausalkette kann nicht aus der bloßen Tatsache des "auf dem Wege seins" abgeleitet werden, dass sich auch eine Gefahr realisiert hat, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt. Ein solcher "Wegebann" entspricht nicht dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (so explizit: BSG, Urteil vom 17.12.2015, a.a.O.; Thüringer LSG, Urteil vom 04.07.2019 - L 1 U 275/19 -, Rn. 23, juris). Eine solche Verkehrsgefahr ist vorliegend nicht nachweisbar. Es fehlt an Tatsachen, die den Sturz des Versicherten als Realisierung einer Verkehrsgefahr qualifizieren. Der fehlende Nachweis eines spezifischen Wegerisikos wirkt sich zum Nachteil der beweisbelasteten Klägerin aus (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 04. Juli 2019 - L 1 U 275/19 -, Rn. 23, juris). Kann dann die Unfallursache nicht geklärt werden, liegt bereits mangels nachgewiesener Unfallkausalität kein Wegeunfall vor (vgl. Schur in jM 2016, 415)."

Dem schließt sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung an. Weshalb der Versicherte auf dem Parkplatz - eine asphaltierte Fläche - stürzte, hat sich nicht aufklären lassen und ist auch nicht mehr aufklärbar. Insbesondere sind die Angaben der Klägerin und ihrer Tochter hierzu unergiebig.

Zum einen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG den Gesprächsinhalt dahingehend geschildert, dass ihr Ehemann angegeben habe, über "irgendetwas gestolpert" zu sein. Hieraus lässt sich schon deshalb keine Realisierung eines spezifischen Wegerisikos ableiten, weil dieses "Irgendetwas" vom Versicherten nicht konkretisiert worden ist - über mehr wurde nach den Angaben der Klägerin nicht gesprochen - und insoweit auch ein Stolpern wegen Gangunsicherheit auf Grund des alkoholisierten Zustandes naheliegt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass beim Versicherten bei der zweiten stationären Aufnahme eine Blutalkoholkonzentration von 2,96 Promille gemessen wurde. Die Klägerin hat im Klageverfahren selbst nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass bereits aus Zeitgründen (stationäre Erstaufnahme um 20.51 Uhr mit nachfolgender Behandlung in Form des Nähens der Platzwunde am Kinn und danach Entlassung, Begeben zum zweiten Sturzort mehr als 2 km vom Krankenhaus entfernt, vgl. Bl. 15 LSG-Akte, zweite stationäre Aufnahme dann wiederum nach Alarmierung und Transport durch den Rettungsdienst bereits um 22.14 Uhr) die thematisierte erneute Alkoholaufnahme in einer Gaststätte nach der Entlassung ausscheide, was zu dem Schluss zwingt, dass der Versicherte bereits beim ersten Sturz eine noch höhere Blutalkoholkonzentration aufwies. Entgegen den Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung kann somit aus der gemessenen Alkoholkonzentration durchaus auf die entsprechende Verfassung des Versicherten beim ersten Sturz geschlossen werden. Soweit die Klägerin in der Berufung vortragen lässt, der Versicherte sei über einen Gegenstand gestolpert, steht dies zu ihren persönlichen Angaben in ihrer Anhörung durch das SG in Widerspruch. Im Übrigen vermag der Senat die Angaben des Versicherten gegenüber der Klägerin auch nicht zu Grunde legen. Denn in der Anamnese des Befundberichtes vom 20.02.2015 (Bl. 33 VA) findet sich die Angabe des Versicherten, er sei ausgerutscht. Insoweit ist wiederum eine Gangunsicherheit auf Grund der Alkoholisierung naheliegend. Schließlich hält es der Senat auch nicht für ausgeschlossen, dass der Versicherte diese - unterschiedlichen - Angaben über die Ursache des Sturzes zur Verschleierung eines rein alkoholbedingten - ohne Stolpern oder Ausrutschen - Hinfallens machte. Die Wegeunfallversicherung schützt aber nicht vor Gefahren, die sich erst und allein aus einem Alkoholkonsum ergeben (BSG, Urteil vom 13.11.2012, B 2 U 19/11 R). Im Ergebnis kann der Senat die konkrete Ursache des Sturzes nicht feststellen und somit auch keine Realisierung eines spezifischen Wegerisikos.

Dasselbe gilt dann in Bezug auf den zweiten Sturz am 20.02.2015.

Wie ebenfalls bereits der 1. Senat im angeführten Beschluss ist auch der erkennende Senat zudem - lediglich ergänzend ausgeführt - nicht davon überzeugt, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit zwischen den erlittenen Stürzen und dem späteren Tod besteht. Selbst unterstellt, dass beide Stürze vom 20.02.2015 unter den Schutz der Unfallversicherung fallen, so wäre dennoch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass sie eine erforderliche Bedingung für den Tod des Versicherten im Sinne eine "condicio sine qua non" waren. Der erste Sturz führte lediglich zu einer Kinnplatzwunde und das erstellte Computertomogramm ergab sogar noch nach dem zweiten Sturz keine Hinweise auf ein Schädel-Hirn-Trauma oder Einblutungen. Schwerwiegende und potenziell lebensgefährdende Sturzfolgen wurden mithin nicht beschrieben. Dem korrespondieren die Angaben des leichenbeschauenden Arztes Dr. A ... Dieser gab gegenüber dem Polizeipräsidium A. an, dass auf Grund der Krankenakte, der festgestellten Befunde und der Leichenschau ein kausaler Zusammenhang zwischen Tod und Sturzgeschehen nahezu auszuschließen und vielmehr von einer inneren Todesursache im Zusammenhang mit der Alkoholkrankheit des Versicherten auszugehen ist. Dementsprechend ging auch das Polizeipräsidium A. nach Abschluss der Ermittlungen von einem Tod aus innerer Ursache aus und stellte die Staatsanwaltschaft E. das Todesermittlungsverfahren ein.

Soweit die Klägerin im Klageverfahren auf die im CT vom 24.02.2015 diagnostizierten Einblutungen im Bereich des Kopfes hinweist, handelt es sich bereits nicht um Folgen der Stürze am 20.02.2015. Vielmehr war der Versicherte am 22.02.2015 im Krankenzimmer wegen eines alkoholbedingten Krampfanfalles (so die im Sturzereignisprotokoll dokumentierte Ursache, vgl. Bl. 108 VA) bei beginnendem Delir (weshalb er erfolgreich intensivmedizinisch behandelt wurde, vgl. Bl. 11 VA) gestürzt und hatte sich dabei die noch am 24.02.2015 im CT diagnostizierten Einblutungen zugezogen. Demgegenüber war das CT vom 20.02.2015 unauffällig gewesen. Im Übrigen sah Dr. A. auch insoweit keinen Zusammenhang mit dem vier Tage später eintretenden Tod.

Ein Kausalzusammenhang zwischen den Stürzen am 20.02.2015 und dem Todesfall ist nach alledem somit nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, sondern vielmehr im Gegenteil sehr unwahrscheinlich, da mehr gegen als für einen Ursachenzusammenhang spricht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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