L 10 R 2778/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 294/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2778/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.06.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, streitig.

Der am.1959 geborene Kläger hat den Beruf des Malers und Lackierers (Fachrichtung Autolackierer, Gesellenbrief vom 26.06.1978, Bl. 117 SG-Akte) erlernt. Bis zur Resektion seiner ersten Rippe rechts auf Grund eines Thoracic-outlet-Syndroms (Engpassyndrom der oberen Thoraxapertur oder Schultergürtelkompressionssyndrom) am 24.06.2008 war der Kläger auch in diesem Beruf tätig. Danach war der Kläger bis August 2011 arbeitslos und nahm dann eine Tätigkeit als Maler und Lackierer bei der Firma H. GmbH & Co. KG auf, was die Beklagte mittels Gewährung eines Eingliederungszuschusses unterstützte. Nach Resektion der ersten Rippe links ebenfalls auf Grund des Thoracic-Outlet-Syndroms (Bl. 57 Verwaltungsakte -VA- Rente Ärztlicher Teil) sowie der Durchführung einer Acromioplastik und AC-Gelenkresektion links (Bl. 75 SG-Akte) und der sich daran anschließenden längeren Arbeitsunfähigkeit endete das Arbeitsverhältnis bei der Firma H. Ende August 2013 (Bl. 111 SG-Akte). Anschließend bezog der Kläger Krankengeld sowie Arbeitslosengeld. Von Mitte September 2014 bis 25.02.2015 war der Kläger als Fahrer bei einer Bäckerei mit Be- und Entladetätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt (Bl. 71 VA Rente Ärztlicher Teil) und sodann erneut arbeitsunfähig (Bl. 35 VA Versichertenrente). Frühere Anträge des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente wurden mit Bescheiden vom 21.08.2013 (Bl. 8 SG-Akte) sowie vom 12.03.2014 (Bl. 10 SG-Akte) abgelehnt. Am 23.04.2015 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Versichertenrente (Bl. 15 VA Versichertenrente), wobei er angab, an Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) sowie der rechten und linken Schulter zu leiden (Bl. 17 VA Rente Ärztlicher Teil).

Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin durch die Fachärztin für Chirurgie, plastische Chirurgie, Sozialmedizinerin Z. am 15.06.2015 medizinisch begutachten (Bl. 87 VA Rente Ärztlicher Teil). Diese diagnostizierte eine leicht- bis mittelgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter bei operativer Behandlung einer Einklemmsymptomatik und eines Gefäßnerveneinklemmsyndroms, ein HWS-Syndrom bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen (besonders bei C5/6 und C6/7) ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen und ohne wesentliche Wurzelreizung, leichte funktionelle Einschränkungen am rechten Knie bei Reizung des Kniescheibenlagers, ein operativ versorgtes Gefäßnerveneinklemmsyndrom an der rechten Schulter ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen sowie degenerative Veränderungen der Finger- und Sattelgelenke ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung von überwiegendem Sitzen, Gehen und Stehen in Früh- und Spätschicht zumindest sechsstündig zu verrichten. Auszuschließen seien länger andauernde Tätigkeiten in der Horizontalen für beide Arme oder generell Überkopftätigkeiten, Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, Tätigkeiten mit häufigem Knien und Hocken sowie Tätigkeiten, die das häufige Ersteigen von Leitern und Gerüsten erfordern. Auch seien auf Grund der arthrotischen Veränderungen und der Psoriasis Tätigkeiten in Nässe für beide Hände nicht mehr zumutbar. Gleiches gelte für Tätigkeiten mit erhöhter Kraftanforderung an den linken Oberarm und die linke Schulter. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, überwiegend im Stehen, im Gehen sowie im Sitzen nicht eingeschränkt. Bezüglich einer Tätigkeit als Maler und Lackierer sowie als Fahrer für eine Bäckerei hielt sie den Kläger für unter drei Stunden leistungsfähig.

Mit Bescheid vom 27.07.2015 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung sowie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger einen Bericht über eine Kernspintomographie der HWS (Radiologisches Institut Bühl-Achern vom 15.07.2015, Bl. 9 VA Versichertenrente) und einen Bericht des Neurochirurgen Dr. H. (Diagnose: Zustand nach Schulter-OP beidseits, Zustand nach Halsrippenentfernung, Protrusion C3/4, C6/7, Bl. 11 VA Versichertenrente) vor. Nach zusätzlicher Beiziehung eines Befundberichtes des Orthopäden Dr. G. (Diagnosen: HWS-Syndrom, Brustwirbelsäulen-Blockierung [BWS-Blockierung] Th 2/3, BWS-Syndrom, vom 10.04.2015, Bl. 23 VA Versichertenrente) legte die Beklagte diese Unterlagen nochmals der Gutachterin Z. vor, woraufhin diese an ihrer Leistungsbeurteilung im Gutachten festhielt (Bl. 25 VA Versichertenrente). Die Beklagte wies hierauf gestützt den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2015 zurück und verwies den Kläger auf eine Tätigkeit als Registrator oder Poststellenmitarbeiter.

Hiergegen hat der Kläger am 16.01.2016 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ausgeführt, er leide an Beschwerden in beiden Schultergelenken, einer Polyarthrose in den Fingergelenken beider Hände, Wirbelsäulenbeschwerden, Kniegelenksbeschwerden sowie an einer psychischen Belastung durch Entzündungen und Schmerzen. Er sei daher auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter sechs Stunden leistungsfähig. Da er gelernter Maler und Lackierer sei, genieße er überdies Berufsschutz und er sei, da er bei der Firma H. mit einer Vorgesetztenfunktion (z.B. Bauaufsicht auf verschiedenen Großbaustellen, wofür auch eine gesonderte Schulung erforderlich gewesen sei) betraut gewesen sei, als besonders qualifizierter Facharbeiter einzustufen. Nach Befragung der den Kläger behandelnden Ärzten (Dr. K. , Bl. 56 SG-Akte, Dr. M. , Bl. 60 SG-Akte, Dr. P. , Bl. 65 SG-Akte, Dr. G. , Bl. 85 SG-Akte) hat das SG bei der Firma H. GmbH & Co. KG eine Auskunft über die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eingeholt (Bl. 111 SG-Akte). Danach übte der Kläger Tätigkeiten in Form von Oberflächenvorbereitung, Grundierung und Endbeschichtung der Sonderelemente aus und war mit umfangreichen Dokumentationspflichten über Raum-, Oberflächen- und Trocknungstemperatur und auch der Messung und Dokumentation von der Schichtdicke betraut, wofür er eine intensive Schulung erhalten habe. Eine Weisungsbefugnis im Unternehmen gegenüber anderen Arbeitnehmern habe nicht bestanden. Das Bruttoeinkommen des Klägers habe 2.141,04 EUR monatlich betragen. Er sei der Lohngruppe der Facharbeiter zugeordnet gewesen. Eine Befugnis, andere Arbeitnehmer oder Lehrlinge auszubilden, habe der Kläger nicht gehabt. Diese Auskunft hat der Kläger im Wesentlichen bestätigt, jedoch angegeben, dass er sich an keine intensive Schulung erinnern könne. Vielmehr habe es sich um eine Einlernzeit von maximal zwei Wochen gehandelt (Bl. 114a SG-Akte).

Das SG hat den Sachverständigen Prof. Dr. C. (Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Klinikum M. ) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Darin hat dieser neben reizlosen Narben an verschiedenen Körperstellen als krankhafte Veränderungen im Bereich der HWS Klopfschmerzen über den Dornfortsätzen der unteren HWS, leichte Verspannungen der Schulter-Nacken-Muskulatur sowie eine Einschränkung der Beweglichkeit hinsichtlich der Vorneigung beschrieben. Hinweise auf eine Reizung der von der HWS ausgehenden Nervenwurzeln hat er nicht gefunden. Das rechte Schultergelenk hat sich in allen Bewegungsebenen frei beweglich gezeigt, wohingegen sich im Bereich der linken Schulter eine Einschränkung der Beweglichkeit insbesondere hinsichtlich der Abspreizung sowie ein Knorpel- und Weichteilreiben beim Durchbewegen gezeigt hat. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (LWS) ist allenfalls hinsichtlich der Rückneigung endgradig einschränkt gewesen. Hinweise auf eine Reizung der von der LWS ausgehenden Nervenwurzeln hat der Sachverständige nicht gefunden. Im Bereich des rechten Ellenbogengelenkes hat Prof. Dr. C. belastungsabhängige Beschwerden am daumenseitigen Ellenknorren bei freier Beweglichkeit sowie Hautveränderungen an beiden Hohlhänden als Ausdruck einer Psoriasis (Schuppenflechte) beschrieben. Wegen der HWS-Beschwerden hat Prof. Dr. C. Tätigkeiten mit häufigen oder überwiegenden Überkopfarbeiten oder Kopfzwangshaltungen und bei denen ein Tragen von Lasten auf den Schultern notwendig ist, ausgeschlossen. Wegen der Beeinträchtigungen im Bereich der Schultern seien Tätigkeiten, die mit häufigem oder überwiegendem Heben und Tragen von Lasten über 5 kg verbunden seien, nicht mehr zumutbar. Wegen der LWS-Beschwerden könne der Kläger keine Tätigkeiten, die ausschließlich oder überwiegend im Stehen auszuführen seien, die mit dem häufigen oder überwiegenden Heben und Tragen von Lasten über 5 kg verbunden seien und die eine häufige vornübergeneigte oder eine sonstige Rumpfzwangshaltung erforderten, mehr ausüben. Tätigkeiten, bei denen häufig oder überwiegend eine kniende oder hockende Position einzunehmen sei und die mit dem häufigen Treppensteigen oder Klettern auf Leitern und Gerüsten verbunden seien, seien wegen der Beschwerden im Bereich des rechten Knies unzumutbar. Wegen Beschwerden im Bereich des rechten Ellbogengelenkes könne der Kläger keine Tätigkeiten mehr ausüben, die mit häufigen Unterarmumwendbewegungen verbunden seien. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Unter Berücksichtigung der genannten Leistungseinschränkungen seien dem Kläger jedoch Tätigkeiten von sechs Stunden und mehr täglich sowie betriebsübliche Pausen zumutbar. Hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit des Klägers bei der Firma H. GmbH & Co. KG sowie als Auslieferungsfahrer für die Bäckerei bestünde jedoch nur noch ein unter dreistündiges Leistungsvermögen des Klägers, wobei eine Tätigkeit als Registrator leidensgerecht sei. Prinzipiell sei jegliche Art von kontrollierenden oder aufsichtführenden Tätigkeiten leidensgerecht.

Mit Urteil vom 13.06.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und den geltend gemachten Anspruch auf eine volle bzw. teilweise Erwerbsminderungsrente mit der Begründung abgelehnt, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten unter Beachtung der vom Sachverständigen aufgeführten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Es bestehe auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), da der Kläger zwar als Facharbeiter einzustufen und diese Tätigkeit nicht mehr leidensgerecht sei, er jedoch auf eine Tätigkeit als Registrator oder Poststellenmitarbeiter verwiesen werden könne. Grundsätzlich handele es sich hierbei um regelmäßig leichte Tätigkeiten. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssten, jedoch seien solche Transporttätigkeiten zumindest in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in einer Poststelle, da ein Transportdienst vorhanden sei. Der Umstand, dass dem Kläger nur gelegentliches Heben und Tragen über 5 kg zumutbar sei, stehe der Verweisung nicht im Wege. Der Kläger müsse nicht auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar sein, vielmehr genüge die grundsätzliche Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden seien. Der Kläger könne sich auch innerhalb von drei Monaten in eine Tätigkeit eines Registrators einarbeiten.

Gegen das ihm am 21.06.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.07.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und u.a. ausgeführt, dass die Tätigkeit des Registrators eine überwiegend sitzende Tätigkeit beinhalte, die er nicht mehr ausüben könne. Auch müssten Ordner/Akten gezogen und abgestellt sowie betriebsintern weitergeleitet werden, was ihm nicht möglich sei, da er keine Lasten über 5 kg heben könne und bereits ein gut bestückter Leitzordner dieses Gewicht erreiche. Schwierige Registraturtätigkeiten im Sinne der ehemaligen Vergütungsgruppe BAT VIII würden seine geistigen Fähigkeiten übersteigen. Er sei Handwerker und habe keine kaufmännischen Kenntnisse und keine Erfahrung im Umgang mit Computern. Außerdem habe er bei der Firma H. GmbH & Co. KG auf Grund seiner Qualifikation eine Vorgesetztentätigkeit innegehabt, weshalb er als hochqualifizierter Facharbeiter einzustufen sei und nicht auf die Tätigkeit eines ungelernten Arbeiters - als solche seien die Tätigkeiten als Registrator oder Poststellenmitarbeiter einzustufen - verwiesen werden könne.

Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 18.08.2017),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.06.2017 sowie den Bescheid vom 27.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungs- sowie im erstinstanzlichen Verfahren.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten bei dem Orthopäden Dr. S. eingeholt (Untersuchungstag 01.08.2018, Bl. 39 LSG-Akte). Darin hat dieser eine Armhebeeinschränkung mittelgradig bis geringgradig beider Schultergelenke bei Supraspinatustendinose und Zustand nach operativer Behandlung einer Einklemmsymptomatik eines Gefäß-/Nerveneinklemmsyndroms (Thoracic-outlet-Syndrom) beidseits, ein HWS-Syndrom mit ausgeprägten degenerativen Veränderungen C5/6, C6/7 und Bewegungseinschränkung ohne neurologische Ausfälle, ein Lumbalsyndrom, pseudoradikulär mit Facettengelenksarthrose L4/5 und Ligamentopathie lumbal ohne sensomotorische Ausfälle, ohne wesentliche Wurzelreizerscheinungen bei endgradigen Einschränkungen, eine Innendreheinschränkung der Hüftgelenke beidseits bei sonographisch dringendem Verdacht auf Coxarthrose mit Kragenosteophyt links und hierdurch bedingtem CAM-Impingement und Verdacht auf beginnendes gemischtes CAM-/Pincer-Impingement des rechten Hüftgelenks, an den Füßen einen unteren Fersensporn beidseits und rechts eine Talonaviculargelenksarthrose ohne größere Funktionseinschränkungen, eine Fingerpolyarthrose mit Gelenksteifigkeit der Hände beidseits sowie ein neuropathisches Schmerzsyndrom beschrieben. Der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten, im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen und ohne überwiegende Überkopfarbeiten ausüben. Überwiegend stehende oder sitzende Tätigkeiten seien unzumutbar (Bl. 66 und 127 LSG-Akte), wobei ihm ein Heben und Tragen von Lasten über 5 kg nicht zumutbar sei (Bl. 63 LSG-Akte). Der Kläger sei nur noch grenzwertig in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit eine vollschichtige Tätigkeit von über sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche durchzuführen. Unübliche Pausen seien nicht notwendig. Der Kläger sei nicht in der Lage eine Tätigkeit als Registrator oder Poststellenmitarbeiter auszuüben.

Hierzu hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Dr. L. (Bl. 113 LSG-Akte) vorgelegt, wonach dem Kläger auch eine Tätigkeit als Registrator und Poststellenmitarbeiter zumutbar sei. In seiner Stellungnahme hierzu hat Dr. S. (Bl. 124 LSG-Akte) berufskundliche Ausführungen zur Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters gemacht und an seiner Auffassung festgehalten, dass der Kläger eine derartige Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Dem ist wiederum Dr. L. (Bl. 141 LSG-Akte) entgegengetreten.

Der Senat hat eine weitere Auskunft der Firma H. GmbH & Co. KG eingeholt. Sie hat mitgeteilt (Bl. 122 LSG-Akte), der Kläger habe keine Facharbeitertätigkeit mit Vorgesetztenfunktion innegehabt und auch keine Mitarbeiter angeleitet. Er sei als Maler/Lackierer beschäftigt gewesen (Spachteln, Vorbereiten, Grundieren, Lackieren, Verpacken). Bereits anhand der Vergütung von brutto 2.141,04 EUR sei eindeutig ersichtlich, dass der Kläger keine höherwertige Tätigkeit ausgeübt habe.

In seiner persönlichen Anhörung hat der Kläger angegeben, dass er bei der Firma H. GmbH & Co. KG - wie auch die anderen dort arbeitenden Facharbeiter - Weisungen an Leiharbeiter erteilt habe, die in Zeiten hohen Arbeitsaufkommens für kurze Zeit - ca. drei bis vier Tage - eingesetzt worden seien. Diese seien von den Facharbeitern mit Hilfsarbeiten betraut und auch überwacht worden. Er hat eingeräumt, dass er keine Weisungen an andere bei der Firma H. GmbH & Co. KG angestellte Facharbeiter erteilt habe.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Ihm steht daher weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des in erster Linie geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, körperlich leichte berufliche Tätigkeiten bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (keine überwiegend oder ausschließlich stehenden Tätigkeiten, keine Arbeiten mit häufigem oder überwiegendem Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, keine Überkopfarbeiten, keine Tätigkeiten, die häufige oder überwiegende Kopfzwangshaltungen erfordern und bei denen ein Tragen von Lasten auf den Schultern notwendig ist, keine Tätigkeiten mit häufigen vornübergeneigten oder sonstigen Rumpfzwangshaltungen, keine häufig oder überwiegend kniende oder hockende Tätigkeiten, keine Tätigkeiten mit häufigem Treppensteigen oder Klettern auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten unter Nässe, Kälte, Zugluft und mit häufigen Umterarmumwendebewegungen des rechten Armes) zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Der Senat sieht insoweit deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Prof. Dr. C. ist somit in Übereinstimmung mit der Fachärztin Z. in ihrem für die Beklagte erstatteten Gutachten zu keiner rentenrelevanten Leistungseinschränkung gelangt. Auch die den Kläger bereits anlässlich einer früheren Rentenantragstellung begutachtende Fachärztin für Arbeitsmedizin und Sozialmedizinerin Dr. R. hat im August 2013 keine die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkenden Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt (Bl. 13 SG-Akte: leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr). Selbst der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. G. (Bl. 85 SG-Akte) hat den Kläger für in der Lage erachtet, noch sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auszuüben. Damit ist die abweichende Beurteilung des Hausarztes Dr. P. (Bl. 65 SG-Akte), wonach der Kläger nur noch maximal drei Stunden leichte Arbeiten auf dem Arbeitsmarkt ausüben könne, widerlegt. Soweit die Fachärztin Z. zusätzlich länger andauernde Tätigkeiten in der Horizontalen für beide Arme ausgeschlossen hat, legt der Senat auch diese qualitative Einschränkung seiner Beurteilung zu Grunde.

Schließlich hat auch Dr. S. diese Leistungsbeurteilung im Wesentlichen bestätigt. Auch er hält den Kläger für in der Lage, mehr als sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auszuüben und hat in Bezug auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes keine weiteren qualitativen Einschränkungen angenommen. Soweit Dr. S. dieses zeitliche Leistungsvermögen als "grenzwertig" bezeichnet, ist dies nicht von entscheidungsrelevanter Bedeutung. Denn nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer noch Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Dies ist dann erst recht der Fall, wenn das Leistungsvermögen mehr als sechs Stunden beträgt, auch wenn dies "grenzwertig" wäre. Soweit der Kläger aus der Einschätzung des Sachverständigen ableitet, eine solche "grenzwertige" Leistung gehe auf Kosten der Gesundheit, hat Dr. S. dies gerade verneint ("ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit", Bl. 66 LSG-Akte). Soweit Dr. S. von einer Gelenksteifigkeit der Hände wegen einer Fingerpolyarthrose ausgegangen ist, hat er hieraus keine weitergehenden Leistungseinschränkungen angenommen. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass der Sachverständige bei der Untersuchung eine freie Beweglichkeit der Finger beidseits sowie einen kompletten Faustschluss mit Kraftgrad 5/5 beidseits ohne wesentliche Schwellungen der Finger, insbesondere keine Überwärmung und keinen Anhalt für eine Sinovialitis, festgestellt hat und der Kläger lediglich angegeben hat, beim morgendlichen Durchbewegen bestehe eine Steifigkeit in den Fingern (Bl. 50 LSG-Akte), wobei er dem Hobby des Modellbaus nachgeht (Bl. 141 SG-Akte, Bl. 48 LSG-Akte). Ebenfalls keine weiteren Einschränkungen resultieren aus den von Dr. S. sonst zusätzlich zum Gutachten des Prof. Dr. C. diagnostizierten Störungen (Fersensporn, lediglich verbunden mit einem Druckschmerz bei flüssigem Gangbild, Talonaviculargelenksarthrose ohne Funktionseinschränkungen, Schmerzsyndrom).

Im Ergebnis ist somit keiner der mit der Beurteilung der Leistungsfähigkeit beauftragten Sachverständigen zu einer rentenrelevanten Einschränkung gelangt. Diese Beurteilungen sieht der Senat durch die Angaben des Klägers zu seinen Tagesaktivitäten bestätigt. Insoweit hat Prof. Dr. C. dokumentiert, dass der Kläger den Zwei-Personen-Haushalt erledigt, inklusive Wäschewaschen und Bügeln, sich um seine drei Hunde kümmert und insbesondere mit ihnen spazieren geht sowie als Freizeitbeschäftigung Modellbau betreibt (Bl. 141 SG-Akte). Dies hat der Kläger im Rahmen der von Dr. S. durchgeführten Exploration bestätigt (Bl. 48 LSG-Akte).

Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Einen entsprechenden Anspruch haben gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt der Beurteilung ist danach der bisherige Beruf (hierzu und im nachfolgenden: BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 13 RJ 34/03 R, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 1; Urteil vom 20.07.2005, B 13 RJ 29/04 R, in SozR 4-2600/43 Nr. 4). Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls, wenn sie die qualitativ höchste ist.

Hier war der Kläger zuletzt als Auslieferungsfahrer für eine Bäckerei tätig. Gleichwohl ist auf den erlernten Beruf als Maler und Lackierer abzustellen. Denn diese zuletzt bis August 2013 ausgeübte Beschäftigung gab der Kläger aus gesundheitlichen Gründen auf, sodass auf diese, gegenüber der Fahrertätigkeit qualitativ höherwertige Tätigkeit abzustellen ist (s. zum Ganzen (Gürtner in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, 104. EL Juni 2019, § 240 Rdnr. 23). Dass der Kläger diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgab, ergibt sich unmittelbar aus den von Dr. Remy, der Fachärztin Z. und Prof. Dr. C. aufgeführten qualitativen Einschränkungen, insbesondere aus dem Ausschluss von Überkopfarbeiten, von Kopfzwangshaltungen und der Beschränkung auf das Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg. Dem entsprechend sah die Fachärztin Z. für die Tätigkeit als Maler und Lackierer ein aufgehobenes Leistungsvermögen, was schon der Arzt für Chirurgie Dr. S. auf der Grundlage der von Dr. R. im August 2013 erhobenen Befunde annahm (Bl. 19 SG-Akte).

Damit kann der Kläger den erlernten Beruf nicht mehr ausüben, was auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht. Damit ist er aber noch nicht berufsunfähig. Dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn es auch keine andere Tätigkeit gibt, die dem Kläger sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.

Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30.09.1987, 5 B RJ 20/86, in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93, in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94, in SozR 3-2200 § 1245 Nr. 50).

Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger mit seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Facharbeiter einzustufen. Die Voraussetzungen für die vom Kläger behauptete höhere Einstufung als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion bzw. einer besonders hoch qualifizierten Facharbeitertätigkeit liegen nicht vor. Eine Vorgesetztenfunktion setzt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.06.1988, 8/5a RKn 14/87, juris) nicht lediglich eine Weisungsbefugnis gegenüber Angelernten und Hilfsarbeitern, sondern gegenüber mehreren anderen Facharbeitern voraus. Eine derartige Weisungsbefugnis hatte der Kläger - so die übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Firma H. GmbH & Co. KG - jedoch gerade nicht. Im Erörterungstermins hat der Kläger vielmehr eingeräumt, dass er nur die seitens seines Arbeitgebers in Zeiten erhöhten Arbeitsanfalls eingesetzten Hilfskräfte anwies und ihnen Hilfsaufgaben übertrug und Weisungen an andere Facharbeiter nicht erteilte. Der Kläger war auch nicht als besonders hoch qualifizierter Facharbeiter tätig. Besonders hoch qualifizierte Versicherte, sind solche, die wesentlich höherwertige Arbeiten als ihre zur Gruppe der Facharbeiter zählenden Arbeitskollegen verrichten und diese nicht nur bezüglich der Entlohnung, sondern auf Grund besonderer geistiger und persönlicher Anforderungen auch in der Qualität ihrer Berufstätigkeit deutlich überragen (BSG Urteil vom 03.11.1982, 1 RJ 12/81, juris). Soweit der Kläger wie schon im Klageverfahren auch im Rahmen der Berufungsbegründung vorgetragen hat, er habe die Leitungsfunktion und Bauaufsicht auf Großbaustellen innegehabt und hierfür eine gesonderte Schulung erhalten, hat er all dies im Erörterungstermin nicht bestätigt. Bereits im Klageverfahren hat der Kläger klargestellt, dass keine Schulung stattfand, sondern lediglich eine Einlernzeit von maximal zwei Wochen (Bl. 114a SG-Akte). Die Firma H. GmbH & Co. KG hat in ihrer Auskunft gegenüber dem Senat bestätigt, dass der Kläger als normaler Facharbeiter beschäftigt und mit Spachteln, Vorbereiten, Grundieren, Lackieren und Verpacken betraut war. Hierfür spricht auch die Vergütung des Klägers von 2.141,04 EUR brutto, die - so sinngemäß die Firma H. GmbH & Co. KG in dieser Auskunft - einer normalen Facharbeitervergütung entsprach. Soweit die Firma H. GmbH & Co. KG in ihrer Auskunft gegenüber dem SG von einer Schulung hinsichtlich bestimmter, für die konkrete Tätigkeit des Klägers erforderlicher Verrichtungen (Grundierung, Reinigung, Spachteln, Dokumentation, Lackierarbeiten, Schichtdicke- und Raumtemperaturmessung) berichtet hat (Bl. 112 SG-Akte), ergibt sich zum einen hieraus keine besonders hohe Qualifizierung und zum anderen hat der Kläger dem - wie dargelegt - widersprochen und angegeben, es habe sich lediglich um eine Einlernzeit von maximal zwei Wochen gehandelt (Bl. 114a SG-Akte). Der Kläger ist somit weder als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion noch als hoch qualifizierter Facharbeiter einzustufen.

Als (normaler) Facharbeiter ist der Kläger somit auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar und damit auf eine Tätigkeit als Registrator. In Bezug auf eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter erübrigen sich damit weitere Ausführungen.

Entsprechende Arbeitsplätze für Registratoren sind auf dem Arbeitsmarkt auch in nennenswerter Zahl vorhanden (Urteil des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris, auf der Grundlage umfangreicher Auskünfte von Arbeitgebern im Bereich des Öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen, der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen und unter Hinweis auf die tarifliche Erfassung des Registrators unter Teil 3 Nr. 16 der Entgeltordnung der Länder; siehe auch Senatsurteil vom 11.04.2016, L 10 R 5272/12).

Bei Tätigkeiten eines Registrators der Vergütungsgruppe VIII BAT handelt es sich - wie das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 27.11.1991 (5 RJ 91/89) entschieden hat - um Tätigkeiten für Angelernte und damit um eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit. Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), des Bundes (TV-Bund) und für die Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber (TV-VKA) zunächst nichts geändert, weil eine die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT ersetzende Regelung zunächst nicht vereinbart worden ist. Dies gilt für die Beschäftigten der Kommunen auch derzeit.

Für die Beschäftigten der Länder ist am 01.01.2012 die Entgeltordnung der Länder (Anlage a zum TV-L) in Kraft getreten. Indessen ist hierdurch für die Frage der Zumutbarkeit einer Tätigkeit als Registrator keine Änderung eingetreten. Die Vergütungsgruppe VIII BAT (Tätigkeiten schwieriger Art) entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Entgeltgruppe (EG) 3 der neuen Entgeltordnung der Länder, so dass die bisher nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnten Beschäftigten - und damit auch der Registrator - nach EG 3 entlohnt werden. Dies haben die Ermittlungen des 13. Senats im genannten Verfahren L 13 R 6087/09 bestätigt (vgl. Urteil vom 25.09.2012, a.a.O.).

Ebenso wie Tätigkeiten, die nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnt werden, sind Tätigkeiten nach EG 3 der Entgeltordnung der Länder einem Facharbeiter sozial zumutbar (Senatsurteil vom 13.12.2012, L 10 R 1162/09; Urteile des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012, L 13 R 6087/09 und L 13 R 4924/09). Nach Teil 1 "allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst" dieser Entgeltordnung erfasst die EG 3 Tätigkeiten, die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erfordern, die über eine Einarbeitung im Sinne der EG 2 (= einfache Tätigkeiten) hinausgeht. Wie bei der Vergütungsgruppe VIII BAT (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.1991, 5 RJ 34/90, in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17) ist damit eine längere Anlernzeit erforderlich. Dem gegenüber gilt die EG 4 für schwierige Tätigkeiten (Nr. 1) und erfasst (EG 4 Nr. 2) auch Tätigkeiten der EG 3, die mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordern; insoweit handelt es sich um früher im BAT VIII Nr. 1 B aufgeführte, einen Bewährungsaufstieg nach BAT VII ermöglichende Tätigkeiten. Dies zeigt, dass die Vergütungsgruppe BAT VIII im Wesentlichen der EG 3 entspricht. Entsprechend sehen die Tarifverträge zur Überleitung der Beschäftigten (TVÜ-Länder, TVÜ-Bund, TVÜ-VKA) eine Entlohnung der in Vergütungsgruppe VIII BAT eingruppierten Beschäftigten nach EG III bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung vor. Auch die EG 3 der neuen Entgeltordnung der Länder enthält, da sie inhaltlich, also hinsichtlich der qualitativen Anforderungen der Vergütungsgruppe BAT VIII entspricht, somit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeiten. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass in anderen Bereichen der Entgeltordnung für die Länder die Einstufung nach EG 4 einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfordert. So betrifft die EG 4 nach Teil III "Beschäftigte mit körperlich/handwerklich geprägten Tätigkeiten" und dort Nr. 1 "allgemeine Tätigkeitsmerkmale" Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als drei Jahren und damit gerade auch Facharbeiter im Sinne des oben dargestellten Mehrstufenschemas (mehr als zwei Jahre Ausbildungszeit). Entsprechend sind von der nächst niedrigeren tariflichen Entgeltgruppe erfasste Tätigkeiten einem Facharbeiter zumutbar (BSG, Urteil vom 07.10.1987, 4a RJ 91/86, in SozR 2200 § 1246 Nr. 149), hier also jene der EG 3.

Nicht anderes gilt hinsichtlich der Beschäftigten des Bundes nach der zum 01.01.2014 geltenden Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund), denn auch dort unterfallen "Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erforderlich ist, die über eine Einarbeitung im Sinne der Entgeltgruppe 2 hinausgeht" der EG 3 (Teil I der Anlage 1 zum TV EntgO Bund).

Die Tätigkeit eines Registrators umfasst das Sortieren der von den zuständigen Bürofachkräften zu bearbeitenden Schriftstücken nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Merkmalen, das Erledigen von anfallenden Schreibarbeiten, wie das Führen von Statistiken, Terminüberwachungslisten und Karteien, das Ziehen und Abstellen von Ordnern/Akten, das Weiterleiten der zu bearbeitenden Vorgänge zu den sachbearbeitenden Stellen innerhalb des Betriebs bzw. der Behörde mit Registraturwagen, das Abhängen von Akten oder das Abstellen von Ordnern nach der jeweiligen Bearbeitung. Die schwierigere Tätigkeit im Sinne der (ehemaligen) Vergütungsgruppe BAT VIII umfasst die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, die Führung von Brieftagebüchern schwieriger Art, die Führung von Karteien, buchhalterische Übertragungsarbeiten und Kontenführung (vgl. Senatsurteil vom 11.04.2016, a.a.O.; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015, L 13 R 250/14 m.w.N., juris).

Tätigkeiten als Registraturkraft in größeren Unternehmen und im Öffentlichen Dienst sind als körperlich leichte Tätigkeiten zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werden. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert, da in den Registraturen die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden sind. In Einzelfällen kann das Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg, Arbeiten auf Stehleitern und Zwangshaltungen wie Überkopfarbeiten anfallen. Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsplatzorganisation ab; folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden (vgl. Senatsurteil vom 11.04.2016, a.a.O.; Bayerisches LSG, a.a.O.).

Das oben dargelegte Leistungsvermögen des Klägers entspricht diesem Anforderungsprofil. So ist die Tätigkeit des Registrators leichter Art und sie wird nicht ausschließlich im Gehen und Stehen, sondern im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt. Sie trägt auch den weiteren qualitativen Einschränkungen Rechnung. Soweit in Einzelfällen Überkopfarbeiten anfallen, lässt auch dies die Tätigkeit nicht als unzumutbar erscheinen, denn Prof. Dr. C. - und dieser Einschätzung hat Dr. S. nicht widersprochen - hat nur häufige und überwiegende Überkopfarbeiten ausgeschlossen. Gleiches gilt für die von der Fachärztin Z. ausgeschlossenen länger andauernden Tätigkeiten in der Horizontalen für beide Arme. Dies ist für den Senat schlüssig, weil der Kläger im Rahmen aller gutachterlicher Untersuchungen in der Lage gewesen ist, den Nacken und Schürzengriff auszuüben (Bl. 93 VA Rente Ärztlicher Teil, Bl. 144 SG-Akte, Bl. 50 LSG-Akte). Damit schließt der Umstand, dass in Registraturen ggf. Akten auch in Regale oder Schränke in Reihen eingeordnet oder aus ihnen entnommen werden müssen, die sich über Kopfhöhe befinden, eine solche Tätigkeit für den Kläger nicht aus. Der Senat hat daher keine Zweifel, dass der Kläger den körperlichen Anforderungen dieser Tätigkeit gewachsen ist. Auch der Sachverständige Prof. Dr. C. hält die Ausübung einer Tätigkeit als Registrator für leidensgerecht.

Soweit Dr. S. eine solche Tätigkeit nicht für möglich gehalten hat, weil es dabei zu langen Sitzphasen komme, die dem Kläger wegen der von ihm festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen in Form von Einschränkungen der Drehfähigkeit der Hüftgelenke (stark eingeschränkte Innenrotation beidseits auf 0°) unzumutbar seien (Bl. 62 LSG-Akte), trifft beides nicht zu. Zum einen handelt es sich - wie oben ausgeführt -, um eine Tätigkeit, die im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen durchgeführt wird, bei der also kein überwiegendes oder ständiges Sitzen anfällt. Zum anderen hat Dr. L. in ihrer ergänzenden Stellungnahme für den Senat überzeugend ausgeführt (Bl. 113 LSG-Akte), und dem hat Dr. S. nachfolgend nicht widersprochen, dass die Einschränkung der Drehfähigkeit der Hüftgelenke bei freier Beweglichkeit der Gelenke (Beugung und Streckung mit 120-0-0°, Bl. 51 LSG-Akte) gerade nicht gegen die Ausübung einer sitzenden Tätigkeit spricht. Soweit Dr. S. im Anschluss an die Berufungsbegründung des Klägers davon ausgegangen ist, gut bestückte Leitzordner wögen mehr als 5 kg, ist das Gegenteil allgemein bekannt und kann von jedem mit einer haushaltsüblichen Waage nachvollzogen werden. Soweit Dr. S. das Schieben eines schweren Wagens dem Kläger für nicht mehr zumutbar hält, hat er für eine solche Einschränkung keinerlei Begründung geliefert. Ohnehin gehört das Schieben eines schweren Wagens nicht zu den festgestellten Leistungsanforderungen der Tätigkeit eines Registrators.

Der Senat bezweifelt auch nicht, dass der Kläger die Anforderungen an die Tätigkeit in einer Registratur innerhalb einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig erfüllen kann. Allein der klägerseits vorgetragene Umstand, dass er Handwerker sei, sich mit Computern nicht auskenne und auch keine kaufmännischen Kenntnisse habe, rechtfertigt nicht die Annahme, dass eine Tätigkeit als Registrator seine geistigen Fähigkeiten übersteigt und er nicht in der Lage ist, sich die benötigten (EDV-)Kenntnisse innerhalb einer dreimonatigen Anlernzeit anzueignen. Von einem Facharbeiter - der im Übrigen seine Tätigkeit selbst als hochqualifiziert einschätzt - kann jedenfalls erwartet werden, die Grundkompetenz zum Einsatz des PC im Falle der Verwendung elektronischer Archivsysteme (s. hierzu im Einzelnen Urteil des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012, a.a.O.) innerhalb des genannten Zeitraums zu erwerben (Urteil des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012, a.a.O. m.w.N.; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015, L 13 R 250/14, juris). Den vom 13. Senat eingeholten Arbeitgeberauskünften zufolge bedarf es regelmäßig - soweit nicht ausnahmsweise eine spezifische Berufsausbildung gefordert wird - keiner besonderen Voraussetzungen, insbesondere keiner Fachkenntnisse, um innerhalb einer Anlernzeit von vier bis sechs Wochen bis maximal drei Monaten die erforderlichen Kenntnisse, darunter einfache PC-Kenntnisse, zu erwerben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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