L 18 AL 208/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 AL 164/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 208/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 9. November 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu er-statten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Insolvenzgeld (Insg).

J W(W) und R-P W waren zunächst Gesellschafter der beim Amtsgericht N ins Han-delsregister eingetragenen Gesellschaft "" S GmbH (im Folgenden: GmbH) mit Sitz in P. Das Stammkapital iHv insgesamt 50.000,- DM wurde durch beide Gesellschafter zu gleichen Teilen erbracht. Durch Beschluss der Gesellschaft vom 3. September 2007 wurde der Gesellschaftsanteil des R-P W eingezogen und T R (R) mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer bestellt. Dieser hatte bereits am 7. April 2008 vor dem Amtsgericht P eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögenslosigkeit abgegeben. Durch notariell beurkundeten Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 3. März 2008 wurde der Sitz der GmbH nach F/H verlegt und der Name der GmbH in "R GmbH" umfirmiert. Die Stammeinlage iHv 25.000,- EUR sollte übernommen werden. Die Änderungen wurden von R am 3. März 2008 beim Handelsregister angemeldet, die Anmeldung indes vom Amtsgericht N zurückgewiesen (Beschluss vom 15. September 2008 – 66 AR 149/08 NP -). Das Gewerbe wurde von Amts wegen am 12. September 2008 wieder abgemeldet. Die GmbH wurde am 22. Mai 2012 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.

Der 1972 geborene Kläger schloss am 22. Mai 2008 mit Wirkung ab dem 29. Mai 2008 mit der "R GmbH" in F einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Maurer und Trockenbauer. Unterschrieben war der Arbeitsvertrag für die "R GmbH" von R. Da-nach war ein Stundenlohn von 9,50 EUR brutto vereinbart. Für Mai 2008 erhielt er keine Vergütung, für Juni 2008 eine Nettozahlung iHv 700,- EUR, für Juli 2008 einen Abschlag in Bar iHv 1.000,- EUR und für August 2008 erneut keine Vergütung. Mit Schreiben vom 12. September 2008 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin. Nach den maßgebenden tarifvertraglichen Bestimmungen schulde die Firma dem Kläger insgesamt ausstehende Vergütung iHv 6.564,26 EUR brutto abzüglich der geleisteten 1.700,- EUR zuzüglich der ausstehenden Vergütung für September 2008.

Am 15. September 2008 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Insg. Durch Klageschrift vom 1. Oktober 2008 erhob der Kläger beim Arbeitsgericht (ArbG) N Klage gegen die "R GmbH" und gegen den Zeugen R persönlich auf Zahlung von ausstehender Vergütung iHv insgesamt 5.729,86 EUR (- 4 Ca 1164/08 -). Die Forderung ist zwischenzeitlich sowohl gegen die "R GmbH" als auch gegen den Zeugen R tituliert (Versäumnis-Schlussurteil vom 23. April 2009; Verurteilung der "R GmbH i.G." und des R als Gesamtschuldner zur Zahlung von 7.413,86 EUR brutto abzgl 1.700,- EUR netto zzgl Zinsen; Arbeitsentgelt Mai 2008 = 156,98 EUR, Juni 2008 = 1.953,36 EUR, Juli 2008 = 1.253,36 EUR, August 2008 = 989,30 EUR, September 2008 = 2.060,00 EUR). Zustellungen konnten in diesem Verfahren nur durch öffentliche Zustellung bewirkt werden.

Mit Bescheid vom 15. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2009 lehnte die Beklagte den Insg-Antrag ab, weil ein Insolvenzereignis nicht feststellbar sei. Eine Zahlungsunfähigkeit des ehemaligen Arbeitgebers sei nicht erwiesen.

Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, es dürften keine überhöhten Anforderungen an die Feststellung der offensichtlichen Masselosigkeit der GmbH gestellt werden. Auch die Beklagte habe keinerlei Anhaltspunkte für die Existenz von Vermögenswerten. Vorliegend sprächen alle äußeren Tatsachen für den Anschein der Masseunzulänglichkeit, denn auch eine Vielzahl anderer ehemali-ger Arbeitnehmer hätten offene Lohnforderungen gegen die "R GmbH". Die theoreti-sche Möglichkeit, dass die "R GmbH" nur zahlungsunwillig gewesen sei, widerlege die offensichtliche Masselosigkeit nicht. Jedenfalls wäre die "R GmbH" gerade dann zahlungsunfähig, wenn R Vermögenswerte der "R GmbH" beiseite geschafft hätte. Die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit der "R GmbH" sei für ihn – den Kläger - am 8. September 2009 sichtbar geworden, da R ab diesem Tag weder für die Arbeit-nehmer der "R GmbH" noch für die Kunden erreichbar gewesen sei. Auch sprächen die Beitragsrückstände der "R GmbH" für die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeit-nehmer für die Masselosigkeit bei Betriebseinstellung.

Durch Urteil vom 9. November 2017 hat das Sozialgericht (SG) N die Klage abge-wiesen und zur Begründung ausgeführt, im Zeitpunkt der Einstellung der Betriebstä-tigkeit am 12. September 2008 könne eine Masselosigkeit des Vermögens des R nicht festgestellt werden. Es sprächen nicht alle äußeren Tatsachen für die Masselo-sigkeit: Es sei nicht sicher, ob sich R ins Ausland abgesetzt habe oder ob er im In-land untergetaucht sei oder ein anderer Grund für seine Unauffindbarkeit vorliege. Allein aus der Tatsache, dass er nicht auffindbar sei und er zum Zeitpunkt seines Untertauchens erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber den Mitarbeitern gehabt habe, folge nicht zwingend die Zahlungsunwilligkeit und damit das Vorhandensein von Masse und ebenso wenig die Masselosigkeit des Vermögens des R. Da es un-wahrscheinlich sei, dass dieser ohne Barmittel verzogen sei, spreche sein Untertau-chen eher für das Vorhandensein von Vermögen. Denn dieser habe von seinen Gläubigern Geld für Leistungen in bar erhalten, die noch nicht erbracht worden wa-ren, und er habe Baumaterialien nicht bezahlt. Zudem habe er die Arbeitsverhältnis-se nicht zur Sozialversicherung angemeldet, weshalb von Anbeginn an nicht von ei-nem normalen Geschäftsbetrieb auszugehen sei. Vielmehr sei anzunehmen, dass R von Anfang an in der Absicht gehandelt habe, sich mit den Barmitteln abzusetzen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die "R GmbH" habe be-reits am 8. September 2008 ihre Betriebstätigkeit vollständig eingestellt, danach sei keinerlei Betriebstätigkeit mehr feststellbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei auch noch kein Insolvenzantrag gestellt gewesen und es habe offensichtliche Masselosig-keit vorgelegen. Die "R GmbH" hafte mit ihrem Gründungsvermögen für die Verbind-lichkeiten der Vorgesellschaft, wozu auch die Vergütungsansprüche des Klägers ge-hörten. Daneben hafte der R persönlich gem. § 11 Abs. 2 GmbH-Gesetz. Es habe sich bei der "R GmbH" jedoch nicht um eine Gesellschaftsneugründung gehandelt, diese sei vielmehr aus der bestehenden "" S GmbH hervorgegangen. Als Rechtsvor-gängerin der "R GmbH" habe diese der "R GmbH" das Stammkapital zur Verfügung gestellt, weshalb davon auszugehen sei, dass die "R GmbH" bei Beginn ihrer Be-triebstätigkeit nicht vermögenslos gewesen sei. Zwar sei der R seit Spätsommer 2008 nicht auffindbar, hieraus könne aber nicht auf sein Untertauchen und seine Zahlungsunwilligkeit geschlossen werden. Er – der Kläger – nehme auf § 17 Abs. 2 Satz 2 Insolvenzordnung (InsO) Bezug.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts N vom 9. November 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 8. Juni bis 7. September 2008, hilfsweise für die Zeit vom 12. Juni 2008 bis 11. September 2008, Insolvenzgeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsak-ten (2 Bände) und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten ver-wiesen.

Die Beteiligten haben nach zwei Verhandlungsterminen am 10. Oktober 2018 und 20. März 2019 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die erhobene kombinierte An-fechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG; vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Juni 2017 – B 11 AL 14/16 R – juris - Rn11) ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen An-spruch auf Gewährung von Insg nach dem Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) für die streitgegenständlichen Zeiträume (zur Begrenzung des streitgegen-ständlichen Insg-Zeitraums: BSG, Urteil vom 17. März 2015 – B 11 AL 9/14 R – juris - Rn 7, 11 sowie BSG, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 11 AL 11/11 R – juris - Rn 1, 14). Der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 15. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2009 ist nicht zu beanstanden.

Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – SGB III - (in der Fassung des Gesetzes vom 2.Dezember 2006 - BGBl I S. 2742 - (aF)). haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröff-nung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Nr. 1), Abwei-sung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Nr. 2) oder vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfah-ren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Nr. 3) für die vorausge-henden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt ha-ben. Der Kläger war zwar im Inland vom 29. Mai 2008 bis 12. September 2008 als Arbeitnehmer beschäftigt und hat die Ausschlussfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III gewahrt. Ausgefallen ist Arbeitsentgelt iSd § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III aF, wenn es beim Eintritt des Insolvenzereignisses rückständig und durchsetzbar und dem Insg-Zeitraum zeitlich zuzuordnen ist.

Der Kläger hatte zwar rückständige Arbeitsentgeltansprüche aus seinem zum 12. September 2008 gekündigten Arbeitsverhältnis gegen die GmbH in dem im Ver-säumnisurteil des ArbG vom 23. April 2009 genannten Umfang. Allerdings bestand dieser Anspruch entgegen dem Versäumnisurteil, das die Gerichte der Sozialge-richtsbarkeit nicht bindet (zusprechende arbeitsgerichtliche Urteile begründen wegen § 20 SGB X (Amtsermittlung) lediglich die Obergrenze eines etwaigen Insg-Anspruchs (BSG, Urteil vom 9. Mai 1995 – 10 RAr 5/94 – juris - Rn 21)), nicht ge-genüber einer – gar nicht existierenden R GmbH i.G. – bzw R unmittelbar, sondern gegenüber der ("" S) GmbH, die lediglich in "R GmbH" umfirmiert und deren Sitz ver-legt werden sollte. Zwar hatte diese, vertreten durch den faktischen Geschäftsführer R, im Vorgriff auf die Eintragung der Umfirmierung in "R GmbH" schon unter dieser Firma gehandelt, obwohl sie noch unter der Firma der GmbH eingetragen war. Durch die beabsichtigte – und nicht vollzogene – Umfirmierung entstand indes keine neue juristische Person, weshalb davon auszugehen ist, dass bei unternehmensbezoge-nen Geschäften der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin geht, dass der wahre Un-ternehmensträger – hier die GmbH - Vertragspartner werden sollte (vgl hierzu Bun-desgerichtshof, Urteil vom 18. Januar 1996 - III ZR 121/95 - juris; Bundesarbeitsge-richt, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 8 AZR 918/06 – juris – Rn 41). Vertragspartner und Arbeitgeberin war somit die GmbH.

Die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Insg sind nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senats indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen. Insofern begründet nicht jeder Ausfall von Arbeitsentgelt aufgrund vermeintlicher Zahlungsunfähigkeit einen solchen Anspruch, sondern nur die in § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB III aF umschriebenen Insol-venzereignisse der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der Ablehnung des Insol-venzantrags mangels Masse und der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit wegen Vermögenslosigkeit. Das Insolvenzereignis muss den konkreten Arbeitgeber betreffen.

Für die in § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB III aF beschriebenen Insolvenzereig-nisse fehlt es in Bezug auf die GmbH an jeglichen Anhaltspunkten, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Im Hinblick auf das einzig in Betracht zu zie-hende Insolvenzereignis des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III aF ist erforderlich, dass die dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen kumulativ vorliegen, also die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit des Arbeitgebers im Inland, ein feh-lender Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und offensichtliche Masselosig-keit. Von einer vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit der GmbH dürfte aus-gehend von den glaubhaften Einlassungen des Klägers am 8. bzw 12. September 2008 auszugehen sein. Betriebsdienliche Aktivitäten der GmbH nach diesen Zeit-punkten sind nicht ersichtlich, zumal am 12. September 2008 auch die Abmeldung des Gewerbes erfolgt war. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde zu keiner Zeit gestellt.

Ob die GmbH jedoch bei Aufgabe der Betriebstätigkeit offensichtlich vermögenslos war, ließ sich im gerichtlichen Verfahren mit den dem Senat zur Verfügung stehen-den Beweismitteln und Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen. Der Senat ist – wie das SG – nicht im Sinne eines Vollbeweises davon überzeugt, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht gekommen wäre. Insofern sprechen auch nicht die erkennbaren Umstände für den Anschein von Masseunzulänglichkeit (vgl hierzu BSG, Urteil vom 4. März 1999 – B 11/10 AL 3/98 R – juris). Diese Nichterweislichkeit geht nach Ausschöpfung der dem Senat zur Verfügung stehenden Sachermittlungsmöglichkeiten – die Heranziehung von W und R als Zeugen hat sich nach zwischenzeitlicher Korrespondenz des R mit dem Gericht und seinem folgenden (erneuten) "Untertauchen" und hierauf veranlass-ten aufwändigen Bemühungen des Senats als undurchführbar erwiesen, weil deren konkreter Aufenthaltsort unbekannt ist (vgl auch Auskunft des Polizeipräsidiums des Landes Brandenburg – Polizeidirektion Nord – vom 13. April 2019) – zu Lasten des Klägers.

Für eine positive Beantwortung der Frage, ob zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung der GmbH die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam, genügt es, wenn alle äußeren Tatsachen und insofern der An-schein für eine Masseunzulänglichkeit gesprochen haben. Es muss insoweit nicht letzte Klarheit darüber bestehen, ob eine den Kosten des Insolvenzverfahrens ent-sprechende Masse vorhanden ist oder nicht. Maßgeblich ist, ob sich aus äußeren Tatsachen für einen unvoreingenommenen Betrachter der Eindruck ergibt, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kommt. Die Masselosigkeit muss dabei vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Beendigung der Betriebstätig-keit eintreten; eine spätere Masselosigkeit ist nicht ausreichend (vgl BSG, Urteil vom 4. März 1999 - B 11/10 AL 3/98 R - juris). Dies kann der Fall sein, wenn unter Hin-weis auf die Zahlungsunfähigkeit kein Arbeitsentgelt mehr gezahlt, die Betriebstätig-keit eingestellt und kein Insolvenzantrag gestellt wird (vgl BSG, Urteil vom 23. No-vember 1981 - 10/8b RAr 6/80 = SozR 4100 § 141b Nr 21). Weitere Indizien können in zahlreichen arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteilen auf Lohnzahlung, erfolglos gebliebenen Zwangsvollstreckungen, eidesstattlichen Versicherungen oder einer Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen gesehen werden. Dass ein Arbeit-geber Schulden in großer Höhe gemacht und sich abgesetzt hat, ohne sie zu beglei-chen, ist dagegen allein kein Grund für die Annahme einer offensichtlichen Masselo-sigkeit, da zwischen Zahlungsunwilligkeit und Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden ist (vgl BSG, Urteil vom 22. September 1993 - 10 RAr 9/91 = SozR 3-4100 § 141b Nr 7 – Rn 27). Allein aus einer Zahlungsunwilligkeit kann nicht auf eine offensichtliche Masselosigkeit geschlossen werden (vgl Krodel in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 183 Rn 47; BSG aaO). Kann nicht festgestellt werden, ob Zahlungsunfähig-keit oder Zahlungsunwilligkeit vorlagen, geht die Ungewissheit zu Lasten des Antrag-stellers (vgl Krodel aaO). Der Verweis des Klägers auf § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO hilft hier nicht weiter, weil eine gesetzliche Regelvermutung der Zahlungsunfähigkeit bei Zahlungseinstellung nicht besagt, dass damit auch die Kosten für die Durchführung des Insolvenzverfahrens nicht mehr vorhanden waren.

Vorliegend war eine weitere Sachaufklärung dahingehend, ob die Nichtzahlung des Arbeitsentgelts – wie im Übrigen auch geschuldeter Sozialversicherungsbeiträge – auf einer Zahlungsunfähigkeit oder einer Zahlungsunwilligkeit der GmbH beruhte, nicht möglich. Der Kläger selbst hat die Frage im Insg-Antrag, ob die Nichtzahlung des Arbeitsentgelts mit Zahlungsunfähigkeit begründet wurde, nicht beantwortet (und wohl auch nicht beantworten können). Die Zeugen W und R sind nicht erreichbar. Ob und wohin sich W und/oder R mit ggf welchen Vermögensgegenständen seinerzeit abgesetzt hatten, ist nicht mehr rekonstruierbar. Über die seinerzeitigen Vermögens-verhältnisse der zwischenzeitlich (erst) im Mai 2012 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöschten GmbH ist schlechterdings nichts bekannt. Eine Heran-ziehung der W und des R als Zeugen war nicht möglich. Allein die Nichterfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem "Untertauchen" eines Unternehmers – mehr ist hier letztlich ohne Spekulationen nicht mit Sicherheit fest-stellbar - kann jedoch nicht als Anschein für dessen Masseunzulänglichkeit angese-hen werden. Eine derartige Betrachtungsweise entspricht schon nicht den Erfahrun-gen des täglichen Lebens (vgl BSG aaO).

Bei dieser – spärlichen - Sachlage ist Masselosigkeit, die vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit, die im Übrigen taggenau feststehen muss, nicht im Sinne des aufgrund äußerer Tatsachen sich aufdrängenden An-scheins offensichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG lie-gen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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