S 38 AS 4342/19 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 38 AS 4342/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 30.10.2019 wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Entscheidungsgründe:

I. Die ledige, arbeitslose, bulgarische Antragstellerin begehrt die Auszahlung von bewilligten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Weiterversicherung bei ihrer Krankenversicherung.

Die 19xx geborene Antragstellerin wohnt noch mit ihren Geschwistern bei ihren Eltern. Die Familie ist mit der Antragstellerin am 04.01.2009 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hält sich seitdem hier auf.

Die Antragstellerin hat in Deutschland vom 01.04.2012 bis zum 31.3.2013 gearbeitet. Vom 01.06.2014 bis zum 30.04.2015 absolvierte sie eine Ausbildung bei einem Zahnarzt in D., allerdings brach sie diese im April 2015 ab. Vom 30.07.2015 bis zum 13.11.2015 war die Antragstellerin als Hilfe in einer Küche beschäftigt. Seit 30.7.2015 bezieht sie fortlaufend Leistungen nach dem SGB II von der Antragsgegnerin.

Im Jahre 2017 hat die Antragstellerin wohl letzte Bewerbungsbemühungen an den Tag gelegt, danach jedoch keine mehr.

Durch Bescheid vom 16.4.2019 bewilligte die Antragsgegnerin auf den Weiterbewilligungsantrag der Antragstellerin vom 11.03.2019 Leistungen nach dem SGB II in Höhe der Regelleistung vom 01.05.2019 bis 30.04.2020.

Am 20.09.2019 erließ die Ausländerbehörde der Stadt D. eine Ordnungsverfügung und setzte die Antragsgegnerin hiervon per E-Mail in Kenntnis. Die Ordnungsverfügung vom 20.9.2019 hat folgenden Inhalt:

Die Behörde hat ein Daueraufenthaltsrecht der Antragstellerin gemäß § 4a Freizügigkeitsgesetz/EU abgelehnt (1) sowie den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt in die Bundesrepublik Deutschland der Antragstellerin (2). Die Behörde hat die sofortige Vollziehung der Feststellung des Verlusts angeordnet (4). Die Antragstellerin wurde aufgefordert, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Verfügung das Bundesgebiet zu verlassen; für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wurde die Abschiebung nach Bulgarien angedroht (3).

Gegen die Ordnungsverfügung des Ausländeramtes der Stadt D. vom 20.09.2019 erhob die Antragstellerin am 11.10.2019 Klage und reichte einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vor dem Verwaltungsgericht Dü. (7 K 7389/19 und 7 L 2722/19) ein. Beide Verfahren sind noch anhängig. Das Verfahren dürfte nach Stellungnahme des Verwaltungsgerichts im Januar 2020 erst zur Entscheidung kommen.

Durch Bescheid vom 11.10.2019 hob daraufhin die Antragsgegnerin die der Antragstellerin gewährten Leistungen ab 01.11.2019 vollständig auf. Zur Begründung führte sie aus, dass am 20.09.2019 durch die Ausländerbehörde der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 5 Abs. 4 FreizügigkeitsG/EU festgestellt worden sei und die Antragstellerin gemäß § 7 Abs. 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II mehr besitze.

Gegen diesen Aufhebungsbescheid vom 11.10.2019 hat die Antragstellerin am 17.10.2019 Widerspruch erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie gegen den Verlust ihres Rechts auf Einreise und Aufenthalt von 20.09.2019 Klage erhoben und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dem Verwaltungsgericht gestellt habe.

Am 30.10.2019 hat die Antragstellerin einen einstweiligen Rechtsschutzantrag bei dem erkennenden Gericht gestellt. Sie ist der Auffassung, dass sie weiterhin leistungsberechtigt sei, weil sie die Ordnungsverfügung des Ausländeramtes der Stadt D. vom 20.9.2019 angefochten habe, so dass diese nicht bestandskräftig sei.

Sie beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Arbeitslosengeld II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB II zu verpflichten und der Weiterversicherung bei der A.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin führt dazu aus, dass der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden sind. Insbesondere sei der Antragstellerin durch die Ausländerbehörde am 20.09.2019 das Recht auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 5 Abs. 4 FreizügigkeitsG/EU entzogen worden und daher zähle die Antragstellerin nicht mehr zum Kreis der Berechtigten im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB II; der Bescheid vom 11.10.2019 sei insofern rechtmäßig.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen.

II.

Der gemäß § 86b Abs. 2 SGG zulässige einstweilige Rechtsschutzantrag ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und, dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund). Eilbedarf besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Rn. 23 - Breith 2005, 803; BVerfG Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 Rn. 28 - BVerfGE 93, 1). Der von der Antragstellerin geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).

Vorliegend fehlt es nach der im einstweiligen Rechtsschutz anzustellenden summarischen Prüfung am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, weil ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen nach Feststellung des Entzuges der Freizügigkeit durch die Ausländerbehörde der Stadt D. nicht mehr besteht.

Zu Recht hat die Antragsgegnerin die durch Bescheid vom 16.04.2019 bewilligten SGB II-Leistungen in Form der Regelleistung aufgehoben, da die Voraussetzungen des §§ 48 Abs.1 SGB X vorliegend erfüllt sind, da durch die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts der Antragstellerin am 20.09.2019 eine wesentliche Änderung eingetreten ist.

Vorliegend ist Rechtsgrundlage des Bescheides vom 11.10.2019 § 48 Abs. 1 SGB X.

Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X kann ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufgehoben werden, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist.

1.

Vorliegend ist durch die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit der Antragstellerin am 20.09.2019 durch die Ausländerbehörde der Stadt D. eine wesentliche Änderung in rechtlicher Hinsicht eingetreten. Die Antragstellerin hat durch die Verlustfeststellung kein Freizügigkeitsrecht mehr Deutschland und damit auch keinen Anspruch nach dem SGB II mehr. Diese Verlustfeststellung hat Tatbestandswirkung und ist auch für das Sozialgericht bindend. Das Gericht hat nicht darüber zu entscheiden, ob der Entzug der Freizügigkeit rechtmäßig ist, weil die Ausländerbehörde der Stadt D. die Ordnungsverfügung vom 20.09.2019 bereits erlassen hat.

Die Antragstellerin besitzt bereits allein durch die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II) mehr, denn sie hat kein Recht zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mehr und kann auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mehr begründen.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II sind nur folgende Personen nach dem SGB II leistungsberechtigt:

Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Ausgenommen sind 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. Ausländerinnen und Ausländer, a) die kein Aufenthaltsrecht haben, b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder c) die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten, und ihre Familienangehörigen, 3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. (§ 7 SGB II in der Fassung vom 8.7.2019)

Die Antragstellerin ist auch nicht Arbeitnehmerin, sie verfügt auch nicht über ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Freizügigkeitsgesetz/EU.

Das Freizügigkeitsrecht von Unionsbürgern ergibt sich unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht. Ihr Aufenthalt kann daher nur unter den Voraussetzungen der §§ 5, 6 und 7 Freizügigkeitsgesetz/EU oder des Nichtbestehens der Freizügigkeit, also nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens, beendet werden (BSG, Urteil vom 30.1.2013, B 4 AS 54/12 R; LSG NRW, Beschluss vom 19.03.2018, L 19 AS 133/1( B ER).

Die Ausländerbehörde der Stadt D. hat aber mit Ordnungsverfügung vom 20.9.2019 den Verlust der Freizügigkeitsberechtigung festgestellt. Damit liegt die erforderliche Verlustfeststellung nach § 2 Abs. 1 FreizügigkeitsG/EU vor.

Das Sozialgericht ist an die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit gebunden.

Eine Verlustvorstellung kann nur mit ex-nunc-Wirkung aufgehoben werden, also durch einen entsprechenden, feststellenden Verwaltungsakt der zuständigen Behörde auch nur gerichtet auf die Zukunft. Eine solche Aufhebung der Feststellung über das Nichtbestehen der Freizügigkeit ist erforderlich, weil damit die Freizügigkeitsvermutung wiederauflebt und zugleich für Dritte - etwa Sozialleistungsbehörden - erkennbar wird, dass der Betroffene sich wieder rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Dienelt , in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 7 Freizügigkeitgesetz/EU, Rn. 25). Hierdurch wird aber auch deutlich, dass es den Sozialleistungsträgern wie auch den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eine eigenständige Prüfung der materiellen aufenthaltsrechtlichen Lage nach Erlass einer Verlustfeststellung verwehrt ist. Den Verwaltungsakten der Ausländerbehörde über die Feststellung des Bestehens sowie des Verlusts der Freizügigkeitsberechtigung und der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausreisepflicht verbunden mit einer Abschiebungsandrohung kommt Tatbestandswirkung zu, so dass dieser ohne Rücksicht auf materielle Richtigkeit bindende Wirkung entfaltet. Dies gilt auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.2016 (Bundesgesetzblatt I S. 3155) indessen S. 4 ausdrücklich hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts und der Leistungsberechtigung auf den bloßen Erlass einer Verlustfeststellung abgestellt wird (vergleiche zur Tatbestandswirkung von Aufenthaltserlaubnissen: BSG, Urteil vom 02.12.2014, Aktenzeichen B 14 AS 8/13 R).

Nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.9.2007 erfolgten Änderung des § 7 FreizügG/EU entsteht die Ausreispflicht nicht mehr erst dann, wenn die Ausländerbehörde unanfechtbar festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht, sondern grundsätzlich bereits mit der bloßen Feststellung des Verlustes (BT-Drucks. 16/5065, S. 211; Beschluss des 11. Senats a.a.O.; Geyer, a.a.O.). Somit wirkt auch schon die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeitsberechtigung einer Festigung des Aufenthaltsrechtes entgegen bzw. der Aufenthalt kann nicht mehr als verfestigt i.S. des § 7 Abs. 1 S. 4 SGB II angesehen werden (so auch BT-Drucks. 18/10211 S. 14: "Sollte die Ausländerbehörde allerdings feststellen, dass ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU nicht (mehr) besteht, ist der Aufenthalt nicht mehr verfestigt. (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.5.2017 – L 15 AS 62/17 B ER –, Rn. 11 - 12, juris)).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin gegen die Verfügung der Ausländerbehörde der Stadt D. vom 20.09.2019 Klage und einen Antrag nach Abs. 5 VwGO im Verwaltungsgericht gestellt hat und damit eine Durchsetzung der Ausreisepflicht noch nicht erfolgen kann. Unabhängig von der Frage der Durchsetzbarkeit, die allein davon abhängt, ob Rechtsmittel eingelegt worden sind (§ 7 Abs. 1 S. 4 FreizügG/EU), begründet bereits die bloße Verlustfeststellung eine Ausreisepflicht (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016- L 11 AS 567/16 B; Geyer, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 7 FreizügG/EU Rn. 3; Brinkmann in: Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 7 FreizügG/EU Rn. 5; vgl. auch Kurzidem, in: Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 2016, § 7 FreizügG/EU Rn. 2). Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers.

Hieraus ergibt sich für den Bereich des SGB II, dass allein der wirksame Erlass einer Verlustfeststellung sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht verbunden mit einer Abschiebungsandrohung zur Folge hat, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr besteht (LSG NRW, Beschluss vom 06.10.2017, Az. L 19 AS 1761/17 B ER).

Die Antragstellerin ist nicht mehr unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt, nachdem ihr die Freizügigkeit gemäß § 5 Abs. 4 Freizügigkeitsgesetz/EU entzogen worden ist.

Da die Antragstellerin durch die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz ist, ist sie darüber hinaus auch nicht nach dem SGB II anspruchsberechtigt.

2.

Ein Anspruch auf Sozialhilfe der Antragstellerin gemäß § 23 Abs. 2 SGB XII ist ebenfalls ausgeschlossen.

Danach erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes keine Leistungen der Sozialhilfe.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz ist leistungsberechtigt nach diesem Gesetz, wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist.

Vorliegend ist die Antragstellerin gemäß der Ordnungsverfügung des Ausländeramtes vom 20.09.2019 innerhalb eines Monats ausreisepflichtig; die Abschiebung nach Bulgarien ist bereits angedroht worden. Dass die Antragstellerin die Ordnungsverfügung vom 20.09.2019 vor dem Verwaltungsgericht angefochten hat, bewirkt nur, dass die Abschiebungsandrohung derzeit bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht vollziehbar ist. Somit ist die Antragstellerin nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt.

Die Antragstellerin ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt, so dass sie auch keine Leistungen nach dem SGB XII erhalten kann, weil sie von einem Bezug der SGB XII-Leistungen ausgenommen ist.

3.

Zwar käme grundsätzlich auch ein Anspruch der Antragstellerin nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz in Betracht, aber es fehlt insofern an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.

Die mittlerweile anwaltlich vertretene Antragstellerin hat sich bislang nämlich nicht an die Stadt D. gewandt und Asylbewerberleistungen begehrt, weil sie der Auffassung ist die SGB-II-Leistungen zustehen. Die Antragstellerin ist zunächst gehalten, sich an den Leistungsträger unmittelbar zu wenden, bevor sie gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nimmt (LSG NRW, Beschluss vom 19.03.2018, L 19 AS 133/18 B ER, juris, Rn. 11).

Da die Antragstellerin derzeit keinen Anordnungsgrund für Asylbewerberleistungen besitzt, war der Antrag vom 30.10.2019 abzulehnen.

Die Kammer weist bezüglich etwaiger Ansprüche der Antragstellerin nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf folgendes hin:

Das Grundgesetz garantiert nicht die Gewährung bedarfsunabhängiger, voraussetzungsloser Sozialleistungen (BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13). Die Situation eines Asylbewerbers nicht mit der eines EU-Ausländers zu vergleichen, denn EU-Ausländern steht es regelmäßig frei, in ihr Heimatland zurückzukehren, dort ohne Sprachbarriere (wieder) eine Tätigkeit aufzunehmen oder auf die dortigen sozialen Sicherungssysteme zurückzugreifen. Auf Leistungen der Bundesrepublik Deutschland sind EU-Ausländer zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz regelhaft nicht angewiesen (LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER –, Rn. 35 - 36, juris). Der zuständige Leistungsträger ist nicht - wie bei Ansprüchen nach dem SGB XII oder nach dem SGB II - verpflichtet, ausreisepflichtigen EU-Bürgern für den restlichen Zeitraum ihres noch bevorstehenden Kurzaufenthaltes die Kosten einer angemessenen eigenen Wohnung iS des § 22 SGB II des §§ 35 Abs. 2 SGB XII zu zahlen. Dies rechtfertigt sich unter anderem aus den in der Begründung des Gesetzentwurfes (BT Drucks 18/10211, S 13 ff: Begründung zu Art 2) dargelegten Erwägungen, wonach der Umfang von Überbrückungsleistungen mit dem Ziel der Vermeidung von Fehlanreizen zur Wiedereinreise an den eingeschränkten Leistungen nach § 1a Abs 2 AsylbLG orientiert ist. So kann der Unterkunftsbedarf auch durch das Angebot der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft gedeckt werden. Ebenso wenig ist der zuständige Leistungsträger gezwungen, dass Unerlässliche zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes ausschließlich in Geld zu erbringen. In Anlehnung an § 1a Abs 2 S 4 AsylbLG kommen stattdessen auch Sachleistungen in Betracht. In zeitlicher Hinsicht ist die Gewährung des zum Lebensunterhalt Unerlässlichen für Personen, die nach erfolgter Verlustfeststellung ausreisepflichtig sind, lediglich für die Zeit bis zur nächsten zumutbaren Ausreisemöglichkeit verfassungsrechtlich geboten. Grundsätzlich begegnet eine enge zeitliche Begrenzung der zum Lebensunterhalt unerlässlichen Leistungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn es sich um EU-Bürger handelt, die aufgrund erfolgter Verlustfeststellung ausreisepflichtig sind. Dieser Personenkreis kann im Sinne einer Selbsthilfemöglichkeit darauf verwiesen werden, die erforderlichen Existenzsicherungsleistungen durch die Inanspruchnahme von Sozialleistungen im Heimatstaat zu realisieren (hier: Sozialhilfe in Bulgarien). (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016 – L 11 AS 567/16 B ER –, juris) III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Vorliegend ist die Beschwerde statthaft, weil die Antragstellerin die Regelleistung i.H.v. 424 EUR pro Monat von November 2019 April 2020 begehrt, so dass der Betrag von insgesamt 2.120 EUR hier streitgegenständlich ist.
Rechtskraft
Aus
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