L 3 R 77/18

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 55 R 1609/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 77/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Juni 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin zur Zahlung von Beiträgen in der Pflegeversicherung verpflichtet ist.

Die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Pflegeversicherung war bereits Streitgegenstand in einem Klageverfahren gegen die beigeladene Pflegekasse der Klägerin, die Pflegekasse, vor dem Sozialgericht Hamburg (Az.: S 34 P 95/02). Gegen das in diesem Verfahren am 1. April 2005 ergangene Urteil wurde Berufung beim Landessozialgericht Hamburg eingelegt (Az.: L 1 P 1/05), welche nach dem Hinweis des Gerichts betreffend die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage für erledigt erklärt wurde.

Ferner war die Versicherungspflicht der Klägerin in der Pflegeversicherung auch im Klageverfahren vor dem Sozialgericht mit dem Aktenzeichen S 37 P 12/10 streitgegenständlich. Die Klage wurde mit Urteil vom 2. November 2011 abgewiesen, wobei Zweifel an der Zulässigkeit der Klage aufgeworfen wurden. Die hiergegen einlegte Berufung (Az.: L 1 P 12/10) wurde zurückgenommen, nachdem der im vorliegenden Verfahren beklagte Rentenversicherungsträger den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 5. Juli 2012 betreffend die Versicherungspflicht der Klägerin in der Pflegeversicherung erlassen hatte.

Am 22. Juni 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung, dass für sie eine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung nicht bestehe. Dabei wies die Klägerin auf das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. November 2011, Az.: S 37 P 12/10, hin, welches deutlich mache, dass die Frage des Bestehens einer Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung von der Beklagten per Bescheid zu klären sei.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2012 lehnte die Beklagte den Antrag wegen Unzuständigkeit ab. Die Beklagte führte aus, dass die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Kranken-/Pflegeversicherung auch bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland die Träger der deutschen gesetzlichen Kranken-/Pflegeversicherung treffen würden.

Die Klägerin erhob am 10. August 2012 Widerspruch. Die Klägerin trug vor, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei Rentnern, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, der Rentenversicherungsträger für die Entscheidung über die Beitragspflicht, die Beitragstragung und die Beitragshöhe in der Pflegeversicherung zuständig sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2012 zurück. Als Begründung führte sie aus, dass die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auch bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland die Träger der deutschen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung träfen. Der Rentenversicherungsträger sei lediglich für die Entscheidung über die Beitragspflicht und Höhe der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zuständig, wenn die deutsche Kranken- und Pflegeversicherung die Versicherungspflicht festgestellt habe. Die Beklagte sei daher nicht für die Feststellung der Pflichtversicherung in der sozialen Pflegeversicherung zuständig.

Die Klägerin hat am 12. Dezember 2012 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. In ihrer Klagebegründung trägt sie vor, dass nach der Rechtsprechung BSG bei in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentnern der Rentenversicherungsträger für die Entscheidung über Beitragspflicht, Beitragstragung und Beitragshöhe in der Pflegeversicherung zuständig sei.

Weiter hat die Klägerin hat ausgeführt, dass für sie zwar nach einfachgesetzlichen Vorschriften eine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung bestehe. Sie fühle sich jedoch durch die Tatsache diskriminiert, dass sie bei Verlegung ihres gewöhnlichen Aufenthaltes nach Serbien sämtliche Leistungsansprüche aus der Pflegeversicherung verlieren würde. Der langjährigen Beitragspflicht stehe dann kein Leistungsanspruch mehr gegenüber. Dies verstoße gegen das Äquivalenzprinzip. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass zu Beginn der Beitragszahlungen in der Pflegeversicherung nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sich das versicherte Risiko kurzfristig verwirkliche. In der Regel würden mehrere Jahrzehnte Beiträge gezahlt, ehe den Zahlungen die Inanspruchnahme von Leistungen gegenüberstehe. Bezahlt werde für den Erwerb von Anwartschaften, diese Anwartschaften fielen im Falle der Verlegung des Wohnsitzes nach Serbien ersatzlos weg. Die durch Beitragsleistungen in der sozialen Pflegeversicherung erworbenen Anwartschaften unterfielen dem Schutz des Art. 14 Grundgesetz (GG) mit der Folge, dass der ersatzlose Fortfall der erworbenen Anwartschaften bei Wohnsitzwechsel in ein nicht EWR-Land als verfassungswidrig einzustufen sei. Dies sei auch nicht durch Praktikabilitätserwägungen zu rechtfertigen. Der besondere Sachverstand, der bei einem Leistungstransfer ins Ausland erforderlich sei, sei in Serbien durchaus vorhanden. Anderenfalls wäre eine Neuschaffung von Strukturen erforderlich, um eine grundgesetzkonforme Leistungsgewährung zu garantieren. Des Weiteren stehe auch die Verfassungskonformität des § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB XI), mit dem der Gesetzgeber einen Leistungstransfer ins Ausland weitgehend habe ausschließen wollen, in Zweifel. Ein sachlich gerechtfertigter Anknüpfungspunkt für die Verweigerung von Leistungen bei Berechtigten mit Wohnsitz im Ausland sei nicht ersichtlich. Die Klägerin hat im sozialgerichtlichen Verfahren noch hilfsweise beantragt, festzustellen, dass die Klägerin bei Rückverlegung ihres Wohnsitzes nach Serbien Anspruch auf Leistungen aus der deutschen Pflegeversicherung hat.

Nach Anhörung im Erörterungstermin vom 4. Oktober 2016 hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2018 abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG zur Auslegung von § 255 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch (SGB VI) sei der Rentenversicherungsträger bei Rentenbeziehern zuständig für Entscheidungen zur Beitragspflicht, Beitragshöhe und Beitragstragung in der Pflegeversicherung. Die Beitragspflicht ergebe sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch – Elftes Buch (SGB XI) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V) und § 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch (SGB IV). Die dort genannten Voraussetzungen lägen vor, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig sei. Die von der Klägerin angeführte Absicht, ihren Wohnsitz in das Ausland zu verlegen, sei nach den gesetzlichen Regelungen nicht zu berücksichtigen. Die Regelung des § 34 SGB XI verstoße im Übrigen nicht gegen das Grundgesetz (GG) wie das BSG in der Entscheidung vom 25. Februar 2015 – B 3 P 6/13 dargelegt habe. Es handele sich jedenfalls um eine unbedenkliche einschränkende Bestimmung des Eigentums durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Das Ruhen des Leistungsanspruchs bei einem länger dauernden Auslandsaufenthalt gemäß § 16 SGB V sei auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu beanstanden. Das gelte auch für die parallele Regelung des § 34 Abs. 1a SGB XI der Pflegeversicherung.

Dem Hilfsantrag stünde die Rechtskraft des Urteils im Verfahren S 37 P 12/10 entgegen. Im Übrigen sei die Absicht nach Serbien zu ziehen nicht belegt, die Klägerin trage seit 2000 vor, ihren Wohnsitz ins Ausland zu verlegen, ohne dass dies bislang geschehen sei.

Gegen den am 6. Juli 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 7. August 2018 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass neben einem Verstoß gegen Art. 14 GG von einer Diskriminierung als serbische Staatsbürgerin im Sinne eines Verstoßes gegen Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 der europäischen Menschenrechtskonvention in Verbindung mit Art 14 EMRK auszugehen sei. Die Staatsangehörigkeit bewirke den Wunsch in des Herkunftsland zu ziehen und die Klägerin werde qua Nationalität vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Darüber hinaus würden die Beiträge der Pflegeversicherung dem Schutz von Art. 14 GG unterliegen. Im vorliegenden Fall sei das Übermaßverbot verletzt. Praktikabilitätserwägungen könnten den Leistungsbezug nicht zulässigerweise einschränken. Im Übrigen sei es in Serbien problemlos möglich, die ordnungsgemäße Erbringung nach den Vorgaben des SGB XI sicherzustellen, was bereits durch die sozialversicherungsrechtlichen Abkommen des Vorgängerstaates Jugoslawien dokumentiert sei.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Juni 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2012 aufzuheben und festzustellen, dass eine Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag

Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Januar 2019 die Berufung gegen den Gerichtsbescheid auf den Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Prozessakte zum vorliegenden Verfahren, den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie auf die beigezogenen Prozessakten mit den Aktenzeichen S 34 P 95/02; L 1 P 1/05 und S 37 P 12/10; L 1 P 10/12.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und insbesondere gemäß § 151 SGG form- und fristgerechte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 25. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides den Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass eine Versicherungs- und Beitragspflicht nicht besteht, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Klägerin unterliegt der Beitrags- und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung.

1. Die auf Feststellung gerichtete Klage, dass eine Versicherungspflicht nicht besteht, ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist zu bejahen, denn aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, dass sie die zwar grundsätzlich nicht angezweifelte Versicherungspflicht als Rentenbezieherin aufgrund ihrer Absicht, ihren Wohnsitz nach Serbien zu verlegen, verneint. Sie begehrt nicht die Feststellung der Auswirkungen eines künftigen entstehenden Rechtsverhältnisses bei einer Wohnsitznahme in Serbien im Hinblick auf die Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung. Hiergegen spricht neben dem inhaltlichen Vorbringen auch der ausdrücklich gestellte Klage- und Berufungsantrag der anwaltlich vertretenen Klägerin. Ungeachtet dessen würde einem solchen Feststellungantrag das besondere Feststellungsinteresse fehlen. Erforderlich wäre, dass ein weiteres Abwarten unzumutbar ist, z.B. weil bereits jetzt wirtschaftliche Dispositionen getroffen werden müssen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage, § 55 Rn 15c mit weiteren Nachweisen). Das ist nicht erkennbar bzw. näher dargelegt. Wie bereits vom Sozialgericht zum Hilfsantrag ausgeführt, reicht auch das pauschale Vorbringen der Klägerin, nach Serbien ziehen zu wollen als Absichtserklärung in Anbetracht dessen, dass der seit dem Jahr 2000 angekündigte Umzug seit nunmehr rund 20 Jahren nicht durchgeführt wurde, nicht (mehr) aus.

2. Die Beklagte ist auch für die Feststellung der Versicherungspflicht bzw. Verpflichtung, Beiträge zu entrichten, zuständig. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts unter Darlegung der einschlägige Rechtsprechung des BSG zur Auslegung von § 252 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V) im Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG) Bezug genommen. Die Beklagte hätte zwar den auf Feststellung gerichteten Antrag der Klägerin nicht ablehnen dürfen, hat aber —im Ergebnis zutreffend — die gewünschte Feststellung des Nichtbestehens der Versicherungspflicht für die Pflegeversicherung abgelehnt.

3. Das Sozialgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dargelegt, dass die Klägerin gegenwärtig gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch – Elftes Buch (SGB XI) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V und § 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch (SGB IV) der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung unterliegt und zur Entrichtung der Beiträge verpflichtet ist. Es wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen auf die ausführliche Begründung des Sozialgerichts im angefochtenen Gerichtbescheid. Ergänzend ist anzumerken, dass bereits deshalb kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip vorliegen kann, weil der Beitragspflicht bei Eintritt des Versicherungsfalls ein Leistungsanspruch nach den Regelungen des SGB XI gegenübersteht. Dabei kann es nach den gesetzlichen Regelungen nicht darauf ankommen, ob sich aufgrund der individuellen Lebensverhältnisse in naher oder ferner Zukunft eventuell Veränderungen ergeben können, die eine andere Bewertung der Versicherungspflicht (oder Leistungspflicht) nach sich ziehen könnten. Auch für das Äquivalenzprinzip ist nur maßgeblich, ob nach den gegenwärtigen Lebensverhältnissen ein Leistungsanspruch bei Eintritt des Versicherungsfalls eintreten kann und das ist eindeutig der Fall. Die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung kann unter keinen Umständen von der inneren Motivlage der Versicherten abhängen. Insofern bedarf es auch keiner weiteren Erörterung zu der Frage, ob ein Leistungsausschluss bei Wohnsitznahme im Nicht EU-Ausland gegen das Grundgesetz verstößt oder gegen anderweitige Regelungen. Diese Fragestellung könnte nur bei einem Feststellungsantrag im Hinblick auf Auswirkungen gegenwärtiger Rechtsverhältnisse in der Zukunft relevant sein. Wie bereits dargelegt ist ein solcher Antrag nicht gestellt worden und es würde auch am erforderlichen Rechtschutzinteresses mangeln.

Ungeachtet dessen sind die Ausführungen des Sozialgerichts zum Äquivalenzprinzip und zur Verfassungskonformität zutreffend und nicht zu beanstanden. Auch das Vorbringen im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Einschätzung.

Soweit argumentiert wird, dass die medizinische Versorgung bzw. Qualitätssicherung in Serbien tatsächlich möglich sei, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Richtigkeit der Annahme, dass die Sicherstellung der normierten gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen der Pflegeversicherung im Ausland besonders aufwändig und schwierig erscheinen im Sinne der gebotenen typisierenden Betrachtung. Die individuell möglicherweise gute Versorgungssituation ist deshalb nicht von Belang. Nach der Rechtsprechung des BVerfG darf der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild erfassen, dass nach dem ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (BVerG v. 31.05. 1988 – 1 BvR 520/83 in juris, Rn 34f., BVerfGE 78, 214, (226)). Der Gesetzgeber ist daher berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelung zu treffen ohne gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen, wenn bei zutreffender Annahme der grundsätzlichen Einschätzung sich konkret eine abweichende Situation ergibt. Ob Qualitätskontrollen in Serbien tatsächlich so einfach zu bewerkstelligen wären wie von der Klägerin dargestellt kann daher dahingestellt bleiben, weil die grundsätzliche Annahme, dass die Überwachung, Sicherstellung und Kontrolle der Pflege im Ausland besonders aufwändig, schwierig und teilweise gar nicht zu bewerkstelligen ist, grundsätzlich zutrifft. Das Sozialgericht hat dies ausführlich unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG (v. 25.02.2015 – B 3 P 6/13 R) dargelegt. Denn bei der gebotenen typisierenden Betrachtung kann es nicht nur auf den in Rede stehenden Staat ankommen, sondern auf die Gesamtheit der Leistungserbringung im Nicht- EU-Ausland.

Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der Klägerin als serbische Staatsbürgerin nach den Regelungen der Europäischen Menschenrechtskonvention liegt erkennbar nicht vor. Denn die Regelung des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 SGB XI (Ruhen des Leistungsanspruchs bei Auslandsaufenthalt) ist ungeachtet der Zugehörigkeit zur EU allgemeiner Natur und betrifft nicht nur serbische Staatsbürger. Vom Tatbestand der Norm werden unabhängig von der konkreten Staatsbürgerschaft alle Versicherten erfasst, die sich für längere Zeit im Ausland aufhalten. Sie betrifft Deutsche und Ausländer gleichermaßen. Anknüpfungspunkt ist nicht die Staatsangehörigkeit, sondern die Wohnsitzname bzw. der Aufenthalt im Ausland.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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