L 4 SO 85/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 28 SO 210/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 85/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten oder von der Beigeladenen die Übernahme von Kosten für diverse Hilfsmittel beanspruchen kann, die sie aufgrund ihrer Hörbehinderung zu brauchen meint. Teilweise hat sich die Klägerin die begehrten Hilfsmittel bereits selbst beschafft. Im Einzelnen geht es um die Kosten für die Anschaffung und Ausbildung ihres Signalhörhundes sowie dessen laufende Unterhaltskosten, eine Lichtsignalanlage für ihre Wohnung, einen Kopfhörer mit Verstärker für Fernseher und Radio, eine Gleitsichtbrille sowie ein Notebook.

Die 1957 geborene Klägerin leidet seit ihrer Geburt an einer an Taubheit grenzenden Hörminderung. Sie ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie dem Merkzeichen RF anerkannt. Sie war zunächst in Teilzeit als Angestellte im öffentlichen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg tätig, ergänzend erhielt sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit Mai 2010 erhält sie von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 5.1.2012) sowie ein Ruhegeld nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz von der Freien und Hansestadt Hamburg und besitzt nach ihren Angaben kein Vermögen. Sie ist bei der beigeladenen Krankenkasse pflichtversichert.

Die Klägerin, die nicht mit Hörgeräten versorgt ist, beantragte zunächst bei der Beigeladenen die Übernahme der Kosten für einen sog. Signalhörhund als Behindertenbegleithund. Dieser Hund könne ihr Geräusche vermitteln, z.B. das Martinshorn beim Autofahren, oder einen Feueralarm an der Arbeitsstätte. Die Beigeladene lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. September 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2005 ab. Ein Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wurde durch Bescheid vom 10. November 2005 ebenfalls abgelehnt; den Widerspruch der Klägerin wies die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2006 zurück. Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht Hamburg (S 37 KR 222/06) blieb erfolglos: In der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2007 wies das Gericht die Klägerin darauf hin, dass die Klage keine Erfolgsaussichten habe. Das Bundessozialgericht habe zuletzt am 19. April 2007 (B 3 KR 9/06 R) bekräftigt, dass es nicht zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre, die Benutzung eines Pkw zu ermöglichen. Nach dem Bundessozialgericht sei zudem die Zuständigkeit der Krankenversicherung nur gegeben, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich eines Funktionsdefizits geeignet und notwendig sei und wenn der Ausgleich die beeinträchtigte Körperfunktion in einem wesentlichen Umfang ersetze. Das sei für einen Blindenführhund der Fall, der die Orientierungsfähigkeit im Raum ersetze. Ein Signalhörhund ersetze jedoch lediglich einen geringen Anteil der beeinträchtigten Hörfunktion, nämlich das Bemerken bestimmter Signale, auf die er trainiert sei. Daher sei jedenfalls die gesetzliche Krankenversicherung nicht der zuständige Kostenträger für dieses Hilfsmittel. Daraufhin nahm die Klägerin die Klage zurück.

Bereits am 11. September 2006 beantragte die Klägerin bei der Arbeitsgemeinschaft SGB II, jetzt jobcenter team.arbeit.hamburg, bei der sie seinerzeit noch im Leistungsbezug stand, die Kostenübernahme von behinderungsbedingten Hilfsmitteln aufgrund ihrer an Taubheit grenzenden Hörschädigung. Konkret begehrte sie die Erstattung bzw. Übernahme der Kosten für die Anschaffung ihres Hundes im Juli 2005 sowie für dessen bisherigen und künftigen Unterhaltsaufwand (Hundefutter, Tierarzt, Leine und Geschirr, Korb und Kissen). Ferner machte sie geltend die Kosten für eine Ausbildung des Hundes zu einem Signalhörhund, den Eigenanteil für eine Lichtklingelanlage, den die Krankenkasse nicht zahle, für einen Kopfhörer mit Verstärker, ein Telefonheadset, die Zuzahlung für Hörgeräte sowie ein Notebook mit Videokonferenz und Spracherkennung. Sie benötige diese Hilfsmittel für ihre ständige Begleitung (Hund) und zur Bewältigung ihres Alltags und könne sie sich in Hinblick auf ihr geringes Einkommen nicht selbst beschaffen. Mit Schreiben vom 13. September 2016 teilte die Arbeitsgemeinschaft SGB II der Klägerin mit, dass sie für die benötigten Hilfsmittel nicht zuständig sei. Bezüglich der ärztlichen Hilfsmittel möge sich die Klägerin an ihre Krankenkasse wenden. Hinsichtlich der übrigen Dinge habe man den Antrag an die Beklagte weitergeleitet. Dort ging er am 19. Dezember 2006 ein.

Am 15. März 2007 stellte die Klägerin auch bei der Beklagten einen Antrag "auf technische Hilfen und Ausbildung zum Signalhörhund", der bereits "von vielen Stellen entweder weitergeleitet oder abgelehnt worden sei." Im Hinblick auf ihr Grundbedürfnis auf Kommunikation beantrage sie einen Telefonverstärker, einen DVD-Rekorder, Kopfhörer mit Verstärker, ein Notebook mit Videokonferenz, um die Möglichkeit zu haben, vom Mund abzulesen, den Eigenanteil für eine Lichtsignalanlage in Höhe von Euro 2.500,-, die Ausbildung für ihren Signalhörhund in Höhe von Euro 6.100,- und eine neue Gleitsichtbrille.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2007 lehnte die Beklagte den Antrag vom 15. März 2007 ab. Soweit die Klägerin die Kostenübernahme bei vorrangigen Leistungsträgern, z.B. bei der Krankenkasse beantragt habe und diese dort abgelehnt bzw. mit Eigenanteil bewilligt worden seien, sei sie – die Beklagte – an diese Entscheidung gebunden und dürfe als Sozialhilfeträger keine darüber hinausgehenden Leistungen bewilligen. Dies gelte auch für die Eigenanteile. Gegebenenfalls müsse die Klägerin dort den Rechtsweg beschreiten.

Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 1. Juli 2007, bei der Beklagten eingegangen am 4. Juli 2007, Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, die Krankenkasse sei nicht zuständig für den Ausgleich einer Behinderung. Sie bitte um Übernahme der Kosten für die beantragten Hilfsmittel im Rahmen der Eingliederung in das Arbeitsleben. Sie habe sich eine Gleitsichtbrille beschafft, diese habe aber ein zu schmales Sichtfeld. Eine Gleitsichtbrille mit breiterem Sichtfeld, mit der sie besser vom Mund ablesen könne, koste 476,50 Euro. Eine Rechnungskopie war angekündigt, tatsächlich aber nicht beigefügt.

Am 4. Dezember 2007 fand eine mündliche Anhörung vor dem Widerspruchsausschuss der Beklagten statt. Die Klägerin erläuterte dort, dass sie zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Übernahme von Kosten für die Ausbildung ihres Hundes, die Lichtsignalanlage und die Kommunikationsanlage begehre. Hörgeräte könne sie aufgrund einer erhöhten Lärmempfindlichkeit und allergischer Reaktionen nicht tragen. Sie habe kein Auto mehr. Sie habe die Übernahme der Kosten eines Pkw, den sie für den Arbeitsweg benötige, beim Rentenversicherungsträger beantragt, aber nicht bewilligt erhalten. Zurzeit nutze sie öffentliche Verkehrsmittel; das sei aber nicht gut möglich, da sie beim Treppensteigen Atemprobleme bekomme. Sie benötige den Hund für die Teilnahme am Straßenverkehr. Sie habe mit der Ausbildung ihres Hundes bereits begonnen, die Kosten hierfür würden insgesamt etwa 6.300,- Euro betragen. Die Gleitsichtbrille werde von der Krankenkasse nicht gezahlt, da ihre Restsehfähigkeit noch zu hoch sei.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2007 wurde das Widerspruchsverfahren ausgesetzt, um eine Stellungnahme des Beratungszentrums zur Erforderlichkeit der beantragten Hilfsmittel im Hinblick auf die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben einzuholen. In ihrer Stellungnahme vom 14. Januar 2008 teilte die Landesärztin für Hörbehinderte Dr. G. mit, dass ihr die Klägerin seit März 2005 bekannt sei. Die von der Klägerin beklagte Kontaktallergie könne durch Verwendung von antiallergischen Materialien am Ohrstück vermieden werden. Bei einer entsprechenden technischen Ausstattung der Hörgeräte sei eine wesentliche Verbesserung des Hörvermögens und eine Minderung der Geräuschempfindlichkeit erreichbar. Ein Signalhörhund sei keine adäquate Alternative zu einer Hörgeräteversorgung. Eine Lichtsignalanlage sei notwendig, weitere Alarmanlagen jedoch unangemessen. Das Gutachten wurde mit der Klägerin am 17. April 2008 telefonisch erörtert. Die Klägerin erklärte, einen Antrag auf personenbezogene Leistungen für psychisch/seelisch behinderte Menschen (PPM) gestellt zu haben. Sie wolle sich nach dessen Bescheidung weiter äußern, ob das Widerspruchsverfahren fortgesetzt werden solle. Der am 19. Februar 2008 gestellte Antrag auf PPM wurde mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 7. Mai 2008 abgelehnt.

Nachdem sich die Klägerin bei der Beklagten nicht mehr gemeldet hatte, wurde das Widerspruchsverfahren mit Beschluss der Vorsitzenden des Widerspruchsausschusses vom 4. Dezember 2008 eingestellt. Mit Schreiben vom 9. April 2009 bat die Klägerin um Fortsetzung des Verfahrens. Es gehe ihr vordringlich um die Kosten für ihren Signalhörhund, die Kosten für die Gleitsichtbrille und für ein Notebook mit Webcam, Videokonferenz und Spracherkennungsprogramm. Sie benötige auch ein E-Mobil mit Unterstand. Ihr Vermieter verlange von ihr, dass sie die Kosten für den Einbau von Rauchmeldern selbst übernehme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Sie führte aus, es bestehe kein Anspruch auf Bewilligung der begehrten technischen Hilfsmittel sowie auf Übernahme der Kosten für einen Signalhörhund. Die Klägerin gehöre zwar aufgrund ihrer Hörschädigung zum Personenkreis der §§ 53, 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), es könne aber nicht festgestellt werden, dass nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht bestehe, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe mit den begehrten Hilfsmitteln und dem Signalhörhund erfüllt werden könne. Die technischen Hilfsmittel seien bereits durch die vorrangig zuständigen Kostenträger abgelehnt worden, sodass im Hinblick auf die eingetretene Bindungswirkung ein möglicher Leistungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger nicht gegeben sei. Der geltend gemachte Anspruch für eine Lichtklingelanlage entfalle bereits deshalb, weil der Klägerin dafür bereits ein Zuschuss der Krankenkasse bewilligt worden sei. Aus einem der Beklagten vorliegenden Schreiben der Klägerin an die DRV Nord vom Februar 2012 ergebe sich, dass die Lichtklingelanlage defekt sei und eine Erneuerung die Probleme nicht beseitigen würde. Für eine Ersatzbeschaffung bzw. die Behebung von Funktionsstörungen sei ebenfalls die Krankenkasse zuständig. Ein Rauchmelder für Gehörlose diene nicht dem Ausgleich der Behinderung, sondern der Unfallverhütung, ebenso die Brand- und Wassermelder. Bei den begehrten technischen Hilfsmitteln wie Telefon, Kopfhörer und Notebook sowie den Eigenanteilen für Lichtklingel und Hörgeräte handele es sich ebenfalls um Leistungen, für die vorrangig die Krankenkasse zuständig sei. Auch die Kosten für die Ausbildung und den Unterhalt des Signalhörhundes seien nicht aus Mitteln der Sozialhilfe zu bewilligen. Soweit die Klägerin sich den Hund bereits am 23. Juli 2005 angeschafft habe, seien die Kosten bereits mit Rücksicht auf § 18 SGB XII nicht zu übernehmen. Darüber hinaus bestünden im Hinblick auf die Erforderlichkeit eines Signalhörhundes erhebliche Bedenken, weil die Krankenkasse ein Hörgerät bewilligt habe, welches bei entsprechender technischer Ausstattung zu einer wesentlichen Verbesserung des Hörvermögens und einer Minderung der Geräuschempfindlichkeit führen dürfte. Es handele sich bei einem Signalhörhund auch nicht um ein anerkanntes Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung. Ferner könne nicht festgestellt werden, dass mit diesem Hund im Sinne von §§ 53,54 SGB XII die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden könne. Dies entspreche auch der Auffassung der Landesärztin für Hörbehinderte. Das Gleiche gelte auch hinsichtlich der beantragten technischen Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wie Kopfhörer oder Notebook, welche ebenfalls im Hinblick auf die Versorgung mit Hörgeräten, die kostengünstiger seien und mit denen eine wesentliche Verbesserung des Hörvermögens erreicht werden könne, nicht notwendig seien. Die Kosten für eine Gleitsichtbrille könnten ebenfalls nicht übernommen werden. Abgesehen davon, dass die Kostenübernahme schon deswegen entfalle, weil die Klägerin diese erst nach der Anschaffung der Brille geltend gemacht habe, könnten Leistungen des Sozialhilfeträgers auch deshalb nicht gewährt werden, weil Brillen zwischenzeitlich nicht mehr zu den Leistungen der Krankenkassen gehörten und auch von den Sozialhilfeempfängern aus den Regelsätzen zu beschaffen seien. Infolgedessen wäre auch bei rechtzeitiger Antragstellung eine Kostenübernahme nicht möglich gewesen.

Gegen den ihr am 31. März 2012 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 2. Mai 2012 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Sie hat u.a. vorgetragen, sie sei wegen einer Hyperakusis (Schallüberempfindlichkeit) nicht in der Lage, Hörgeräte zu tragen. Sie habe seinerzeit die Ausbildung mit ihrem Hund zum Signalhörhund begonnen, diese aber wegen der Kosten nicht fortführen können. Der Hund begleite sie im Straßenverkehr und warne sie vor Gefahren innerhalb und außerhalb der Wohnung und vermittle ihr daher ein Sicherheitsgefühl und motiviere sie zudem, die Wohnung zu verlassen. Er stelle ihre passive Erreichbarkeit innerhalb der Wohnung sicher, da die Lichtsignalanlage nicht funktioniere. Der Hund diene damit sowohl dem mittelbaren als auch dem unmittelbaren Behinderungsausgleich. Die Anerkennung des Hundes als (Behinderten)-Begleithund werde es ihr ermöglichen, ihn überall hin mitzunehmen, auch dort, wo Hunde normalerweise nicht erlaubt seien. Ihre Lichtsignalanlage sei über 20 Jahre alt und funktioniere jetzt nicht mehr, weshalb sie sich kürzlich Ersatzteile beschafft habe, die aber auch nicht funktionieren würden. Die Krankenkasse habe ihr diesbezüglich die Auskunft erteilt, dass im Hinblick auf das vorliegende Klageverfahren eine neue Lichtsignalanlage nicht geliefert werden könne. Die Installation von Rauchwarnmeldern für Hörbehinderte sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts von der Krankenkasse zu übernehmen. Sie beherrsche die deutsche Gebärdensprache nur eingeschränkt und benötige deshalb einen Kopfhörer zum Fernsehen und Telefonieren als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, denn sie könne an Veranstaltungen für "normal" Hörende nicht teilnehmen. Sie begehre darüber hinaus die Kostenübernahme für eine Gleitsichtbrille als Leistung zur Teilhabe, da sie wegen der Sehschwäche auf einen größeren Nahsehbereich angewiesen sei, damit sie im Rahmen der Kommunikation mit anderen vom Mund ablesen könne. Die Klägerin legte eine Rechnung vom 2. Juli 2011 vor, wonach ihr dafür Kosten in Höhe von Euro 479,40 entstanden sind. Die Kosten für einen DVD Rekorder, ein Schwerhörigen-Telefon sowie für Hörgeräte mache sie nicht weiter geltend.

Die Beigeladene hat erstinstanzlich Klagabweisung beantragt und dargelegt, sie habe der Klägerin bereits mit bindend gewordenem Bescheid vom 29. Januar 2013 einen Betrag von 481,- Euro für eine Lichtsignalanlage, bestehend aus einem Universalsender, zwei Blitzlampen und einem Wecker, bewilligt. Diese Bewilligung sei bisher nicht abgerufen worden. Sie sei im Hinblick auf die jetzt neu bestehende gesetzliche Verpflichtung auch bereit, bei entsprechender Antragstellung durch die Klägerin dieser zwei Rauchwarnmelder zu gewähren. Bei den begehrten Kopfhörern handele es sich nicht um Hilfsmittel, sondern um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Hinsichtlich der begehrten Gleitsichtbrille verweise sie auf § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach nur eine schwere Sehbeeinträchtigung eine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse hinsichtlich der Gewährung von Sehhilfen begründe. Ob dieser Fall gegeben sei, könne sie nicht beurteilen, da ihr über die Einschränkung der Sehfähigkeit keine ärztlichen Unterlagen vorlägen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Signalhörhund, da es sich hierbei nicht um ein Hilfsmittel i.S. der Krankenversicherung handele. Insoweit werde auf das rechtskräftig abgeschlossene Klageverfahren beim Sozialgericht Hamburg zum Aktenzeichen S 37 KR 222/06 verwiesen.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Sozialgericht einen Befundbericht des behandelnden HNO-Arztes Dr. eingeholt. Dieser hat mit Datum 27. Juli 2015 ausgeführt, bei der Klägerin, die dort zuletzt im November 2014 vorstellig geworden sei, bestehe eine hochgradige Mittel- und Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beiderseits. Sie sei auf eine Signallichtklingelanlage sowie auf einen Signalhörhund angewiesen. Sodann hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde Dr. Sch ... Dieser hat die Klägerin am 6. Juli 2016 ambulant untersucht und in seinem Gutachten vom 5. September 2016 folgendes ausgeführt: Auf dem rechten Ohr liege eine hochgradige, auf dem linken eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor. Außerdem bestehe eine Hyperakusis (übermäßiges Lautheitsempfinden). Ein Test verschiedener Werkstoffe für Ohrpassstücke von Hörgeräten habe keinerlei allergische Reaktionen der Haut ergeben. Die Schwerhörigkeit beeinträchtige die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, bedrohe diese aber nicht. Eine Versorgung mit Hörgeräten sei durchaus in der Lage, die bestehende Behinderung auszugleichen und sei aus Sicht des Gutachters empfehlenswert. Allerdings seien die Festleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hierfür nicht ausreichend, erforderlich seien vielmehr höherwertige Geräte. Hinsichtlich der Versorgung mit einer Lichtanlage solle zumindest eine Neuinstallation auf der Grundlage des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen. Ferner sei zum Ausgleich der Behinderung der Zugang zu Medien und Internet sicherzustellen. Das Führen eines Assistenzhundes sei durchaus eine Alternative zur Hörgeräteversorgung, allerdings mit erheblichen Kosten verbunden. Zudem gebe es keine zertifizierte Ausbildung für einen Signalhörhund.

Am 24. Oktober 2017 hat das Sozialgericht den Rechtsstreit mündlich verhandelt. Die Klägerin hat dort beantragt, die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verpflichten, ihr die Kosten für die Anschaffung und Ausbildung ihres Signalhörhundes sowie die laufenden Unterhaltskosten für Futter, Tierhaftpflicht und Tierarztkosten zu erstatten, eine Lichtsignalanlage für ihre Wohnung zu gewähren, einen Kopfhörer mit Verstärker für Fernseher und Radio zu gewähren, die Kosten für die Anschaffung einer Gleitsichtbrille i.H.v. Euro 476,50 zu erstatten sowie ein Notebook zu gewähren.

Mit Urteil vom 24. Oktober 2017 hat das Sozialgericht der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen Kopfhörer mit Verstärker für Fernseher und Radio sowie ein Notebook als Hilfsmittel zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung führt das Sozialgericht aus, zuständig für die Bewilligung der begehrten Hilfsmittel sei die Beklagte, unabhängig von den einschlägigen Anspruchsgrundlagen. Dies folge aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), denn die Beklagte habe den ihr weitergeleiteten Antrag von Dezember 2006 ebenso wenig an andere Träger weitergegeben wie den am 15. März 2007 bei ihr selbst gestellten Antrag.

Die Klägerin habe einen Anspruch auf Versorgung mit Kopfhörern und ein Notebook. Rechtsgrundlage hierfür seien die §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHVO). Unstreitig gehöre die Klägerin aufgrund ihrer hochgradigen bzw. an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 53 SGB XII. Als Eingliederungshilfe seien Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gem. §§ 54 Abs. 1 SGB XII, 55 Abs. 1 SGB IX zu erbringen. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hätten den Zweck, dem behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen oder zu sichern oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Hierfür geeignet seien alle Leistungen, die dem behinderten Menschen den Kontakt mit seiner Umwelt und die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglichen und sichern. Maßstab seien die berechtigten Wünsche des Leistungsberechtigten. Hier versetzten der Kopfhörer und das Notebook die Klägerin in die Lage, ihr anzuerkennendes Bedürfnis nach Information und Kommunikation zu befriedigen. Die Kommunikation sei wesentlicher Bestandteil der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Ob die Klägerin ihrem Bedürfnis nach Information und Kommunikation in gleicher Weise oder sogar besser durch eine Hörgeräteversorgung nachkommen könne, sei nicht streitgegenständlich und daher nicht zu entscheiden gewesen. Jedenfalls entspreche es dem Wunsch- und Wahlrecht der Klägerin gem. § 9 Abs. 2 SGB IX, sich hinsichtlich der Auswahl der Hilfsmittel insoweit zu beschränken. Die Klägerin erfülle auch die wirtschaftlichen Leistungsvoraussetzungen.

Hingegen habe die Klägerin keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Ausbildung und Unterhaltung eines Signalhörhundes. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass es sich hierbei um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 33 SGB V handele, denn dies habe die Beigeladene – infolge der Klagrücknahme im Verfahren S 37 KR 222/06 – bestandskräftig abgelehnt. Eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen sei schon deshalb ausgeschlossen. Aber auch als Eingliederungshilfeleistung – Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft – habe die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Kostenübernahme. Die Kammer könne nicht erkennen, dass der Klägerin mit Hilfe eines ausgebildeten Signalhörhundes eine uneingeschränkte Teilhabe und damit ein umfassender Zugang zur Gesellschaft ermöglicht werden würde. Zwar möge es so sein, dass sie sich in Begleitung eines Signalhörhundes sicherer fühle, dennoch könne ein solcher Hund die Kommunikation mit anderen Menschen in keiner Weise erleichtern bzw. ersetzen. Ferner ließe sich auch nicht feststellen, dass allein ein Signalhörhund ihr die Kommunikation mit der Umwelt ermögliche. Denn dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. lasse sich entnehmen, dass dem Tragen von Hörgeräten keine medizinischen Gründe entgegenstünden. Die Klägerin könne sich insoweit auch nicht auf ein Wunsch- und Wahlrecht iSv § 9 SGB IX berufen, denn letztlich ließen sich die Leistungsziele der Rehabilitation mit einem Signalhörhund nicht erreichen. Dies gelte letztlich auch für den Einsatz des Hundes innerhalb der Wohnung. Denn es sei nicht ersichtlich, wieso neben einer Lichtsignalanlage noch ein Signalhörhund erforderlich sei.

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Lichtsignalanlage. Hierbei handele es sich ohne Zweifel um ein Hilfsmittel iSv § 33 SGB V. Es fehle jedoch an einem Rechtsschutzbedürfnis, da der Beigeladene eine solche Anlage bereits bewilligt habe.

Schließlich könne die Klägerin auch nicht die Erstattung der Kosten einer von ihr selbst beschafften Gleitsichtbrille in Höhe von 476,50 Euro verlangen. Sie habe bereits nicht nachgewiesen, dass ihr diese Kosten entstanden seien. Eine Rechnung liege nicht vor. Die Klägerin habe lediglich eine Rechnung der Firma vom 2. Juli 2011 bzw. 23. Juli 2011 in Höhe von 479,40 Euro eingereicht, bei der es sich jedoch offensichtlich nicht um die Brille handele, welche Gegenstand des hier streitigen ablehnenden Bescheids sei. Eine Gleitsichtbrille könne im Falle der Klägerin ein Hilfsmittel iSv § 55 Abs. 2 SGB IX sein, wenn sie nicht allein dem Ausgleich visueller Einschränkungen der Klägerin diene. Das sei hier in Hinblick auf die Einschränkungen der Hörfähigkeit durchaus denkbar, z.B wenn und soweit die Klägerin darauf angewiesen sein sollte, Worte von den Lippen abzulesen. Bisher sei jedoch weder vorgetragen worden noch von Amts wegen zu ermitteln gewesen, ob und ggf. in welchem Ausmaß bei der Klägerin überhaupt Einschränkungen der Sehfähigkeit vorliegen. Im Übrigen habe die Beklagte bereits angeboten, einen Neuantrag der Klägerin bezüglich einer Gleitsichtbrille erneut zu prüfen und zu bescheiden.

Gegen dieses Urteil, dass der Klägerin am 9. November 2017, der Beklagten am 14. November 2017 zugestellt wurde, haben sowohl die Klägerin (am 8. Dezember 2017) als auch die Beklagte (am 28. November 2017) Berufung eingelegt.

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin aus, sie sei weiterhin dringend auf die Hilfsmittel angewiesen. Die Lichtsignalanlage funktioniere noch immer nicht, eine neue sei von der Beigeladenen nicht geliefert worden. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso ein Signalhörhund, der sehr viel mehr ausgleiche als eine Lichtklingel, anders als jene nicht als Hilfsmittel anerkannt werde. Der Signalhörhund sei für sie notwendig. Sie benötige den Hund nicht, um sich unterhalten zu können. Trotzdem könne er ihr helfen, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Sie benötige ihn, weil die Lichtsignalanlage nicht funktioniere und auch nicht funktionieren könne. Das vorhandene Problem sei selbst durch die Neuanschaffung auf ihre eigenen Kosten nicht gelöst worden. Es müssten neue Steckdosen gelegt werden, außerdem die Gegensprechanlage ausgetauscht werden. Dies verweigere der Vermieter. Der Hund sei daher auch Ersatz für die Lichtklingelanlage. Ferner benötige sie den Hund auch unterwegs, da öffentliche Einrichtungen, Geschäfte, Arztpraxen, Krankenhäuser sowie ihre ehemalige Arbeitsstelle keine Rauchwarnmelder mit Blitzlicht-Funktion hätten. Auch im Straßenverkehr unterstütze der Hund sie. Die Gleitsichtbrille benötige sie, um von den Lippen ablesen zu können. Sie habe Kosten für zwei Brillen gehabt, da die erste nicht ordentlich gefertigt worden sei und sie deshalb eine zweite in Auftrag gegeben habe. Zum Ausgleich ihrer Behinderung benötige sie ferner einen Kopfhörer mit Verstärker, einen PC mit großem Monitor und einen Ipad-Mini für unterwegs. Wenn die Beklagte oder die Beigeladene das so wolle, dann würde sie zusätzlich auch ein Hörgerät nehmen und sei bereit, solche Geräte zu probieren, die über den Festbetrag der GKV hinausgehen. Sie könne aber schon im Voraus sagen, dass eine Verständigung damit nicht möglich sein werde, nicht am Fernseher, am Telefon oder in Gruppen. Ein Hörgerät wäre daher nur eine Erleichterung, aber kein Ausgleich der Behinderung. Ferner bestehe ein Anspruch auf ein persönliches Budget bzw. ein Teilhabegeld, hier bitte sie um Klärung, wie hoch dieses wäre. Es sei auch zu prüfen, ob ihr Grad der Behinderung nicht zu niedrig sei.

Die Klägerin hat u.a. eine Rechnung der Firma X vom 3. April 2007 über 207,- Euro für eine Gleitsichtbrille, eine Rechnung der Firma-Optik über 479,40 Euro für eine Gleitsichtbrille aus Juli 2011 sowie zwei Rechnungen der Firma Hörgeschädigten über – nach Angaben der Klägerin – Ersatzteile für ihre Lichtsignalanlage vom 9. Mai 2017 und 16. Mai 2017 eingereicht. Ferner hat sie Internetausdrucke von Angeboten für einen Kopfhörer mit Verstärker und einen All-in-One PC vorgelegt. Zum Kopfhörer hat sie mitgeteilt, sie könne nur bestimmte (ohrumschließende) Kopfhörer vertragen, andere (Hängekopfhörer) möge sie aus den gleichen Gründen wie Hörgeräte nicht in den Ohren haben. Die Klägerin hat zudem eine augenärztliche Bescheinigung von Dr. R. vom 6. April 2018 eingereicht, in der dieser dargelegt, das Tragen einer Sehhilfe sei sowohl für die Ferne als auch für die Nähe medizinisch notwendig, insbesondere weil die Klägerin für Verständnis und Kommunikation auf das Ablesen von den Lippen angewiesen sei. Ferner hat sie einen Kaufvertrag über ihren Hund (geb. am 14.5.2005) zum Preis von 850,- Euro mit Datum 23. Juli 2005 vorgelegt und ferner mitgeteilt sie zahle durchschnittlich monatlich 85,- Euro für Futter, 25,- Euro für Belohnungssticks und 60,- Euro für Medikamente. Für die Kastration seien 500,- Euro angefallen. Jährlich zahle sie 73,- Euro Hundehaftpflicht. Zwei- bis viermal im Jahr müsse sie zum Hundefriseur, dafür fielen jeweils 50,- Euro an. Für Kenndecken und Kennhalstuch seien 36,- bzw. 20,- zu zahlen gewesen. Für die Welpenschule habe sie ca. sechsmal 120,- Euro gezahlt, für die Gehorsamsprüfung dreimal monatlich 30,- Euro zuzüglich Prüfungsgebühren, an deren Höhe sie sich nicht erinnern könne. Sie hat mehrere Quittungen für die Kosten des Signalhundetrainings eingereicht, insgesamt über 142,60 Euro. Die Klägerin hat ferner darauf hingewiesen, es sei ihr ein dringendes Anliegen zu klären, dass sie ihren Assistenzhund z.B. zum Arzt, zu Behörden oder ins Theater o.ä. mitnehmen darf – oft werde nämlich der Zugang für den Hund verweigert.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2017 dahingehend abzuändern, dass die Beklagte zusätzlich, hilfsweise die Beigeladene, verpflichtet wird, 1. die Kosten für die Anschaffung und Ausbildung des Signalhörhundes der Klägerin sowie die laufenden Unterhaltskosten für Futter, Tierhaftpflicht und Tierarzt zu erstatten bzw. zu übernehmen, 2. der Klägerin eine Lichtsignalanlage für ihre Wohnung zu gewähren, 3. der Klägerin die Kosten für die Anschaffung von 2 Gleitsichtbrillen in Höhe von 686,40 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgericht Hamburg vom 24. Oktober 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, das Urteil des SG sei bereits deshalb fehlerhaft, weil der Tenor zu unbestimmt sei. Die Kostenentscheidung sei nicht nachvollziehbar. Auch inhaltlich sei das Urteil falsch, soweit die Beklagte zur Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Kopfhörers mit Verstärker sowie eines Notebook verpflichtet worden sei. Aus medizinischer Sicht bestehe – wie das Sozialgericht im Rahmen seiner Ausführungen zur Ablehnung eines Anspruchs auf Übernahme der Kosten für die Ausbildung und den Unterhalt eines Signalhörhundes dargelegt habe – kein Grund gegen die Nutzung eines Hörgerätes. Die Teilhabemöglichkeiten der Klägerin mit Blick auf deren Hörfähigkeit könnten durch ein Hörgerät wirksam, zielgerichtet und wirtschaftlich erreicht werden. Das vom Sozialgericht angeführte Wahlrecht der Klägerin gehe fehl, denn die Kosten für ein Hörgerät seien von der Beigeladenen zu bewilligen. Die Nutzung eines Hörgeräts sei zudem auch mit Blick auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft als zielführender einzustufen.

Die Beigeladene beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass ein Anspruch auf Hörgeräteversorgung ggf. außerhalb des anhängigen Rechtsstreits zu prüfen sei. Sie sei bereit, die Kosten für die medizinisch notwendige Hörgeräteversorgung zu übernehmen, hierfür sei jedoch die Einhaltung des Beschaffungswegs (ärztliche Verordnung, Messungen durch einen Hörgeräteakustiker) erforderlich. Die Installation der Sender und Empfänger einer Lichtsignalanlage sei nach den Ausführungen der Firma Humantechnik, die solche Anlagen vertreibe, sehr einfach, da die Geräte lediglich in eine Steckdose gesteckt werden müssten. Die Darlegungen der Klägerin bezüglich des Installationsaufwandes seien daher nicht nachvollziehbar.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf das Sitzungsprotokoll und den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 8. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2012. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die GdB-Höhe. Diese wurde von der Klägerin im Berufungsverfahren angegriffen, sie war jedoch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens und ein Antrag auf Erhöhung müsste zunächst gegenüber der zuständigen Behörde – hier dem Versorgungsamt – geltend gemacht werden. Auch die Frage der Versorgung mit einem Hörgerät ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, ebenso wenig Fragen eines persönlichen Budgets bzw. Teilhabegelds und des Anspruchs auf einen Ipad mini. Ob die Klägerin ihren Hund zu Ärzten, Behörden oder kulturellen Einrichtungen mitnehmen darf, ist einer Klärung im Rahmen des Berufungsverfahrens ebenfalls nicht zugänglich.

II. Sowohl die Berufung der Klägerin als auch diejenige der Beklagten sind statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

III. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Diejenige der Beklagten ist hingegen begründet, weshalb das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen war.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid vom 8. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2012 ist rechtmäßig; die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte bzw. die Beigeladene auf Gewährung der begehrten Hilfsmittel bzw. Erstattung der geltend gemachten Kosten.

Hinsichtlich der Ausführungen zur Zuständigkeit der Beklagten, zum Ausschluss des § 33 SGB V als Anspruchsgrundlage für die Übernahme insbesondere der Kosten bezogen auf den Hund der Klägerin und zu den allgemeinen persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils.

Soweit die Klägerin die Übernahme der Kosten für eine Lichtsignalanlage begehrt, fehlt es auch nach Auffassung des Senats bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die Beigeladene hatte Anfang 2013 eine entsprechende Anlage – bestehend aus einem Universalsender, zwei Blitzlampen und einem Blitzlichtwecker – bewilligt. Die Klägerin hat die bewilligten Geräte aber nicht abgerufen. Dass die Bewilligung vom Umfang nicht ausreiche, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Wohnung der Klägerin besteht aus zwei Zimmern, Küche und Bad. Die Blitzlampen lassen sich – sofern ihre Signale nicht bei entsprechend günstiger Positionierung ohnehin in allen Zimmern wahrnehmbar sind – von einem Raum in den anderen mitnehmen. Dass eine Installation in der Wohnung der Klägerin nicht möglich sein soll, erscheint nicht plausibel. Die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Anlage aus einem Sender besteht, der die akustischen Signale in Funkwellen umwandelt, welche dann die Blitzlampen auslösen. Eine Verbindung mit der Elektrik der Klingel- oder Gegensprechanlage der klägerischen Wohnung ist danach nicht erforderlich. Sofern nicht ausreichend Steckdosen bzw. Steckdosen nur an ungünstigen Plätzen vorhanden sein sollten, ließe sich dies durch den Einsatz von Mehrfachsteckdosen und/oder Verlängerungskabeln lösen. Sollte die Elektrik in der Wohnung der Klägerin insgesamt unzureichend sein, müsste sie sich diesbezüglich an ihren Vermieter wenden.

Einem Anspruch der Klägerin auf die begehrten Leistungen für ihren Hund, einen Kopfhörer, ein Notebook und eine bzw. zwei Gleitsichtbrille/n steht – unabhängig von verschiedenen weiteren Fragen (z.B.: geht es um Leistungsgewährung oder um Kostenerstattung? Wie wirkt es sich aus, dass der Hund bereits vor der ersten Antragstellung beim SGB II- bzw. SGB XII-Träger angeschafft wurde?) – letztlich entgegen, dass die Klägerin sich vorrangig auf eine Versorgung mit Hörgeräten verweisen lassen muss. Die Versorgung mit Hilfsmitteln im Rahmen der Eingliederungshilfe richtet sich nach § 9 Abs. 3 EinglHV. Dieser bestimmt, dass andere Hilfsmittel im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. den Bestimmungen des SGB IX nur gewährt werden, wenn das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich und geeignet ist, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen, und wenn der behinderte Mensch das Hilfsmittel bedienen kann. Hier fehlt es an der Erforderlichkeit einer Versorgung mit den von der Klägerin begehrten Hilfsmitteln. Bei der Frage der Erforderlichkeit sind die Lebenswirklichkeit des behinderten Menschen und dessen berechtigte Wünsche nach Maßgabe des § 1 SGB IX und § 8 SGB IX (früher § 9 SGB IX) in die rechtliche Gesamtbetrachtung des Falles einzubeziehen (vgl. Luthe, jurisPK-SGB IX, § 76 Rn. 19). Vor allem im Falle eines mit den Hilfen verbundenen hohen Kostenaufwandes bedarf es im Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfen und der Berechtigung von Wünschen ferner stets der Abwägung zwischen dem individuellen Schutzbedürfnis und der prinzipiellen Eigenverantwortung des behinderten Menschen für seine Lebensrisiken. Speziell im Sozialhilferecht ist anerkannt, dass die Kosten der Hilfe in einem angemessenen Verhältnis zu dem erreichbaren Erfolg der Maßnahmen stehen müssen (vgl. Luthe a.a.O.). Gemessen hieran und unter Berücksichtigung dessen, dass Leistungen der Eingliederungshilfe generell nachrangig gegenüber Leistungen anderer Sozialleistungsträger – hier der gesetzlichen Krankenversicherung, die für die Hörgeräteversorgung zuständig wäre – sind, kann hier nicht von einer Erforderlichkeit der von der Klägerin begehrten Hilfsmittel ausgegangen werden.

Der vom Sozialgericht bestellte Gutachter Dr. Sch. hat nach einer Untersuchung der Klägerin die Einschätzung der Landesärztin Dr. G. bestätigt und nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass die Klägerin an keiner Allergie leidet, die das Tragen von Ohrpassstücken ausschließen würde. Er hat auch ausgeführt, dass eine Versorgung mit einem Hörgerät – wenn auch vermutlich nicht mit einem zum Festpreis der gesetzlichen Krankenversicherung – möglich ist und ein Ausgleich der Hörbeeinträchtigung hierdurch erreicht werden könne. Die Beigeladene hat zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass sie bereit wäre, die medizinisch notwendige Versorgung zu übernehmen. Die Klägerin selbst hat zwar wiederholt vorgetragen, sie habe Hörgeräte durchaus ausprobiert, diese würden ihr aber nicht helfen. Objektive Belege hierüber liegen jedoch nicht vor. Insbesondere fehlen Messergebnisse bzw. Berichte eines Hörgeräteakustikers, aus denen sich erkennen ließe, dass die Klägerin ernsthaft verschiedene Hörgeräte (darunter auch solche, die über dem Festbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung liegen) getestet hätte und keines in der Lage wäre, die Hörbeeinträchtigung zufriedenstellend auszugleichen. Allein auf den Vortrag der Klägerin lässt sich die Annahme, eine Hörgeräteversorgung sei nicht möglich, nicht stützen. Solange es aber möglich erscheint, die Hörbeeinträchtigung durch eine Versorgung mit Hörgeräten auszugleichen, hat diese Vorrang vor den von der Klägerin begehrten Leistungen der Eingliederungshilfe. Wäre die Klägerin mit Hörgeräten versorgt, die ihre Hörbeeinträchtigung hinreichend ausgleichen, benötigte sie keinen Hund, der bestimmte akustische Signale wahrnimmt und die Klägerin auf diese hinweist. Auch ein Kopfhörer mit Verstärker für Fernseher und Telefon wäre nicht erforderlich, wenn die Klägerin allein mit Hörgeräten ausreichend hören könnte. Bei einer Versorgung mit Hörgeräten würde zudem ein behinderungsbedingtes Interesse an einem Notebook entfallen – das allgemeine Interesse an der Ausstattung mit einem solchen Gerät eröffnet nicht den Anwendungsbereich der Eingliederungshilfe. Entsprechendes gilt für eine Gleitsichtbrille: Sofern die Klägerin durch Hörgeräte in die Lage versetzt werden würde, mit anderen Menschen zu kommunizieren, ohne vom Mund ablesen zu müssen, wäre eine solche Brille nicht mehr aus Gründen der Hörbeeinträchtigung erforderlich.

Dem Vorrang der Hörgeräteversorgung steht das Wunsch- und Wahlrecht behinderter Menschen (§ 9 SGB IX a.F., jetzt § 8 SGB IX) nicht entgegen. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob dieses überhaupt zur Anwendung kommt, wenn es wie hier um die Wahl zwischen einer Leistung der Sozialversicherung (Gesetzliche Krankenversicherung) und der Sozialhilfe (Eingliederungshilfe) geht. Denn auch unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts kann bei der gegebenen Sachlage nicht von einer Erforderlichkeit der von der Klägerin begehrten Hilfsmittel ausgegangen werden. Zwar ist durchaus verständlich, dass die Klägerin, die von Kindheit an stark schwerhörig war, einer Hörgeräteversorgung gegenüber eher skeptisch ist. Vor diesem Hintergrund ist auch zu erwarten, dass ihr eine Gewöhnung an Hörgeräte nicht leicht fallen und diese nicht schnell gehen wird. Auf der anderen Seite ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine Hörgeräteversorgung eine Teilhabe der Klägerin an der Gemeinschaft sehr viel umfassender ermöglicht als die begehrten Hilfsmittel. Insbesondere der Signalhund trägt nur in relativ geringem Umfang zur Teilhabe der Klägerin an der Gemeinschaft bei. Er dient im Wesentlichen ihrer Sicherheit und ermöglicht dadurch das Verlassen der Wohnung, erleichtert daneben evt. noch die Kontaktaufnahme zu anderen Hundebesitzern. Hingegen führt er nicht zu Erleichterungen der Kommunikation mit anderen, nicht behinderten Menschen und ermöglicht der Klägerin auch nicht die hörende Teilnahme an Veranstaltungen u.ä. Ferner führen die begehrten Hilfsmittel insgesamt zu erheblichen Mehrkosten gegenüber einer Hörgeräteversorgung. So fallen z.B. für den Hund neben den Anschaffungs- und Ausbildungskosten auch laufende Unterhaltskosten an. Die Klägerin hat diese mit jährlich ca. 2.250,- Euro ohne Tierarztkosten beziffert. In der Gesamtschau erscheint die Versorgung der Klägerin mit den begehrten Hilfsmitteln im Vergleich zu einer Hörgeräteversorgung daher nicht verhältnismäßig.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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