S 3 RJ 19/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 3 RJ 19/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger hat von der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder wenigstens wegen Berufsunfähigkeit begehrt. Er beansprucht nunmehr nur noch die Rente wegen Berufsunfähigkeit. Er ist am 00.00.1951 geboren, hat nach seinen Angaben den Beruf des Gas- und Wasserinstallateurs erlernt und 1969 die Gesellenprüfung abgelegt. Bis zum Jahre 1974 hat er im erlernten Beruf gearbeitet. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit war er als Kraftfahrer beschäftigt und wurde 1985 durch das Arbeitsamt zum Berufskraftfahrer umgeschult. Unterbrochen durch weitere Arbeitslosigkeit arbeitete er danach als Kraftfahrer, unterzog sich 1990 - 1991 einer halbjährigen Kesselwärterausbildung und war sodann nach einer Kesselwärtertätigkeit in der chemischen Industrie bis 1992 bis zum Juli 1999 als Kraftfahrer bei einem Transportunternehmen beschäftigt; das Arbeitsverhältnis dauert fort. Im März 1999 musste wegen eines Karzinoms die linke Niere des Klägers entfernt werden; vom Versorgungsamt in Köln ist ein Grad der Behinderung von 60 von Hundert anerkannt. Im Rahmen der Nachsorge der Operation erfolgt ein Heilverfahren in Bad Wildungen und am 19.08.1999 stellte er bei der Beklagten den Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit. Auf deren Veranlassung wurde er durch den Internisten und Arbeitsmediziner Dr. Kring untersucht, in dessen Gutachten vom 08.11.1999 es unter anderem heißt, dass die im Entlassungsbericht genannten Einschränkungen hinsichtlich der Belastbarkeit in ihrer Summe ein aufgehobenes Leistungsvermögen für die Bereiche Gas- und Wasserinstallateur sowie Kraftfahrer bedingten, sofern Entladetätigkeiten ausgeübt würden. Diese Befunde seien gegenwärtig nicht mehr in ähnlicher Form vorhanden, was sicherlich die Folge der Arbeitsentlastung sei. Allerdings sollte unter Einbeziehung der Ergebnisse der Histologie eine gewisse Entlastung/Rekonvaleszenz eingeräumt werden. Eine volle Belastung sei jedoch ab dem 01.07.2000 wieder gegeben. Für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bestünde jedoch auch bereits jetzt ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Die Beklagte holte Arbeitgeberauskünfte des letzten Arbeitgebers des Klägers, der Fa. Transporte Lindenau vom.30.11. und von Dezember 1999 ein (BI. 42 - 44 und 46 -47 der Rentenakten). Ein Antrag auf Kostenerstattung wegen des Arbeitsausfalles bezüglich ambulanter und

stationärer Untersuchung am 05.09.2000 ergab, dass der Kläger seine Tätigkeit bei dem Transportunternehmen wieder aufgenommen hatte (BI. 89 der Rentenakten). Mit Bescheid vom 19.01.2000 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, weil dieser weder erwerbs- noch berufsunfähig sei, vielmehr vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt werden könne. Hier-gegen wandte sich der Kläger unter Vorlage seines Prüfungszeugnisses über die Ausbildung als Berufskraftfahrer - Güterverkehr - und machte geltend, dass er wegen seiner Gesellenprüfung als Gas- und Wasserinstallateur, wegen seiner bestandenen Prüfung zum Kesselwärter sowie wegen der Abschlussprüfung als Berufskraftfahrer im Güterverkehr nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne, sondern als Facharbeiter einzustufen sei. Nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Internisten Dr. T vom 13.04.2000, der weitere medizinische Unterlagen vorlegte, veranlasste die Beklagte eine ergänzende orthopädische Begutachtung durch den Arzt für Orthopädie Dr. C. In dessen Gutachten vom 26.06.2000 heißt es unter anderem, dass Tätigkeiten die mit Zwangshaltungen verbunden seien sowie mit Heben und Tragen schwerer Lasten und häufigem Bücken, vermieden werden müssten. Arbeiten in einseitiger Körperhaltung, nur im Stehen oder nur im Sitzen seien nicht mehr möglich. Die Arbeit solle für die Zukunft in geschlossenen und temperierten Räumen ausgeübt werden. Und das Besteigen von Gerüsten und Leitern sei nicht zumutbar. Arbeiten leichter Art seien jedoch ganztägig vollschichtig durchführbar und der Kläger könne auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen und eine Wegstrecke von mehr als 4 x 500 Meter gehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, weil der ärztliche Beratungsdienst nach Überprüfung bestätigt habe, dass sich aus ihm keine neuen rechtlich entscheidenden Gesichtspunkte ergäben. Vom Beruf des Gas- und Wasserinstallateurs habe der Kläger sich aus anderen als medizinischen Gründen gelöst und sei nachfolgend als angelernter Kraftfahrer mit dem Transport von Schüttgütner beschäftigt gewesen, wie die Arbeitgeberauskunft ergeben habe. Er könne deshalb auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, zu deren vollschichtiger Ausübung das körperliche und geistige Leistungsvermögen noch ausreiche. Hiergegen richtet sich die am 17.01.2001 erhobene Klage, mit der der Kläger sich erneut auf seine Ausbildung zum Berufskraftfahrer beruft. Er könne aus gesundheitlichen Gründen weder als Berufskraftfahrer noch als Gas- und Wasserinstallateur tätig sein. Dies bestätige ein Gutachten vom 11.11.1999.

Der Kläger beantragt, die Beklagte Zu verurteilen, dem Kläger unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Januar 2000 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit nach den gesetzlichen Regelungen zu bewilligen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält den Kläger weiterhin für verweisbar auf den allgemeinen Arbeits-markt, auf dem der Kläger noch eine Vielzahl von Tätigkeiten ausüben könne. Einem beigezogen sozialmedizinischen Kurzgutachten des Dr. U vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein aus Februar 2001 ist zu entnehmen, dass Dr. U der Auffassung ist, dass aufgrund der chronischen Erkrankungen des Klägers dieser aller Voraussicht nach auch dauerhaft für seine bisherige Tätigkeit arbeitsunfähig sein dürfte. Im Rahmen der weiteren Be-weiserhebung über Gesundheitszustand und Leistungsvermögen des Klägers hat das Gericht ein internkardiologisches Sachverständigengutachten des Dr. L in Köln vom 09.10.2001 eingeholt sowie ein orthopädisches Zusatzgutachten des Dr. Grüner, ebenfalls aus Köln vom 30.08.2001. Das Ergebnis dieser Begutachtungen findet sich auf BI. 64 - 102 der Gerichtsakten. Auf Kosten und auf An-trag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG- hat der Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. G aus S am 02.07.2003 ein orthopädisches Sachverständigengutachten erstattet, dessen nähere Einzelheiten sich auf Bl. 136 - 148 der Gerichtsakten finden. Die Leistungsakten des Arbeitsamtes sind beigezogen worden. Auch diesen Akten ist zu entnehmen, dass der Kläger seit dem 03.04.2000 seine Arbeit als Kraftfahrer wieder aufgenommen hat. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und der vom Arbeitsamt beigezogenen Leistungsakte des Klägers verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage bleibt in der Sache erfolglos. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 19.01.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2000 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, weil diese Bescheide rechtmäßig sind. Dem Kläger steht die begehrte Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 des Sozialgesetzbuches VI -SGB VI nicht zu. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Renten wegen Berufsunfähigkeit richtet sich noch nach § 43 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung ( § 300 Abs. 2 SGB VI), weil der Kläger seinen Rentenantrag bereits am 19.08.1999 gestellt hat und Anhaltspunkte für ein späteres Eintreten der Berufsunfähigkeit nicht erkennbar sind. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nicht erfüllt. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit eines Versicherten von dessen bisherigem Beruf auszugehen. Dies ist die vom Kläger zuletzt seit 1986 ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer für den Transport von Schüttgütern, die der Kläger, soweit ersichtlich, auch derzeit noch ausübt. Denn von dem erlernten und bis 1974 ausgeübten Beruf des Gas- und Wasserinstallateurs hat er sich aus anderen als gesundheitlichen Gründen gelöst, indem er die Tätigkeit als Kraftfahrer auf-genommen hat. Gleiches gilt für die kurzfristig ausgeübte Tätigkeit des Kesselwärters in der chemischen Industrie, so dass der Hauptberuf des Klägers derjenige des Berufskraftfahrers ist. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ist ihm damit allerdings kein Facharbeiterstatus zuzubilligen. Denn der Beruf des gelernten Kraftfahrers gehört nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im allgemeinen nur zum angekernten Bereich, da er eine Ausbildungszeit von nur bis zu zwei Jahren erfordert (vgl. BSG vom 18.01.1995 - 5 RJ 18/94 und vom 30.07.1994 - 5 RJ 8/96). Eine der engen Ausnahmen von dieser Beurteilung liegt ganz offensichtlich nicht vor. Der Arbeitgeber des Klägers, die Fa. M hat der Beklagten in zwei Auskünften mitgeteilt, dass der Kläger mit dem Transport von Schüttgütern beschäftigt gewesen sei. Weder habe er besonders schwierige Aufgaben erfüllen müssen noch sei er im grenzüberschreitenden Verkehr tätig gewesen. Die Kammer stuft den Kläger wegen seiner Ausbildung zum Berufskraftfahrer gleichwohl als Angelernten im

oberen Bereich ein. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Gesundheitszustand des Klägers bei der Beschränkung auf körperlich leichte Arbeit durch die internistischen Gesundheitsstörungen nicht wesentlich eingeschränkt ist. Bei Zustand nach Entfernen der linken Niere wegen des Karzinoms liegt eine gute Verheilung vor; Rezidive wurden nicht gefunden und auch die Herzsituation bedingt keine bedeutsame Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die Varizenbildung ist geringfügig und die Psoriasis bedingt keine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Wegen der orthopädischen Beschwerden, insbesondere wegen der Gesamtsituation der Wirbelsäule und der Kniegelenkssymptomatik mit Betonung der beidseitigen Kniescheiben ist der Einsatz des Klägers auf körperlich leichte Tätigkeiten beschränkt. Arbeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bücken, sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder unter Gefährdung von thermischen Einflüssen sind auszuschließen. Gefährdungen durch Staub, Gas und Dampf sowie Lärm ergeben sich nicht. Im Rahmen dieses Leistungsbildes ist der Kläger auch befähigt, vollschichtig mit den betriebsüblichen Pausen zu arbeiten. Durch eine deutliche Gewichtsreduktion kann er das Fortschreiten der Beschwerden noch verlangsamen. Die Kammer folgt den überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr. L und des Dr. H. Eine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung hat sich auch nicht aus dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. G vom 02.07.2003 ergeben. Dieser kommt vielmehr zu demselben Ergebnis und führt aus, dass sich keine wesentlichen Änderungen im Vergleich zu den Vorgutachten ergeben. Mit dem so festgestellten Leistungsvermögen kann der Kläger noch eine Vielzahl zumutbarer Tätigkeiten verrichten. Beispielsweise sei nur etwa die Tätigkeit der Gehaltsgruppe K2 des Gehaltsrahmenabkommen Metall genannt. Hierbei handelt es sich um Anlerntätigkeiten unterhalb des kaufmännischen Bereichs mit sogenannten "kleinem Schriftwerk", etwa dem Ablegen von Schriftgut nach einfachen Sachgebieten, das Führen von Karteien und einfachen Statistiken, das Disponieren und Verwalten einfacher Lagerbestände (Büromaterial, Reinigungsmittel), das Prüfen von Eingangsrechnungen auf rechnerische Richtigkeit. Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 21.08.2003 vorgelegten Unterlagen über die erworbenen Kenntnisse zeigen, dass der Kläger dem sogenannten "kleinen Schriftwerk" noch gewachsen sein muss, da er das Vorbereiten und Durchführen der Beförderung, die betriebliche Planung und Logistik sowie die beförderungsbezogene Kostenrechnung und Vertragsabwicklung erlernt und auch am berufsbezogenen Fachrechnen teilgenommen hat. Die genannte Tätigkeit über

fordert den Kläger nicht. Sie ist vielmehr körperlich leichter Natur, wird in geschlossenen wohltemperierten Räumen ausgeübt und gestattet den gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung. Da der Kläger auf zumutbare Tätigkeiten verweisbar ist kommt die Bewilligung einer Berufsunfähigkeitsrente für ihn nicht in Betracht. Auf die weitergehende Frage, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich, unterbrochen durch Krankheitszeiten, den Beruf des Kraftfahrers ausübt, kam es daher nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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