S 9 U 1443/17

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Meiningen (FST)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 9 U 1443/17
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 1590/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 12. November 2018 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 29. September 2016 als Arbeitsunfall.

Der 1960 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Montagemeister für seinen Arbeitgeber tätig, der sich mit dem Vertrieb, der Neuanlage und Montage von Aufzügen beschäftigt. Sein Arbeitgeber veranstaltete vom 29. bis 30. September 2016 einen Workshop, an dem 41 Mitarbeiter (u.a. Montagemeister, Monteure, Vertriebsmitarbeiter, Serviceleiter und Servicetechniker) teilnahmen. Ausweislich des Tagungsprogramms begann er am 29. September 2016 um 10:00 Uhr mit einem Meeting, wo verschiedene Tagesordnungspunkte abgehandelt werden sollten. Ab 16:30 Uhr war die Abfahrt vom Hotel zur C. W. und ab 17:00 Uhr deren Besuch vorgesehen. Die Kosten für den Besuch der C. W., unter anderem eine Tisch-Rechnung Nr. 51 über verzehrte Speisen und konsumierten Alkohol in Höhe von 1.913,01 Euro zuzüglich Wertmarken im Gegenwert von 1.820,00 Euro, übernahm der Arbeitgeber. Nach Verlassen der C. W. stürzte der Kläger auf dem Weg zum Taxi gegen 23:00 Uhr und zog sich ausweislich des Berichtes des am 30. September 2016 aufgesuchten Durchgangsarztes eine Frak-tur sowohl des linken als auch des rechten Fußes zu. Deswegen befand sich der Kläger vom 30. September bis 7. Oktober 2016 in stationärer Behandlung der Th. K. in S ... Die Abgabe einer Unfallanzeige durch den Arbeitgeber erfolgte am 9. Dezember 2016.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung scheitere an der geringen Teilnehmerzahl. Voraussetzung hierfür sei das Offenstehen der Veranstaltung für alle Betriebsangehörigen. Angesichts der Teilnehmerzahl könne auch nicht von einer Veranstaltung auf Ab-teilungsebene ausgegangen werden. Es habe keine arbeitsvertragliche Pflicht bestanden, an dem Festbesuch teilzunehmen. Ferner fehle es an dem erforderlichen wesentlichen Zusammenhang zwischen dem betrieblichen Zweck der Veranstaltung und dem Besuch der C. W ... Diese sei eine reine Vergnügungsveranstaltung gewesen und habe der Freizeitgestaltung gedient. Auch die Finanzierung des Festbesuchs durch den Arbeitgeber des Klägers begründe nicht das Entstehen von Versicherungsschutz. Der eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 2. August 2017 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 22. August 2017 beim Sozialgericht Meiningen Klage erhoben und vorgetragen, es sei seine Pflicht gewesen, an sämtlichen Fortbildungsteilen einschließlich der Abendveranstaltung teilzunehmen. Die gesamte Fortbildungsveranstaltung über eine Dauer von zwei Tagen habe unter Einschluss der Abendveranstaltung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

Das Sozialgericht hat verschiedene Auskünfte des Arbeitgebers des Klägers vom 23. Januar, 28. März und 22. Juni 2018 eingeholt. Danach war die Veranstaltung vom 29. bis 30. Septem-ber 2016 als Abteilungsveranstaltung für die Montagemeister i.V.m. der Auftragseingangsbesprechung gedacht. Ziel sei es auch gewesen, den Teamzusammenhalt zu stärken und das Kennenlernen zu fördern. Solche Abteilungsmeetings würden regelmäßig stattfinden, und es finde in der Regel am ersten Abend ein Teamevent statt. Im Anschluss an die Besprechung sei der Montageleiter mit den Montagemeistern, den Vertriebsmitarbeitern und den Backoffice-Mitarbeitern zur Abendveranstaltung auf den C. W. gegangen. Dies habe dem Austausch der Mitarbeiter untereinander gedient. Die Kosten hierfür habe das Unternehmen getragen.

Durch Urteil vom 12. November 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Besuch der C. W. sei keine betriebliche Veranstaltung gewesen. Die Tagung sei nur für einen bestimmten Teil der Belegschaft bestimmt gewesen, und der Abendteil nicht mehr verbindlich gewesen. Es habe nur ein Teil der Meetingteilnehmer die Abendveranstaltung besucht. Es sei jedem einzelnen Beschäftigten freigestellt gewesen, ob er an der Abendveranstaltung teilnehme. Auch während einer Dienstreise bestehe kein Versicherungsschutz rund um die Uhr.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Sämtlichen Mitarbeitern der Abteilung Montagemeister habe die Teilnahme an der zweitägigen Fortbildungsveranstaltung offen gestanden. Dass einige nicht teilnehmen konnten, habe seinen Grund ausschließlich in Urlaub oder anderen zu respektierenden Gründen. Auch die Abendveranstaltung sei verbindlich und Bestandteil der offiziellen Einladung gewesen, die den Mitarbeitern betriebsintern über das Informationssystem Office Lotus Notes zugeleitet wurde. Zum reibungslosen Funk-tionieren des Unternehmens sei eine gute Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern aus den Bereichen Vertrieb, Montage und Backoffice unerlässlich. Es liege in jedem Fall eine Dienstreise zum Zwecke der Fortbildung vor. Das offizielle Programm habe als Ende des offiziellen Teils 23:00 Uhr vorgesehen. Es habe ein erhebliches Interesse des Arbeitgebers am Gelingen der Abendveranstaltung gegeben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 12. November 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2017 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 29. September 2016 ein Arbeitsunfall war und die Beklagte zu verpflichten, Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil. Die Teilnahme an der Abendveranstaltung sei nicht verbindlich gewesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

Die gemäß §§ 143, 151 SGG zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Meiningen hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 SGG). Der Sturz auf dem Weg zum Taxi im Anschluss an die Abendveranstaltung am 29. September 2016 stellt keinen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII dar. Denn der Kläger stand zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Nach § 8 Abs. 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, B 2 U 4/13 R, zitiert nach Juris).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat zum Zeitpunkt seines Sturzes am 29. September 2016 keinen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt. Der Kläger war zwar Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, verrichtete aber bei der Teilnahme an der Abendveranstaltung auf den C. W. am 29. September 2016 keine versicherte Tätigkeit, sodass er sich nicht auf einem versicherten Arbeitsweg im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB VII befand. Es bestand auch kein Versicherungsschutz nach den Kriterien einer sogenannten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung.

Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses als Beschäftigter, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, einer eigenen Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck nachgeht, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil gereichen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, B 2 U 7/13 R - zitiert nach Juris). Ein derartiger betriebsbezogener Zweck ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf die Erbringung der Hauptleistung beschränkt, die Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses ist. Vielmehr kann er - jeweils unter besonderen im Einzelfall zu prüfenden Voraussetzungen - auch für eine Anzahl sonstiger Tätigkeiten angenommen werden, die dem Unternehmensinteresse dienen. Hierzu können z. B. Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel gehören, eine Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit im erlernten und ausgeübten Beruf zu erreichen. Eine dem Versicherungsschutz unterliegende Tätigkeit kann ferner die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sein, mit der das Unternehmensinteresse unterstützt wird, die betriebliche Verbundenheit zu fördern (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 7/13 R, zitiert nach Juris). Solche Tätigkeiten werden regelmäßig am Ort der Betriebsstätte verrichtet; die Verrichtungen können jedoch auch außerhalb hiervon erfolgen, etwa im Rahmen von Dienst- oder Geschäftsreisen.

Anders als das Sozialgericht geht der Senat davon aus, dass sich der Kläger am 29. und 30. September 2016 nicht auf einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, sondern auf einer Dienstreise zum Zwecke der Fortbildung befand. Denn der Aufenthalt in S. einschließlich des Hotelaufenthalts diente nicht nur dem geselligen Zusammensein im Zusammenhang mit dem Besuch der C. W. , sondern der Vermittlung von Kenntnissen, die die berufliche Leis-tungsfähigkeit des Klägers als Montagemeister verbessern sollten. Dies ergibt sich aus dem Tagungsprogramm zum Beispiel für den 29. September 2016. Danach war es vorgesehen, im Rahmen des Meetings Zahlen, Daten und Fakten auszuwerten. Des Weiteren sollten zum Beispiel Aspekte der Arbeitssicherheit und Erfahrungen zu bestimmten betrieblichen Belangen ausgetauscht werden. Dies verleiht dem Aufenthalt in S. einen Charakter, wie er für betrieblich veranlasste Tagungen, Seminare oder Workshops - verbunden mit einer Dienstreise - typisch ist.

Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Rahmen einer Dienst- bzw. Fortbildungsreise ist es erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat. Denn auch während einer Dienstreise oder einer Fortbildung besteht nach der Rechtsprechung kein Versicherungsschutz "rund um die Uhr". Es ist vielmehr, wie bei Tätigkeiten am Arbeitsplatz, zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. Allerdings ist bei nicht unmittelbar zur versicherten Tätigkeit gehörenden Verrichtungen ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis am Ort der auswärtigen Tätigkeit in der Regel eher anzunehmen als am Wohn- oder Betriebsort. Die besonderen Umstände bei einer dienstlich veranlassten Reise können bei einer Reihe von Tätigkeiten anders als am Wohn- oder Betriebsort einen inneren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit begründen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Mai 1997 - 2 RU 29/96, zitiert nach Juris). Andererseits ist der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf einer Dienstreise bzw. Fortbildung nicht schon deshalb ohne weiteres gegeben, weil sich der Versicherte im betrieblichen Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- und Wohnorts aufhalten und bewegen muss. Hier kommt es ebenfalls darauf an, ob die unfallbringende Betätigung jeweils mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt. Gerade bei längeren Dienstreisen lassen sich im Ablauf der einzelnen Tage in der Regel Verrichtungen unterscheiden, die mit der Tätigkeit für das Unternehmen wesentlich im Zusammenhang stehen, und solche, bei denen dieser Zusammenhang in den Hintergrund tritt. Entscheidend ist der Gesamteindruck der jeweiligen Betätigung unter Berücksichtigung von Planung, Ankündigung und Durchführung.

Die Teilnahme an der Abendveranstaltung auf den C. W. könnte daher nur zum versicherten Teil der Fortbildungsveranstaltung gehören, wenn sie als Bestandteil des Tagungsprogramms wesentlich der betrieblichen Sphäre zuzurechnen gewesen wäre. Dies ist zu verneinen.

Aus dem Programm des Workshops und den Gesamtumständen wird deutlich, dass die Abendveranstaltung nur als Begleitprogramm zu einer Fortbildungsveranstaltung zu werten ist und selbst keinen Bezug zu den betrieblichen Angelegenheiten des Klägers aufweist. Sie diente allein dem geselligen Zusammensein. Dies wird bereits durch die äußere Gestaltung des Programms des Workshops deutlich. Während bei den betrieblich veranlassten Fortbildungsteilen immer das jeweilige Fachthema konkret (zum Beispiel "Erfahrungen EN 81/20/50") benannt wird, wird hinsichtlich der gemeinsamen Abendveranstaltung nur der Zeitpunkt und der Abfahrtsort mitgeteilt.

Aus der Aufnahme in das Programm lassen sich keine Schlüsse auf den erforderlichen betrieblichen Bezug ziehen bzw. eine Verpflichtung des Klägers zur Teilnahme an der Abendveranstaltung herleiten. Dieses Kriterium ist nicht geeignet, den im Vordergrund stehenden eigenwirtschaftlichen Aspekt von Freizeit, Unterhaltung und Erholung in den Hintergrund zu drängen. Allein die Tatsache, dass der Besuch der C. W. bereits im Vorfeld im Rahmen der Einladung als eigener Programmpunkt aufgenommen worden war, ist nicht geeignet, einen inneren und sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und dem Besuch der Abendveranstaltung zu begründen. Anderenfalls würde man es bereits durch ein rein formales Kriterium uneingeschränkt in die Hand des Unternehmers legen, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tätigkeiten und Aktivitäten auszuweiten. Das Tagungsprogramm beinhaltet vielmehr eine klare Zäsur zwischen den betrieblich bedingten Programmpunkten einerseits und einem an diesem Tagungstag eindeutigen und nachhaltigen Hinwenden zu den abgrenzbaren eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten des Besuchs der C. W. andererseits.

Dass der Arbeitgeber des Klägers die Kosten für die Durchführung der Abendveranstaltung übernommen hatte, vermag einen Versicherungsschutz nicht zu begründen. Denn es steht weder zur Disposition des Arbeitgebers noch sonstiger Personen, den gesetzlichen Versicherungsschutz auf beliebige Sachverhalte mit eigenwirtschaftlichem Charakter auszudehnen. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist der Disposition der Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich entzogen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 2 U 29/04 R, zitiert nach Ju-ris).

Die aktive Teilnahme des Klägers an der Abendveranstaltung kann auch nicht seiner eigentlichen betrieblichen Tätigkeit zugerechnet werden, denn es fehlt der erforderliche Bezug zu betrieblichen Belangen. Auch wenn die Teilnahme geeignet war, den Teamgeist untereinander zu fördern, reicht das nicht aus, einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers herzustellen. Nicht alle Aktivitäten, die einem Unternehmen nützlich sind oder sein können, stehen deshalb unter Versicherungsschutz (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 23/93, zitiert nach Juris). Der Inhalt der versicherten Tätigkeit eines Beschäftigten ergibt sich aus dem Beschäftigungsverhältnis typischerweise zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis nach dem der Arbeitnehmer (= Beschäftigter = Versicherter) zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet ist (§ 611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Nur im Rahmen des arbeitsvertraglich Geschuldeten kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Direktionsrechts Arbeiten und Dienste zuweisen, die versicherte Tätigkeiten sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 47/03 R, zitiert nach Juris). Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Montagemeister beschäftigt; die aktive Teilnahme an der Abendveranstaltung gehörte dabei nicht zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten, weshalb diese allein wegen der zeitlichen Verknüpfung mit einer Dienstreise und der Beteiligung der Tagungsteilnehmer nicht der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeit des Klägers zuzuordnen war.

Das Ziel der Abendveranstaltung - eine Intensivierung der Kontakte der verschiedenen Mitarbeiter des Arbeitgebers des Klägers untereinander - vermag den erforderlichen betrieblichen Bezug ebenfalls nicht herzustellen. Dass diese Teilnahme auch zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Mitarbeitern der verschiedenen Unternehmensteile beitragen und damit letztlich auch dem Arbeitgeber des Klägers zu Gute kommen konnte, begründet den Versicherungsschutz ebenso wenig wie das Führen von Gesprächen über betriebliche Belange anlässlich privater Zusammenkünfte am Wohnort oder auf Fortbildungsveranstaltungen (vergleiche zu diesem Gesichtspunkt BSG, Urteil vom 27. Mai 1997 - 2 RU 29/96, zitiert nach Juris). Wenn es außerhalb der unmittelbaren betrieblichen Sphäre um eine Erwartungshaltung des Arbeitgebers hinsichtlich der Teilnahme an reinen Freizeitbetätigungen - wie hier die Teilnahme an der Abendveranstaltung auf den C. W. - geht, ist dieses Kriterium nicht geeignet, den im Vordergrund stehenden eigenwirtschaftlichen Aspekt von Freizeit, Unterhaltung und Er-holung in den Hintergrund zu drängen. Im Arbeitsleben gibt es sehr unterschiedliche gesellschaftliche Erwartungshaltungen, die für den Betroffenen oft einen nicht unerheblichen Druck bedeuten, sich an bestimmten Veranstaltungen, Zusammenkünften sowie Besuchen und Gegenbesuchen zu beteiligen, ohne dass allein deshalb bei einer Teilnahme Versicherungsschutz zuzusprechen ist. Aber auch die Unterscheidung, ob die Teilnahme aufgrund einer Erwartungshaltung, auf Wunsch oder gar auf Weisung des Arbeitgebers erfolgt, kann für die Frage des Versicherungsschutzes nicht maßgeblich sein. Denn ebenso wie bei dem Aspekt der formalen Aufnahme einer sportlichen Aktivität in ein Tagungsprogramm hat der Unternehmer es nicht allein durch sein Verhalten in der Hand, den durch Gesetz begründeten Unfallversicherungsschutz bei Freizeitveranstaltungen im Rahmen von Tagungsprogrammen zu erweitern (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Juli 2015 - L 9 U 69/14, zitiert nach Juris).

Die Einbeziehung des Besuchs der C. W. in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung kann auch nicht ausnahmsweise damit begründet werden, dass die Veranstaltung vornehmlich integrativen Zwecken und insbesondere der Förderung des Gemeinschaftssinnes dienen sollte (vgl. dazu Keller in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand Juli 2019, § 8 Rn. 80). Aus den Programmen des Workshops ergibt sich ein Dominieren der fachlichen Inhalte. Die Abendveranstaltung ist hingegen als Rahmenprogramm erkennbar. Auch aus den diversen Stellungnahmen des Arbeitgebers des Klägers folgt nur, dass die Abendveranstaltung der Kontaktpflege der verschiedenen Mitarbeiter dienen sollte. Ein besonderer integrativer Zweck ergibt sich daraus nicht.

Soweit der Kläger sich auf das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. Mai 2008 - L 3 U 1062/06 beruft, werden dort keine anderen rechtlichen Grundsätze aufgestellt. Lediglich die Würdigung im Einzelfall ist zu Gunsten des dortigen Klägers ausgefallen.

Bei dem Besuch der C. W. am 29. September 2016 handelte es sich auch nicht um eine im Schutzbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. März 2017 - B 2 U 15/15 R, zitiert nach Juris). Im Rahmen einer solchen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung können zwar auch grundsätzlich die zurückzulegenden Wege, einschließlich des Wegs zum Hotel, unfallversichert sein. Die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung scheitert hier aber bereits daran, dass diese von Anfang an nicht als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, sondern als geselliger Ausklang einer Fortbildung konzipiert war. Zwar ist es nach der Rechtsprechung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2018 - L 6 U 2237/18, zitiert nach Juris) ausreichend für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, wenn diese einzelne organisatorische Einheiten des Unternehmens, wie z. B. bestimmte Abteilungen anspricht. Die Veranstaltung muss nach dem Programm indes geeignet sein, die gesamte organisatorische Einheit anzusprechen. Darunter fallen in der Regel z. B. Weihnachtsfeiern, Betriebsfeste und Betriebsausflüge. Derartiges war vorliegend bereits im Ansatz nicht beabsichtigt. Vielmehr handelte es sich im Kern um eine fachspezifische Veranstaltung, die sich aufgrund ihres eindeutigen Fachbezuges an Mitarbeiter aus ganz bestimmten Unternehmensbereichen richtete, um diesen konkrete tätigkeits- und aufgabenbezogene Informationen und Kenntnisse zu vermitteln. Allein die Tatsache, dass eine derartige, Fortbildungszwecken dienende Veranstaltung einen Freizeitanteil aufweist, der ebenfalls vom Arbeitgeber organisiert und finanziert wird, macht aus dieser Veranstaltung keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Mai 2016 - L 3 U 175/13, zitiert nach Juris). Der Arbeitgeber des Klägers ist bundesweit tätig und organisiert für verschiedene Einzugsgebiete Fortbildungsveranstaltungen. Die am 29. und 30. September 2016 betraf den süddeutschen Raum und eingeladen waren ausweislich der Arbeitgeberauskunft vom 22. Juni 2018 Montagemeister, Monteure, Vertriebsmitarbeiter Neuanlage, Modernisierung und Service, Serviceleiter, Servicetechniker und Mitarbeiter Backoffice. Eingeladen waren insgesamt 41 von 404 Mitarbeitern. Daher kann nicht festgestellt werden, dass eine bestimmte organisatorische Einheit eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durchgeführt hat. Der Kreis der Teilnehmer beschränkte sich vielmehr auf ganz bestimmte Mitarbeiter, weil es sich um eine fachspezifisch ausgerichtete Veranstaltung gehandelt hatte. Es ist daher ausgeschlossen, die Dienstreise, die sich aufgrund ihrer fachspezifischen Ausrichtung ganz offensichtlich nur an bestimmte Mitarbeiter richtete, im Nachhinein in eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung umzudeuten. Ansonsten wäre auch die Konsequenz, dass in nahezu jeder Situation, in der Beschäftigte mit Billigung und Finanzierung durch ihren Arbeitgeber etwas gemeinsam unternehmen, eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu sehen wäre.

Es ist des Weiteren nicht erkennbar, dass der Kläger durch die Umstände einer Dienstreise besonderen Gefahren ausgesetzt war, welche ausnahmsweise Versicherungsschutz begründen könnten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. März 2017 - B 2 U 15/15 R, zitiert nach juris). Die Tätigkeit, die zum Unfall geführt hat, stand in keinem inneren Zusammenhang mit dem Be-schäftigungsverhältnis mehr. Es handelte sich um eine Freizeitveranstaltung. Den damit ver-bundenen Risiken und Gefahren hat sich der Kläger im Ergebnis freiwillig ausgesetzt.

Bei dieser Sachlage scheiden Leistungsansprüche gegenüber der Beklagten- unabhängig vom Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - ersichtlich aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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