S 22 R 318/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 22 R 318/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 252/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung, ob die Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 9.10.2010 bis 29.02.2012 bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig gewesen ist.

Die Beigeladene zu 1) war bei der Klägerin als Fitness-Trainerin tätig. Mit Datum vom 14.09.2010 vereinbarte die Vorgängerin der Klägerin (D. GmbH) mit der Beigeladenen, dass der Arbeitsvertrag von 2007 aufgehoben wird, wenn ein Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen 1) oder eine freiberufliche Tätigkeit beginnend zum 01.10.2011 vereinbart werde. Die Beigeladene zu 1) erhielt daraufhin von der Klägerin in 2010 und 2011 zunächst ein Honorar von 16 EUR pro Stunde für Trainertätigkeiten und 10 EUR für Servicetätigkeiten. In 2011 wurde dies auf 18 EUR bzw. 12 EUR pro Stunde erhöht. Die Beigeladene zu 1) erstellte monatliche Abrechnungen. Im Zeitraum von Oktober 2010 bis Februar 2012 variierten die Abrechnungsbeträge zwischen 1.344,00 EUR und 1.968 EUR.

Mit Antrag zum 13.05.2013 initiierte die Beigeladene zu 1) ein Statusfeststellungsverfahren. Im Rahmen des Antragsverfahrens gibt die Beigeladene an, als Trainerin im Sportstudio tätig zu sein. Dabei habe sie bereits vom 02.01.2007 bis 30.09.2010 eine abhängige Beschäftigung bei der Vorgängergesellschaft in den gleichen Räumlichkeiten ausgeübt. Der Betreiber habe mehrmals gewechselt und deswegen sei es zu unterschiedlichen Auffassungen über das Arbeitsverhältnis gekommen. Seit 01.10.2010 habe es weder einen Arbeitsvertrag noch eine schriftliche Einzelbeauftragung gegeben. Es habe aber kein Unterschied zu der abhängigen Tätigkeit gegeben. Es gebe eine Zeiterfassung der Stunden, einen festen Stundeneinsatzplan und eine feste Einbindung in den Schichtplan. Dieser werde seitens des Betreibers erstellt. Sie habe feste Trainerschichten gehabt, z.B. jeden Montag von 9 Uhr bis 12 Uhr. Der Arbeitsort befinde sich im Trainingsraum der Klägerin, wo das Krafttraining und das Cardio-Training stattfinden. Ihre Tätigkeit umfasse inhaltlich die Betreuung der trainierenden Mitglieder, die Durchführung von Einführungscheck-ups, Probetrainings, Einweisungen bzw. Umsetzung von Trainingsplänen, Beratung und Verkauf von Mitgliedschaften. Sämtliche hierfür erforderlichen Geräte stellt das Fitnessstudio. Bei Bedarf erfolgt auch eine Mithilfe im Servicebereich. Termine mit den Mitgliedern des Sportstudios werden zudem nicht von den Trainern selbst vereinbart, sondern vom Service am Check-in (Bl. 109 Verwaltungsakte). Der Inhalt der Tätigkeit sei auch vom jetzigen Betreiber übernommen worden. Es werden nur Mitglieder des Fitnessstudios betreut, insbesondere biete die Beigeladene zu 1) kein Personal-Training an. Für die Tätigkeit als Trainerin übernehme sie kein Risiko.

Allerdings werbe sie im Sportstudio für ihre anderen selbständigen Tätigkeiten, wie insbesondere Massagen. Diese Tätigkeiten seien jedoch getrennt zu sehen. Sie habe entgegen den Ausführungen der Klägerin insbesondere keine privaten Kurse und Sitzungen gegeben. Den von der Klägerin zur Verfügung gestellte Raum für die Massagen habe sie selbst hergerichtet, aber nur in geringen Umfang genutzt. Als der neue ab März 2012 tätige Betreiber ihr im Sommer 2013 einen Mietvertrag unterbreitete, hat sie den Raum nicht mehr genutzt, da es sich für sie nicht mehr lohnte. Zusätzlich sei sie zudem für andere Auftraggeber als Trainerin tätig.

Ausweislich eines Kontennachweises von 2012 stammt der überwiegende Teil ihrer Einnahmen aus der Tätigkeit als Fitnesstrainerin (über 20.000,00 EUR). Lediglich 452,94 EUR stammen aus anderen Tätigkeiten (Bl. 112 Verwaltungsakte). Vergleichbare Zahlen ergeben sich auch für 2011 (Bl. 113 Verwaltungsakte). Die von der Beigeladene zu 1) vorgelegten Rechnungen weisen einen monatlichen Stundenlohn zuzüglich Mehrwertsteuer aus.

Mit Schreiben vom 12.08.2013 hat die Beklagte die Klägerin zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status angehört und mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) abhängig beschäftigt tätig gewesen ist.

Nachdem diesbezüglich keine Reaktion der Klägerin erfolgte, erließ die Beklagte am 25.09.2013 den angekündigten Bescheid und stellte fest, dass die Beigeladene zu 1) als Trainerin bei der Klägerin seit 09.10.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen ist und damit der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungspflicht sowie der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Zwar könne für eine selbständige Tätigkeit sprechen, dass die Trainingseinheiten eigenverantwortlich durchgeführt wurden. Im Übrigen sei jedoch der Tätigkeitsort vorgegeben, es bestehen feste Arbeitszeiten, eine feste Stundenvergütung, Arbeitsmittel werden gestellt und die Leistung wird höchstpersönlich erbracht.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.10.2013 Widerspruch ein. In der Begründung wurde insbesondere auf die Flyer über die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) hingewiesen. Diese nutze die Behandlungsräume und auch nach entsprechender Vorreservierung den Fitnessraum für ihre Angebote. Aufgrund der weiteren Sachaufklärung, die insbesondere ergab, dass am 01.03.2012 ein neuer Inhaber und nicht mehr die Klägerin das Sportstudio leitete, wurde dem Widerspruch teilweise abgeholfen und der ursprüngliche Bescheid mit Bescheid vom 26.03.2014 auf den Zeitraum bis 29.02.2012 begrenzt (Bl. 125 Verwaltungsakte). Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014, der Klägerin zugestellt am 02.09.2014 zurück. Als Begründung führte die Beklagte aus, dass die Beigeladene aufgrund ihrer Tätigkeit als Trainerin im Sportstudio in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Die Tätigkeit umfasste nach Auffassung der Beklagten, die Aufsicht auf der Trainingsfläche, Betreuung der trainierenden Mitglieder, die Durchführung von Einführungscheckups und Probetrainings, Einweisung bzw. Umsetzung von Trainingsplänen sowie Beratung und Verkauf von Mitgliedschaften. Dabei war die Arbeitszeit faktisch von den Öffnungszeiten des Sportstudios sowie den vereinbarten Terminen mit den Kunden begrenzt. Die Bindung an den Ort ergab sich auch ohne vertragliche Regelung aus dem Umstand, dass die Tätigkeit nur an den am Betriebsort vorhandenen Arbeitsmitteln (Sportgeräte) durchzuführen war. Zudem hat die Beigeladene ihre Tätigkeit höchstpersönlich erbracht.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 02.10.2014 vor dem Sozialgericht Wiesbaden.

Die Klägerin behauptet, dass die Klägerin der Beigeladene zu 1) die Räumlichkeiten nur zur selbständigen Berufsausübung überlassen habe. Die Beigeladene zu 1) sei zunächst bei dem vorangegangenen Betreiber des Fitnessstudios angestellt gewesen, mit einem festen Bruttomonatsgehalt von 1.265,05 EUR. Betriebsbedingt sei mit Schreiben vom 14.09.2010 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Geschäftsführer der D. GmbH erfolgt. Der im streitgegenständlichen Zeitraum verantwortliche Geschäftsführer der Klägerin sei Eigentümer des Grundstücks auf dem sich die Tennishalle mit Gastronomie und Fitnessstudio sowie den Tennisplätzen befindet. Der Geschäftsführer sei vorübergehend "gezwungen" gewesen, auch das Fitnessstudio zu führen. Die vertraglichen Beziehungen des früheren Betreibers des Fitnessstudios seien dem Geschäftsführer der Klägerin weitgehend unbekannt gewesen Insbesondere sei ihm nicht bekannt gewesen, auf welcher Basis die Beigeladene zu 1) bei dem vorangegangenen Pächter tätig war. Die Beigeladene sei an ihn herangetreten und habe ihm angeboten, als selbständige freie Mitarbeiterin tätig zu sein, sie einigten sich auf ein Honorar von 18,00 EUR pro Stunde, welches – wegen der vorzunehmenden Versicherungen – höher als bei anderen Angestellten gelegen habe. Der Geschäftsführer habe kein Direktionsrecht ausgeübt. Die Beigeladene habe weitere berufliche Tätigkeiten, als energetische Gesundheitsberaterin und Anbieterin von Wellnessleistungen weiter ausbauen wollen. Hierzu wollte sei frei in der Entscheidung sein, wann sie im Studio tätig sei. Die Fitnesstrainer haben ein bis zwei Wochen im Voraus ihre Anwesenheiten untereinander verabredet. Der Geschäftsführer habe hierauf keinen Einfluss genommen. Ihm sei es gleichgültig gewesen, wer die Arbeiten ausführte, es kam ihm lediglich darauf an, dass jemand anwesend war. Zudem biete die Klägerin Kurse regelmäßig zwischen 9 bis 12 Uhr und 17 bis 21 Uhr an. Die Beigeladene zu 1) habe hier ein individuelles Angebot von 10 bis 13 Uhr angeboten. Dies spreche für eine freie Zeiteinteilung. Zudem biete die Beigeladene im Untergeschoss Massagen an (50 EUR pro Stunde). Die Räumlichkeit hierfür habe die Beigeladenen zu 1) mit Eigenmitteln hergerichtet. Die Beigeladene habe auch Fortbildungsveranstaltungen selbst finanziert und Geräte angeschafft.

Im Übrigen verkenne die Beklagte, dass keine persönliche Abhängigkeit, keine Weisungsgebundenheit und keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin vorgelegen haben. Die Beigeladene zu 1) habe Teilflächen der Räumlichkeiten der Klägerin lediglich zeitweise in Anspruch genommen. Sie habe ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin für energetisches Heilen und Wirbelsäulen-Aufrichtung mit einem Flyer beworben. Auf den Inhalt und die Preisgestaltung habe die Klägerin keinen Einfluss genommen. Die Leistungen konnten auch von den Mitgliedern als zusätzliches Angebot des Fitness-Studios gebucht werden. Hierzu sei der Fitnessraum und der Behandlungsraum überlassen worden. Erforderlich sei jeweils nur eine Terminabsprache, um Kollisionen mit Kursen des Fitnessstudios zu vermeiden. Diesbezüglich gab es weder feste Zeiten noch Vorgaben der Klägerin. Haupteinnahmequelle der Beigeladenen zu 1) seien die Wellnessangebote wie Massagen, Fußreflexzonenmassagen sowie Wirbelsäulengymnastik. Inzwischen habe die Beigeladene ihre Zeiten auf 6 Stunden pro Woche reduziert.

Die Klägerin beantragt,
der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014 (Az xxx1) aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) zwischen dem 09.10.2010 und dem 29.03.2012 bei der Klägerin selbständig tätig war.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt im Wesentlichen auf den Inhalt ihres Bescheides bzw. Widerspruchbescheides Bezug.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen ist.

1. Rechtsgrundlage der Bescheide der Beklagten ist § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt (vgl. § 7a Abs. 1 SGB IV). Über den Antrag entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund (vgl. § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV). Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (vgl. § 7a Abs. 2 SGB IV). Die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund darf sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht darauf beschränken "eine abhängige Beschäftigung dem Grunde nach" oder nur einzelne Elemente eines Versicherungstatbestandes zu prüfen (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.3.2009, Az. B 12 R 11/07 R). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Tätigkeit als abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV zu betrachten ist und ob für die Beschäftigung Versicherungspflicht unterliegt bzw. ob ein Tatbestand der Versicherungsfreiheit einschlägig ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 11.3.2009, Az. B 12 R 11/07 R).

Das Gericht ist vorliegend zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene zu 1) ihrer Tätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses wahrgenommen und damit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Bundessozialgericht, Urteil vom 30.10.2013, Az. B 12 KR 17/11 R – juris Rn. 23)

"setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11)."

Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag, sofern eine - formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2012, Az. B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 16 m.w.N.). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar gegeneinander abgewogen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 25.04.2012, Az. B 12 KR 24/10 R – juris Rn. 25)

b) Nach Überzeugung des Gerichts sprechen die Indizien überwiegend für eine abhängige Beschäftigung. Mangels einer vertraglichen Regelung kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse und den praktizierten Ablauf zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) an. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben.

aa) Für eine abhängige Beschäftigung spricht zunächst maßgeblich, dass die Beigeladene zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin funktionsgerecht dienend eingegliedert gewesen ist.

Ob eine Eingliederung vorliegt, bestimmt sich danach, inwiefern der Mitarbeiter Glied eines fremden Betriebes ist oder im Mittelpunkt des eigenen Unternehmens steht (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2013 - Az. L 1 R 13/12 – juris Rn. 30; Segebrecht, in Schlegel/Voetzke, jurisPraxiskommentar, SGB IV, 2. Auflage 2011, § 7, Rn. 110 m.w.N.). Es kommt also unter anderem darauf an, ob sich die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzieht, innerhalb derer die Tätigkeit in einem "übergeordneten Organismus" erbracht wird (Hessische Landessozialgericht, Urteil vom 23.05.2013, Az. L 8 KR 162/11 – juris Rn. 39; Urteil vom 14.03.2013, Az. L 8 KR 102/12 m.w.N. – Rn. 36). Dazu gehört es auch, dass Tätigkeiten in den Betriebsablauf planmäßig eingebunden sind (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2012 – L 4 R 2043/10 – juris Rn. 37).

Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene zu 1) planmäßig in den Betriebsablauf eingebunden gewesen ist. Die Klägerin hat ihre Tätigkeit zeitlich innerhalb eines Schichtplans erbracht. Dieser richtete sich zudem nach den Öffnungszeiten des Sportstudios. So gibt die Beigeladene zu 1) bereits im Verwaltungsverfahren nachvollziehbar an, dass sie feste Trainerschichten gehabt hat, z.B. jeden Montag von 9 Uhr bis 12 Uhr. Darüber hinaus hat sie Tätigkeiten im Service übernommen. Soweit die Klägerin insoweit einen Schichtplan vorlegt, in dem die Beigeladene zu 1) von den Kernzeiten abgewichen ist und ein Training am 20.04.2011 auch zwischen 10 bis 13 Uhr erbracht wurde (Bl. 74 Gerichtsakte), begründet dies keine abweichende Beurteilung. Zum einen kann nicht mehr aufgeklärt werden, ob diese zeitliche Verschiebung nicht sogar auf einen konkreten Wunsch des Mitglieds zurückzuführen gewesen ist. Zum anderen lassen die anderen vorgelegten Schichtpläne derartige Abweichung nicht erkennen. Im Übrigen findet der Termin dennoch innerhalb der regulären Öffnungszeiten des Studios zwischen 8.00 Uhr bis 22.30 Uhr statt. Aus dem Vordruck des Schichtplans kann zudem entnommen werden, dass es feste Zeiten gibt, in denen für die Mitglieder regulär Probetrainings oder Einweisungscheck-ups angeboten werden bzw. die Zeiten an denen Trainer für Einweisungen und Nachfragen im Studio für die Mitglieder zur Verfügung stehen. Auch soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass sie keine Vorgaben hinsichtlich des Schichtplans gegeben habe, überzeugt dies nicht. Dass sich hier der Geschäftsführer vollständig aus jeglicher Verantwortung entziehen möchte, weil ihm der Betrieb als Eigentümer des Gesamtgrundstückes quasi "aufgezwungen" wurde, entlastet ihn nicht. Zumal die Klägerin selbst vortragen lässt, dass sie zwar einerseits keine Vorgaben gemacht hat, andererseits aber darauf Wert gelegt hat, dass zu den Kernzeiten auch Trainer und Servicekräfte anwesend waren. Damit legte er doch Wert darauf, dass die Schichten alle abgedeckt waren. Auch dass der Geschäftsführer diesbezüglich wenig leitende Funktionen übernehmen musste, weil die Trainer sich selbst organisiert haben, steht dem nicht entgegen. Zum einen trägt die Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung überzeugend vor, dass die Trainer nach dem Wechsel der Geschäftsführer einfach so weiter gemacht haben, wie zuvor und dementsprechend auch auf die alten Schichtpläne zurückgegriffen haben. Im Übrigen ist es auch bei Tätigkeiten mit Schichtensystemen üblich, dass Schichten getauscht werden und damit eine gewisse Flexibilität der Arbeitszeit unabhängig von den Vorgaben des Arbeitgebers gegeben ist. Die Beigeladene zu 1) war damit keinesfalls frei in der zeitlichen Gestaltung.

Des Weiteren sind die Trainer nach außen als Angehörige des Fitnessstudios aufgetreten. Das Gericht hält es insoweit nicht für entscheidend, ob die Trainer dabei alle einheitliche Kleidungsstücke mit Logos der Klägerin getragen haben, wie dies wohl noch vor 2010 der Fall gewesen ist. Die innerhalb der hier relevanten Zeiten erbrachten Tätigkeiten, wie Check-Ups, die Betreuung von Probetrainings, die Einweisung an den Geräten oder die Tätigkeiten am Service erfolgten gerade für die Klägerin. Die Kunden waren allesamt Mitglieder oder potentielle Mitglieder der Klägerin, die Angebote der Klägerin wahrgenommen haben.

Soweit die Beigeladene darüber hinaus auch Massage-Tätigkeiten in den Räumlichkeiten der Klägerin angeboten hat, handelt es sich hierbei um eine von der Trainer-Tätigkeit zu differenzierte Tätigkeit. Nach Überzeugung des Gerichts hat die Beigeladene zu 1( diese Tätigkeit strikt getrennt von der Tätigkeit als Fitnesstrainerin. Zum einen hat sie diese Tätigkeiten in einem gesonderten Raum erbracht. Zum anderen ergibt sich bereits aus den vorgelegten Plänen, dass sie diese auch zu anderen Zeiten erbracht hat. Schließlich hat sie die Tätigkeiten auch getrennt abgerechnet. Dabei ergibt sich aus der Verwaltungsakte, dass die selbständige Tätigkeit lediglich einen sehr geringen Umsatz abgeworfen hat.

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin begründen die tatsächlich wahrgenommenen weitreichenden Befugnisse der Beigeladenen zu 1) ebenso wenig wie die Tatsache, dass diese bislang tatsächlich keinen ausdrücklichen Weisungen unterlegen hat, eine selbständige Tätigkeit. Aus einer faktischen Nichtwahrnehmung eines Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechts kann schon nicht auf einen rechtswirksamen Verzicht auf dieses Recht geschlossen werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2012 – B 12 R 14/10 R – juris Rn. 25).

Die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Tätigkeit steht der Einschätzung als abhängige Beschäftigung nicht entgegen. Dass Fitnesstrainer in der inhaltlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit weitgehend eigenverantwortlich arbeiten und bei der Erfüllung ihrer Tätigkeit keine Einzelweisungen erhalten, ist typischer Ausfluss der Tätigkeit und der insoweit ihnen obliegenden Verantwortung, die körperlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten der zu trainierenden Personen zu erkennen und ihr Training darauf abzustellen. Dies entspricht dem Inbegriff jeder Trainertätigkeit in einem Fitnesscenter und ist in gleicher Weise durch abhängige Trainer zu leisten (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2012 – L 4 R 2043/10 – juris Rn. 37). Im Einklang mit dieser Rechtsprechung geht auch das Gericht davon aus, dass allein die Nichtausübung leitender Funktionen und von Weisungen des Geschäftsführers der Klägerin nicht zur Überwälzung der Verantwortlichkeit auf die jeweiligen Angestellten, wie die Beigeladene zu 1) führt.

cc) Im Ergebnis liegen im vorliegenden Fall somit vor dem dargelegten Hintergrund zahlreiche Merkmale vor, die erheblich für eine abhängige Beschäftigung sprechen.

c) Umstände, die abweichend von der festgestellten tatsächlichen Vertragsbeziehung eine Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als selbständig zuließen, liegen nicht vor bzw. sind eher schwach ausgeprägt. Insbesondere kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die Beigeladene zu 1) ein Unternehmensrisiko getragen hat. Dies ist für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit ein wichtiges Kriterium. Zwar haben sich die Trainer aufgrund der fehlenden Weisungen des Geschäftsführers der Klägerin selbst organisiert, dies begründet jedoch kein Unternehmensrisiko.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt, dass für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos maßgeblich ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19.08.2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 32; Urteil vom 30.10.2013, Az. B 12 KR 17/11 R; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.12.2012, Az. L 4 R 761/11; Segebrecht, a.a.O., Rn. 117 m.w.N.).

Die Beigeladene zu 1) hat ausweislich der vorliegenden Abrechnungen eine monatliche Vergütung nach Arbeitsstunden erhalten. Der vereinbarte Stundenlohn enthielt keine Bestandteile, die auch nur im Ansatz auf eine Gewinn- oder Umsatzbeteiligung schließen ließen. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hat die Beigeladene zu 1) zur Überzeugung des Gerichts ihre Arbeitskraft nicht mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt. Vielmehr konnte sie davon ausgehen, dass die in Rechnung gestellten Stunden auch beglichen werden. Zudem wurde die Tätigkeit sowohl in den Betriebsräumen der Klägerin ausgeführt. Die Beigeladene zu 1) hat kein Kapital im Hinblick auf die Tätigkeiten als Fitnesstrainerin eingesetzt. Insbesondere sind die erforderlichen Betriebsmittel, wie die Fitnessgeräte alle von der Klägerin gestellt worden.

Soweit die Beigeladene zu 1) in einem der Räumlichkeiten der Klägerin Massage-Tätigkeiten angeboten hat und hierfür die Räumlichkeiten auch auf eigene Kosten umgebaut hatte, ist – wie bereits festgestellt – das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass diese Tätigkeit strikt von der hier streitgegenständlichen Tätigkeiten zu trennen ist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass heutzutage mehrere Teilzeittätigkeiten übernommen werden. Dabei ist jedoch vom Charakter der einen Tätigkeit nicht auf denjenigen der anderen zu schließen. Die Beigeladene zu 1) hat ausweislich des vorgelegten Werbematerials allein für die Massage- und Heilbehandlungstätigkeiten geworben, nicht aber für die Tätigkeiten als Fitnesstrainerin im hier umschriebenen Umfang. Auch sind die Einnahmen aus den beiden Tätigkeiten getrennt abgerechnet worden. Während für die Tätigkeiten als Fitnesstrainerin, die Klägerin die Leistungen gegenüber den Mitgliedern über regelmäßige Mitgliedsbeiträge abrechnete und die Beigeladene zu 1) erst in einem zweiten Schritt für ihre Leistungen gegenüber der Klägerin einen festen Stundenlohn erhalten hat, hat sie ihre Tätigkeiten aus selbständiger Tätigkeit direkt mit ihren jeweiligen Kunden abgerechnet.

Schließlich führen weder der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) selbst Fortbildungsmaßnahmen finanzieren musste, noch der Wille der Beteiligten, beispielsweise zum Ausdruck gebracht durch fehlende Vereinbarungen zur Lohnfortzahlung oder Urlaubsansprüchen, zu einem anderen Ergebnis. Solche Vereinbarungen sind eher typisch für eine Scheinselbstständigkeit. Maßgebend ist danach das Gesamtbild der Indizien, die hier für eine Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses als abhängige Beschäftigung sprechen.

d) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Da die Beigeladene zu 1) ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin ausgeübt hat, bestand auch in den obigen Versicherungszweigen Versicherungspflicht. Tatsachen, die einen Befreiungstatbestand begründen könnten, wurden weder vorgetragen noch sind diese ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG. Nach § 197a Abs. 1 SGG sind im Rahmen der Kostenentscheidung die §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechend anzuwenden, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Vorliegend gehören weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen. Die Kostenentscheidung beruht daher auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Daher hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Rechtskraft
Aus
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