L 5 KR 2554/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 2884/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2554/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Erfordernis, die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse innerhalb einer Woche melden zu müssen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) gilt für jede erneute Inanspruchnahme des Krankengeldes, d.h. auch dann, wenn wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist. Die Meldeobliegenheit ist erfüllt, wenn der Versicherte der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit, ohne hierbei an eine bestimmte Form gebunden zu sein, bekannt macht. Das Risiko, dass eine auf dem Postweg übersandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verloren geht oder außerhalb der Wochenfrist bei der Krankenkasse eingeht, liegt beim Versicherten. Eine Wiedereinsetzung in die Wochenfrist ist nicht möglich.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.06.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 09.06. – 29.06.2018.

Der im Jahr 1963 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger war ab dem 17.04.2018 in seinem Beschäftigungsverhältnis arbeitsunfähig erkrankt. Er erhielt deswegen von seinem Arbeitgeber bis einschließlich zum 28.05.2018 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18.05.2018, mit dem die behandelnde Chirurgin Dr. B. Arbeitsunfähigkeit bis zum 08.06.2018 bescheinigte, ging bei der Beklagten am 28.05.2018 ein. Mit Folgebescheinigungen vom 08.06.2018 und vom 22.06.2018, die bei der Beklagten jeweils am 10.07.2018 eingingen, bescheinigte Dr. B. Arbeitsunfähigkeit bis zum 22.06.2018 bzw. bis zum 29.06.2018.

Mit Bescheid vom 10.07.2018 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 09. - 29.06.2018 ab, da der Anspruch des Klägers in dieser Zeit geruht habe. Die ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die über den 08.06.2018 hinaus Arbeitsunfähigkeit bescheinigten, seien, so die Beklagte begründend, nicht innerhalb einer Woche, sondern erst am 10.07.2018 bei ihr eingegangen.

Hiergegen erhob der Kläger am 20.07.2018 Widerspruch. Er trug vor, dass seine Ehefrau die Krankenscheine unverzüglich nach Erhalt vom Arzt per Post an die Beklagte weitergeleitet habe. Die Krankenscheine seien bei der Beklagten verloren gegangen. Erstmals aufgrund des Telefonanrufs der Ehefrau vom 10.07.2018 habe er den Hinweis erhalten, dass die Krankenscheine zu spät bzw. nicht angekommen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Gewährung von Krankengeld setze u.a. voraus, dass die (fortlaufende) Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse innerhalb von einer Woche zu melden sei. Diese, dem Kläger obliegende Verpflichtung habe dieser verletzt, da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 08. und vom 22.06.2018 erst am 10.07.2018 und damit nach Ablauf der Meldefrist vorgelegt worden seien. Die Gefahr des Nichteingangs oder des nicht rechtzeitigen Eingangs der Meldung trage der Versicherte. Er habe dafür Sorge zu tragen, dass die Meldung die zuständige Krankenkasse rechtzeitig erreiche. Dies habe zur Folge, dass das Ruhen auch dann eingreife, wenn die rechtzeitig zur Post gegebene Meldung dort verloren gehe und der Versicherte unverzüglich nach Kenntnis von dem Verlust die Meldung nachhole.

Bereits am 12.09.2018 hat der Kläger sinngemäß (Untätigkeits-) Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, die er, nachdem der Widerspruchsbescheid am 14.09.2018 zugegangen ist, am 20.09.2018 in eine Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt hat. Zu deren Begründung hat er sein Vorbringen wiederholt und vertieft. Seine Ehefrau habe nicht nur der Beklagten die Krankenscheine unverzüglich nach Erhalt vom Arzt weitergeleitet, sie habe darüber hinaus die Beklagte am 10.07.2018 telefonisch kontaktiert, den Sachverhalt gemeldet und dort erstmals den Hinweis erhalten, dass die Krankschreibungen zu spät bzw. nicht angekommen seien.

Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid vom 12.09.2018 entgegengetreten. Sie hat eingeräumt, dass nach dem Ende der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber mit dem 28.05.2018, der Anspruch auf Krankengeld vom 29.05.2018 bis einschließlich dem 08.06.2018 nicht geruht habe und dem Kläger deswegen zwischenzeitlich für diesen Zeitraum ein Betrag von 802,01 EUR überwiesen worden sei. Auf Anfrage des SG hat die Beklagte sodann die Dokumentationen ihrer telefonischen Kontakte mit der Ehegattin des Klägers vorgelegt, die am 10.07., 11.07., 12.07. und am 17.07.2018 stattgefunden haben.

Mit Urteil vom 24.06.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld habe in der Zeit vom 09. - 29.06.2018 geruht. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ruhe der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet werde; dies gelte nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolge. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit sei eine Obliegenheit des Versicherten, deren Folgen bei unterbliebener oder nicht rechtzeitiger Meldung grundsätzlich von diesem selbst zu tragen seien. Bei einer verspäteten Meldung sei die Gewährung von Krankengeld selbst dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben seien. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 08.06. und vom 22.06.2018 seien erst am 10.07.2018 bei der Beklagten eingegangen. Einen früheren Eingang habe der Kläger nicht nachweisen können. Der Umstand, dass nach den Angaben des Klägers die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen postalisch versandt worden seien, führe zu keinem anderen Ergebnis, da ein rechtzeitiger Zugang bei der Beklagten nicht belegt sei. Die Beklagte habe auch anderweitig nicht vor dem 10.07.2018 Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit des Klägers erlangt. Ein Fall, in dem ausnahmsweise von der strikten Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V abgewichen werden könne, liege, so das SG unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.10.2018 (- B 3 KR 23/17 R -, in juris), nicht vor.

Gegen das ihm am 09.07.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.08.2019 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, seine Ehefrau habe die Krankmeldung unverzüglich nach Erhalt vom Arzt an die Beklagte weitergeleitet. Hiermit habe er die ihm obliegende Verpflichtung vollumfänglich erfüllt. Es sei, anderes als es das SG angenommen habe, gesetzlich nicht vorgesehen, dass die Versicherten das Verlustrisiko zu tragen hätten. Der Versicherte habe vielmehr mit der Übergabe in den Postlauf alles Notwendige getan, um seinen Krankengeldanspruch zu wahren. I.d.S. sei auffällig, dass die Krankmeldungen, die parallel zur Übersendung an die Beklagte auch an den Arbeitgeber versandt worden seien, dort eingegangen seien, weswegen davon auszugehen sei, dass die für die Beklagte bestimmten Exemplare dort verloren gegangen seien. Des Weiteren wäre in Fällen der vorstehenden Art zumindest ein Wiedereinsetzungsantrag in Betracht zu ziehen, selbst wenn es sich um eine Ausschlussfrist handele.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 24.06.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2018 verurteilen, ihm für den Zeitraum 09.06. bis 29.06.2018 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides, ihr erstinstanzliches Vorbringen und die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil. Auf Anfrage des Senats hat sie mitgeteilt, dass sich der Anspruch des Klägers auf Krankengeld im streitbefangenen Zeitraum auf kalendertäglich 82,92 EUR brutto (72,91 EUR netto) belaufen hätte.

Mit Schriftsatz vom 18.10.2019 hat die Beklagte, mit solchem vom 16.11.2019 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, insb. statthaft, da der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG) bei einem streitbefangenen Zeitraum von 21 Tagen und einem täglichen Anspruch auf Krankengeld i.H.v.72,91 EUR netto überschritten ist.

Die Berufung führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen; der Bescheid der Beklagten vom 10.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 09. - 29.06.2018.

Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 SGB V in der vom 23.07.2015 – 10.05.2019 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I S.1211) im Falle der Krankenhausbehandlung oder der Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tage der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an (Nr. 2). Der Anspruch auf Krankengeld bleibt nach § 46 Satz 2 SGB V jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.

Wird das Krankengeld jeweils aufgrund der von einem Vertragsarzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entsprechend der dort angegebenen voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, liegt hierin eine zeitlich befristete Bewilligung (vgl. BSG, Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R -, vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R - und vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - , jew. in juris).

Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es deshalb erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (vgl. st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -; Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R -, beide in juris m.w.N.).

Der bei der Beklagten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V als Beschäftigter mit Anspruch auf Krankengeld pflichtversicherte Kläger war (auch) im Zeitraum vom 09. - 29.06.2018 arbeitsunfähig erkrankt, was ihm jeweils von Dr. B. rechtzeitig i.S.d. § 46 SGB V mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 08.06.2018 und vom 22.06.2018 bescheinigt worden ist. Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.

Der Kläger hat dennoch keinen durchsetzbaren Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld, weil der diesbezügliche Anspruch vom 09. - 29.06.2018 geruht hat.

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V in der vom 23.07.2015 - 10.05.2019 geltenden Fassung des GKV-VSG vom 16.07.2015 (BGBl. I S.1211) ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Hieraus folgt, dass den Versicherten hinsichtlich der die begehrten Krankengeld-Leistungen auslösenden Arbeitsunfähigkeit eine grundsätzlich strikt zu handhabende Meldeobliegenheit gegenüber der Krankenkasse trifft. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse ist eine Tatsachenmitteilung, die nicht an die Einhaltung einer bestimmten Form gebunden ist und die den Versicherten als Obliegenheit trifft. Der Versicherte muss seine Arbeitsunfähigkeit nicht persönlich mitteilen, sondern kann die Mitteilung auch durch einen Vertreter übermitteln. Es reicht grundsätzlich aus, wenn der Krankenkasse die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bekanntgegeben wird und die Bekanntgabe dem Versicherten zuzurechnen ist. Dies gilt für jede erneute Inanspruchnahme des Krankengeldes, d.h. auch dann, wenn wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist. Die Ruhensvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll die Krankenkassen zum einen davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Krankengeld-Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, um Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen können. Überdies soll es den Krankenkassen auch ermöglicht werden, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (BSG, Urteil vom 08.08.2019 - B 3 KR 18/18 R -, in juris, dort Rn. 17 f).

Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse ist entsprechend § 130 Abs. 1 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist (BSG, Urteil vom 08.08.2019, a.a.O., dort Rn. 20). Dies ist vorliegend erst am 10.07.2018 erfolgt. Da dieser Zeitpunkt außerhalb der Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ab dem Beginn der festgestellten Arbeitsunfähigkeit am 08.06. und am 22.06.2018 liegt, ruht der Anspruch des Klägers auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Ein zeitlich früherer Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist weder ersichtlich noch wird er klägerseits vorgetragen. Soweit klägerseits vorgebracht wird, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei zeitgleich mit dem für den Arbeitgeber bestimmten Exemplar versandt worden, dieses sei jedoch rechtzeitig angekommen, belegt dies keinen früheren Zugang der Bescheinigung bei der Beklagten. Soweit klägerseits hierzu geltend gemacht wird, die Ehegattin des Klägers habe telefonisch mit der Beklagten Kontakt aufgenommen, erfolgte dies bereits nach dem klägerischen Vortrag, der durch die von der Beklagten vorgelegten Kontaktdokumentationen bestätigt wird, eben erst am 10.07.2018 und nicht bereits vorher. Vor diesem Hintergrund ist der Senat nicht gehalten, die Ehegattin des Klägers als Zeugin einzuvernehmen, da es als wahr unterstellt werden kann, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unverzüglich nach deren Erhalt per Post an die Beklagte versandt worden sind.

Die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V treten unabhängig davon ein, ob den Versicherten ein Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft. Auch eine vom Versicherten rechtzeitig zur Post gegebene, aber auf dem Postweg verloren gegangene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder eine Verzögerung der Übermittlung durch die Post kann den Eintritt der Ruhenswirkung daher selbst dann nicht verhindern, wenn die Meldung unverzüglich nachgeholt wird oder wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind (BSG, Urteil vom 08.08.2019, a.a.O., Rn. 20; Urteil vom 25.10.2018, a.a.O.; nochmals bestätigt durch Urteil vom 05.12.2019 - B 3 KR 5/19 R -, s. Terminbericht Nr. 56/16). Wird, wie vorliegend, dem Versicherten vom Vertragsarzt die für die Krankenkasse bestimmte Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgehändigt, wird er in die Lage versetzt, den Weg der Meldung an die Krankenkasse selbst zu bestimmen, das Risiko der Postlaufzeit einzuschätzen und ggf. andere Kommunikationswege zu nutzen, um die Krankenkasse in Kenntnis der (fortbestehenden) Arbeitsunfähigkeit zu setzen. Dies rechtfertigt es, das Risiko, dass die von ihm zu übersendende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg verloren geht oder verspätet zugeht, dessen Sphäre zuzuordnen (BSG, Urteil vom 08.08.2019, a.a.O., Rn. 28). Auch insoweit ist der Vortrag, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien unverzüglich nach Erhalt vom Arzt per Post an die Beklagte weitergeleitet worden, nicht entscheidungsrelevant.

Zwar hat das BSG Ausnahmen von der strikten Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V für Fälle anerkannt, wenn die Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruhte, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen und der Versicherte weder wusste noch wissen musste, dass diese von der Arbeitsunfähigkeit keine Kenntnis erlangt hatte, wenn der Versicherte geschäfts- bzw. handlungsunfähig gewesen ist oder aber, wenn der Versicherte seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert worden ist (BSG, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O.). Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt jedoch vorliegend nicht vor, da die Beklagte in Ermangelung der Kenntnis davon, dass die bestehende Arbeitsunfähigkeit über den 08.06.2018 hinaus andauern werde, keinerlei Einfluss auf die dem Kläger obliegende Meldeobliegenheit ausüben konnte. Auch der zuletzt vom BSG im Urteil vom 08.08.2019 (a.a.O.) angenommene Ausnahmefall, dass es aufgrund von besonderen Umständen zu keiner Aushändigung bzw. Überlassung der für die Krankenkasse bestimmten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gekommen ist, liegt vorliegend ersichtlich nicht vor.

Dem Kläger kann auch keine, was mit der Berufung geltend gemacht wird, Wiedereinsetzung in die Wochenfrist gewährt werden, da es sich hierbei um eine Ausschlussfrist handelt (BSG, Urteil vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80 -, in juris, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O., Rn. 18; Schifferdecker in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 49 SGB V, Rn. 46).

Mithin ruhte der Anspruch des Klägers auf die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 09. - 29.06.2018 wegen der verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Der Bescheid der Beklagten vom 10.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 24.06.2019 ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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