S 10 BA 7/19 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 BA 7/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 08.01.2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.12.2018 wird angeordnet.

Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt 4/5 der gerichtlichen Kosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin. Die Antragstellerin trägt 1/5 der gerichtlichen Kosten.

Tatbestand:

Entscheidungsgründe:

Im Streit ist die Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.12.2018, mit dem für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2017 für die Tätigkeit des Herrn Detlef J. Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 56.589,22 EUR nachgefordert werden.

Die Antragstellerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.08.1994 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist das Abschleppen von Fahrzeugen und deren Verwertung sowie der An- und Verkauf von Unfallfahrzeugen. In § 3 des Gesellschaftsvertrages vom 30.08.1994 ist geregelt, dass das Stammkapital der Gesellschaft 50.000 DM beträgt und Herr J. eine Stammeinlage von 24.800 DM, Frau Petra S. eine Stammeinlage von 24.700 DM und die Firma G. H. GmbH eine Stammeinlage von 500 DM übernehmen. In § 5 des Gesellschaftsvertrages ist ausgeführt, dass die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer hat und für den Fall, dass nur ein Geschäftsführer bestellt ist, dieser die Gesellschaft alleine vertritt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist. Nach § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages gilt die Geschäftsführungsbefugnis für alle Handlungen und Geschäfte, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt, während für alle anderen Geschäfte die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich ist. In § 7 des Gesellschaftsvertrages ist geregelt, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit (51 %) der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreibt. Die Abstimmung erfolge nach Geschäftsanteilen, wobei je 100 DM eines Geschäftsanteiles eine Stimme gewähre. Ferner ist in § 7 ausgeführt, dass das Stimmrecht immer nur einheitlich ausgeübt werden könne und Gesellschafter, die mehrere Anteile besitzen, hinsichtlich aller Anteile nur einheitlich abstimmen können. Für den Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft ist in § 12 des Gesellschaftsvertrages eine Mehrheit von 75 v. H. der abgegebenen Stimmen vorgesehen.

Durch notariellen Vertrag vom 02.12.1994 verkaufte die G. H. GmbH ihren Geschäftsanteil in Höhe von 500 DM an Frau S. und trat diesen Geschäftsanteil an Frau S. ab. Gleichzeitig wurde eine Gesellschafterversammlung aller Gesellschafter abgehalten, in der die Gesellschafter den Kauf- und Abtretungsvertrag genehmigten und § 3 der Satzung dahingehend änderten, dass Frau S. auf das Stammkapital als Stammeinlage zusätzlich zu der bisherigen Einlage in Höhe von 24.700 DM eine Stammeinlage in Höhe von 500 DM übernommen habe. Die Stammeinlage des Herrn J. betrug weiterhin 24.800 DM.

In der Gesellschafterversammlung vom 30.08.1994 wurde Herr J. zum alleinigen Geschäftsführer der Antragstellerin bestellt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Am 24.10.1994 schlossen die Antragstellerin und Herr J. mit Wirkung zum 15.09.1994 einen Anstellungsvertrag, in dem u. a. geregelt wurde, dass Herr J. alle Geschäftsführungsaufgaben zu erledigen habe, die im Rahmen der Tätigkeit des Unternehmens anfallen, und dass er unbeschadet seines Rechts, die Gesellschaft gegenüber Dritten zu vertreten, im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft die Weisungen einzuhalten habe, welche ihm von der Gesellschafterversammlung erteilt werden. Zur Vornahme von Handlungen, welche über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgeschäfts der Gesellschaft hinausgingen, sei die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich. In dem Anstellungsvertrag wurde ein Jahresgehalt von brutto 56.400 DM vereinbart, das in zwölf gleichen Teilbeträgen jeweils zum 15. eines Kalendermonats auszuzahlen sei, wobei Urlaubs- und Weihnachtsgeld in dem Betrag enthalten seien. Für den Fall der Dienstverhinderung durch Krankheit oder durch andere unverschuldete Umstände sieht der Anstellungsvertrag eine Fortzahlung der Bezüge für die Dauer von sechs Wochen und anschließend die Zahlung eines Krankengeldzuschusses in Höhe der Differenz zwischen Krankengeld und monatlichem Nettogehalt für längstens 12 Monate vor. Durch Ergänzungsvereinbarungen wurde die Vergütung der Tätigkeit des Herrn J. ab dem 01.01.2001 auf monatlich 5.500 DM, ab dem 01.02.2004 auf monatlich 2.562,11 EUR und zuletzt ab dem 01.01.2016 auf monatlich 3.062,11 EUR erhöht.

Die Antragsgegnerin führte in der Zeit vom 06.11. bis zum 12.11.2018 bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens, in dem die Antragsgegnerin mitteilte, dass sie von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und der Sozialversicherungspflicht des Herrn J. in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer ausgehen würde, wies die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin u. a. darauf hin, dass unabhängig von den Regelungen in dem notariellen Gesellschaftsvertrag zwischen der Gesellschafterin Frau S. und dem Gesellschafter Herr J. beschlossen worden sei, dass alle Gesellschafterbeschlüsse, die die Belange der Antragstellerin im Außenverhältnis einschließlich des Bestandes oder Nichtbestandes, Änderungen der Antragstellerin, finanzielle Angelegenheiten der Antragstellerin, organisatorische Angelegenheiten und innere Angelegenheiten der Antragstellerin betreffen, mit einer Stimmenmehrheit von 75 v. H. der Stimmen getroffen werden müssten. Ferner wurde im Anhörungsverfahren geltend gemacht, dass sämtliche planerischen Entscheidungen, die Akquisition von Aufträgen, Annahme und Ablehnung von Aufträgen, Neukauf, Finanzierung und Verkauf von Fahrzeugen des Geschäftsbetriebes, Investitionen, Kreditierungen sowie sonstige betriebsführende Entscheidungen faktisch alleine von Herrn J. getroffen und durchgeführt worden seien, weil er als gelernter Kfz-Mechaniker den Betrieb gelenkt und geführt habe. Dagegen gehe die Gesellschafterin Frau S. einer anderweitigen vollschichtigen Erwerbstätigkeit als Angestellte eines Energiekonzernes nach. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass zu Beginn der Geschäftsführertätigkeit des Herrn J. von der Krankenkasse A. festgestellt worden sei, dass es sich bei der Tätigkeit des Herrn J. unabhängig von der Verteilung des Stammkapitales um eine selbständige Tätigkeit handeln würde. Insoweit lägen wegen des lange zurückliegenden Zeitraumes keine schriftlichen Unterlagen mehr vor.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.12.2018 wurden für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2017 bezogen auf die Tätigkeit des Herrn J. als Gesellschafter-Geschäftsführer Sozialversicherungsbeiträge in einer Gesamthöhe von 56.589,22 EUR nachgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Prüfung habe ergeben, dass Herr J. seit dem 02.09.1994 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für die Antragstellerin tätig sei. Herr J. verfüge seit diesem Zeitpunkt über Gesellschafts- und Stimmanteile im Umfang von 49,60 v. H. der gesamten Gesellschafts- und Stimmanteile. Um die Geschicke einer Gesellschaft maßgeblich beeinflussen zu können, müsse ein Gesellschafter-Geschäftsführer entweder mindestens über 50 v. H. der Geschäftsanteile oder über eine allumfassende Sperrminorität verfügen. Beschlüsse in der Gesellschaft würden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst. Herr J. habe weder 50 v. H. der Geschäftsanteile inne, noch eine umfassende Sperrminorität. Er könne daher als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht sämtliche Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern. Soweit die Antragstellerin behauptet habe, dass eine notwendige Stimmenmehrheit von 75 v. H. der abgegebenen Stimmen für Gesellschafterbeschlüsse vereinbart worden sei, habe sie eine entsprechende Vereinbarung nicht vorgelegt. Zudem bedürfe eine solche Vereinbarung der notariellen Form.

Soweit sich die Antragstellerin darauf berufen habe, dass die Krankenkasse A. über den Status des Herrn J. eine Entscheidung getroffen habe, sei dies für die Antragsgegnerin mangels Vorlage entsprechender Unterlagen nicht überprüfbar. Der Umstand, dass Herr J. Rechtsgeschäfte wie die Annahme und Ablehnung von Aufträgen, Neukauf, Finanzierungen und Verkauf von im Geschäftsbetrieb erforderlichen Lkws, den Abschluss von Mietverträgen und die Einstellung von Mitarbeitern selbständig durchgeführt habe, spreche dies nicht für eine selbständige Tätigkeit, weil es sich insoweit um Tätigkeiten im Rahmen des gewöhnlichen Betriebes des Handelsgeschäftes der Gesellschaft handeln würde, die zum Aufgabenbereich eines alleinvertretungsberechtigten GmbH-Geschäftsführers gehören würden. Die Antragstellerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz im Hinblick auf das Ergebnis früherer durchgeführter Betriebsprüfungen berufen, da sich Betriebsprüfungen immer auf Stichproben beschränken würden und nicht alle Sachverhalte in jeder Betriebsprüfung vollumfänglich geprüft würden. Somit könne aus der fehlenden Beanstandung der Einordnung der Tätigkeit des Herrn J. als selbständige Tätigkeit in früheren Betriebsprüfungen kein Vertrauensschutz hergeleitet werden. Da Herr J. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als Geschäftsführer tätig geworden sei, läge Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung vor. Unter Berücksichtigung der Verjährungsregelungen seien Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zur Insolvenzgeldumlage erst für die Zeit ab dem 01.01.2014 bis zum 31.12.2017 nachzuzahlen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 08.01.2019 Widerspruch und trug zur Begründung ergänzend vor, es seien am 27.01.2006, am 23.02.2010 und am 28.05.2014 Betriebsprüfungsbescheide der Antragsgegnerin ergangen, mit denen bezogen auf die Tätigkeit des Herrn J. keine Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert worden seien, so dass der Status als nicht versicherungspflichtiger Unternehmer festgelegt worden sei. Zudem habe die Antragsgegnerin aufgrund der am 28.05.2014 durchgeführten Betriebsprüfung der zuständigen Berufsgenossenschaft mitgeteilt, dass sich aus der Prüfung für den Bereich der Unfallversicherung insgesamt 32.387 EUR zu wenig gemeldete Entgelte ergeben hätten. Die Antragsgegnerin könne nicht in Anwendung einer unterdessen erfolgten geänderten Rechtsprechung mit Wirkung für die Vergangenheit die früher erfolgte Bestätigung des Status des Herrn J. als selbständiger Unternehmer abändern. Insoweit handele es sich um einen Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip, zumal Herr J. im Vertrauen auf das Ergebnis der früheren Betriebsprüfungen erhebliche finanzielle Aufwendungen zur privaten krankenversicherungsrechtlichen Absicherung und zur privaten Rentenvorsorge habe aufbringen müssen. Die Antragstellerin beantragte gleichzeitig die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Beitragsbescheides, da eine sofortige Vollziehung zur Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin und der Erforderlichkeit der sofortigen Insolvenzanmeldung führen würde. Insoweit handele es sich um eine unbillige Härte, die nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt sei.

Die Antragsgegnerin teilte mit Schriftsatz vom 21.01.2019 mit, dass dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der festgestellten Beitragsforderung nicht entsprochen werde. Unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin ergäben sich keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides. Das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte habe nicht hinreichend nachgewiesen werden können.

Mit einem am 31.01.2019 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin einen Antrag auf Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gestellt. Sie ist der Auffassung, aus der spezialgesetzlichen Vorschrift des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV ergebe sich, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung habe, da diese Vorschrift nicht allein auf Statusfeststellungsverfahren vor der Clearingstelle der Antragsgegnerin Anwendung finde, sondern auch auf Statusfeststellungen, die im Rahmen einer Betriebsprüfung getroffen würden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn Gegenstand des streitgegenständlichen Bescheides die individuelle Beitragsnachforderung in Bezug auf eine namentlich konkret genannte Person sei. Zudem bestünden aus den im Widerspruchsverfahren genannten Gründen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, so dass jedenfalls die aufschiebende Wirkung des Widerspruches anzuordnen sei. Es sei auch zu berücksichtigen, dass für den Fall der vorläufigen Vollstreckung in das Vermögen der Antragstellerin deren wirtschaftliche Geschäftsgrundlage zerstört würde und die Insolvenzanmeldung unumgänglich sei. Eine besondere Härte ergebe sich insbesondere daraus, dass damit die Existenzgrundlage des Geschäftsführers Herrn J. und eines weiteren Mitarbeiters der Antragstellerin zerstört werde.

Die Antragsteller beantragt,

die kraft Gesetzes eintretende aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 08.01.2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.12.2018 festzustellen, hilfsweise die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 08.01.2019 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 13.12.2018 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches als unbegründet zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung habe nicht zu erfolgen, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestünden und die Vollziehung für den Abgabepflichtigen keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung des Geschäftsführers Herrn J. spreche der Umstand, dass er aufgrund seiner Kapitalbeteiligung von 49,60 v. H. keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH und auf eine Willenserklärung der Gesellschaft hinsichtlich der Beendigung seines Mitarbeiterverhältnisses nehmen könne. Die Beschlussfassung innerhalb der Gesellschaft erfolge nämlich mit einfacher Mehrheit. Damit unterliege er in den Angelegenheiten der Gesellschaft dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung. Für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprächen auch die in dem Geschäftsführervertrag getroffenen Regelungen über einen Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Zahlung eines festen monatlichen Entgeltes.

Aus den früheren Betriebsprüfungen könne die Antragstellerin keinen Vertrauensschutz herleiten. Eine Betriebsprüfung habe lediglich Stichprobencharakter, so dass allein das Nichtaufgreifen bestimmter Sachverhalte anlässlich einer stichprobenhaften Betriebsprüfung nicht als vertrauensbegründendes Verhalten zu qualifizieren sei. Eine materielle Bindungswirkung könne sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und / oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden seien. Werde – wie im Falle der Antragstellerin – eine vom Arbeitgeber in Anspruch genommene Beitragsfreiheit bei einer früheren Betriebsprüfung nicht beanstandet, so könne diese Nichtbeanstandung nicht als Verwaltungsakt angesehen werden. Schließlich bedeute die Vollziehung des Beitragsbescheides auch keine unbillige Härte, da die mit der Zahlung der Beitragsforderung ggf. verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen lediglich Ausfluss der Erfüllung der gesetzlichen Pflichten seien. In dem Umstand, dass die Vollziehung ggf. eine Insolvenz herbeiführe, möge zwar eine Härte liegen. Diese sei jedoch nicht unbillig, da sie durch öffentliche Interessen geboten sei.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches ist zulässig, aber nicht begründet, so dass der Antrag der Antragstellerin insoweit zurückzuweisen war.

Ist zwischen den Beteiligten streitig, ob ein Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, kann das Gericht in entsprechender Anwendung des § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Antrag entscheiden, ob eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist. Das Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ist vorliegend gegeben, da die Antragsgegnerin zu erkennen gegeben hat, dass sie die aufschiebende Wirkung nicht für gegeben erachtet (vgl. Meyer-Ladewig Kommentar zum SGG § 86b Rn. 15).

Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ist nicht begründet, da der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.12.2018 keine aufschiebende Wirkung hat. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen. Die Antragsgegnerin hat mit dem angefochtenen Bescheid Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 56.589,22 EUR nachgefordert, so dass Widerspruch und Klage gegen diese Entscheidung nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung haben.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht aus § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV. Rechtsbehelfe gegen Beitragsbescheide prüfender Rentenversicherungsträger nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV haben weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV aufschiebende Wirkung (vgl. LSG NRW Beschluss vom 20.12.2012 L 8 R 565/12 B ER; Sächsisches LSG Beschluss vom 30.08.2013 L 1 KR 129/13 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 07.09.2015 L 5 KR 147/15 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.06.2016 L 2 R 276/16 B ER; anderer Ansicht: LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 10.11.2016 L 1 R 153/16 B ER; LSG Rheinland Pfalz Beschluss vom 09.01.14 L 2 R 409/13 B ER). Dies ergibt die grammatikalische, historische, systematische und teleologische Auslegung der Vorschrift des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV.

Nach dem Wortlaut des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV haben Widerspruch und Klage nur aufschiebende Wirkung gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt. Anders als § 7a SGB IV ermächtigt § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfungen zum Erlass von Verwaltungsakten sowohl zur Versicherungspflicht als auch zur Beitragshöhe. Indessen folgen aus § 7a SGB IV keinerlei beitragsrechtliche Zuständigkeiten. Schon der Gesetzeswortlaut dieser Vorschrift lässt es daher nicht zu, sie auf Verwaltungsakte der Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV zu erstrecken (vgl. Sächsisches LSG Beschluss vom 30.08.2013 L 1 KR 129/13 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 07.09.2015 L 5 KR 147/15 B ER).

Für diese Sichtweise spricht auch die historische Auslegung. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG wurde durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17.08.2001 mit Wirkung zum 02.01.2002 eingeführt, um die Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger zu sichern. Diese sind auf die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge angewiesen. Deshalb werden Bescheide nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG erfasst. Die Vorschrift des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV wurde demgegenüber bereits durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 eingeführt. Sie ist nach Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes mit Wirkung vom 02.01.2002 im Lichte des mit dem Gesetz verfolgten Zwecks der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger auszulegen. Daher kann sie im Wege historischer Auslegung nicht als lex specialis gegenüber § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG angesehen werden (vgl. Sächsisches LSG Beschluss vom 30.08.2013 L 1 KR 129/13 B ER).

Auch die teleologische und systematische Auslegung ergibt, dass der Anwendungsbereich des § 7a Abs. 7 SGB IV auf reine Statusfeststellungsverfahren zu beschränken ist. Mit der in § 7a Abs. 7 SGB IV zum Ausdruck gebrachten Privilegierung will der Gesetzgeber die Bereitschaft zur Einleitung von Statusfeststellungsverfahren nach dieser Vorschrift im Interesse der Rechtssicherheit und der Sicherung des Beitragszuflusses an die Sozialversicherungsträger fördern. Die Privilegierung knüpft im Rahmen einer typisierenden Betrachtung an die üblicherweise anzunehmende Freiwilligkeit der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens nach § 7a SGB IV an, mit der der Antragsteller von sich aus – typischerweise frühzeitig – die Aufmerksamkeit der Sozialleistungsträger auf den maßgeblichen Sachverhalt, ungeachtet des Risikos einer für ihn nachteiligen Beurteilung lenkt. Sehen hingegen die Beteiligten des in Betracht kommenden Beschäftigungsverhältnisses von einer entsprechenden Befassung der Sozialleistungsträger im Rahmen des Verfahrens nach § 7a SGB IV ab, und wird der zu prüfende Sachverhalt erst im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgedeckt und beurteilt, dann entfällt die maßgebliche Grundlage für die mit § 7a Abs. 7 SGB IV vorgesehene Privilegierung (vgl. LSG Niedersachen-Bremen Beschluss vom 20.06.2016 L 2 R 276/16 B ER; LSG NRW Beschluss vom 20.12.2012 L 8 R 565/12 B ER).

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.12.2018 ist zulässig und begründet.

Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen und ob die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko grundsätzlich auf den Adressaten des Bescheides verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg der Klage bzw. des Widerspruches überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachen und Feststellungen zu treffen sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (LSG NRW Beschluss vom 11.05.2015 L 8 R 106/15 B ER; LSG NRW Beschluss vom 14.02.2011 L 8 R 833/10 B ER; Meyer-Ladewig Kommentar zum SGG § 86a Rn. 27a).

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist gegenwärtig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.

Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Prüfbescheides der Antragsgegnerin ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d. h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV) zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Danach ist jeweils Voraussetzung das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. BSG vom 31.03.2015 B 12 KR 17/13 R; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 17). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 17). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalles als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG vom 31.03.2015 B 12 KR 17/13 R).

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensgebende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m. w. N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 4). Ein maßgeblicher Einfluss liegt regelmäßig dann vor, wenn der Geschäftsführer einen Anteil von mindestens 50 v. H. des Stammkapitals innehat und damit Einzelweisungen an sich als Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann. Darüber hinaus besteht ein Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft dann, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund einer umfassenden Sperrminorität Weisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG vom 14.03.2018 B 12 KR 13/17 R; BSG vom 29.06.2016 B 12 R 5/14 R m. w. N.). Ist das der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze spricht deutlich mehr dafür als dagegen, dass Herr J. im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit für die Antragstellerin tätig geworden ist.

1. Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Herrn J. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt worden ist, ist der Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 24.10.1994. Der Vertrag enthält sowohl Regelungen, die für eine selbständige Tätigkeit des Herrn J. sprechen, als auch Elemente, die für ein Arbeitsverhältnis typisch sind. Für eine selbständige Tätigkeit spricht der Umstand, dass Herr J. als alleiniger Geschäftsführer in dem maßgeblichen Zeitraum alleinvertretungsberechtigt war und für die Erledigung aller Geschäftsführeraufgaben, die im Rahmen des Unternehmens anfielen, zuständig war. Da für die Antragstellerin nur ein Geschäftsführer bestellt war, war er nach § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zudem von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Zudem enthielt der Geschäftsführeranstellungsvertrag keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit und insbesondere hinsichtlich Lage und Umfang der Arbeitszeit mit Ausnahme der allgemeinen Regelung, dass Herr J. seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen habe.

Daneben enthält der Geschäftsführeranstellungsvertrag Regelungen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis typisch sind. Die Zahlung eines festen monatlichen Gehaltes ist ebenso arbeitnehmertypisch wie der Umstand, dass in dem Anstellungsvertrag ein Anspruch auf Erholungsurlaub von 36 Werktagen im Rahmen einer 7 Tage-Woche und für die Dauer von sechs Wochen ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge für den Fall der Krankheit oder der sonstigen unverschuldeten Verhinderung an der Ausübung der Tätigkeit vorgesehen ist. Darüber hinaus ist geregelt, dass die Antragstellerin nach Ablauf der sechs Wochen für längstens 12 Monate einen Krankengeldzuschuss zum Ausgleich der Differenz zwischen Krankengeld und monatlichem Nettogehalt zu zahlen hat.

2. Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spricht maßgeblich der Umstand, dass Herr J. als GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt und aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen eine maßgebliche Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschaftsbeschlüssen hatte und ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern konnte. Aus diesem Grund ist eine Weisungsgebundenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu verneinen.

a) Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 v. H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbständiger anzusehen, wenn er exakt 50 v. H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können (vgl. BSG vom 14.03.2018 B 12 KR 13/17 R; BSG vom 11.11.2015 B 12 R 2/14 R; BSG vom 11.11.2015 B 12 KR 10/14 R).

b) Die für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein (BSG Urteil vom 14.03.2018 B 12 KR 13/17 R; BSG Urteil vom 29.07.2015 B 12 KR 23/13 R). Außerhalb des Gesellschaftsvertrages bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Vetorechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und / oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG vom 29.07.2015 B 12 KR 23/13 R; BSG vom 11.11.2015 B 12 KR 13/14 R; BSG vom 11.11.2015 B 12 KR 10/14 R). Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Soweit sich die Antragstellerin darauf berufen hat, es habe einen Beschluss gegeben, in dem vereinbart worden sei, dass für alle Gesellschafterbeschlüsse betreffend die Belange der GmbH im Außenverhältnis und betreffend finanzielle Angelegenheiten, Organisation und innere Angelegenheiten eine Stimmenmehrheit von 75 v. H. der Stimmen erforderlich sei, war dies der Beurteilung nicht zugrunde zu legen, da der Gesellschaftsvertrag vom 30.08.1994 in § 7 Abs. 2 eine Mehrheit von 51 v. H. vorsieht. Ein Beschluss, mit dem eine Änderung des Gesellschaftsvertrages vorgenommen wird, bedarf nach § 53 Abs. 2 GmbHG der notariellen Beurkundung. Eine notarielle Beurkundung ist seitens der Antragstellerin weder nachgewiesen noch behauptet worden.

c) Unter Zugrundelegung der im Gesellschaftsvertrag vom 30.08.1994 enthaltenen Regelungen und der im notariellen Vertrag vom 02.12.2014 vorgenommenen Änderung war es dem Geschäftsführer Herrn J. möglich, auf den Inhalt der Gesellschafterbeschlüsse entscheidenden Einfluss zu nehmen und insbesondere ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Geschäftsführertätigkeit verhindern zu können. Danach war Herr J. zwar Minderheitsgesellschafter, weil er lediglich Stammeinlagen in Höhe von 24.800 DM übernommen hatte und somit 46,60 v. H. der Gesellschaftsanteile innehatte, während die Gesellschafterin Frau S. Stammeinlagen in Gesamthöhe von 25.200 DM hielt und Mehrheitsgesellschafterin im Umfang von 50,40 v. H. der Gesellschaftsanteile war. In § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ist jedoch geregelt, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit (51 v. H.) der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreiben. Ergänzend ergibt sich aus § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages, dass in Gesellschaftsversammlungen nach Geschäftsanteilen abgestimmt wird und je 100 DM eines Geschäftsanteiles eine Stimme gewähren.

Daraus ergibt sich, dass auf Herrn J. insgesamt 248 Stimmanteile entfielen und auf Frau S. 252 Stimmanteile, wobei das Stimmrecht von beiden Gesellschaftern nach § 7 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag nur einheitlich ausgeübt werden konnte. Da Gesellschafterbeschlüsse mit 51 v. H. der abgegebenen Stimmen zu fassen waren, konnte die Gesellschafterin Frau S., die über 50,4 v. H. der Geschäftsanteile verfügte, gegen die Stimmen des Gesellschafters Herr J. keinen wirksamen Beschluss herbeiführen, da sie nicht die erforderliche Mehrheit von 51 v. H. der abgegebenen Stimmen innehatte. Dies bedeutet umgekehrt, dass Herr J. nicht nur selbständig alle Handlungen vornehmen konnte, welche den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgeschäftes umfassten und nicht zustimmungspflichtig waren, vielmehr hatte er auch maßgeblichen Einfluss auf alle Geschäftshandlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgeschäftes der Gesellschaft hinausgingen, da diese ohne seine Zustimmung in der Gesellschafterversammlung nicht wirksam beschlossen werden konnten. Insoweit war ihm nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen eine umfassende ("echte" bzw. "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität eingeräumt, so dass er auch jede ihm nicht genehme Weisung der anderen Gesellschafterin Frau S. verhindern konnte. Die in § 1 Abs. 3 des Geschäftsführeranstellungsvertrages vorgesehene Regelung, wonach der Geschäftsführer im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft die Weisungen einzuhalten habe, welche ihm von der Gesellschafterversammlung erteilt werden, begründete faktisch keine Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers Herrn J., da er die Rechtsmacht hatte, entsprechende Weisungen zu verhindern.

d) Im Hinblick darauf, dass in § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich geregelt ist, dass zur Beschlussfassung eine Mehrheit von 51 v. H. der abgegebenen Stimmen erforderlich ist, kommt dem Umstand, dass gleichzeitig von einer einfachen Mehrheit die Rede ist, keine maßgebliche Bedeutung zu. Die damaligen Vertragsparteien haben eindeutig und unmissverständlich geregelt, welche Mehrheit sie insoweit für erforderlich hielten, nämlich eine Mehrheit von 51 v. H. der abgegebenen Stimmen. Es handelt sich um eine sogenannte körperschaftsrechtliche Bestimmung des Gesellschaftsvertrages, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie die Grundlagen der Gesellschaft regeln und sich an einen unbestimmten Personenkreis, insbesondere auch an künftige Gesellschafter wenden. Bei der Auslegung der körperschaftsrechtlichen Bestimmungen stehen die objektiven Elemente, d. h. Wortlaut und Zusammenhang des Vertrages sowie der hieraus erkennbare Zweck der Regelung im Vordergrund (vgl. Rowedder / Schmidt-Leithoff Kommentar zum GmbHG 5. Auflage § 2 Rn. 81 m. w. N.; Baumbach / Hück Kommentar zum GmbHG 21. Auflage § 2 Rn. 31 m. w. N.). Aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich, dass die Gesellschafter konkret, d. h. zahlenmäßig festlegen wollten, wann die erforderliche Mehrheit für eine Beschlussfassung erreicht ist und dass es insoweit einer Mehrheit von 51 v. H. der abgegebenen Stimmen bedarf, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreibt. In den weiteren Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages ist nur für den Fall eines Beschlusses über die Auflösung der Gesellschaft eine andere Mehrheit geregelt worden, nämlich eine Mehrheit von 75 v. H. der abgegebenen Stimmen (§ 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages).

3. Insgesamt sind die in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehenden, für eine selbständige Tätigkeit des Geschäftsführers Herrn J. sprechenden Umstände (selbständige Führung der laufenden Geschäfte, Weisungsfreiheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit, maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH, Alleinvertretungsbefugnis, Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB) in deutlich größerem Maße vorhanden als die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen (arbeitnehmertypische Rechte wie monatliche Gehaltszahlung, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, Anspruch auf Erholungsurlaub). Die für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Herrn J. sprechenden Indizien überwiegen erheblich und geben im Rahmen der Gesamtabwägung den Ausschlag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Antragstellerin hinsichtlich des Feststellungsantrages unterlegen war und im Übrigen obsiegt hat.
 
Rechtskraft
Aus
Saved