L 5 KA 2858/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 KA 4915/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2858/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die KV Baden-Württemberg ist berechtigt, auf Basis der ab dem 01.01.2014 geltenden Notfalldienstordnung Umlagen (Kopfpauschale, Sicherstellungsumlage, Strukturpauschale) zur Finanzierung des Notfalldienstes zu erheben. Sie war auch berechtigt hierin eine Regelung betr. der Errichtung von Notfallpraxen zu treffen und die konkrete Entscheidung hierüber ihrem Vorstand zu übertragen. Die Herstellung des Benehmens mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen nach § 105 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 23.07.2015 war hierfür nicht erforderlich. Ein Betreiben i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V setzte voraus, das die Einrichtung von der Kassenärztlichen Vereinigung mit eigenen Mitteln, mit eigenem Personal und unter eigener Verantwortung geführt worden ist. Das bloße Zur-Verfügung-Stellen der sächlichen und personellen Mittel zur selbstständigen Erbringung des Notfalldienstes durch einen Verein stellt kein Betreiben i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. dar.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird endgültig auf 1.618,64 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Belastung mit Kosten für den Notfalldienst in den Quartalen 1/2014 und 2/2014.

Die klagende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) besteht aus den jeweils mit vollem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung in L. zugelassenen Fachärztinnen für Allgemeinmedizin O.-F. und Sch ... Frau O.-F. ist außerdem Mitglied des eingetragenen Vereins "B. Sch. G.", der eine zentrale Notfalldienstpraxis im Raum Sch. G. am Krankenhaus in M. betreibt.

Mit Honorarbescheid vom 15.07.2014 setzte die beklagte kassenärztliche Vereinigung das vertragsärztliche Honorar der Klägerin für das Quartal 1/2014 fest. Sie brachte hierbei vom vertragsärztlichen Honorar im Hinblick auf die Beteiligung an den Kosten des Notfalldienstes eine Kopfpauschale i.H.v. 354,- EUR, eine Sicherstellungsumlage im Umfang von 0,4319 % des vertragsärztlichen Honorars i.H.v. 405,94 EUR sowie eine Strukturpauschale im Umfang von 5 % des Notfalldiensthonorars i.H.v. 111,81 EUR in Abzug.

Hiergegen erhob die Klägerin am 18.08.2014 Widerspruch, mit dem sie u.a. vorbrachte, die Beklagte verwende die in Abzug gebrachten Beträge dazu, Eigenbetriebe zu errichten, für die keine sachliche Notwendigkeit bestehe. Der Notfalldienst sei nicht gefährdet; er werde von den zugelassenen Ärzten im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtung erbracht. Die Verwendung der einbehaltenen Beträge zur Einführung von "Umsatzgarantien" und zur Finanzierung des Fahrdienstes sei sachwidrig. Dies gelte auch insoweit, als Mittel im Hinblick auf den Fahrservice, die Praxisausstattung und technische Geräte auch Privatversicherten zu Gute kämen. Die Struktur werde mit der Strukturpauschale doppelt in Rechnung gestellt, sie diene schon zur Begründung der Umlage.

Mit Honorarbescheid vom 15.10.2014 setzte die beklagte kassenärztliche Vereinigung das vertragsärztliche Honorar der Klägerin für das Quartal 2/2014 fest. Sie brachte hierbei vom vertragsärztlichen Honorar im Hinblick auf die Beteiligung an den Kosten des Notfalldienstes eine Kopfpauschale i.H.v. 354,- EUR sowie eine Sicherstellungsumlage im Umfang von 0,4319 % des vertragsärztlichen Honorars i.H.v. 392,89 EUR in Abzug.

Hiergegen erhob die Klägerin am 17.11.2014 Widerspruch, mit dem sie ihr früheres Vorbringen wiederholte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2015 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, die Vertreterversammlung habe in ihren Sitzungen am 19.06.2013 und am 04.12.2013 die seit dem 01.01.2014 geltende Notfalldienstordnung (NFD-O) sowie das dazugehörige Statut beschlossen. Nach § 9 der NFD-O werde zur Sicherstellung (des Notfalldienstes) eine Sicherstellungsumlage erhoben, die sich nach dem Statut hierzu aus einer umsatzunabhängigen monatlichen Kopfpauschale und einer umsatzabhängigen prozentualen Umlage zusammensetze. Die Reformierung des Notfalldienstes habe sich daran orientiert, in jedem Dienstbereich minds. eine zentrale Notfallpraxis an einem Krankenhaus/Klinikstandort zu etablieren. Hierzu seien erhebliche Veränderungen erforderlich gewesen, deren Kosten im Wesentlichen von den Krankenkassen getragen werden. Diese Mittel seien jedoch nicht ausreichend, weswegen offene Kosten umzulegen seien. Hierzu sei die Erhebung einer Sicherstellungsumlage erforderlich. Die Höhe der Sicherstellungsumlage von 59,- EUR pro Monat für Ärzte mit einem vollen Versorgungsauftrag und im Umfang einer prozentualen Umlage von 0,4319 % sei verhältnismäßig, insb. da umsatzstärkere Praxen durch die Abhängigkeit der Umlage zum Umsatz der Praxen stärker hergezogen würden. Die Kopfpauschale knüpfe an den Anrechnungsfaktor des jeweiligen Arztes in der Bedarfsplanung an. Auch erfolge, so die Beklagte weiter, die Verwendung der Mittel, anders als die Klägerin vorbringe, nicht sachwidrig. Aus der Umlage würden die Aufwendungen für Struktur, Personal der Notfallpraxen (bisher habe der von seiner Praxis aus diensttuende Arzt die Kosten seiner Helferinnen selbst getragen) und den Fahrservice bzw. für die Selbstfahrerpauschale finanziert. Auch sei die Gewährung von Umsatzgarantien gerechtfertigt.

Hiergegen hat die Klägerin am 01.09.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Die Reform des Notfalldienstes zum 01.01.2014 entspreche, so die Klägerin, nicht in allen Punkten dem geltenden Recht. Mit den Regelungen des § 9 Abs. 1 NFD-O und des § 8 Abs. 1 der NFD-O habe sich die Beklagte im Rahmen ihres Satzungsrechts eine umfassende Rechtsgrundlage dafür geschaffen, bisher nicht von ihr betriebene Notfallpraxen als Eigeneinrichtungen betreiben zu können. Diese Vorschriften und die hierauf fußende Mittelerhebung seien rechtswidrig. Nach der Satzungsregelung gebe es keinerlei rechtliche Einschränkungen für die diesbezüglichen Entscheidungen; vielmehr entscheide allein der Vorstand darüber, ob und wann er die bereits bestehenden Notfalldienstpraxen als Eigenbetriebe übernehme. Obschon die Beklagte im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrages auch für einen funktionierenden Notdienst zu sorgen habe, sei eine so umfassende Kompetenzzuweisung mit höherrangigem Recht nicht in Einklang zu bringen. Aus § 105 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (BGBl. I 2011, 2983; im Folgenden a.F.) ergebe sich vielmehr, dass der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung nicht allein über den Betrieb einer Eigeneinrichtung entscheiden könne; erforderlich sei stets das Herstellen eines "Benehmens" mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen. Ein Betreiben i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB a.F. sei bereits dann erforderlich, wenn die Kassenärztliche Vereinigung Einfluss auf den Betrieb der Notfallpraxis habe, weswegen das Benehmen mit den Verbänden der Kranken- und Ersatzkassen herzustellen gewesen wäre. § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O sehe dem widersprechend vor, dass der Vorstand - ohne das Herstellen eines Benehmens mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen - darüber entscheiden könne, ob und wann bisher nicht von der Beklagten betriebene Notfallpraxen von dieser übernommen würden. Aus der gesetzlichen Regelung des § 105 Abs. 1 SGB V a.F. ergebe sich ferner, dass das Betreiben von Eigeneinrichtungen nur dann zulässig sei, wenn es die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfordere. Dies spiegele sich in § 8 Abs. 1 Satz 4 der NFD-O nicht wieder, da der Vorstand der Beklagten bei seiner Entscheidung, ob bereits bestehende Notfallpraxen in Eigenregie übernommen werden, keiner der Einschränkung des § 105 Abs. 1 SGB V a.F. entsprechenden Grenze unterworfen sei. Demnach beruhe der Betrieb von Eigeneinrichtungen im Notfalldienst durch die Beklagte auf einer rechtswidrigen und damit fehlerhaften Rechtsgrundlage, weswegen auch die Mittelerhebung rechtswidrig sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. sei bereits nicht einschlägig, da die in Rede stehenden Notfallpraxen nicht von ihr, der Beklagten, mit bei ihr angestellten Ärzten betrieben würden. Ein Betreiben i.d.S. liege nur dann vor, wenn Ärzte selbst bei der Einrichtung angestellt wären. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Notfallpraxen seien vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass sie, so die Beklagte weiter, die Praxisstruktur (Räume, nichtärztliches Hilfspersonal, Instrumentarium) vorhalte und sie diese den am Notfalldienst teilnehmenden Ärzten zur Nutzung überlasse. Die Rechtsgrundlage hierfür finde sich in §§ 75 Abs. 1 Satz 2, 105 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. Ihr, der Beklagten, stehe als Normgeber bei der ihr obliegenden Verantwortung für eine angemessene Versorgung der Versicherten auch zu den sprechstundenfreien Zeiten eine weite Gestaltungsfreiheit zu. In diesem Zusammenhang seien ihre Organisationsentscheidungen, wie sie vorliegend mit der Errichtung von Notfallpraxen getroffen worden sei, vom einzelnen Vertragsarzt überhaupt nur dann angreifbar, wenn die Entscheidung nicht mehr von sachbezogenen Erwägungen getragen werde und einzelne Ärzte oder Arztgruppen willkürlich benachteiligt würden. Hiervon sei vorliegend jedoch nicht auszugehen. Insb. habe die Vertreterversammlung die einschlägige NFD-O geschaffen. Die hierauf beruhende Errichtung der einzelnen Notfallpraxen stelle sodann ein rein operatives Geschäft dar, für das der Vorstand zuständig sei. Des Weiteren sei es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie, die Beklagte, die erhobene Sicherstellungsumlage auch zur Finanzierung der "Umsatzgarantie" verwende. Gemäß § 10 NFD-O erhielten die nach ihrer Dienstplanungssoftware eingeteilten Ärzte zur Gewährleistung des allgemeinen und gebietsärztlichen Notfalldienstes zu definierten Zeiten eine Förderung, soweit der Notfalldienst über eine Notfallpraxis organisiert werde. Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich hierbei gerade nicht um eine Honorarverteilungsmaßnahme, sondern um eine Sicherstellungsmaßnahme, die in ihrem Sicherstellungsauftrag ihren Rechtsgrund finde. Der Sicherstellungsauftrag beinhalte nämlich auch diesen möglichst effizient zu gestalten.

In der mündlichen Verhandlung am 19.05.2017 hat das SG den Vorsitzenden des Vereins "B. Sch. G.", Hr. Dr. Sch. angehört. Dieser hat angegeben, dass die Notfallpraxis (bis zum Jahr 2014) am Krankenhaus angesiedelt gewesen ist. Die Umlage sei bis zum Jahr 2014 nur von den im Raum Sch. G. tätigen Ärzten erhoben worden und hätte sich nur auf ca. 50 % der jetzigen Abgabe belaufen. Die Bezahlung der Ärzte sei direkt über den Trägerverein erfolgt. Mit der Reform des Notfalldienstes im Jahr 2014 sei dem Verein eine "Fördervereinbarung" mit der Beklagten "aufgezwungen" worden. Die doppelte finanzielle Beteiligung der Ärzte diene nach Meinung des Vereins im Wesentlichen dazu, Einrichtungen in anderen Bezirken und Eigeneinrichtungen der Beklagten zu finanzieren. Überdies bestehe die permanente Gefahr des § 8 NFD-O, dass die aktuell noch selbstständig betriebene Notfallpraxis von der Kassenärztlichen Vereinigung übernommen und in Eigenregie betrieben werden wird.

Mit Urteil vom 19.05.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Beklagte habe vom Honorar der Klägerin zu Recht die Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes (Kopfpauschale, Sicherstellungsumlage, Strukturpauschale) in Abzug gebracht. Dies folge aus der ab dem 01.01.2014 geltenden NFD-O und dem Statut hierzu. Die dem zu Grunde liegenden Beschlüsse der Vertreterversammlungen der Beklagten beruhten auf einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Im Besonderen habe es hierfür nicht der Herstellung eines Benehmens mit den Landesverbänden i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. bedurft. Dies sei nur dann erforderlich, wenn die Kassenärztliche Vereinigung eine Eigeneinrichtung betreibe. Eine solche sei jedoch nur dann anzunehmen, wenn die Kassenärztliche Vereinigung eigene Betriebsmittel und eigenes Personal einsetze und Arbeitgeber- und Unternehmerfunktionen ausübe. Dies sei in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht der Fall. Die Kassenärztliche Vereinigung halte vielmehr lediglich die Praxisstruktur (Räumlichkeiten, nichtärztliches Hilfspersonal und Gerätschaften) vor, die sie den Vertragsärzten zur Nutzung überlasse. Leistungserbringer sei nicht die Beklagte, sondern der am Notfalldienst beteiligte Vertragsarzt; dieser sei auch Adressat der betreffenden Honorarfestsetzung (§ 8 Abs. 4 Satz 4 NfD-O). Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten bestehe nicht. Maßnahmen der Beklagten, die, außerhalb einer Eigeneinrichtung, die Leistungserbringung durch die Vertragsärzte bei der Durchführung des Notfalldienstes förderten, organisierten oder kontrollierten, fielen, so das SG, nicht unter § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F.; ein Benehmen mit den Verbänden der Kranken- und Ersatzkassen sei hiernach nicht erforderlich gewesen. Hilfsweise, so das SG weiter, erfordere § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. keine ausdrückliche Herstellung des Benehmens mit den Landesverbänden, es sei vielmehr ausreichend, wenn sich diese, nach Kenntnis der beschlossenen Regelung, vorliegend der Reform des Notfalldienstrechts, nicht innerhalb einer gesetzten Frist bzw. einer angemessenen Zeit äußerten bzw. gegen die Regelung wendeten und hiermit schlüssig ihr Einverständnis mit der Regelung zum Ausdruck brächten. Da die Kassenverbände keine Einwände gegen die Art und Weise des seit 2014 neu organsierten und ihnen sicherlich bekannten Notfalldienstes erhoben hätten, sei deshalb davon auszugehen, dass das Benehmen hergestellt worden sei.

Gegen das ihr am 06.07.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.07.2017 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertiefend ausführt, dass sich die Beklagte selbst eine umfassende Rechtsgrundlage dafür geschaffen habe, Notfallpraxen in Eigenbetriebe zu überführen. Hiervon habe die Beklagte bereits Gebrauch gemacht und Einrichtungen – auch gegen den Willen der Betreiber – in Eigenbetriebe überführt. Eine derart weite Kompetenzzuweisung sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Insb. sei das Betreiben einer Eigeneinrichtung nur zulässig, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei und das Benehmen mit den Landesverbänden der Kranken- und Ersatzkassen hergestellt worden sei. Der Betrieb einer Eigeneinrichtung sei daher nur dann zulässig, wenn festgestellten Versorgungslücken (in der Notfall-Behandlung) nicht durch anderweitige Maßnahmen begegnet werden könne. Hiervon sei in Ansehung der funktionstüchtigen Notfallversorgung unter der Regie des Vereins nicht auszugehen. Soweit das SG dies im angefochtenen Urteil anderes bewertet habe, gründe dies in der fehlerhaften Annahme des SG, es liege bereits keine Eigeneinrichtung i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. vor. Die Annahme eines Eigenbetriebes erfordere zwar die Nutzung eigener Betriebsmittel, dies sei jedoch dadurch, dass Räumlichkeiten und Gerätschaften vorgehalten würden, vorliegend anzunehmen. Die Anstellung von Personal, insb. von ärztlichem Personal, sei hingegen, anders als vom SG angenommen, nicht erforderlich. Maßgebend dafür, ob von einer Eigeneinrichtung auszugehen sei, sei die Trägerschaft der NFD-Praxis. I.d.S. gehe die Beklagte in ihren Publikationen selbst davon aus, dass Eigeneinrichtungen vorlägen. Die Mitglieder des Vereins, der die Notfallversorgung betreibe, seien in Sorge, dass die bestehenden Strukturen ihrer vereinsbasierten Notfalldiensttätigkeit zerschlagen und vor dem Hintergrund dieser Umstände in eine Eigeneinrichtung der Beklagten überführt werden wird. Anders als es vom SG angenommen worden sei, sei auch nicht davon auszugehen, dass das Benehmen mit den Kranken- und Ersatzkassenverbände konkludent herbeigeführt worden sei. Da die Beklagte mithin das Benehmen mit den Verbänden hätte herstellen müssen, dies jedoch nicht geschehen sei, seien die Regelungen der NFD-O, einschließlich derer, die sie, die Beklagte zur Erhebung der Umlagen berechtigten, ungültig. Ein zunächst (schriftsätzlich gestellter) Antrag, festzustellen, dass § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O keine ausreichende Rechtsgrundlage dafür biete, dass die Beklagte bislang nicht von ihr betriebene Notfallpraxen gegen den Willen der Betreiber übernehme, ist in der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 ausdrücklich nicht mehr gestellt worden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist durch Hr. F., den Ehegatten der Fachärztin O.-F. und durch Dr. Sch. für die Klägerin mitgeteilt worden, dass die Notfallversorgung aktuell unverändert (förmlich) vom Verein "B. Sch.-G." getragen wird. Die Notfallversorgung sei im Krankenhaus M. angesiedelt. Die diensttuenden Ärzte rechneten die erbrachten Leistungen über ihre LAN unmittelbar mit der Beklagten ab. Dem Verein sei jedoch mit der Reform des Notfalldienstes zum 01.01.2014 von der Beklagten eine Fördervereinbarung aufgezwungen worden. Hätte der Verein diese nicht abgeschlossen, wäre dessen wirtschaftliches Überleben nicht mehr möglich gewesen. Seither müsse sich der Verein sämtliche Ausgaben und Mittel, u.a. auch für die Anschaffung von Gerätschaften oder die Entlohnung des nichtärztlichen Personals von der Beklagten genehmigen lassen; dies stelle einen massiven Eingriff in den Betrieb der Notfallpraxis dar. Bis zum Jahr 2014 seien die Mittel direkt aus den Umlagen dem Verein zugeflossen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2017 sowie die Honorarbescheide der Beklagten vom 15.07.2014 betr. das Quartal 1/2014 und vom 15.10.2014 betr. das Quartal 2/2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2015 aufzuheben, soweit es die Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes (Kopfpauschale, Sicherstellungsumlage, Strukturpauschale) betrifft,

hilfsweise,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2017 sowie die Honorarbescheide der Beklagten vom 15.07.2014 betr. das Quartal 1/2014 und vom 15.10.2014 betr. das Quartal 2/2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2015 aufzuheben, soweit es die Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes (Kopfpauschale, Sicherstellungsumlage, Strukturpauschale) betrifft und die Beklagte zu verurteilen, über den klägerischen Honoraranspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages bringt die Beklagte vor, die angefochtenen Honorarbescheide seien nicht zu beanstanden, sie sei insb. berechtigt gewesen, Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes zu erheben. Die zu Grunde liegenden Regelungen der NFD-O seien rechtmäßig. § 105 Abs.1 Satz 2 SGB V a.F. und das dort aufgestellte Erfordernis der Herstellung des Benehmens mit den Kranken- und Ersatzkassenverbänden sei vorliegend bereits nicht einschlägig. Eine Eigeneinrichtung i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. könne nur dann angenommen werden, wenn sie, die Beklagte, die Einrichtung mit eigenen sächlichen und personellen Mittel, d.h. u.a. mit angestellten Ärzten, betreibe. Dies sei nicht der Fall, sie stelle lediglich die Praxisstruktur zur Verfügung. Hierfür bildeten §§ 75 Abs. 1 Satz 2, 105 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. eine ausreichende Rechtsgrundlage. § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O spreche in diesem Zusammenhang gerade nicht von Eigeneinrichtungen i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. Da Eigeneinrichtungen in der vorliegenden Konstellation nicht in Rede stünden, bedürfe die Errichtung von Notfallpraxen auch nicht des Benehmens mit den Verbänden. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 hat die Beklagte vorgetragen, dass im Rahmen der Schaffung der NFD-O ein Projektbeirat bestanden habe, dem auch Vertreter der Kranken- und Ersatzkassenverbände angehört hätten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 geworden sind, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung der klagenden BAG ist zulässig, insb. statthaft, da die Höhe der streitgegenständlichen Umlagen von insg. 1.618,64 EUR den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) übersteigt.

Der Senat hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG).

Streitgegenständlich sind die Honorarbescheide der Beklagten vom 15.07.2014 (Quartal 1/2014) und vom 15.10.2014 (Quartal 2/2014) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2015, die von der Klägerin zulässigerweise im Wege der Anfechtungs- und – geltend gemacht im Hilfsantrag – Bescheidungsklage angefochten worden sind, wobei die Klägerin den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Erhebung von Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes (Kopfpauschale, Sicherstellungsumlage, Strukturpauschale) beschränkt hat. Eine derartige Beschränkung auf abtrennbare Regelungsteile des einheitlichen Honorarbescheides ist rechtlich zulässig (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 13.11.1985 - 6 RKa 15/84 -, Urteil des erkennenden Senats vom 26.10.2014 - L 5 KA 760/14 - beide in juris). Zulässiger Streitgegenstand ist hiernach die vollumfängliche Überprüfung der erhobenen Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes (Kopfpauschale, Sicherstellungsumlage, Strukturpauschale) dem Grunde und der Höhe nach.

Die Berufung führt jedoch nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Honorarbescheide vom 15.07.2014 und vom 15.10.2014 betreffend die Quartale 1/2014 und 2/2014 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2015 sind im Hinblick darauf, dass die Beklagte Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes (Kopfpauschale, Sicherstellungsumlage, Strukturpauschale) vom Honorar der Klägerin einbehalten hat, rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte war berechtigt, zur Finanzierung des Notfalldienstes von der Klägerin Umlagen und Kosten zu erheben.

Dies findet dem Grunde nach seine Rechtsgrundlage in § 19 der Satzung der Beklagten vom 16.10.2009 in der ab dem 01.01.2013 geltenden Fassung der Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 21.04.2010 und vom 05.12.2012. Danach erhebt die Beklagte zur Durchführung ihrer Aufgaben grundsätzlich einheitliche Verwaltungskostenbeiträge, die in der Regel nach einem Vomhundertsatz der über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechneten Vergütungen aus ärztlicher Tätigkeit berechnet und bei der Abrechnung einbehalten werden (Abs. 1). Zur Bestreitung besonderer Kosten kann die Vertreterversammlung die Erhebung zweckgebundener Umlagen beschließen. Hierfür können auch zweckgebundene Fonds eingerichtet werden (Abs. 3). Abweichend von bzw. ergänzend zu Abs. 1 und 2 kann die Beklagte nach § 19 Abs. 4 der Satzung zur Deckung ihrer Verwaltungskosten und zur Mittelbeschaffung auch einen festen Mindestbeitrag erheben. Die Höhe der Verwaltungskostenbeiträge und Umlagen richtet sich nach dem vom Vorstand der KVBW für jedes Geschäftsjahr aufgestellten und von der Vertreterversammlung genehmigten Haushaltsplan (Abs. 5). Diese Satzungsbestimmungen beruhen ihrerseits auf der Ermächtigungsgrundlage in § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V (i.d.F. des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477), wonach die Satzung der KV auch Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten muss. Nähere Vorgaben für die Ausgestaltung der Beitragserhebung durch eine KV macht das Gesetz nicht. Es überlässt die Art und Weise der Einnahmenerhebung vielmehr dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers, der dabei allerdings die allgemeinen Grundsätze des Beitragsrechts sowie den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz zu beachten hat.

Zu den Aufgaben der Beklagten i.S.d. § 19 Abs. 1 ihrer Satzung rechnet nach § 75 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB V in der Fassung vom 15.07.2013 (im Folgenden: a.F.) auch und insb. die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, die wiederum auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst) umfasst. Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist die Beklagte nach § 19 ihrer Satzung berechtigt, Kosten zu erheben. Hiervon hat sie in ihrer ab dem 01.01.2014 geltenden NFD-O (Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 19.06.2013 und vom 04.12.2013) Gebrauch gemacht und in § 9 Abs. 1 Satz 1 NFD-O niedergelegt, dass zur Sicherstellung des organisierten Notfalldienstes eine landeseinheitliche Sicherstellungsumlage erhoben wird, wobei Näheres in dem Statut zur NFD-O geregelt werden solle. Dies ist im Statut nach dem Beschluss der Vertreterversammlung vom 09.07.2014 dergestalt geregelt worden, dass die Sicherstellungsumlage als Kombination aus umsatzunabhängiger monatlicher Kopfpauschale und umsatzabhängiger prozentualer Umlage erhoben wird, wobei die Höhe der Sicherstellungsumlage von der Vertreterversammlung der Beklagten bestimmt wird (Satz 1 und Satz 2 zu § 9 Abs. 1 und Abs. 2 NFD-O). Ferner ist im Statut festgelegt, dass die prozentuale Sicherstellungsumlage entsprechend § 19 Abs. 1 der Satzung der Beklagten nach einem vom Hundertsatz der über die Beklagte abgerechneten Vergütungen aus ärztlicher / psychotherapeutischer Tätigkeit berechnet und bei der Abrechnung einbehalten wird und die umsatzunabhängige monatliche Kopfpauschale für alle Ärzte und Psychotherapeuten entsprechend ihrem Anrechungsfaktor in der Bedarfsplanung berechnet und bei der Abrechnung einbehalten wird (Satz 3 und Satz 4 zu § 9 Abs. 1 und Abs. 2 NFD-O). Daneben wird nach Satz 5 zu § 9 Abs. 1 und Abs. 2 NFD-O für die Bereitstellung der Infrastruktur im organisierten Notfalldienst von den im allgemeinen und gebietsärztlichen Notfalldienst in Notfallpraxen (einschließlich Fahrdienst) erbrachten Leistungen an Samstagen, an Sonntagen und an Feiertagen sowie am 24.12. und am 31.12. sowie an den nach § 3 Abs. 4 NFD-O festgesetzten außerordentlichen Notfalldiensttagen eine Strukturpauschale einbehalten. Nachdem die Vertreterversammlung der Beklagten in ihrer Sitzung vom 04.12.2013 die Kopfpauschale auf 177,- EUR pro Arzt (mit vollem Versorgungsauftrag) und Quartal festgelegt hat, ferner entschieden hat, die prozentuale Umlage für das Jahr 2014 auf 0,4319 % festzulegen und sich die Strukturpauschale auf 5 % des Notfalldiensthonorars beläuft, ist die konkrete Entscheidung der Beklagten, vom vertragsärztlichen Honorar der Klägerin für die Quartale 1/2014 eine Kopfpauschale i.H.v. 354,- EUR, eine Sicherstellungsumlage im Umfang von 0,4319 % des vertragsärztlichen Honorars i.H.v. 405,94 EUR sowie eine Strukturpauschale i.H.v. 111,81 EUR und für das Quartal 2/2014 eine Kopfpauschale i.H.v. 354,- EUR sowie eine Sicherstellungsumlage im Umfang von 0,4319 % des vertragsärztlichen Honorars i.H.v. 392,89 EUR in Abzug zu bringen, von den Regelungen der NFD-O und dem Statut hierzu gedeckt. Dies wird im Hinblick auf die konkrete Höhe von der Klägerin auch nicht bestritten.

Die Erhebung von Umlagen ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Die Regelungen der NFD-O betr. der "Notfallpraxen" (§ 8 NFD-O) und betr. der "Aufbringung der Mittel" (§ 9 NFD-O) stehen, worüber im vorliegenden Verfahren dem Grunde nach ausschließlich gestritten wird, mit höherrangigem Recht in Einklang.

Wie bereits ausgeführt, obliegt es den Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 75 SGB V a.F. die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst) sicherzustellen. Zur Ausgestaltung des vertragsärztlichen Notdienstes erlassen sie, so wie vorliegend die Beklagte, Not- bzw. Bereitschaftsdienstordnungen. Aufgrund ihres Sicherstellungsauftrages sind sie berechtigt, im Rahmen ihrer Satzungsautonomie den Notdienst selbstständig zu regeln (BSG, Urteil vom 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 -, in juris). Hiervon hat die Beklagte Gebrauch gemacht und in der NFD- O (Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 19.06.2013 und vom 04.12.2013) in § 8 Abs. 1 festgelegt, dass über die Errichtung und Schließung von Notfallpraxen im allgemeinen und gebietsärztlichen Notfalldienst die örtlich zuständige Notfalldienst-Kommission in Abstimmung und vorbehaltlich der Zustimmung durch den Vorstand der KVBW entscheidet (Satz 1). Abweichend hiervon kann der Vorstand der KVBW Notfallpraxen errichten und Veränderungen der Notfalldienstbereiche festlegen (Satz 3). Sofern bisher nicht von der Beklagten betriebene Notfallpraxen von dieser betrieben werden sollen, entscheidet nach § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O der Vorstand, ob und ab wann diese von der Beklagten betrieben werden.

Der Kassenärztlichen Vereinigung steht bei der Ausgestaltung des ärztlichen Notfalldienstes ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Angesichts dieser normgeberischen Gestaltungsfreiheit der Kassenärztlichen Vereinigung und der ihr obliegenden Verantwortung für eine angemessene Versorgung der Versicherten auch zu den sprechstundenfreien Zeiten kann der einzelne Arzt durch die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung für oder gegen fachärztliche Bereitschaftsdienste nur in seinen Rechten verletzt sein, wenn die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung nicht mehr von sachbezogenen Erwägungen getragen wird und einzelne Arztgruppen oder Ärzte willkürlich benachteiligt werden (BSG, Urteile vom 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - in juris, dort Rn. 14; vom 11.05.2011 - B 6 KA 23/10 R - in juris, dort Rn. 17, Beschluss vom 02.08.2017 - B 6 KA 11/17 B - in juris, dort Rn. 8, Sächsisches LSG, Beschluss vom 18.02.2019 - L 1 KA 11/18 B ER -, in juris). Mit der Reform des ärztlichen Notfalldienstes zum 01.01.2014 sollte der bis zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Dienstfrequenz, der Dienstbelastung, der Honorarumsätze und der Höhe der Sicherstellungsumlage heterogen in den einzelnen Dienstbereichen organisierte Notfalldienst vereinheitlicht werden, um insb. die Belastung in den ländlichen Gebieten, in denen die Zahl der Ärzte gesunken war, zu reduzieren. Ferner ging mit der Reform eine Neustrukturierung der Dienstbezirke einher, anlässlich derer die zuvor bestehenden 400 Bereitschaftsdienstbezirke durch die Gründung neuer Notfallpraxen reduziert werden sollten. Diese Erwägungen rechtfertigen dem Grunde nach die Neustrukturierung des ärztlichen Notfalldienstes, sodass die Grenzen des normgeberischen Gestaltungsspielraums im Hinblick auf die Klägerin nicht überschritten worden sind; eine willkürliche Benachteiligung einzelner Arztgruppen oder Ärzte ist dem Senat nicht ersichtlich.

Vor dem Hintergrund des normgeberischen Gestaltungsspielraums unterliegt auch die Mittelverwendung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da diese gleichfalls nicht von sachwidrigen Erwägungen geprägt ist. So wird mit der Umsatzgarantie das finanzielle Risiko des notfalldiensttuenden Arztes minimiert, dass keine Patienten den Notdienst in Anspruch nehmen. Da die Kosten für die Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur in den Notfallpraxen unabhängig vom Kreis der eine Notbehandlung nachsuchenden Patienten entstehen, führt auch der Umstand, dass in den Notfallpraxen auch privat krankenversicherte Personen behandelt werden, nicht dazu, die Mittelverwendung als sachwidrig ansehen zu können.

Die Regelungen der NFD-O unterliegen auch, worüber vorliegend im Wesentlichen gestritten wird, keinen durchgreifenden Bedenken im Hinblick darauf, dass sich die Beklagte nicht mit den Verbänden der Kranken- und Ersatzkassen ins Benehmen gesetzt hat.

Nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F., der durch das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung vom 06.05.2019 (BGBl I 2019, 646) aufgehoben worden ist, hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen mit Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen entsprechend den Bedarfsplänen alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbessern oder zu fördern. Nach § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. bedurften die Kassenärztlichen Vereinigungen zum Betreiben von Einrichtungen, die der unmittelbaren medizinischen Versorgung der Versicherten dienten, oder zur Beteiligung an solchen Einrichtungen des Benehmens mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen.

Mit der Formulierung "ins Benehmen setzen" ordnete der Gesetzgeber eine bestimmte Art der Mitwirkung an der Entscheidungsfindung an. Inhaltlich ist hiermit eine Kooperation angeordnet, die zwar nicht wie bei einer Zustimmung eine Übereinstimmung der beteiligten Stellen erfordert, sich aber auch nicht in einer bloßen Anhörung erschöpft, die der anzuhörenden Stelle lediglich die Möglichkeit verschafft, ihre Auffassung darzulegen. Das "Benehmen" setzt vielmehr zugleich den Willen der zur Entscheidung berufenen Stelle voraus, die Belange der anderen Stelle bei der Sach-entscheidung zu berücksichtigen. Hierbei muss sich das Benehmen stets auf eine konkrete Sachentscheidung beziehen (BSG, Urteil vom 24.08.1994 - 6 RKa 15/93 -, vgl. auch BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 84/03 R –,beide in Juris).

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben bedurfte es hier nicht des Benehmens mit den Landesverbänden. Dies ergibt sich schon daraus, dass vorliegend keine konkrete Entscheidung der Beklagten betr. der "Übernahme" der vom Verein getragenen Notfallversorgung im Bereich Sch. G. im Raum steht. In Streit steht vielmehr zuvorderst die Rechtmäßigkeit der satzungsrechtlichen Grundlage hierfür, des § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O, nach der der Vorstand der Beklagten entscheidet, ob und ab wann Notfallpraxen durch die Beklagte selbst betrieben werden sollen. Ob die Beklagte hiervon für die unverändert vom Verein getragene Notfallversorgung Gebrauch machen wird, ist zum gegenwärtigen Stand nicht ersichtlich. Dass seitens der Beklagten bereits konkrete Planungen bzw. erste konkrete Schritte eingeleitet worden sind, ist nicht erkennbar. Die Schaffung einer abstrakt-generellen Möglichkeit, zukünftig Notfallpraxen selbst zu betreiben, begründet (noch) kein Erfordernis, das Benehmen mit den Kranken- und Ersatzkassenverbänden herzustellen. I.d.S. verdeutlicht auch der klägerische Vortrag, die Mitglieder des Vereins seien in Sorge, dass die bestehende Struktur ihrer vereinsbasierten Notfalldiensttätigkeit zerschlagen und in eine Eigeneinrichtung der Beklagten überführt werden wird, dass vorliegend faktisch zuvorderst gegen eine, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sichere Entwicklung hinsichtlich einer zukünftigen Umstrukturierung vorgegangen werden soll. Da indes ein "ins Benehmen setzen" eine bestimmte Entscheidung, nicht jedoch allgemeine zukünftige Gestaltungen zum Gegenstand hat, war die Beklagte nicht verpflichtet, vor Erlass der NFD-O das Benehmen mit den Verbänden der Kranken- und Ersatzkassen herzustellen. Soweit klägerseits in der mündlichen Verhandlung – sinngemäß – vorgetragen worden ist, der "erzwungene" Abschluss der Fördervereinbarung und der aus diesem folgende Eingriff in die (freie) wirtschaftliche Gestaltungsfreiheit stelle bereits eine "Übernahme" dar, ist dem nicht zu folgen, da die Trägerschaft der Notfallversorgung unverändert bei dem Verein liegt.

Ungeachtet hiervon bestand dieses Erfordernis nach der gesetzlichen Bestimmung des § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. auch nur in Fällen, in denen die Kassenärztliche Vereinigung eine Eigeneinrichtung betreibt. Insb. die Formulierung "betreibt" verdeutlicht, dass hierunter nur solche Einrichtungen rechnen, die von der Kassenärztlichen Vereinigung mit eigenen Mitteln, mit eigenen angestelltem ärztlichem und nichtärztlichem Personal und unter eigener Verantwortung nach allgemeinen vertragsärztlichen Grundsätzen geführt werden und die Kassenärztliche Vereinigung damit selbst zum Leistungserbringer wird (vgl. insoweit auch § 140 Abs. 1 SGB V; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 140 SGB V, Rn. 14). I.d.S. nimmt eine Eigeneinrichtung nach § 105 Abs. 1 Satz 3 SGB a. F. honorarrechtlich an der Honorarverteilung teil (Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 105 SGB V, Rn. 26). Eine Eigeneinrichtung liegt hingegen nicht vor, wenn die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder dem ermächtigten Arzt lediglich sächliche und personelle Mittel zur selbstständigen Erbringung vertragsärztlicher Leistungen zur Verfügung stellt (Hencke in Peters, SGB V, 19. Aufl., Stand 09/2008, § 105, Rn. 3; so auch Pawlita, a.a.O.). Da eine derartige Strukturierung des Notfalldienstes vorliegend trotz der angeführten wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht besteht und auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass dies zukünftig so erfolgen wird, bedurfte es auch aus diesem Grund keines Ins-Benehmen-Setzens mit den Kranken- und Ersatzkassenverbänden. Der Senat kann daher offen lassen, ob durch die Beteiligung eines Projetbeirates, in dem auch Vertreter der Kranken- und Ersatzkassenverbände tätig geworden sind, ein Benehmen i.S.d. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. herbeigeführt worden ist.

Die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O unterliegt auch im Übrigen keinen durchgreifenden Bedenken. Die Kassenärztliche Vereinigung durfte in ihrer Notfalldienstordnung insb. dem Vorstand bestimmte Einzelregelungen übertragen und dabei, soweit besondere Verhältnisse in Einzelfällen Berücksichtigung verdienen, diesem Ermessensspielräume einräumen (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2006, a.a.O., Rn. 17; vgl. auch Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 71/97 R -, in juris). Dies gilt auch im Hinblick auf die dem Vorstand der Beklagten in § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O eingeräumte Entscheidungsbefugnis, ob und wann Notfallpraxen, die noch nicht von der Beklagten betrieben werden, fortan von dieser betrieben werden sollen. Der Umstand, dass dem Vorstand hierbei in der NFD-O keine konkreten Vorgaben hinsichtlich des Ob und Wie der Entscheidung gemacht werden, ist nicht zu beanstanden, da dem Vorstand gerade nicht verwehrt worden ist, Ermessensgesichtspunkte, durch die dem konkreten Einzelfall Rechnung getragen werden kann, zu berücksichtigen.

Mithin verstößt die Satzungsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 4 NFD-O nicht gegen höherrangiges Recht, weswegen die Erhebung von Umlagen zur Finanzierung des Notfalldienstes nicht zu beanstanden ist. Die Honorarbescheide der Beklagten vom 15.07.2014 (Quartal 1/2014) und vom 15.10.2014 (Quartal 2/2014) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 19.05.2017 ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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