L 9 AL 303/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 36 AL 1347/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 303/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist neben der teilweisen Aufhebung der Arbeitslosenhilfe(Alhi)-Bewilligungen für die Jahre 1992, 1993 und 1995 wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen die Aufrechnung einer Erstattungsforderung gegen die laufende Leistungsbewilligung ab 02.01.1995 streitig.

I.

Die 1930 geborene Klägerin, auf deren Lohnsteuerkarte die Steuerklasse II sowie ein berücksichtigungsfähiges Kind eingetragen waren, war zuletzt im Zeitraum 01.04.1979 mit 31.12.1985 beitragspflichtig in einem K. Reisebüro beschäftigt, wo sie im Bemessungszeitraum ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von DM 5.250,00 monatlich erzielt hatte. Seit 01.01.1986 stand sie im Leistungsbezug der Beklagten und erhielt nach der Erschöpfung ihres Arbeitslosengeld(Alg)-Anspruchs per 27.08. 1988 seit 29.08.1988 Anschluss-Alhi, zuletzt in Höhe von DM 501,60 wöchentlich (Bescheid vom 18.01.1991, Bemessungsentgelt (BE) DM 1.410,00; Leistungssatz 58 v.H.; Leistungsgruppe B/1).

Erstmals gab sie im Fortzahlungsantrag vom 27.12.1990 an, eine selbständige Tätigkeit auszuüben, laut Vermögensaufstellung auf den 1. Januar 1989 aber bisher nur Verluste erzielt zu haben. Sie versicherte die Richtigkeit der gemachten Angaben, außerdem sei ihr bekannt, dass sie dem Arbeitsamt sofort alle Veränderungen anzuzeigen habe, die gegenüber den in diesem Antrag angegebenen Verhältnisses einträten. Sie habe das Merkblatt für Arbeitslose, in dem auf die Mitteilungspflichten im Einzelnen hingewiesen worden sei, erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen. Auf dessen Einzelheiten (Stand April 1990) wird Bezug genommen. Im Fortzahlungsantrag vom 21.12.1991 wurde erneut die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit eingeräumt, allerdings würden laufende oder gelegentlich wiederkehrende Einnahmen nicht erzielt. Auch insoweit wurde die vorgenannte Erklärung hinsichtlich der Richtigkeit der Angaben, der Mitteilungspflichten sowie des Merkblattes abgegeben und handschriftlich unterzeichnet, in Bezug auf Letzteres wird auf die Einzelheiten (Stand April 1991) verwiesen. Dem am 18.06.1991 vorgelegten Einkommensteuerbescheid für 1989 zufolge wurden allerdings Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 6.510,00 erzielt. In der Folgezeit gewährte die Beklagte durch Bescheid vom 29.01. 1992 Alhi ab 01.01.1992 in Höhe von DM 516,00 wöchentlich (BE DM 1.480,00; Leistungssatz 58 v.H.; Leistungsgruppe B/1), durch Bescheid vom 28.01.1993 schließlich ab 01.01.1993 nur noch vorläufig in Höhe von DM 539,40 (BE DM 1.570,00; Leistungssatz 58 v.H.; Leistungsgruppe B/1).

Nachdem die Klägerin im Fortzahlungsantrag vom 28.12.1993 angegeben hatte, neben der ausgeübten Tätigkeit in ihrem Reisebüro für Kleingruppen und Frauen keine laufenden oder wiederkehrenden Einnahmen zu haben und den Einkommensteuerbescheid für 1991 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 31.288,00 sowie aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 1.433,00 ergaben, wegen eines Verlustabzuges aus den Jahren 1986 mit 1990 in Höhe von DM 23.591,00 jedoch keine Steuer festgesetzt wurde, hörte die Beklagte die Klägerin zur im Jahre 1991 eingetretenen Überzahlung wegen erzielter Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen an. Anschließend hob sie die Alhi-Bewilligung für den Zeitraum 01.01. mit 31.12.1991 teilweise in Höhe von DM 288,39 wöchentlich bestandskräftig (Bescheid vom 04.07.1994, Widerspruchsbescheid vom 28.04.1994) auf und forderte die Erstattung der insoweit eingetretenen Überzahlung in Höhe von DM 14.982,90. Laut Kürzungsnachweis vom 30.12.1994 war zu diesem Zeitpunkt eine Restforderung in Höhe von DM 8.617,70 offen, die durch Bescheid vom 28.04.1995 ab 02.01.1995 in Höhe von DM 15,00 täglich gegen den laufenden Alhi-Bezug aufgerechnet wurde.

Aufgrund des Fortzahlungsantrages vom 07.01.1993, in dem erneut keine laufenden Einkünfte angegeben wurden und wie bei den früheren Anträgen unterschriftlich die Richtigkeit der Angaben und die Kenntnis der Mitteilungspflichten insbesondere aus dem Merkblatt für Arbeitslose Nr.1 versichert wurde, auf dessen Einzelheiten (Stand April 1993) Bezug genommen wird, gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 28.01.1993 Alhi ab 01.01.1993 vorläufig in Höhe von DM 539,40 (BE DM 1.570,00; Leistungssatz 58 v.H.; Leistungsgruppe B/1). Nachdem die Klägerin am 19.07. 1994 eine Selbsteinschätzung des in 1994 erzielten Gewinns abgegeben hatte, errechnete die Beklagte aus einem vorläufigen Gewinn in Höhe von DM 15.000,00 jährlich ein wöchentlich erzieltes Einkommen in Höhe von DM 288,46, hörte die Klägerin hierzu an und hob die Leistungsbewilligung ab 01.01.1994 wegen Nebeneinkommens teilweise in Höhe von DM 129,23 wöchentlich auf (Bescheid vom 19.04.1996), allerdings ohne dass bereits eine Bewilligung für das Jahr 1994 erfolgt wäre. Gegen die laufende Leistung wurde aufgerechnet.

Durch weiteren Bescheid vom 25.11.1994 wurde Alhi ab 01.04. 1994 vorläufig in Höhe von DM 384,42 wöchentlich unter Anrechnung eines Einkommens aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 156,79 sowie unter Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von DM 25,70 täglich aus dem Bescheid vom 08.11.1994 gewährt. Durch Bescheide vom 20.06.2001 wurde einerseits die Leistung endgültig in Höhe von DM 514,80 wöchentlich bewilligt und andererseits für das erste Quartal 1994 nachgezahlt. Mit Bescheid vom 03.05. 1995 gewährte die Beklagte Alhi ab 02.01.1995 vorläufig in Höhe von DM 126,72 wöchentlich unter Anrechnung von Nebeneinkommen in Höhe von DM 407,90 weiter (BE DM 1.710,00; Leistungssatz 57 v.H.; Leistungsgruppe B/1).

II.

Nach der Vorlage des Einkommensteuerbescheides für 1992 und der Angabe, eine Lebensversicherung sei wegen ständiger Verluste in das Geschäft geflossen, außerdem habe sie 1993 Zinsen in Höhe von DM 484,58 erzielt, wurde die Klägerin zur im Zeitraum 01.01. mit 31.12.1992 beabsichtigten Teilaufhebung in Höhe von DM 22.250,80 gemäß § 24 SGB X angehört. Aus dem Einkommensteuerbescheid für 1992 ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 41.719,00 und aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 1.114,00. Die Einkommensteuer wurde auf DM 2.943,00 festgesetzt. Die Beklagte rechnete an die um die Steuerberatungskosten, Versicherungsbeiträge sowie Unterhaltsaufwendungen in Höhe von DM 9.705,00 bereinigten Einkünfte in Höhe von DM 427,90 wöchentlich für den Zeitraum 01.01.1992 mit 31.12.1992, hob die Bewilligung insoweit auf, verlangte den Überzahlungsbetrag in Höhe von DM 22.250,80 zurück und führte im Übrigen die Aufrechnung über DM 15,00 täglich fort (Bescheid vom 04.07.1995).

Durch Bescheide vom 28.04.1995 wurde die Alhi-Bewilligung teilweise ab 01.01.1995 unter Anrechnung eines Nebeneinkommens in Höhe von DM 407,90 wöchentlich aufgehoben und mit einer Restforderung aus dem Bescheid vom 04.07.1994 in Höhe von DM 15,00 täglich gegen den Anspruch auf Alhi ab 02.01.1995 aufgerechnet. Nachdem außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens festgestellt worden war, dass das anzurechnende Einkommen für die Jahre 1992 und 1993 ohne die angefallene Einkommensteuer berücksichtigt worden war, erging Bescheid vom 19.04.1996, mit dem unter Zugrundelegung eines Formblattes "Aufhebungsbescheid" für den Zeitraum 01.01. mit 31.12.1992 aus dem erzielten Nettoeinkommen in Höhe von DM 29.374,64 auf die Alhi DM 19.197,36 angerechnet wurden, § 115 AFG. Diesen Bescheid versteht die Beklagte als Änderungsbescheid zum Bescheid vom 04.07.1995, da eine Reduzierung der Teilaufhebung und des Erstattungsbetrages vorgenommen worden ist.

Durch gesonderten Bescheid vom 19.04.1996 wurde die Alhi-Bewilligung für den Zeitraum 01.01. mit 31.12.1993 wegen der Anrechnung eines Brutto-Nebenverdienstes von DM 44.886,00 in Höhe von DM 17.233,96 teilweise aufgehoben. Die Überzahlung errechnete sich aus einem Anrechnungsbetrag von DM 331,23 wöchentlich.

III.

Der gegen die Bescheide vom 19.04.1996 durch die Klägerin eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 27.08. 1996 ebenso zurückgewiesen wie der weitere Widerspruch ihres Bevollmächtigten gegen die Bescheide vom 28.04.1995, 04.07.1995 und 19.04.1996, soweit nicht die Rechtsbehelfe gegen die Bescheide aus dem Jahre 1995 und gegen den Änderungsbescheid vom 19.04.1996 als unzulässig verworfen worden sind. Der Bescheid vom 04.07.1995 sei nach einer Anhörung vom 28.04.1995 ergangen, wegen der Versäumung der Widerspruchsfrist gegen den Bescheid vom 28.04.1995 sei die Wiedereinsetzung unzulässig, da seit dem Ende der versäumten Frist mehr als ein Jahr vergangen sei. Hinsichtlich des Änderungsbescheides vom 19.04.1996 sei der Rücknahmetatbestand nicht nochmals vollständig überprüft worden, vielmehr sei der Erstattungsbetrag wegen Offenkundigkeit eines Fehlers herabgesetzt worden. Insoweit liege keine Beschwer vor. Der Regelungsgehalt dieses Bescheides erschöpfe sich nämlich in der Herabsetzung des Erstattungsbetrages. Im Übrigen seien die Rechtsbehelfe unbegründet. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für 1993 habe die Klägerin an Nebeneinkünften netto DM 27.863,00 erzielt. Sie sei im Merkblatt Nr.1 hinsichtlich der Berücksichtigung von Nettoeinkommen hinreichend belehrt worden. Ermessen sei nach § 152 AFG nicht auszuüben. Das Sozialrecht kenne außerdem keine Verlustvorträge, die Bedürftigkeit für den Bezug von Alhi müsse immer konkret zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung festgestellt werden.

IV.

Mit der am 04.09.1996 zu Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage wandte die Klägerin sich gegen die Bescheide vom 28.04. 1995, 04.07.1995 und 19.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.1996. Sie machte unter anderem geltend, dass über den Widerspruch gegen den Aufrechnungsbescheid vom 28.04.1995 noch nicht entschieden sei. Eine gesonderte Klage bleibe insoweit vorbehalten. Hinsichtlich des Aufrechnungsbescheides vom 28.04.1995 wurde ein weiteres Aktenzeichen vergeben. Beide Verfahren wurden durch Beschluss vom 19.07.2000 verbunden. Nach Anhörung der Beteiligten wies die 36. Kammer die Klage durch Gerichtsbescheid vom 24.08.2000 im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid ab. Es seien aufgrund der in formeller und materieller Hinsicht sachlich und rechnerisch zutreffend erfolgten Auseinandersetzung im Widerspruchsbescheid keine Fragen mehr offen geblieben. Der Widerspruchsbescheid vom 27.08.1996 betreffe auch die Rechtmäßigkeit des Aufrechnungsbescheides vom 28.04.1995, weswegen eine Untätigkeit nicht festzustellen sei.

V.

Mit der am 11.09.2000 über das Ausgangsgericht eingelegten Berufung wendet sich die Klägerin nach wie vor gegen die streitbefangenen Bescheide, deren rechnerische Zusammensetzung sie nicht überprüfen könne. Insbesondere sei der Rechtsbehelf gegen den Änderungsbescheid vom 19.04.1996 zulässig, bei dem es sich um einen wiederholenden Verwaltungsakt handele, der die Sach- und Rechtslage völlig neu aufrolle. Die Beklagte habe die Rechts- und Sachlage aufgrund früherer Schreiben der Klägerin erneut überprüft und ihre Argumente verworfen. Es sei keineswegs darauf hingewiesen worden, dass es sich um einen Teilabhilfebescheid handele. Dieses komme auch sonst in den Bescheiden nicht zum Ausdruck. Der Widerspruch gegen den Aufrechnungsbescheid sei nach ihrer Auffassung nach wie vor nicht verbeschieden.

Die Beklagte verweist im Wesentlichen darauf, dass die Teilaufhebung der Alhi-Gewährung für das Jahr 1991 bestandskräftig sei. Im Aufrechnungsbescheid vom 02.01.1995 sei die ursprüngliche Erstattungsforderung in Bezug auf die bestehende Restforderung in Höhe von DM 8.617,70 gegen den laufenden Alhi-Anspruch ab 02.01.1995 in Höhe von DM 15,00 täglich aufgerechnet worden, insoweit sei die Entscheidung nicht zu beanstanden. Beim weiteren Bescheid vom 28.04.1995 sei ab 01.01.1995 Einkommen in Höhe von DM 407,90 wöchentlich angerechnet worden. Der Bescheid vom 19.04.1996 habe denjenigen vom 04.07.1995 lediglich abgeändert, mit dem eine Teilaufhebung für den Zeitraum 01.01. mit 31.12. 1992 in Höhe von DM 427,90 wöchentlich verfügt worden sei. Es sei eine Erstattungsforderung in Höhe von DM 19.197,36 festgestellt worden, in Wahrheit hätten jedoch DM 19.897,22 zurückgefordert werden müssen. Mit weiterem Bescheid vom 19.04.1996 sei die Leistungsbewilligung wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen im Jahre 1993 teilweise aufgehoben worden. Auch diese Verwaltungsentscheidung sei rechtmäßig. Zutreffend habe der Widerspruchsbescheid die Rechtsbehelfe gegen die Bescheide aus 1995 wegen Fristversäumnis verworfen und im Übrigen zurückgewiesen, insbesondere sei auch über den Widerspruch gegen den Aufrechnungsbescheid vom 28.04.1995 entschieden worden.

Der Senat hat neben den Streitakten des ersten Rechtszuges die Leistungsakten der Beklagten beigezogen und der Klägerin wiederholt Akteneinsicht gewährt. Eine Stellungnahme in der Sache wurde trotz detaillierten Vorbringens der Beklagten nicht abgegeben.

Der Antrag der Klägerin lautet sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG München vom 24.08.2000 sowie die Bescheide vom 28.04.1995, 04.07.1995 und 19.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.1996 aufzuheben.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG München vom 24.08.2000 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 29.04.2004.

Entscheidungsgründe:

Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet.

Der Senat entscheidet trotz Ausbleibens der Klägerin und deren Bevollmächtigten im Termin vom 29.04.2004 durch Urteil, denn ihr Prozessbevollmächtigter wurde in der ihm lt. Zustellungsurkunde der Deutschen Post AG am 08.04.2004 zugestellten Terminsmitteilung vom 07.04.2004 ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 28.04. und 04.07.1995 sowie 19.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.1996, durch welchen die Rechtbehelfe gegen die teilweise Aufhebung von Alhi wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen hinsichtlich der in 1995 ergangenen Bescheide als unzulässig verworfen und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen worden sind.

Im Ergebnis zu Recht hat das SG die gegen die streitgegenständlichen Bescheide gerichtete zutreffende Anfechtungsklage abgewiesen. Soweit die Klägerin sich gegen die Bescheide vom 28.04. 1995 wendet, sind diese erkennbar bestandskräftig geworden, § 77 SGG. Beide Bescheide sind nach Aktenlage am 28.04.1995 zur Post gegeben worden, so dass die Rechtsbehelfsfrist aufgrund der Bekanntgabe am 01.05.1995, § 37 SGB X, vom 02.05. bis 01.06.1995 gelaufen ist, der erst am 26.07.1996 erhobene Widerspruch war mithin verfristet. Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, § 67 SGG, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Insbesondere war im Falle der teilweisen Aufhebung mit Wirkung vom 01.01.1995 eine Anhörung gemäß § 24 SGB X nicht erforderlich. Die zugrunde liegende Bewilligung von Alhi durch Bescheid vom 03.05.1995 erfolgte nämlich ausdrücklich vorläufig, § 147 AFG. Hierdurch ist noch keine gesicherte Rechtsposition der Klägerin entstanden, vgl. Niesel, AFG, 2. Auflage 1997, § 147 Rdnr.17. Zutreffend hat die Beklagte auch hinsichtlich des Aufrechnungsbescheides vom 28.04.1995 darauf hingewiesen, dass eine Wiedereinsetzung mit Ablauf eines Jahres nach Verstreichen der Rechtsbehelfsfrist der Klägerin grundsätzlich nicht in Frage kommt, § 67 Abs.3 SGG, zumal Anhaltspunkte für das Vorliegen höherer Gewalt bis zum Ablauf der Jahresfrist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

Übt die Arbeitslose während einer Zeit, in der ihr Arbeitslosengeld (Alg) zusteht, eine kurzzeitige Beschäftigung aus, so mindert sich die Lohnersatzleistung, die sich nach § 111 AFG für die Kalenderwoche ergibt, in der die Beschäftigung ausgeübt wird, um die Hälfte des um Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Werbungskosten verminderten Arbeitsentgelts aus dieser Beschäftigung (Nettoarbeitsentgelt), soweit dieses Nettoarbeitsentgelt DM 30,00 übersteigt, § 115 Abs.1 Satz 1 AFG. Gleiches gilt entsprechend für die Zeit, in der Alhi zusteht, § 134 Abs.4 Satz 1, § 138 Abs.1 Nr.1 AFG. Gemäß § 137 AFG liegt die Bedürftigkeit einer Arbeitslosen im Sinne des § 134 Abs.1 Nr.3 AFG nur vor, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Arbeitslosenhilfe nach § 136 AFG nicht erreicht. § 115 AFG ist insoweit lex specialis gegenüber § 138 und verfolgt den Zweck, durch eine geringere Einkommensanrechnung, als sie nach § 138 vorgesehen wäre, einen Anreiz zur Erzielung von Nebeneinkommen zu schaffen, vgl. Gagel, AFG, § 134 Rdnr.202.

Soweit sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 04.07.1995 wendet, welcher die ursprünglich endgültige und bestandskräftige Alhi-Bewilligung ab 01.01.1992 (Bescheid vom 29.01.1992) teilweise aufgehoben hat und nach einer zuvor mit Schreiben vom 27.04.1995 erfolgten Anhörung ergangen ist, gelten zwar die obigen Ausführungen grundsätzlich entsprechend. Jedoch hat die Beklagte im Berufungsverfahren hinsichtlich des Änderungsbescheides vom 19.04.1996 zutreffend ausgeführt, dass letzterem ein falsches Formblatt zugrunde liegt, allerdings wurde kein neuer wöchentlicher Anrechnungsbetrag festgestellt, sondern lediglich der Gesamtanrechnungsbetrag in Höhe von DM 19.197,36. Die außerhalb eines förmlichen Rechtsbehelfs getroffene Feststellung, dass das anzurechnende Einkommen für 1992 (und 1993) die Einkommensteuer nicht berücksichtigt habe, behandelt lediglich den steuerlichen Aspekt, soweit dieser offenkundig aus den Steuerbescheiden hervorgetreten ist, ansonsten sind Veränderungen nicht vorgenommen worden.

Wenngleich eine "offenkundige Unrichtigkeit", die jedem ins Auge springen müsste, mangels vorliegender Offensichtlichkeit nicht gegeben ist, § 38 SGB X, hat die Beklagte entgegen dem Sachvortrag der Klägerin den Gesamtsachverhalt gerade nicht neu aufgerollt, sondern lediglich den Erstattungsbetrag hinsichtlich der Einkommensteuer rechnerisch nachgebessert. Wie zutreffend vorgetragen, hätte eine Erstattungsforderung tatsächlich in Höhe von DM 19.897,22 bestanden, welche aus verfahrensrechtlichen Gründen jedoch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Insoweit wird allein hinsichtlich der auf die einzelnen Einkommensarten entfallenen Einkommensteuer weiter differenziert, so dass auch keine Generalüberprüfung des Rechts- und Sachstandes gegeben ist. Die Beklagte hat den Eintritt in eine neue Sachprüfung mit Ausnahme der steuerrechtlichen Aspekte zu Recht abgelehnt. Ein Zweitbescheid, der den Rechtsweg wieder eröffnen würde, ist mithin nicht gegeben. Soweit nicht das Verbot der reformatio in peius entgegensteht, ist der Gesamtanrechnungsbetrag in Höhe von DM 369,18 monatlich nach § 115 Abs.1 Satz 1 und 2 unter der Berücksichtigung der bei Niesel, a.a.O., § 115 AFG Rdnr.28 i.V.m. Hennig-Kühl-Heuer, AFG, § 115 Rdnr.9 zitierten Formel nicht zu beanstanden. Die Anrechnung von Nebeneinkünften ist mithin insgesamt zutreffend erfolgt.

In Bezug auf die teilweise Aufhebung der Alhi-Bewilligung ab 01.01.1993 durch Bescheid vom 19.04.1996, der nach Aktenlage eine Anhörung mit Schreiben vom 31.10.1995 vorausgegangen ist, liegt mit der ursprünglichen Bewilligung der Leistung ab 01.01. 1993 durch Bescheid vom 28.01.1993 keine endgültige, sondern eine vorläufige Bewilligung gemäß § 147 AFG vor, welche sich nach § 39 Abs.2 SGB X durch die Endentscheidung erledigt hat. Eine gesonderte Aufhebung nach den §§ 44 ff. SGB X ist insoweit nicht erforderlich, insbesondere müssen die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht erfüllt sein. Im Hinblick darauf, dass durch eine vorläufige Entscheidung noch keine gesicherte Rechtsposition entstanden ist, ist auch die - hier durchgeführte - Anhörung nach § 24 SGB X entbehrlich, vgl. Niesel, a.a.O., § 147 Rdnr.17. Die endgültige Leistungsbewilligung für den Zeitraum 01.01. mit 31.12.1993 ist zur Überzeugung des Senats auch sachlich nicht zu beanstanden.

Laut Steuerbescheid 1993 wurden Gesamtbruttoeinkünfte in Höhe von DM 44.886,00 erzielt, von denen nach Abzug der Werbungskosten etc. ein Nettobetrag in Höhe von DM 32.959,00 verblieben ist. Unter Berücksichtigung der Einkommensteuer in Höhe von DM 5.096,00 blieb ein anzurechnender Betrag in Höhe von DM 27.863 übrig, der ein wöchentlich zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von DM 535,82 ergibt. Der Anrechnungsbetrag in Höhe von DM 331,23 wöchentlich ist unter Beachtung der oben zitierten Formel zutreffend ermittelt worden, wobei sich der Betrag nach § 115 Abs.1 Satz 1 auf DM 252,91, nach Satz 2 auf DM 78,31 beläuft, so dass DM 331,22 wöchentlich zu Recht berücksichtigt worden sind. Der Gesamtbetrag in Höhe von DM 17.223,96 hält einer Überprüfung insgesamt stand. Zutreffend verweist die Beklagte darauf, dass ein Verlustvortrag im Recht der Arbeitslosenhilfe ebenso wenig vorzunehmen ist wie zwischen verschiedenen Einkommensarten, vgl. BSG vom 27.07.1989, SozR 4100 § 138 Nr.26.

Im Ergebnis sind die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten ebenso wenig zu beanstanden wie der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts. Es ist auch nicht ersichtlich, dass weitere Verwaltungsakte gemäß §§ 86, 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Während des Berufungsverfahrens ergangene Bescheide vom 20.06.2001 betreffen jedenfalls Leistungsbewilligungen für das Jahr 1994 und haben keinen der streitbefangenen Bescheide ergänzt oder abgeändert. Die dortige Rechtsbehelfsbelehrung ist folgerichtig zutreffend. Soweit die Klägerin hilfsweise eine Untätigkeitsklage auf Verbescheidung ihres Widerspruchs gegen den Aufrechnungsbescheid vom 28.04.1995 erhebt (Berufungsschriftsatz vom 06.09.2000; Schriftsatz vom 23.10.1996, Sozialgerichtsakte S 36 AL 1546/96), ist diese unbegründet. Da der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid auch den Aufrechungsbescheid vom 28.04.1995 mitumfasst, müsste einer Untätigkeitsklage der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte die Beklagte, welche für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet werden, die der Klägerin zu deren zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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