L 1 BA 96/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 2204/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 96/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2018 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, die diese selbst zu tragen haben Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin gestanden hat.

Der Beigeladene zu 1) schloss am 2. Januar 2014 mit der Klägerin eine Rahmenvertrag, in dem er sich bereit erklärte, der Klägerin ab dem 2. Januar 2014 für eine Tätigkeit als Objektüberwacher zur Verfügung zu stehen. Das Nähere zum Gegenstand der Tätigkeit und zur Höhe der Vergütung sollte sich aus einer abzuschließenden Projektvereinbarung ergeben. Am 9. Januar 2014 schloss der Beigeladene zu 1) dann mit der Klägerin eine Projektvereinbarung. Nach dieser sollte er für 400,- EUR netto täglich im Rahmen der Objektüberwachung für das Projekt "Flughafen BER – Objektüberwachung Fertigstellung Hochbau und TGA des Flughafengastterminals (FGT) inkl. Abnahmen sowie Abrechnungsmanagement inkl. Nachtragsprüfungen – Hochbau Objektüberwachung LPH 8 und 9 ohne Abrechnung und Nachtragsprüfung, Los 1" tätig werden.

Am 30. Oktober 2015 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Prüfung seines sozialversicherungsrechtlichen Status mit dem Ziel, das Nichtvorliegen einer Beschäftigung feststellen zu lassen. Er erklärte, Inhalt seiner Tätigkeit am Projekt "Flughafen Berlin Brandenburg" sei die Aufmaß und Rechnungsprüfung der Arbeitsgemeinschaft Trockenbau, die Teilaufgabe des objektüberwachenden/bauleitenden Architekten oder Ingenieurs sei. Schwerpunkte seiner Tätigkeit seien die Rechnungsprüfung, die Aufmaßprüfung sowie die Visualisierung und Darstellung komplexer Sachverhalte als Entscheidungsgrundlage für den Bauherrn. Er nutze Arbeitsmittel des Endkunden (Desktop PCs) sowie eigene Arbeitsmittel, nämlich Büromaterial, Smartphone, Digitalkamera USB-Sticks, Notebook, Scanner, Baustellenschuhe und Ähnliches. Er arbeite im Wesentlichen auf der Baustelle. Der Beigeladene zu 1) legte Rechnungen über seine Tätigkeit für die Monate Dezember 2014 bis November 2015 über Beträge von 7.378,- EUR bis 10.353,- EUR monatlich vor (jeweils einschließlich Umsatzsteuer).

Nach Anhörung der Beteiligten entschied die Beklagte durch an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) gerichteten Bescheid vom 22. Juni 2016, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die Klägerin als Objektüberwacher seit dem 2. Januar 2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, nicht aber in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass die Klägerin einen Teil ihrer Aufträge an den Beigeladenen zu 1) weitergebe, der Beigeladene zu 1) einzig seine Arbeitskraft schulde und für seine Tätigkeit einen gleichbleibenden Tagessatz in Höhe von 400,- EUR erhalte. Für eine selbständige Tätigkeit spreche, dass der Beigeladene zu 1) ein eigenes Büro betreibe und eigene Arbeitsmittel nutze. Bei einer Gesamtwürdigung würden die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Der Beigeladene zu 1) werde nach außen hin für die Klägerin tätig und habe nach Annahme des Auftrags Ort und Zeit der Arbeitsleistung nicht mehr frei wählen können. Es fehle das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko. Auch die im Rahmen der Anhörung vorgetragenen Gründe, dass der Beigeladene zu 1) die Bereiche übernehme, die von der Klägerin nicht abgedeckt werden konnten, er keine Weisungen erhalte und eine eigene Firma habe, hätten nicht zu einer anderen Entscheidung geführt. Trotz einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin sei der Beigeladene zu 1) nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung, weil er hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei. Die Voraussetzungen für einen Beginn der Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe der Statusfeststellungsentscheidung seien nicht erfüllt, weil der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt worden sei.

Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) erhoben Widerspruch. Der Beigeladene zu 1) sei als Nachunternehmer der Klägerin beschäftigt. Sie habe zusammen mit einer anderen Firma als Arbeitsgemeinschaft die Aufgabe, von anderen erbrachte und abgerechnete Trockenbauleistungen auf inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Dieser Teil des Auftrags sei als Untergewerk auf den Beigeladenen zu 1) übertragen worden, der ihn selbständig und in eigener Verantwortung ausführe. Nach dem Rahmenvertrag sei der Beigeladene zu 1) völlig frei darin, einzelne Projektvereinbarungen abzuschließen. Er sei nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert, verfüge dort nicht über einen festen Arbeitsplatz und werde nicht in Dienstpläne eingeteilt. Er erhalte keine Weisungen und benutze seine eigenen Arbeitsmittel.

Die Beklagte wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2016 zurück. Maßgebend für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit seien in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung. Die der Tätigkeit zugrunde liegenden Verträge würden keine konkreten Termine, Arbeitsleistungen oder Werke bezeichnen, so dass laufende Präzisierungen in Bezug auf die geschuldeten Leistungen erforderlich seien. Der Beigeladene zu 1) sei zur höchstpersönlichen Erbringung seiner Leistungen verpflichtet. Die Klägerin setze für gleichgelagerte Tätigkeiten auch abhängig Beschäftigte ein, ohne dass relevante Unterschiede in Bezug auf die Person des Beigeladenen zu 1) festgestellt werden könnten. Die eigenständige Ausübung der Tätigkeit begründe noch nicht die Annahme von Selbständigkeit. Flexiblen Arbeitszeiten und -orten komme immer geringere Bedeutung für die Begründung von Selbständigkeit zu, da durch die modernen Kommunikationsmöglichkeiten die Eingliederung in die betriebliche Organisation erhalten bleibe. Die benötigten Arbeitsmittel würden von der Klägerin zur Verfügung gestellt, deren gesamte Arbeitsorganisation darauf ausgerichtet sei, für ihre Kunden Planungs-, Entwicklungs-, Konstruktions- und Dokumentationsaufgaben unter Einsatz eigenen Personals durchzuführen. Der Beigeladene zu 1) trage wegen der erfolgsunabhängigen Vergütung kein Unternehmerrisiko. Es komme auch nicht auf seine individuelle Schutzbedürftigkeit an.

Dagegen richtet sich die am 29. November 2016 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Die Beklagte verkenne die Bedeutung der vertraglichen Abmachungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1). Diese stünden nicht im Widerspruch zur tatsächlichen Handhabung. Der Beigeladene zu 1) erhalte keine Weisungen. Er erbringe seine Leistungen nicht in den Räumlichkeiten der Klägerin und nicht in einem Zusammenwirken mit anderen Mitarbeitern der Klägerin. Er stehe völlig außerhalb der Arbeitsorganisation der Klägerin, verwende seine eigenen Arbeitsmittel und erhalte eine Vergütung nur für die tatsächlich erbrachten Arbeitszeiten.

Das Sozialgericht hat nach Befragung des Beigeladenen zu 1) durch Urteil vom 20. Juli 2018 die angefochtenen Bescheide dahingehend geändert, dass die Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses mit Versicherungsflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung auf die Zeit vom 2. Januar 2014 bis 31. Juli 2016 beschränkt wird, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die zukunftsoffene Feststellung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin sei auf die Zeit vor dem 1. August 2016 zu beschränken gewesen, weil der Kläger seitdem seine Arbeitsleistung nicht mehr für die Klägerin, sondern als Gesellschafter-Geschäftsführer der Mach Baumanagement GmbH erbringe. Für den vorherigen Zeitraum ab dem 2. Januar 2014 sei indessen von einem Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände würden überwiegen, obwohl die Beteiligten selbst ausdrücklich kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis hätten begründen wollen. Die indizielle Bedeutung des Willens der Vertragsparteien werde aber dadurch abgeschwächt, dass der Beigeladene zu 1) als Erfüllungsgehilfe der Klägerin tätig geworden sei. Die Klägerin sei auf sein Expertenwissen angewiesen gewesen. Eine Eingliederung in die betriebliche Organisation der Klägerin habe sich auch aus der Zusammenarbeit des Beigeladenen zu 1) mit dem für Rechnungsprüfung zuständigem Mitarbeiter der Klägerin ergeben. Die Prüfung sei besonders umfangreich gewesen und habe deswegen von zwei Personen vorgenommen werden müssen. Die unabdingbare Zusammenarbeit belege die arbeitsorganisatorische Eingliederung des Beigeladenen zu 1). Die fachliche Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) könne keine andere Entscheidung begründen. Insoweit liege eine bei Diensten höherer Art typische funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess vor. Die eigenverantwortliche Ausführung von Tätigkeiten sei nur dann Indiz für eine Selbständigkeit, wenn sie eigennützig zur Steigerung der Verdienstchancen eingesetzt werde. Dazu müsse die Vergütung erfolgsabhängig sein und sich nicht wie hier nach dem zeitlichen Arbeitsaufwand bestimmen. Dass nur die geleisteten Stunden bezahlt und keine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung geltend gemacht worden seien sei typisch für Konstellationen wie die vorliegende, in denen die Beteiligten übereinstimmend von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen seien. Der Beigeladene zu 1) habe kein Unternehmerrisiko getragen, weil er nicht eigenes Kapital und die eigene Arbeitskraft mit dem Risiko eines Verlustes eingesetzt habe.

Gegen das ihr am 13. August 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. September 2018 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Berufung der Klägerin. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit alleine ausgeübt und nicht in den Räumlichkeiten der Klägerin, sondern auf der BER-Baustelle gearbeitet. Die Klägerin habe ihm keine Betriebsmittel oder Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit selbst eingeteilt. Er habe keinen Weisungen unterlegen und sei von der Klägerin weder überwacht noch kontrolliert worden. Eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Klägerin habe in keiner Weise stattgefunden. Die tatsächlichen Verhältnisse stünden nicht im Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen. Das Sozialgericht habe seine Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, dass der Beigeladene zu 1) von der Klägerin zur Erfüllung ihrer eigenen vertraglichen Pflichten herangezogen werde. Dadurch werde aber eine organisatorische Eingliederung und ein Beschäftigungsverhältnis nicht belegt. Jeder Auftraggeber verfolge mit der Erteilung eines Auftrags seine eigenen Zwecke, ohne dass deswegen immer eine abhängige Beschäftigung angenommen werden könne. Der Beigeladene zu 1) sei in die Betriebsabläufe der Klägerin gerade nicht eingebunden gewesen. Er habe seine Tätigkeit im Rahmen der ARGE Objektüberwachung erbracht, die sich aus über 100 Unternehmen mit unterschiedlichen Aufgaben zusammensetze. Gegenstand der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei die Aufmaßprüfung bezüglich der von der ARGE Trockenbau erstellten Bauwerke gewesen. Diese Tätigkeit habe der Beigeladene zu 1) völlig selbständig ausgeübt. Die zu prüfenden Rechnungen habe der Beigeladene zu 1) entweder von der ARGE Trockenbau oder von der Flughafengesellschaft erhalten, ohne dass es zu einer Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Klägerin gekommen sei. Der Beigeladene zu 1) habe die Ergebnisse seiner technischen Prüfung an die Klägerin weitergegeben, welche dann eine rechnerische und inhaltliche Prüfung vorgenommen habe. Das sei keine Zusammenarbeit, der Beigeladene zu 1) habe lediglich seine Arbeitsergebnisse abgeliefert. Dass er diese einem Mitarbeiter der Klägerin ausgehändigt habe liege nur daran, dass diese zufällig innerhalb der Arbeitsgemeinschaft auch mit der inhaltlichen und rechnerischen Prüfung beauftragt worden sei. Diese Aufgabe hätte auch von einem anderen Unternehmen der Arbeitsgemeinschaft ausgeführt werden können. Dass der Beigeladene zu 1) nicht in die Betriebsabläufe der Klägerin eingebunden worden sei, werde auch dadurch bestätigt, dass er seine Tätigkeit bereits in gleicher Weise ausgeübt habe, bevor die Klägerin in dem Bauvorhaben Überwachungsaufgaben übernommen habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2018 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2016 auch insoweit aufzuheben, als darin festgestellt worden ist, dass der Beigeladene zu 1) in dem Zeitraum vom 2. Januar 2014 bis zum 31. Juli 2016 in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Objektüberwacher der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit die angefochtenen Bescheide Zeiten der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin vom 2. Januar 2014 bis zum 31. Juli 2016 betrafen. Der Beigeladene zu 1) stand in dieser Zeit bei der Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis, aus dem sich Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ergab.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Der Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung setzt danach eine Beschäftigung voraus, die in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert wird. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).

Der Beigeladene zu 1) ist für die Klägerin in dem streitigen Zeitraum als Objektüberwacher tätig geworden. Aus der Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit ergibt sich noch nicht, ob sie der Rechtsform einer selbständigen Tätigkeit oder einer abhängigen Beschäftigung zuzuordnen ist. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beigeladenen zu 1) hat die Klägerin zur Erledigung der von ihr auf der Baustelle BER übernommenen Aufgaben je zur Hälfte Beschäftigte und freie Mitarbeiter einsetzt. Entscheidend ist, wie die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin organisiert und abgefordert wurde. Maßgebend sind dabei die Verhältnisse während der Tätigkeit, welche der Beigeladene zu 1) mit der Klägerin verabredet und für sie verrichtet hatte (vgl. BSG v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn 22; Urt. v. 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris Rn 17). Dabei ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nichts für eine selbständige Tätigkeit aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1) nach dem Rahmenvertrag frei in seiner Entscheidung darüber war, ob er eine ihm angebotene konkrete Projektvereinbarung abschließen wollte. Jeder Arbeitnehmer ist nämlich frei in seiner Entscheidung dazu, ob er ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingehen will oder nicht.

Auszugehen für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung ist von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene Vertrag deutet allerdings darauf hin, dass die Beteiligten eine freie Mitarbeit und keine abhängige Beschäftigung vereinbarten wollten. Das ergibt sich aus den im Vertrag verwendeten Bezeichnungen "Auftraggeber und Auftragnehmer", der Vereinbarung des Stellens von Rechnungen durch den Beigeladenen zu 1) unter Ausweisung von Umsatzsteuer und der ausdrücklichen Abrede, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit völlig selbständig gestalten können sollte. Auf der anderen Seite deuten einige Regelungen des Vertrages aber eher auf arbeitnehmertypische Verhältnisse hin: Dafür ist zuerst die Vereinbarung eines pauschalen, aber nach Stunden berechneten Tageshonorars zu nennen, dessen Abrechnung nur nach Vorlage einer vom Bauherrn unterzeichnetet Projektkarte und eines Bautagesbuchs erfolgen sollte. Zudem waren tägliche Höchstarbeitszeiten vorgeschrieben, deren Überschreitung nur mit vorheriger Zustimmung des Auftraggebers zulässig war. Im Übrigen hat der Beigeladene zu 1) nach seinem Vortrag in dem streitigen Zeitraum seine Arbeitskraft aufgrund des Umfang der ihm von der Klägerin abgeforderten Leistungen ausschließlich der Klägerin zur Verfügung gestellt, was ebenso einer für eine Beschäftigung typischen Ausgestaltung der Verhältnisse entspricht.

Das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und kann deswegen nicht Gegenstand einer einzelvertraglichen Vereinbarung sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welcher gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urt. v. 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17). Für das Verhältnis der rechtlichen Gegebenheiten zu den tatsächlichen Verhältnissen gilt nach der neueren Rechtsprechung des BSG, dass eine im Widerspruch zu den rechtlichen Abreden stehende tatsächliche Handhabung geht der formellen Vereinbarung nur vor, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich möglich war. Die tatsächliche Nichtausübung einer bestehenden Rechtsposition ist unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen worden ist. Insoweit gehört zu den tatsächlichen Verhältnissen auch eine unabhängig von ihrer Ausübung fortbestehende Rechtsmacht (vgl. zuletzt BSG Urt. v. 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R; B 12 KR 25/10 R).

Der zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin geschlossene Vertrag enthält keine ausdrückliche Regelung über ein Weisungsrecht. Nach Auffassung des Senats ist der Beigeladene zu 1) bei der Erbringung der von ihm geschuldeten Tätigkeit aber tatsächlich in eine fremde betriebliche Organisation eingegliedert gewesen. Dies prägte die Umstände seiner Arbeitsleistung, so dass es auf das Fehlen eines ausdrücklich vertraglich vereinbarten Weisungsrechtes nicht ankommt. Für die tatsächliche Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in fremde Arbeitsabläufe spricht zunächst, dass ihm nach dem Inhalt seiner Tätigkeit Zeit und Ort seiner Leistungen vorgegeben wurden, ebenso wie ihr Anlass und ihr Gegenstand. Der Beigeladene zu 1) musste auf der BER-Baustelle tätig werden und in Abstimmung mit den bauausführenden Firmen. Diese Einbindung in fremde Organisationen wird nicht dadurch relativiert, dass sie schon aufgrund der Art der Tätigkeit notwendig war. Auch eine aus arbeitstechnischen Gründen erforderliche enge Beschränkung der bei Ausübung einer Tätigkeit verbleibenden Freiheiten und Entscheidungsspielräume steht mit dem Typus der selbständigen Tätigkeit nicht in Übereinstimmung, der gerade durch die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Eine bestehende Einschränkung eigener Gestaltungsspielräume kann lediglich durch andere Merkmale, etwa durch die Nutzung eigener Wirtschaftsgüter oder die Beschäftigung sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer, wieder ausgeglichen werden.

Der Bau des BER stellt eine hochkomplexe Angelegenheit dar, die ein vielfältiges Zusammenwirken der am Bau Beteiligten Personen und Firmen erfordert. Dies spiegelt sich auch in den Verhältnissen wieder, welche für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bestimmend waren. Der Beigeladene zu 1) hatte einen Vertrag mit der Klägerin geschlossen, die wiederum als Teil einer AG gegenüber dem Bauherrn des Flughafens verpflichtet war. Gegenstand der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) war die Prüfung von Trockenbauleistungen, die von einer anderen AG für den Bauherrn des Flughafens erbracht wurden. Insoweit war die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) vielfältig mit anderen Arbeitsprozessen verflochten, die sich seinem Einfluss entzogen.

Der Senat kann nicht feststellen, dass der dem Kläger übertragene Aufgabenbereich vertraglich als selbständiges Gewerk ausgestaltet gewesen ist. Der Kläger erledigte Aufgaben, die arbeitsteilig der Erfüllung der Gesamtleistung Objektüberwachung dienten, zu der sich die Klägerin als Teil einer AG gegenüber dem Bauherren des Flughafens verpflichtet hatte. Dem Beigeladenen zu 1) waren keine Aufgaben übertragen worden, die nach außen hin, gegenüber dem Auftraggeber der Klägerin, als organisatorisch eigenständiger oder sonst abgrenzbarer Leistungsbestandteil ausgewiesen worden waren. Auch nach innen, auf vertraglicher Grundlage zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1), ist das nicht erfolgt. Die Projektvereinbarung nimmt den Beigeladenen zu 1) für die Erfüllung der der Klägerin gegenüber dem Bauherrn obliegenden Aufgaben in die Pflicht, ohne ihm aber eine besonderen Teilbereich der anfallenden Aufgaben zur selbständigen Erledigung zuzuweisen. Soweit die Beteiligten geltend machen, dass der Beigeladene zu 1) den Teilbereich der von der Klägerin geschuldeten Leistungen zur selbständigen Erledigung übernommen habe, der dadurch definiert werden, für Zwecke der Rechnungsprüfung selbständig und ohne zeitliche Vorgaben das Aufmaß der von Dritten erstellten Trockenbauleistungen zu nehmen, lässt sich eine entsprechende Beschränkung der Tätigkeit weder der geschlossenen Rahmenvereinbarung noch der geschlossenen Projektvereinbarung entnehmen. Nach dem Wortlaut der Projektvereinbarung war der Beigeladene zu 1) auch zur Erledigung anderer Tätigkeiten verpflichtet, soweit sie zur Objektüberwachung im Rahmen des von der Klägerin übernommenen Projektes anfielen. Dass die Klägerin von ihrem durch die Projektvereinbarung begründeten Weisungsrecht keinen Gebrauch gemacht bzw. dem Beigeladenen zu 1) tatsächlich nur solche Tätigkeiten übertragen hatte, mit deren Übernahme er einverstanden war, ändert nichts an dem Bestehen weitergehender vertraglicher Verpflichtungen.

Dagegen kann nicht erfolgreich eingewandt werden, dass auch Freiberufler und andere Selbständige üblicherweise Vorgaben für ihre Tätigkeit erhalten, ohne dass deswegen die Selbständigkeit in Frage stehen würde. Zwar begründet nicht jede inhaltliche Vorgabe schon die Annahme einer Weisungsgebundenheit. Tätigkeiten bleiben nämlich weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Schon angesichts der Dimension der zur Objektüberwachung erforderlichen Leistungen ist aber nicht ersichtlich, wie dem Beigeladenen zu 1), der ohne Hilfskräfte und eigenes Arbeitsmaterial auf einer Großbaustelle arbeitete, abgrenzbare Aufgabenbereiche zur selbständig organisierten und eigenverantwortlichen Erledigung verbleiben konnten. Der Beigeladene zu 1) arbeitete nach seinem Vorbringen aus der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht einem anderen Mitarbeiter der Klägerin zu, der auf der Grundlage der von dem Beigeladenen zu 1) erstellten Aufmaße die Rechnungen der Trockenbaufirmen weiter prüfte. Eigentlicher Gegenstand der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) auf der Baustelle war nach der Projektvereinbarung die (personelle) Unterstützung der Klägerin in Form der Mithilfe bei den von ihr zu erledigenden Aufgaben. Das alles belegt, dass der Beigeladene zu 1) keine abgrenzbaren Projekte zur selbständig organisierten Erledigung übertragen erhielt, sondern der Klägerin bzw. dem mit dieser vertraglich verbundenen Bauherrn des Flughafens seine Arbeitskraft und beruflichen Fähigkeiten auf Abruf zur Verfügung stellte. Dem entspricht im Übrigen auch die Form der vertraglich geregelten Vergütung, die pauschal nach Zeit und nicht nach einzelnen erledigten Arbeitsaufgaben erfolgte. Daran ändert nichts, dass der Beigeladene zu 1) besondere Fachkenntnisse und herausragende Fähigkeiten zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben benötigte und einsetzte. Gerade für Tätigkeiten höherer Art ist nämlich charakteristisch, dass sich die Weisungsgebundenheit auf eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess reduziert.

Hinzu kommt die Einbindung des Beigeladenen zu 1) in die von der Klägerin bzw. dem mit ihr vertraglich verbundenen Bauherrn vorgegebenen organisatorischen Rahmenbedingungen. Der Beigeladene zu 1) musste sich Tagesnachweise über seine Tätigkeit abzeichnen lassen. Außerdem trug er kein Unternehmerrisiko. Nach der Projektvereinbarung erhielt er eine nach Tagen berechnete Vergütung für seine Tätigkeit, die sich weder durch gute Leistungen steigern ließ noch bei schlechten Leistungen (teilweise) ausgefallen wäre. Soweit er eigene Arbeitsmittel eingesetzt hat, handelte es sich nach seinem eigenen Vortrag um PC-Technik, Schreibmaterial, Zeichengeräte, Taschenlampe, Messgeräte und Baubekleidung, also um Hilfsmittel, deren Verwendung typisch für Arbeitnehmer ist, und nicht um unternehmertypische Investitionsgüter. Danach steht für den Senat fest, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ausschließt.

Mit der Aufnahme der abhängigen Beschäftigung entstand dem Grunde nach die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Aufgrund der Höhe der von den Beteiligten mitgeteilten Honorare ist die Beklagte zu Recht nicht von einer versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV ausgegangen.

Ein Beginn der Versicherungs- und Beitragspflicht erst mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil der Beigeladene zu 1) nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit einen Antrag auf Statusfeststellung gestellt hat.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht erkennbar.
Rechtskraft
Aus
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