S 14 KA 266/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 266/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheides für das Quartal I/2017 im Hinblick auf sachlich-rechnerische Berichtigungen nach Regelwerk. Diese waren in einem Umfang von 175.306 Punkten erfolgt und umfassten Streichun-gen von Gebührenordnungspositionen, die die Klägerin im Zusammenhang mit ambu-lanten Operationen und Ultraschalluntersuchungen angesetzt hatte. Betroffen waren

&61607; Nr. 31202 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM): Eingriff am Gefäßsystem der Kategorie K2, &61607;

&61607; Nr. 31204 EBM: Eingriff am Gefäßsystem der Kategorie K4, &61607;

&61607; Nr. 33072 EBM: Sonographische Untersuchung der extremitätenver- und/oder ent-sorgenden Gefäße mittels Duplex-Verfahren, &61607;

&61607; Nr. 33075 EBM: Zuschlag zu den Gebührenordnungspositionen 33070 bis 33074 für die Durchführung der Untersuchung als farbcodierte Untersuchung. &61607;

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Berufsausübungsgemeinschaft, der acht Fach-ärzte für Angiologie, Gefäßchirurgie oder Anästhesiologie angehören und die in F zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.

Gegen den am 18.07.2017 ergangenen Abrechnungsbescheid für das Quartal I/2017 er-hob die Klägerin am 21.07.2017 Widerspruch. Sie machte geltend, die Beklagte habe Zif-fer 8 der Präambel zu Abschnitt 31.2.1 EBM fehlerhaft interpretiert. Dieser lautet:

In einem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, können vom Operateur neben der ambulanten Operation nur die Gebührenordnungspositionen 01220 bis 01222, 01320 und 01321, 01410 bis 01415, 01436, 01439, 01450, 01460, 01461, 01602, 01610 bis 01612, 01620 bis 01623, 01626, 01640 bis 01642, 01700, 01701, 01702, 01703, 01705 bis 01707, 01709, 01711 bis 01723, 01730 bis 01733, 01735, 01737, 01740 bis 01743, 01747, 01748, 01750, 01752 bis 01758, 01770 bis 01775, 01780 bis 01787, 01790 bis 01793, 01800, 01802 bis 01811, 01815, 01816, 01820 bis 01822, 01825 bis 01828, 01830 bis 01833, 01835 bis 01839, 01840, 01850, 01915, 01949, 01950 bis 01952, 01955, 01956, 01960, 02325 bis 02328, 05227, 06227, 07227, 08227, 09227, 10227, 13227, 13297, 13347, 13397, 13421, 13423, 13497, 13547, 13597, 13647, 13697, 14217, 16218, 18227, 19310, 19312, 19315, 19320, 20227, 21227, 21228, 22219, 26227, 27227 und 30701, die Versicherten- und Grundpauschalen, die Gebührenordnungsposi-tion 06225 unter Berücksichtigung der Regelungen der Präambel 6.1 Nr. 6, Ge-bührenordnungspositionen der Kapitel bzw. Abschnitte 30.1.3, 30.12, 31.3, 31.4.3, 31.5.2, 32, 34 und 35 sowie die Gebührenordnungspositionen 01100 oder 01101 jeweils in Verbindung mit der Gebührenordnungsposition 01414 berechnet wer-den.

Diese Regelung sei zwar im Sinne der Qualitätssicherung und Kostenkontrolle plausibel. Sie bearbeite hingegen unterschiedliche Operationsgebiete an unterschiedlichen Tagen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang Streichungen vornehme, dass die Beklagte am Folgetag ohne Ansatz einer Operationsziffer durchge-führte Narkosen vergüte und dass Ultraschalluntersuchungen während einer Operation nicht vergütet würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie stellte darauf ab, dass die Bestimmungen des EBM verbindlich seien. Die von der Streichung betroffenen Gebührenordnungspositionen zählten nach Ziffer 8 der Präam-bel des Abschnitts 31.2 EBM nicht zu den abrechnungsfähigen Leistungen.

Am 06.12.2017 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor, die Streichungen hätten ambulante Operationen betroffen, die in einem Zeitraum von drei Tagen bei demselben Patienten in Ansatz gebracht worden sei-en. Diese seien rechtswidrig. Ziffer 8. der Präambel des Abschnitts 31.2 EBM sei hier nicht anwendbar, denn die erfolgten Operationen bezögen sich auf abgrenzbare und neue körperliche Operationsbereiche. Dies sei durch die OPS-Codes und die Behand-lungsunterlagen belegt. Das gleiche gelte für die Ultraschall-Untersuchungen. Im Vor-dergrund müsse immer die medizinische Notwendigkeit gesehen werden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 06.11.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass Ziffer 8. der Präambel zu Abschnitt 31.2 EBM einer anderen Entscheidung entgegenstehe. Ausnahmen sehe die Regelung nicht vor. Maßgebend sei ihr Wortlaut.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug ge-nommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin ist durch den Abrechnungsbescheid für das Quartal I/2017 vom 18.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2017 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG be-schwert.

Der Bescheid ist rechtmäßig.

Die Voraussetzungen der sachlich-rechnerischen Berichtigung der Abrechnung der Klägerin für das Quartal I/2017 sind erfüllt.

Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Berichtigung ist § 106a Abs. 2 Satz 1 Fünf-tes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrech-nungen der Vertragsärzte fest. Festzustellen ist hierbei, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, das heißt mit dem EBM, den Honorarvertei-lungsverträgen sowie den weiteren Abrechnungsbestimmungen, übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert wurden (vgl. BT-Drucks. 15/1525 S. 117 zu § 106a SGB V). Daneben ergibt sich das Berichtigungsrecht der Beklagten aus den Rege-lungen der Bundesmantelverträge (§ 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 34 Abs. 4 Ersatzkassenvertrag).

Zugrunde liegt § 75 Abs. 1 SGB V. Danach haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Ver-sorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Ver-tragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen.

Die Abrechnung der Klägerin für das Quartal I/2017 war unrichtig, soweit sie die Nrn. 31202, 31203, 33072 und 33075 EBM in einem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, neben einer ambulanten Operation angesetzt hat. Eine Abrechnung dieser Gebührenordnungspositionen kam nach Ziffer 8 der Präambel des Abschnitts 31.2.1 EBM nicht in Betracht. Diese sind nicht als Leistungen aufgeführt, die neben einer ambulanten Operation innerhalb eines Zeitraums von drei Tagen nach dem Operationstag abrechenbar sind.

Ausnahmen, die die Klägerin für den Fall medizinischer Notwendigkeit beansprucht, sieht die Regelung nicht vor. Vielmehr beschränkt sie sich darauf, einen Katalog abre-chenbarer Gebührenordnungspositionen aufzustellen. Die Formulierung lautet, wie dar-gestellt: "In einem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, können vom Operateur neben der ambulanten Operation nur die Gebührenordnungspositionen ... berechnet werden."

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich; dies gründet sich zum einen darauf, dass das ver-tragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM ist, Unklarhei-ten zu beseitigen; zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Ge-samtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenord-nungen oder durch analoge Anwendung zulässt; Raum für eine systematische Interpre-tation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden ver-gleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entste-hungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az.: B 6 KA 39/14 R).

Danach ist eine ergänzende Auslegung oder analoge Anwendung einer Gebührenbe-stimmung ausgeschlossen (Sozialgericht (SG) Marburg, Urteil vom 17.06.2009, Az.: S 12 KA 171/08).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsge¬richtsordnung (VwGO). Danach trägt der Unterliegende die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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