L 8 R 89/14 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 27 R 2017/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 89/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 9.12.2013 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 12.411,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht am 9.1.2014 (§§ 173 Satz 1, 64 Abs. 2, 63 SGG) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 11.12.2013 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 9.12.2013 ist unbegründet.

Zu Recht hat das SG Düsseldorf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 16.10.2013 gegen den Beitragsbescheid vom 19.9.2013 abgelehnt. Denn es ist nach summarischer Prüfung zutreffend davon ausgegangen worden, dass dieser Bescheid sich in der Hauptsache voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird. Der Senat schließt sich daher nach eigener Prüfung und Meinungsbildung der Beurteilung des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dabei entspricht es insbesondere der ständigen Rechtsprechung des Senates, dass Rechtsbehelfe gegen Beitragsbescheide prüfender Rentenversicherungsträger weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV aufschiebende Wirkung haben (Senat, Beschluss v. 20.12.2012, L 8 R 565/12 B ER; Beschluss v. 16.9.2013, L 8 R 361/13 B ER; Beschluss v. 11.5.2015, L 8 R 106/15 B ER; Beschluss v. 10.6.2016, L 8 R 977/15 B ER; ebenso Bayerisches LSG, Beschluss v. 16.3.2010, L 5 R 21/10 B ER; LSG Hamburg, Beschluss v. 16.4.2012, L 3 R 19/12 B ER; Hessisches LSG, Beschluss v. 22.8.2013, L 1 KR 228/13 B ER; Sächsisches LSG, Beschluss v. 30.8.2013, L 1 KR 129/13 B ER; jeweils juris). Zu Recht fordert die Antragsgegnerin damit nach § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) von der Antragstellerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 49.644,00 Euro für den tatsächlichen Zeitraum 1.10.2009 bis zum 31.11.2011.

Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Aufgrund des summarischen Prüfungsmaßstab im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens führt die Notwendigkeit ergänzender Tatsachenfeststellungen zu verschiedenen Aspekten im Hauptsacheverfahren - hier zunächst im Rahmen der Amtsermittlung (§§ 62 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X] i.V.m. §§ 78, 85 SGG) in dem durch die Antragsgegnerin noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahren - nicht dazu, dass der Antrag im einstweiligen Rechtschutz Erfolg hat und es zu einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER; juris, jeweils m.w.N.), mithin, ob die Entscheidung offensichtlich rechtswidrig ist. Vor diesem Hintergrund hätte es im Eilverfahren der Antragstellerin oblegen, substantiiert hinsichtlich jeder einzelnen Betreuungskraft vorzutragen, ob und in welcher Weise sich deren Tätigkeit aus ihrer Sicht abweichend von den Annahmen der Antragsgegnerin darstellte und diesen Vortrag glaubhaft zu machen (vgl. Senat, Beschluss v. 18.5.2016, L 8 R 658/14 B ER). Dies ist im Wesentlichen jedoch unterblieben.

Die vorliegende (undatierte) Versicherung an Eides statt der Antragstellerin ist dabei zur Glaubhaftmachung der darin erwähnten Aspekte grundsätzlich nicht geeignet. Zunächst stützt sich der Wert der Glaubhaftmachung einer Versicherung an Eides statt auf die Kenntnis der Strafbarkeit bei Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung nach §§ 156, 161 Strafgesetzbuch (StGB) im Fall ihres Gebrauchs (Dölling, NZFam 2014, 112, 116). Ein entsprechendes Bewusstsein der Antragstellerin lässt sich dem Wortlaut der Versicherung indes nicht entnehmen. Darüber hinaus dient sie zur Glaubhaftmachung von Tatsachen, nicht von Rechtsansichten (z.B. Erklärungen zum Nichtbestehen persönlicher Abhängigkeit und eines Weisungsrechts [nach § 106 GewO]; mangelnde Ansprüche auf Urlaub und Sozialleistungen, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall). Darüber hinaus kann der Senat offen lassen, ob es alsdann zu verschiedenen Aspekten auch an einer eigenen Darstellung der Antragstellerin glaubhaft zu machender Tatsachen fehlt (vgl. dazu: Greger in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 294 Rdnr. 4), nachdem lediglich zu einer unbekannten polnischen Pflegeperson ohne Bezug auf den vorliegenden Bescheid schlagwortartige Erklärungen abgegeben werden.

2. Es spricht sodann Überwiegendes dafür, dass für die Beurteilung der Versicherungspflicht deutsches Sozialversicherungsrecht Anwendung findet. Nach § 3 Nr. 1 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich des SGB beschäftigt oder selbständig tätig sind. Nichts anderes folgt bis zum 30.4.2010 aus Art. 13 Abs. 2 lit. a, b der VO (EWG) 1408/71 und ab dem 1.5.2010 aus Art. 11 Abs. 1, 3 lit. a der VO (EG) 883/04. Eine der in Art. 14 bis 17 der VO (EWG) 1408/71 bzw. Art. 12 bis 16 der VO (EG) 883/04 geregelten Ausnahmen ist nicht ausreichend dargetan. Ob für die Betreuungskräfte im streitgegenständlichen Zeitraum den in Art. 11, 11a VO (EWG) Nr. 574/72 bzw. Art. 19 Abs. 2 VO (EG) 987/09 geregelten Erfordernissen entsprechende Entsendebescheinigungen E 101 bzw. A 1 vorgelegt werden können, bleibt der Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen. Die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin, dass "die Damen [ ] eine sogenannte A1Bescheinigung" gehabt hätten, ist indes nicht ausreichend. Aus ihr folgt nicht, dass die im Bescheid erfassten Personen im streitigen Zeitraum über gültige Entsendebescheinigungen verfügten.

3. Das SG hat zu Recht die zwischen der Antragstellerin und den Betreuungskräften geschlossenen Verträge in die anzustellende Gesamtabwägung miteinbezogen.

Bereits nach dem Vortrag der Antragstellerin wurden die vorliegenden Verträge zwischen ihr und den Betreuungskräften unter Einbezug der in zwei Varianten vorkommenden Leistungsbeschreibungen geschlossen. Der Antragstellerin waren die Leistungsbeschreibungen bei Vertragsschluss als durch die Betreuungskräfte zu leistende Tätigkeiten bekannt, denn nach ihrem Vortrag wurden ihr jeweils auf dieser Basis die Tätigkeiten angeboten. Dieses Angebot nahm sie offensichtlich an (vgl. §§ 147ff. Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Vor diesem Hintergrund ist ohne rechtliche Bedeutung, ob sich die Betreuungspersonen zum Vertragsabschluss eines Bevollmächtigten, Herrn T, bedienten. Bisher wurde nicht dargetan, dass die Verträge nicht die in ihrem jeweiligen Rubrum genannten Personen berechtigten und verpflichten sollten (§ 164 Abs. 1 BGB).

Unerheblich ist ferner, wer die Leistungsbeschreibungen letztlich erstellt und Leistungen auf dieser Grundlage angeboten bzw. gefordert hat. Nach Abschluss der Verträge waren sie deren Bestandteil und berechtigten die Antragstellerin, auf ihrer Grundlage Leistungen einzufordern.

4. Es spricht zudem mehr dafür als dagegen, dass die Betreuungskräfte dem Weisungsrecht der Antragstellerin hinsichtlich Zeit, Ort und Umfang der Tätigkeit unterlagen.

a) Der Ort der Tätigkeit ergibt sich vor dem Hintergrund der Dienstleistung zunächst aus der Natur der Sache, nämlich aus der Kombination der Aufnahme bei dem zu Betreuenden in den Haushalt und des jeweiligen Betreuungsbedarfs.

b) In zeitlicher Hinsicht war der Betreuungsbedarf in einem vertraglich bestimmten Zeitraum rund um die Uhr zu gewährleisten. Dem Umstand, dass die Betreuungsperson dabei keinen unmittelbaren Vorgaben (wie z.B. in Gestalt einer geregelten Arbeitszeit) unterlag, kommt dabei kein erhebliches Gewicht zu. Denn zum einen konnten sie in der Zeit die dadurch gewonnen Freiheiten nicht zur Steigerung ihrer Verdienstchancen einsetzen (sie wurde vielmehr in Stunden-/Tagessätzen bzw. Pauschalen entlohnt), zum anderen hatten sich die Grenzen der zeitlichen Gestaltungsfreiheit an den Bedürfnissen des zu Betreuenden zu orientieren (Senat, Urteil v. 14.10.2015, L 8 R 480/12).

c) Ob und inwieweit die Antragstellerin den Betreuungskräften im Rahmen der vertraglich übernommenen 24h-Betreuungen tatsächlich Weisungen hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit gemacht hat, kann im Rahmen der summarischen Prüfung offen bleiben.

aa) Jedenfalls besaß sie aufgrund der oben beschriebenen vertraglichen Ausgestaltung (§ 3 der Verträge i.V.m. der Leistungsbeschreibung) die dazu nötige Rechtsmacht. Zudem trägt die Antragstellerin selbst vor, dass sie bzw. ihre angestellten Pflegekräfte im Falle von Auffälligkeiten die Betreuungskräfte darauf hingewiesen hätten. Ergänzend verweist sie darauf, dass sie im Falle einer schlechten Leistungserbringung von Folgeaufträgen an die Betreuungskräfte abgesehen hätte. Daraus folgt, dass ihr die Art und Weise der Erfüllung der beauftragten Tätigkeiten nicht nur erheblich genug erschien, diese zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch um aus negativen Rückmeldungen die aus ihrer Sicht angemessenen Konsequenzen zu ziehen.

bb) Dass die Betreuungskräfte aufgrund der Leistungsbeschreibung selbständig die notwendigen Leistungen für die zu betreuende Person bestimmten, ist nicht glaubhaft gemacht. Vor dem Hintergrund der ihrerseits mit den betreuten Personen abgeschlossenen Pflegeverträge und der dadurch übernommenen Leistungspflicht erscheint dies auch wenig nachvollziehbar.

Im Übrigen gewinnt in der Gesamtabwägung wenig an Gewicht, wenn die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeiten vor Ort durch eine Eigenverantwortlichkeit und Eigenständigkeit der Betreuungskräfte geprägt war. Denn auch eine Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnis bei der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit führt regelmäßig nicht zur Selbständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit. Vielmehr ist es gerade auch für eine abhängige Beschäftigung typisch, dass der Grad der Eigenständigkeit der Ausführung mit seiner übernommenen Verantwortung des Mitarbeiters wächst (Senat, Urteil v. 14.10.2015, a.a.O.; Senat, Urteil v. 11.5.2016, L 8 R 975/12, juris).

cc) Dass die Antragstellerin die Betreuungskräfte nicht während eines Auftrages von der zu betreuenden Person abziehen und einer anderen zuweisen konnte, ist der gewählten Vertragsgestaltung und nicht dem Status geschuldet. Die betreuende Person wurde zwischen den Vertragsparteien vereinbart. Bei Aufnahme einer vergleichbaren Klausel in einen Arbeitsvertrag hätte es gleichfalls einer einvernehmlichen Vertragsänderung bedurft und wäre das bestehende Weisungsrecht insofern eingeschränkt gewesen.

5. Nach derzeitigem Stand spricht auch Überwiegendes dafür, dass die Betreuungskräfte in die vertragliche und personelle Betriebsorganisation der Antragstellerin eingegliedert gewesen sind.

a) Eine Einbeziehung bei der Antragstellerin in Dienstbesprechungen, Telefonverzeichnisse, Einsatz-, Urlaubs- und Vertretungspläne können Indizien für das Vorliegen abhängiger Beschäftigungen sein. Ihr Fehlen zeugt indes im Umkehrschluss nicht zwingend von einer selbständigen Tätigkeit. Inwiefern es überhaupt zu Vertretungs- und Urlaubsfällen innerhalb der jeweils nur kurzzeitigen Betreuungen gekommen ist, hat die Antragstellerin nicht bezogen auf die jeweilige Betreuungsperson unter Angabe des jeweiligen Zeitraums vorgetragen.

b) Es spricht darüber hinaus mehr dafür als dagegen, dass die Betreuungskräfte funktionsgerecht dienend in die Arbeitsorganisation der Antragstellerin eingebunden gewesen sind. Sie sind von ihr zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber den zu betreuenden Personen eingesetzt worden. Die Betreuungskräfte waren nach eigenem Vortrag anstelle examinierter Pflegekräfte eingesetzt, um bei diesen freie Kapazitäten für anderweitige Einsätze zu schaffen. Ergänzend waren die betroffenen Personen zur Durchführung ihrer Betreuungsleistung auf die durch die Antragstellerin geschaffene Vertragslage angewiesen. Den Betreuungskräften war es ohne den zwischen der Antragstellerin und den Pflegekassen bestehenden Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) nicht möglich, wenn sie ihre Betreuungsleistungen für den jeweils Betreuten über die Leistungen nach dem SGB XI gedeckt und gegenüber dem Leistungsträger abgerechnet wissen wollten, ggf. unter bloßer Vermittlung der Antragstellerin oder Dritter eigenständige Betreuungsverträge mit den zu betreuenden Personen abzuschließen (vgl. dazu bereits Senat, Beschluss v. 1.12.2015, L 8 R 327/15 B ER). Ob und welche - identischen oder zusätzlichen (?) - Leistungen die einzelnen Kräfte mittels der (teilweise) mit den zu betreuenden Personen direkt abgeschlossenen Verträge abgerechnet haben, ist indes derzeit nicht nachvollziehbar.

c) Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass die Leistungen der hier betroffenen Betreuungskräfte nicht von den ihrerseits mit den zu betreuenden Personen geschlossenen Pflegeverträge beinhaltet gewesen seien, ist dies derzeit nicht erklärlich. Bereits die bisher ersichtliche Interessenlage der Beteiligten spricht dagegen. Die Antragstellerin erläutert nicht, weshalb es für sie in diesem Fall überhaupt eine Veranlassung gegeben hätte, die Betreuungskräfte vertraglich an sich zu binden und sich ihnen gegenüber zur Zahlung zu verpflichten, ohne dass die vereinbarte Gegenleistung für sie von Nutzen gewesen wäre. In diesem Fall hätte es ausgereicht, dass sie für die unstreitig ihrerseits wahrgenommenen pflegerischen Leistungen gesonderte Pflegeverträge geschlossen hätte. Auch ist nicht ersichtlich, welche Interessen die Betreuungskräfte an der zweifachen Beauftragung derselben Leistungen - einmal durch die zu betreuende Person und einmal durch die Antragstellerin - gehabt haben sollten. Ihr Entgelt erhielten sie jedenfalls nur von der Antragstellerin.

Nachdem die Antragstellerin demnach ihre vertragliche Hauptleistungspflicht gegenüber den Betreuungskräften offenbar erfüllt hat, muss sie sich mangels Vorliegen eines Scheingeschäfts nach § 117 Abs. 1 BGB daran festhalten lassen. Sollte Hintergrund ihres Vortrags sein, dass sie selbst das Rechtsgeschäft nicht in der vertraglich vereinbarten Weise gewünscht habe, würde es sich dabei um einen geheimen Vorbehalt handeln, der nach § 116 Satz 1 BGB nicht zur Nichtigkeit der Willenserklärung führt. Dass wäre lediglich der Fall, wenn die jeweiligen Betreuungskräfte den Vorbehalt gekannt hätten, § 116 Satz 2 BGB. Entsprechendes hat die Antragstellerin jedoch weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Konsequenz dieser Gestaltungsvariante wäre zudem, dass die Antragstellerin ohne vertragliche Grundlage - nicht von ihr und nicht in ihrem Namen erbrachte - Leistungen gegenüber der Pflegekasse für die jeweilig betreute Personen abgerechnet hätte.

6. Hervorstechende Merkmale für eine selbständige Tätigkeit sind nicht ersichtlich.

a) Eine eigene Betriebsstätte für die jeweiligen Betreuungskräfte hat die Antragstellerin weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Inwiefern der Hinweis auf eine Rechtsanwaltskanzlei in Düsseldorf bzw. die Vorlage eines Briefkopfs "Büro-Service Polonia" eine mit eigener Betriebsorganisation unterhaltende Betriebsstätte für Betreuungsleistungen belegen soll, bleibt offen, zumal der Bezug zu einer vorliegend betroffenen Betreuungskraft nicht ersichtlich ist.

b) Ferner spricht nicht Überwiegendes für die Annahme eines unternehmerischen Risikos der Betreuungskräfte. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7 Rdnr. 94). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.).

aa) Ein solches Risiko ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin zunächst nicht darin zu sehen, dass die Betreuungskräfte bei Schlechtleistung nicht mit Folgeaufträgen rechnen konnten. Das Risiko der mangelnden Weiterbeschäftigung trifft auch einen abhängig Beschäftigten mit befristetem Vertrag. Der Hinweis der Antragstellerin auf die durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) beschränkte Befristungsmöglichkeit von Arbeitsverhältnissen führt zu keinem anderen Ergebnis. Die vertragliche Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzmechanismen ist kein Indiz für das Vorliegen von Selbständigkeit.

bb) Die Betreuungskräfte wurden pauschal bzw. mit Stunden- und Tagessätzen für ihre Tätigkeit vergütet, so dass grundsätzlich nicht die Gefahr bestand, dass sie nach Auftragsannahme ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzten. Ob und inwieweit die Betreuungskräfte diese Sätze gegenüber der Antragstellerin ausgehandelt haben, bleibt dem Hauptsacheverfahren und dortiger Ermittlungen vorbehalten.

cc) Soweit die Antragstellerin ein unternehmerisches Risiko aus einer möglichen Kundeninsolvenz herleiten möchte, ist dem nicht zu folgen. Zunächst trifft auch den abhängig Beschäftigten das Insolvenzrisikos seines Arbeitgebers wie die Betreuungskräfte, das der Antragstellerin zu tragen haben. Ob die Betreuungskräfte darüber hinaus aufgrund weiterer Vertragsbeziehungen das Ausfallrisiko der zu betreuenden Personen zu tragen hatten, ist vorliegend ohne Belang, da aufgrund des streitigen Bescheids lediglich die Rechtsbeziehung der Antragstellerin zu den Betreuungspersonen zu prüfen ist.

dd) Ob, wie oft und in welcher Höhe vergeblich aufgewandte Reisekosten tatsächlich bei den von dem Bescheid betroffenen Personen vorgekommen sind, bleibt gleichfalls weiteren Ermittlungen im Hauptsacheverfahren überlassen. Derzeit sind tatsächlich entstandene Kosten weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit sich aus diesem Risiko größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft ergeben haben, die Voraussetzung dafür sind, dass ein unternehmerisches Risiko vorliegt.

ee) Mangelnde Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bei Urlaub sind nicht maßgeblich. Sie sind nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, juris; Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, jeweils juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.

c) Auch die weiteren Indizien führen im Rahmen der Abwägung nicht zu einem anderen Ergebnis.

aa) Der Umstand, dass diverse Betreuungskräfte ein Gewerbe angemeldet haben, spricht nicht entscheidend für eine selbständige Tätigkeit, da dieses formale Kriterium für die Beurteilung der tatsächlichen Ausgestaltung der zu beurteilenden Tätigkeit ohne wesentliche Aussagekraft ist (Segebrecht, jurisPK-SGB IV, 3. Auflage 2016, § 7 Rdnr. 94). Der sozialversicherungsrechtliche Status eines Betriebsinhabers wird seitens der Gewerbeaufsicht nicht geprüft (Senat, Urteil v. 17.12.2014, L 8 R 463/11, juris).

bb) Die vereinbarte Rechnungsstellung ist letztlich Ausfluss der anzunehmenden fehlerhaften Einordnung des Vertragsverhältnisses und damit Folge der Annahme einer Selbständigkeit und kein sie begründendes Indiz.

cc) Ob die Betreuungskräfte darüber hinaus eine Mehrzahl von Auftraggebern gehabt haben, kann dahingestellt bleiben. Die Frage der abhängigen Beschäftigung ist im Rahmen der jeweiligen Vertragsbeziehung zu prüfen. Ob weitere Rechtsbeziehungen des Beschäftigten zu anderen Vertragspartnern bestehen und wie diese zu qualifizieren sind, ist dafür nicht entscheidend. Denn das Gesetz kennt auch im Rahmen der abhängigen Beschäftigung Tätigkeiten, die zeitlich begrenzt nacheinander oder nebeneinander ausgeübt werden (vgl. z.B. § 8 Abs. 2 SGB IV, § 27 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

dd) Ein letztlich in den Verträgen zum Ausdruck kommende Wille, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, ist grundsätzlich nicht geeignet, Selbständigkeit zu begründen (BSG, Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 9/14 R, WM 2014, 1883).

d) Die Rolle des Herrn T ist vorliegend nach summarischer Prüfung von untergeordneter Bedeutung. Ob sich die Betreuungspersonen des Herrn T zur Weiterleitung von Rechnungen bedient haben (erstellt haben sie die Rechnungen an die Antragstellerin offensichtlich selbst; vgl. Rechnung 1/2011 v. 5.2.2011 "erstellt durch Frau C"), bleibt gleichfalls offen. Dies indiziert jedenfalls keine selbständige Tätigkeit.

7. Nach summarischer Prüfung ist die Forderung der Antragsgegnerin im Übrigen auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

a) Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird das aus der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V] i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 342 SGB III). Dies hat die Antragsgegnerin unter Zugrundelegung der Rechnungssummen berücksichtigt. Einwendungen dagegen sind nicht ersichtlich. Inwieweit die Entgelte den Beschäftigungszeiten zugeordnet worden sind, bleibt dem Hauptsacheverfahren überlassen. Eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV hat die Antragsgegnerin nicht vorgenommen.

b) Zudem spricht mehr gegen als für die Annahme von einzelnen Versicherungsfreiheitstatbeständen.

aa) Der Annahme zur Entgeltgeringfügigkeit führender Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (i.d.F. v. 12.11.2009 und 5.8.2010), die nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, § 7 SGB V (i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) und § 5 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zwar grundsätzlich die Versicherungsfreiheit in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung aber zugleich die Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung (§ 249b Satz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) nach sich zieht, steht bereits entgegen, dass die gezahlten Entgelte nicht regelmäßig 400,00 Euro im Monat nicht überstiegen haben. Davon dass die Geringfügigkeitsgrenze regelmäßig eingehalten wurde, ist bereits aufgrund der vorgelegten Verträge und Rechnungen nicht überwiegend auszugehen. Zudem trägt die Antragstellerin vor, dass die Betreuungskräfte nicht nur Verträge mit der Antragstellerin, sondern auch mit den zu betreuenden Personen und anderen Pflegediensten geschlossen haben. Mehrere artgleiche geringfügige Beschäftigungen werden jedoch ebenso wie geringfügige selbständige Tätigkeiten (unter der Einschränkung des § 8 Abs. 3 Satz 2 SGB IV) grundsätzlich mit der Konsequenz des möglichen Versicherungseintritts (§ 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV) zusammengerechnet, §§ 8 Abs. 2, 3, 8a SGB IV.

bb) Es spricht auch nicht Überwiegendes für eine nicht von Pauschalbeiträgen betroffene Zeitgeringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV. Denn auch diese hat die Antragstellerin bereits im Ansatz nicht dargelegt. Danach lag im streitigen Zeitraum eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 Euro im Monat übersteigt.

Nach der Vertragslage bestehen bereits Zweifel hinsichtlich der zeitlichen Begrenzung, denn nach § 8 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. SGB IV sind auch mehrere Zeitgeringfügigkeiten zusammenzurechnen. Zudem spricht nach dem bisherigen Vortrag der Antragstellerin einiges dafür, dass die Betreuungskräfte die Tätigkeit berufsmäßig, da insbesondere für mehrere Auftraggeber, ausgeübt haben. Letztlich greifen die oben bereits geäußerten Bedenken hinsichtlich der Entgeltbegrenzung auf 400,00 Euro im Monat auch hier.

cc) Eine hauptberufliche Selbständigkeit der Betreuungskräfte nach § 5 Abs. 5 SGB V sowie ggf. vorliegende unständige Beschäftigungen nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III hat die Antragstellerin gleichfalls nicht für die jeweiligen Personen vorgetragen und glaubhaft gemacht.

8. Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV werden durch die Antragsgegnerin nicht erhoben. Die Forderung ist auch nicht nach § 25 SGB IV verjährt.

9. Dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde, bestehen keine substantiierten Anhaltspunkte. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile sind nicht erkennbar. Im Hinblick auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (Senat, Beschluss v. 13.7.2011, L 8 R 287/11 B ER, juris).

Das ist vorliegend jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen und Kontoauszüge vermögen in zeitlicher und inhaltlicher Sicht nur einen rudimentären Einblick in die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin zu gewähren. Die dortigen Zahlen beziehen sich auf die Jahre 2012 bis 2014 und geben den derzeitigen Stand nicht wieder. Gleichfalls versäumt die Antragstellerin neben ihren geschäftlichen ihre persönlichen Verhältnisse offenzulegen. Die Vorlage einzelner Kontoauszüge eines privaten Girokontos ist nicht als ausreichend anzusehen. Letztlich trägt die Antragstellerin selbst vor, Rücklagen zur Bescheidbegleichung zu bilden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a SGG i.V.m. den §§ 52 Abs. 1, 3, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senates, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beitragsangelegenheit betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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