S 22 RA 133/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 22 RA 133/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Vormerkung der Zeit vom 01.02.1973 bis zum 24.11. 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG

Die Klägerin wurde am 00.00.1945 geboren. Nach einem Studium an einer In¬genieurschule für Chemie in der ehemaligen DDR hat sie am 00.00.1973 die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung Ingenieur der Fachrichtung Technologie der anorganischen und organischen Chemie zu führen. Vom 01.02.1973 bis zum 24.11.1989 war die Klägerin bei dem WFC Q L in T P beschäftigt. In einem Antrag auf Kon¬tenklärung gab sie im November 1997 an, sie habe im Beitrittsgebiet keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört.

Im Oktober 2000 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Aner¬kennung der Zeit vom 01.02.1973 bis zum 24.11.1989 als Zeit der Zugehörig¬keit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in der ehemali¬gen DDR. Sie machte geltend, sie sei in dem WFC als wissenschaftliche Mitar¬beiterin tätig gewesen und legte ihren Ausweis für Arbeit und Sozialversiche¬rung vor. Mit Bescheid vom 11.07.2002 wurde der Antrag abgelehnt. Zur Be-gründung führte die Beklagte aus, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungs-zusage zu Zeiten der DDR Vorgelegen, noch sei am 30.06.1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, sie habe in der ehemaligen DDR eine Tätigkeit ausgeübt, die eine Einbezie¬hung in die Zusatzversorgung ermöglicht hätte. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2003 zurückgewiesen. In der Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin habe im Juni 1990 im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung mehr ausgeübt.

Die Klägerin hat am 02.06.2003 Klage erhoben. Sie trägt vor, sie habe die Tä¬tigkeit in dem volkseigenen Betrieb bis zu ihrer Ausreise in die Bundesrepublik ausgeübt und vertritt die Auffassung, es komme nicht darauf an, ob sie konkret am 30.06.1990 in das System eingebunden gewesen sei. Ausreichend sei, dass sie einmal vor dem 30.06.1990 in ein Versorgungssystem eingebunden gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2003 zu verurteilen, die Zeit vom 01.02.1973 bis zum 24.11.1989 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz anzuerkennen. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, für die Prüfung der Frage, ob das AAÜG Anwen¬dung finde, sei es nicht erheblich, aus welchen Gründen die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb bereits vor dem 30.06.1990 aufgege¬ben worden sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die die Klägerin betref¬fende Verwaltungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakte Bezug genom¬men. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist durch den Be¬scheid der Beklagten vom 11.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2003 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichts¬gesetz - SGG Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Beschäftigungs-zeit vom 01.02.1973 bis zum 24.11.1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätz¬lichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustelien.

Eine Versorgungszusage ist der Klägerin in der ehemaligen DDR nicht erteilt worden. Dies wird von ihr auch nicht geltend gemacht. In dem Antrag auf Kon¬tenklärung hat die Klägerin im Jahre 1997 vielmehr ausdrücklich angegeben, sie habe im Beitrittsgebiet keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem an¬gehört.

Wurde bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30.06.1990 keine Ver¬sorgungszusage erteilt, so ist § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG verfassungskonform ausdehnend so auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft auch dann besteht, wenn jemand auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage nach der am 31.07.1991 gegebenen bundesrechtlichen Rechtslage einen "An-spruch auf Versorgungszusage" nach den bundesrechtlichen leistungsrechtli¬chen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte (vergl. BSG, Urteil vom 09.04.2002, Az. B 4 RA 31/01 R). Unter den Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG fallen somit auch diejenigen, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme obligatorisch im Sinne einer "gebunde-nen Verwaltung" und ohne Entscheidung des Versorgungsträgers in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätten einbezogen werden müssen, weil sie die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür erfüllt hatten. Das war der Fall bei denjenigen, die am 30.06.1990 und deswegen auch am 01.08.1991 nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Quali¬fikation sowie der "Beschäftigungsstelle" aus bundesrechtlicher Sicht in das Versorgungssystem einzubeziehen waren und denen eine Zusage auf Versor¬gung hätte erteilt werden müssen (vergl. BSG, Urteil vom 10.04.2002, Az. B 4 RA 34/01 R). Die nicht einbezogene Klägerin könnte mithin nur dann bei In¬krafttreten des AAÜG am 01.08.1991 eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gehabt haben, wenn auf Grund der zu diesem Zeitpunkt als partielles und sekundäres Bundesrecht weiter anzuwendenden Regelungen der Versorgungssysteme nach der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage nur noch der Versorgungsfall (z. B. Invalidität) hätte eintreten müs¬sen, sodass ihr aus bundesrechtlicher Sicht Versorgung hätte geleistet werden müssen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sie am 30.06.1990 eine Beschäfti¬gung ausgeübt hätte, auf Grund welcher ihr nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage hätte erteilt werden müssen, die dann - aus bundesrecht¬licher Sicht rückschauend - keine rechtsbegründende, sondern nur noch rechtsfeststellende Bedeutung gehabt hätte (vergl. BSG, Urteil vom 09.04. 2002, Az. B 4 RA 36/01 R). Diese Voraussetzungen sind indes vorliegend nicht erfüllt. Am 30.06.1990 war die Klägerin nicht mehr in einem volkseigenen Be¬trieb beschäftigt. Vielmehr hat sie die Tätigkeit in dem WFC Q L in T P bereits Ende 1989 aufgegeben. Darauf, aus welchem Grunde sie ihre Tätigkeit bei dem WFC beendet hat, kommt es inso¬weit nicht an. Wäre der Versorgungsfall der Invalidität am 30.06.1990 eingetre¬ten, so hätte die Klägerin keinen Anspruch auf eine Versorgung aufgrund einer Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gehabt. Anwartschaften, die nach dem AAÜG zu überführen gewesen wären, bestanden zum Stichtag nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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