L 3 U 74/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 U 55/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 74/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 09. August 2013 als Arbeitsunfall und die Erbringung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die 1983 geborene Klägerin war bei der Firma "Harmonische Reitkunst" T, Inhaberin T. P in W als Pferdepflegerin (geringfügig) beschäftigt (36 VA).

Ausweislich des Protokolls der Rettungsstelle des Achenbach Krankenhauses stellte sich die Klägerin am 10. August 2013 dort gegen 14:00 Uhr wegen "Schmerzen bei Bewegung des rechten Unterarmes seit Tagen – zunehmend" bei der Fachärztin für Innere Medizin J vor. Als Befunde wurden erhoben eine schmerzhafte Dorsalextension und Volarflexion in Endstellung und die Diagnose " M79.63, Schmerzen Unterarm (Radius, Ulna, Handgelenk)" gestellt [M79.63 steht nach der ICD-10 für: Ellenbogenschmerzen, nicht operationsbedingt, Schmerzen in den Extremitäten.] Es wurden ein Voltaren Stützverband, Schonung und Ibu 400 als Schmerzmittel bei Bedarf verordnet sowie die Wiedervorstellung beim Hausarzt empfohlen. Die Klägerin war arbeitsunfähig.

Am 12. August 2013 suchte die Klägerin ihren Hausarzt, den Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin Dr. R, wegen Unterarmbeschwerden rechts auf. Dieser rezeptierte eine Bandage und überwies die Klägerin zum Röntgen wegen möglicher Frakturen und zur neurologischen Abklärung bezüglich eines Carpaltunnelsyndroms (CTS) und stellte die Diagnose "gesicherte Tendinitis" (Befundbericht an die Beklagte vom 06. Dezember 2013).

Am 15. August 2013 stellte sich die Klägerin bei der Fachärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie (Durchgangsärztin) Dr. H vor. Diese erhob folgenden Befund: "Schmerzen rechte Hand / rechtes Handgelenk ohne Unfall" und veranlasste die Überweisung an einen Neurologen (Arztbericht vom 12. Dezember 2013).

Daraufhin stellte sich die Klägerin am 03. September 2013 im A Fachklinikum T, Klinik für Neurologie und Neurophysiologie bei Prof. Dr. F (Arzt für Neurologie und spezielle Schmerztherapie) vor. In dem Befundbericht vom selben Tage heißt es: "Frau M berichtet über eine plötzlich aufgetretene Schwellung des rechten Handgelenkes, verbunden mit Schmerzen im Bereich der Handinnenfläche. Aktuell bestehen Kribbelparästhesien sowie auch Schmerzen insbesondere nachts. Klinisch ist sowohl eine Druckschmerzhaftigkeit am Handgelenk als auch eine bewegungsabhängige Schmerzhaftigkeit zu konstatieren. Eine typische Hypästhesie im Versorgungsgebiet des Nervus medianus besteht nicht. Ansonsten ergeben sich keine weiteren neurologischen Auffälligkeiten. Eine ausgeprägte Schwellung der Hand ist nicht zu erkennen. In der Neurografie vom Nervus medianus finden sich beidseits normale distale motorische Latenzen und auch proximale Nervenleitgeschwindigkeiten. Auch die Amplitudenausprägung ist normal. Ebenso unauffällig sind die sensiblen Nervenleitgeschwindigkeiten vom Nervus medianus. Unauffällig sind auch die motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeiten vom Nervus ulnaris. Insgesamt spricht der Befund zwar klinisch für ein Karpaltunnelsyndrom, allerdings kann neurophysiologisch dies nicht objektiviert werden."

Daraufhin nahm Frau Dr. H in ambulanter Operation am 11. September 2013 bei der Klägerin rechtsseitig eine Spaltung des Karpaltunnels vor bei "nachgewiesenem CTS rechts im EMG" (Befundmitteilung von Dr. H vom 12. Dezember 2013 an die Beklagte).

Am 16. Oktober 2013 stellte sich die Klägerin zum zweiten Mal bei Dr. R vor, der die Diagnose "gesichert Karpaltunnelsyndrom rechts" erhob und Schmerzmittel (Ibu 600) rezeptierte.

Anlässlich ihrer dritten Vorstellung bei Dr. R am 21. Oktober 2013 berichtete der Arzt in seinem Arztbericht vom 06. Dezember 2013 gegenüber der Beklagten: "Am 21.10.2013 stellte sich die Pat. erneut vor und erinnerte sich an einen ursächlichen Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall".

Das Beschäftigungsverhältnis der - nach wie vor arbeitsunfähigen - Klägerin endete zum 31. Oktober 2013 durch Aufhebungsvertrag.

Am 31. Oktober 2013 ging bei der Beklagten ein - undatiertes - Schreiben der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin, Frau P, ein, mit dem sie eine Unfallmeldung der Klägerin vom 21. Oktober 2013 an die Beklagte weiterleitete. Außerdem teilte sie mit: "Frau M. hat mir diese erst heute zugestellt, obwohl der `Unfall` angeblich schon am 6.8.2013 passierte. Mit keinem Wort erwähnte Frau M bisher mir oder anderen gegenüber den Sachverhalt. Pensionspferdeeinstellern in meinem Betrieb erzählte Frau M im Gegenteil im August, sie hätte eine Sehnenscheidenentzündung. Erst nachdem sich eine Krankschreibung wegen einer OP des Karpaltunnelsyndroms anschloss, deren Verlauf offenbar sehr ungünstig ist, erhalte ich nun diese Unfallmeldung. Ich bin als Arbeitgeber verpflichtet, diese an sie weiterzugeben. Ich gehe davon aus, dass sie den Sachverhalt gründlich prüfen werden."

In der beigefügten Unfallanzeige der Klägerin vom 21. Oktober 2013 gab diese - ohne Unterschrift - an, am 09. August 2013 gegen 11:00 Uhr verunfallt zu sein. Den Hergang schilderte sie wie folgt: "Beim Ausmisten habe ich mir den Griff der Forke in die Handfläche gestoßen. Dabei spürte ich einen stechenden Schmerz in der Handinnenseite und im Handgelenk. Trotz starker Schmerzen setzte ich meine Arbeit in der Annahme fort, dass es so schlimm nicht werden würde. Am Tag darauf kam ich mit bandagierter Hand zum Dienst und setzte meine Arbeit fort, wobei die Schmerzen immer stärker wurden, sodass ich sie kaum noch aushielt. Sofort nach Dienstende begab ich mich in die Rettungsstelle des Krankenhauses K."

Am 07. November 2013 stellte sich die Klägerin bei Prof. Dr. E im Unfallkrankenhaus B (UKB) vor (Durchgangsarztbericht, DAB, vom 08. November 2013). Aus diesem geht hervor, dass sich die Klägerin dort wegen eines am 09. August 2013 gegen 11:00 Uhr erlittenen Unfalls vorgestellt habe. Hierzu wird ausgeführt: "Die Versicherte berichtet, dass sie beim Ausmisten der Pferdebox beim plötzlichen Rückschlag der Mistgabel ein akutes Schmerzereignis im Bereich der rechten Hand, welches bis in den Unterarm ausstrahlte, verspürte. Die Arbeit wurde primär fortgesetzt und erst nach erneut abgeschlossener Arbeit am Folgetag erfolgte die Vorstellung in der Rettungsstelle K. Nach klinischer Untersuchung und Röntgen wurde ein Salbenverband angelegt. Die weiterführende ambulante Behandlung war indiziert. Primär erfolgte die Rezeptierung von Schmerzmedikation durch den Hausarzt, Dr. R. Bei bestehender Beschwerdesymptomatik bzw. Schmerzsymptomatik im Bereich der rechten Hand erfolgte dann die Überweisung zu der D-Ärztin, Dr. Frau Dr. Hin W. In der durchgeführten radiologischen Diagnostik der rechten Hand in zwei Ebenen zeigten sich keine Auffälligkeiten und bei V. a. Karpaltunnelsyndrom war die konsiliarische Untersuchung durch die Neurologen im Klinikum T(Dr. K) indiziert. Bei unauffälliger Untersuchung wurde dann durch Frau Dr. H die operative Versorgung des Karpaltunnelsyndroms rechts eingeleitet, welche am 11. September 2013 ambulant von ihr durchgeführt wurde. Die Wunden heilten per primam. Das Fadenmaterial konnte dann entfernt werden. Weiterhin bestand eine akute Schmerzsymptomatik im Bereich der rechten Hand und auch der Finger mit zunehmender, wahrnehmbarer Temperaturdifferenz zur Gegenseite. Die Versicherte wurde regelmäßig krankgeschrieben und war vom 11. August bis zum 07. November 2013 arbeitsunfähig. Nach weiterhin bestehender Taubheit, Schmerzen und auch Kribbeln mit zunehmender Schwächeneigung im Bereich der rechten Hand konsultierte die Versicherte eigenständig die Klinik für Neurologie im UKB (Dr. S) und bat um eine Untersuchung bzw. weitere Diagnostik. Auch erfolgte die Konsultation der Handchirurgen im UKB, welche die Fortführung der Schmerzmedikation empfahlen. Nach Untersuchung durch die Neurologen des UKB und vermutlichem Zusammenhang des Unfalltages, erfolgte die Vorstellung in der Rettungsstelle unseres Hauses. Aktuell wurden weiterhin schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen vor allem bei der Dorsalextension im Bereich des rechten Handgelenkes angegeben. "

Anlässlich der ebenfalls am 07. November 2013 im UKB durchgeführten neurologischen Untersuchung berichteten Dr. Sund Dr. D im neurologischen Befundbericht vom 12. November 2013, dass "nach jetzigem Erkenntnisstand" sich die Klägerin am 09. August 2013 beim Ausmisten einer Pferdebox eine Handverletzung zugezogen habe, als sie mit der kraftvoll eingesetzten Mistforke auf den Boden stieß. Im weiteren Verlauf habe ein Schmerz im Daumenballenbereich und im Handgelenk mit zunehmender Ausdehnung bis in den Schulterbereich dominiert. Zudem sei es zu Begleiterscheinungen gekommen, wie sie typischerweise bei einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) zu beobachten seien. Im Rahmen der Verschwellung hätten Empfindungsstörungen an der rechten Hand eingesetzt, welche mit Wahrscheinlichkeit auf den Nervus medianus zu beziehen gewesen seien. Es sei eine Karpaldachspaltung am 11. September 2013 ohne greifbare Besserung des Gesamtbeschwerdebildes erfolgt. Die neurologische Untersuchung habe eine betonte Empfindungsminderung im Medianusdermatom rechts jedoch ohne Zeichen einer Schädigung sensibler Anteile insbesondere einer Druckschädigung ergeben. Hervorzuheben sei ein Muskelschwund der Daumenballenmuskulatur, welcher auf eine axonale Schädigung, also am ehesten eine Zerrungsverletzung des Ramus muscularis thenaris rechts zurückgeführt werden müsse. Eine MRT-Untersuchung sei erforderlich.

Die am 08. November 2013 im UKB durchgeführte MRT-Untersuchung des rechten Handgelenkes ergab keinen Anhalt für eine Alteration des Nervus medianus, eine sonst unauffällige Darstellung der Strukturen des Handgelenkes und der Handwurzel, insbesondere ohne Anhalt für Traumafolgen. Es wurden die Diagnosen Zustand nach Zerrung der rechten Hand mit axonaler Schädigung des Ramus muscularis thenaris sowie Verdacht auf CRPS rechts gestellt.

Bei Wiedervorstellung im UKB, Abteilung für Hand-, Repräsentation-, und Mikrochirurgie, Prof. Dr. E, am 26. November 2013 klagte die Klägerin wiederholt über erhebliche Schmerzen und Berührungsempfindlichkeit sowie Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten Hand. Es fand sich eine ausgeprägte Allodynie, die rechte Hand war leicht liquide verfärbt, der Faustschluss unvollständig bei Thenaratrophie (Behandlungsbericht vom 08. November 2013).

Mit am 26. November 2013 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben teilte die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin Frau P unter dem "Betreff: Widerspruch zur Unfallmeldung" mit, dass Frau M. bis zur Unfallmeldung mit keinem Wort über ein Unfallereignis berichtet habe. Pensionspferdeeinstellern in ihrem Betrieb habe Frau im Gegenteil im August erzählt, dass sie eine Sehnenscheidenentzündung hätte. Im beiderseitigen Einverständnis sei zum 31. Oktober 2013 ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Da ihr der Sachverhalt erst nach Beendigung des Vertrages von Frau M. geschildert worden sei, gehe sie davon aus, dass dieser gemeldete `Unfall` nicht im Beitragsausgleichsverfahren zu berücksichtigen sei.

In seiner Stellungnahme vom 28. November 2013 führte der beratende Arzt der Beklagten Dr. K aus, dass nach seiner Einschätzung Zweifel am Ursachenzusammenhang bestünden. Die Karpaltunnelspaltung sei nicht indiziert gewesen, da die elektrophysiologische Untersuchung unauffällig gewesen sei. Bei der Erstuntersuchung in K habe die Klägerin kein Unfallereignis angegeben. Dieser Einschätzung schloss sich Dr. H als weiterer Beratungsarzt der Beklagten am 04. Dezember 2013 an.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 29. November 2013 gegenüber dem UKB die Übernahme der Kosten für eine Handrehabilitation ab.

Am 13. Dezember 2013 ging eine schriftliche Erklärung der Frau H D vom 12. Dezember 2013 bei der Beklagten ein mit folgendem Wortlaut: "Am 10. August 2013 habe ich Frau M im Stall beim Misten getroffen, sie hatte starke Schmerzen im Handgelenk. Ich habe sie gebeten bitte zum Arzt zu fahren aber sie wollte erst ihre Arbeit beenden. Auf mein Drängen hin konnte ich Frau M überzeugen bitte in die Notaufnahme zu fahren, was sie dann auch zum Glück getan hat."

Die schriftliche Erklärung der Frau J W vom 11. Dezember 2013 ging am 16. Dezember 2013 bei der Beklagten ein (67 VA). Dort heißt es: "Ich bin Einstellerin mit meinem Pferd auf dem Hof von Frau P. Dort hatte ich am 10. August 2013 ein Gespräch mit Frau F M, in dem sie über starke Schmerzen an ihrer rechten Hand klagte. Die Verletzung hatte sie sich am Tag zuvor beim Misten im Stall zugezogen. Weil der 10. August ein Sonnabend war, riet ich ihr, in die Unfallaufnahme des Krankenhauses in K zu fahren. Wie ich erfahren habe, hat sie das auch gemacht."

Am 20. Dezember 2013 nahm Dr. B aus beratungsärztlicher Sicht Stellung und führte aus, dass er sich ebenfalls der Einschätzung von Dr. K und Dr. H anschließe. Das Ereignis sei nach seiner Einschätzung nicht geeignet, die bei der Klägerin vorliegenden krankhaften Veränderungen zu verursachen. Die neuen Unterlagen hätten keine weiteren Erkenntnisse ergeben, im Gegenteil, es hätten sich im MRT keine unfallspezifischen Veränderungen gezeigt. Wenn überhaupt ein Unfall vorgelegen habe, dann wäre dieser als Prellung der Hand mit einer daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit von 1 bis 2 Wochen zu werten.

Prof. Dr. E, Dr. H sowie die Ärztin C führten im Behandlungsbericht des UKB vom 30. Dezember 2013 aus, dass sich im Rahmen der vorhergehenden Diagnostik eine axonale Schädigung des Ramus thenaris Nervus medianus gezeigt habe, die offensichtlich im Rahmen des Unfalls beim Ausmisten mit Zerrungsverletzung im Bereich der rechten Hand stattgefunden habe. Sie stellten die Diagnose eines CRPS Typ II der rechten Hand.

Mit Bescheid vom 20. März 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab und stellte fest: "Deshalb sind Entschädigungsleistungen, insbesondere Leistungen zur Teilhabe, Verletztengeld und Verletztenrente durch die BG Verkehr nicht zu erbringen." Zur Begründung verwies sie darauf, dass sich die Klägerin an vier verschiedenen Tagen bei vier verschiedenen Ärzten vorgestellt habe, ohne ein Arbeitsunfallereignis angegeben zu haben (am 10. August 2013 im A Krankenhauses K, am 12. August 2013 bei Dr. R, am 15. August 2013 bei Frau Dr. H und am 03. September 2013 bei Prof. Dr. F). Insbesondere das A Krankenhaus sei eine Einrichtung mit Durchgangsärzten. Hätte die Klägerin gegenüber der Durchgangsärzten Dr. H auch nur im Ansatz Angaben zu einem Arbeitsunfall gemacht, wären unverzüglich Behandlungen zulasten der Beklagten eingeleitet worden. Auch gegenüber der Beklagten selbst bzw. dem Arbeitgeber habe die Klägerin zeitnah nichts von einem Arbeitsunfall berichtet sondern erst ca. zweieinhalb Monate später, offensichtlich dann, als sich der Heilungsverlauf als nicht zufriedenstellend offenbarte. Daher könne nicht mit dem notwendigen Vollbeweis festgestellt werden, dass sich am 09. August 2013 ein Arbeitsunfall ereignet habe. Selbst wenn ein Arbeitsunfall festzustellen wäre, wäre darauf bezogen nur eine Prellung der rechten Hand mit einer Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit von ein bis zwei Wochen anzuerkennen, denn das MRT vom 08. November 2003 habe keinerlei Verletzungszeichen oder Unfallfolgen aufgewiesen. Die Neurografie des Mittelarmnervs und des Ellennervs vom 03. September 2013 sei sensibel und motorisch normal bzw. unauffällig gewesen. Die bestehenden krankhaften Veränderungen rechtlich wesentlich zu verursachen, sei das von der Klägerin in der Unfallanzeige geschilderte Unfallereignis nicht geeignet gewesen.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07. Mai 2014 zurück.

Mit der am 14. Mai 2014 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage hat die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat auf das von der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (DRV) veranlasste Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. A vom 18. Juni 2014 verwiesen, in welchem der Gutachter im Hinblick auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei der Klägerin aufgrund des Morbus Sudeck (auch CRPS) der rechten Hand nach Läsion des Ramus muscularis thenaris sowie bei Zustand nach CTS-Operation rechts im September 2013 ein auf täglich unter 3 Stunden eingeschränktes Leistungsvermögen auch für leichte Tätigkeiten festgestellt hatte. Der Gutachter hat auf Seite 14 seines Gutachtens unter anderem ausgeführt: "Die Entstehung der Erkrankung ist nicht restlos erklärbar aufgrund von differierenden Angaben der Versicherten zu verschiedenen Zeitpunkten. Als sicher ist die stets unauffällige Elektroneurophysiologie des Nervus medianus zu nennen, im Gegenteil war der Daumenballenast (Ramus muscularis thenaris) des Nerven offensichtlich von Anfang an beteiligt. Ob dieser aber akut traumatisch oder durch chronische Druckentwicklung geschädigt wurde, ist unklar."

Die Klägerin hat weiterhin ein ärztliches Attest der Diplom-Psychologin K vom 19. Dezember 2014 zur Gerichtsakte gereicht, bei der sie sich seit dem 15. November 2014 in psychotherapeutischer Einzeltherapie befindet, sowie ein Gutachten von der Fachärztin J, Prof. Dr. E und Dr. H vom 16. Januar 2015 für die Condor Allgemeine Versicherung AG, Hamburg. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass in dem Gutachten ein Aufpralltrauma durch einen Forkenstiel eine mögliche Verletzung darstellen könne, in deren Verlauf sich ein CRPS entwickeln könne.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2018 hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, sie habe im Klinikum D angegeben, dass die Schmerzen erst seit einem Tag bestehen und sie sich diese im Rahmen eines Unfallgeschehens zugezogen habe. Sie habe am Unfalltag ihre Arbeitgeberin nicht erreichen können, weil diese verreist war. In der Folgezeit habe sich die Arbeitgeberin geweigert, das Ereignis vom 09. August 2013 als Unfall bei der Beklagten zu melden und eine Unfallanzeige zu erstatten. Sie habe den Vorfall am 10. August 2013 ihrer Mutter berichtet. Das SG hat die Mutter der Klägerin im Termin als Zeugin gehört. Hinsichtlich der Zeugenaussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2014 erstinstanzlich beantragte, 1. den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 2014 aufzuheben, 2. festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 09. August 2013 um einen versicherten Arbeitsunfall handelt, 3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 09. Februar 2014 hinaus Leistungen der Heilbehandlung auf Grund des Arbeitsunfalles vom 09. August 2013 zu gewähren, 4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Verletztengeld für den Zeitraum vom 09. August 2013 bis zum 08. Februar 2014 zu zahlen, sowie 5. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Verletztenrente aus dem Ereignis vorn 09. August 2013 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 vom Hundert zu gewähren.

und die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Juni 2014 die Abweisung der Klage beantragte, nahm das Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2018 keine weiteren Anträge der Beteiligten zu Protokoll und wies die Klage mit Urteil vom selben Tag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Kammer habe durch Urteil entscheiden können, obwohl in der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2018 keine Anträge gestellt worden seien. Notwendig aber auch ausreichend sei es, dass bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch das Stellen eines Antrages das Klageziel erkennbar werde, § 92 Abs. 1, 123, 125 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Diese Anforderungen seien durch die Anträge der Klägerin im Schriftsatz vom 14. Mai 2014 und den Antrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 26. April 2014 gewahrt. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 55 Abs. 1 Nr. 3 und § 56 SGG) zulässig. Sie sei jedoch unbegründet. Die Beklagte habe es zu Recht mit Bescheid vom 20. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 2014 abgelehnt, ein Ereignis vom 09. August 2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Leistungen der Heilbehandlung, Verletztengeld und Verletztenrente zu erbringen. Zur Überzeugung der Kammer sei bereits eine schädigende Einwirkung, die ursächlich für die Gesundheitsstörungen der Klägerin am rechten Unterarm geworden sein könnte, nicht erwiesen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles und nach der allgemeinen Lebenserfahrung verblieben für die Kammer erhebliche Zweifel am Vorliegen der geschilderten Einwirkung am 09. August 2013, dass nicht mit dem notwendigen Vollbeweis festgestellt werden könne, dass ein schädigendes Ereignis im Sinne des § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) und damit ein Arbeitsunfall vorliege. In der Unfallanzeige vom 21. Oktober 2013 habe die Klägerin das Ereignis vom 09. August 2013 dahingehend geschilderte, dass sie sich beim Ausmisten eines Pferdestalls den Griff der Forke in die Handfläche gestoßen habe. Dabei habe sie einen stechenden Schmerz in der Handinnenseite und im Handgelenk verspürt. Zum Zeitpunkt der Unfallanzeige habe das angeschuldigte Ereignis bereits mehr als zwei Monate zurück gelegen. Die Arbeitgeberin habe in ihrem Schreiben vom 31. Oktober 2013 darauf hingewiesen, dass sie durch die Unfallanzeige von dem Ereignis erstmals Kenntnis erlangt habe und die Klägerin ihr im August erzählt habe, dass sie eine Sehnenscheidenentzündung habe. Zwar habe die Mutter der Klägerin ausgesagt, sie habe sich die Nummer der damaligen Arbeitgeberin der Tochter besorgt und sich zunächst bemüht zu erfahren, welche Berufsgenossenschaft zuständig sei. Sie habe telefonisch Kontakt zur damaligen Arbeitgeberin ihrer Tochter aufgenommen, aber die Arbeitgeberin habe sich total ablehnend verhalten und sich geweigert, eine Unfallanzeige zu erstatten, obwohl sie sie auf ihre Pflichten als Arbeitgeberin hingewiesen habe. Zwar seien die Schilderungen der Mutter der Klägerin glaubhaft und gut nachvollziehbar, jedoch blieben aufgrund der verspäteten Unfallmeldung Zweifel, ob sich das Geschehen am 09. August 2013 so zugetragen habe, wie es von der Klägerin geschildert worden sei. Die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin habe jedenfalls das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht bestätigt. Die benannte Zeugin D, die Einstellerin auf dem Hof der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin gewesen sei, habe im Schreiben vom 12. Dezember 2013 nur bestätigen können, dass sie die Klägerin am 10. August 2013 im Stall beim Misten getroffen habe und diese über starke Schmerzen im Handgelenk geklagt habe. Wie sich die Klägerin die schmerzhaften Gesundheitsbeeinträchtigungen zugezogen habe, hätte Frau D nicht angeben können. Auch der Umstand, dass die Klägerin bei mehreren Arztbesuchen nicht auf ein Unfallereignis als Ursache ihrer Gesundheitsbeschwerden hingewiesen habe, lasse Zweifel aufkommen, ob sich das Ereignis, wie von der Klägerin geschildert, während ihrer beruflichen Tätigkeit so zugetragen habe. Zwar habe die Mutter der Klägerin ausgeführt, ihre Tochter sei nach dem Krankenhausbesuch direkt zu ihr gekommen, um ihr die Ereignisse zu schildern. Sie habe eine stark geschwollene Hand und Schmerzen gehabt. Ihr gegenüber habe sie geschildert, es sei der Verdacht einer Sehnenscheidenentzündung geäußert worden. Sie habe ihre Tochter gefragt, woher diese Erkrankung möglicherweise kommen könnte. Da habe ihr die Tochter den Fall geschildert, dass sie sich beim Ausmisten verletzt habe. Jedoch seien – so das SG - im Bericht des D-Arztes J zur Erstvorstellung der Klägerin am 10. August 2013, dem Tag nach dem geschilderten Ereignis vom 09. August 2013, im Klinikum D seit Tagen zunehmende Schmerzen im rechten Unterarm dokumentiert. Am 12. August 2013 habe sich die Klägerin bei ihrem Hausarzt Dr. R vorgestellt. Eine erneute Vorstellung sei am 16. Oktober 2013 erfolgt. Laut Bericht von Dr. R vom 06. Dezember 2013 sei die Diagnosen einer Tendinitis und eines Karpaltunnelsyndroms gestellt worden. Am 21. Oktober 2013 erst habe die Klägerin bei einer erneuten Vorstellung einen Zusammenhang zu einem Arbeitsunfall hergestellt. Für die Kammer sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin bei den Arztbesuchen vom 12. August und 16. Oktober 2013 nicht auf das Vorliegen eines Arbeitsunfalls hingewiesen habe, obwohl sie nach Aussage ihrer Mutter bereits am 10. August 2013 von dieser darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass es sich bei dem geschilderten Ereignis um einen Arbeitsunfall handeln würde, der gemeldet werden müsse. Zwar sei die Klägerin der Ansicht, dass sie den Arbeitsunfall bereits frühzeitig bei ihrem Hausarzt angegeben habe. Aus den Unterlagen des Hausarztes Dr. R ergebe sich jedoch, dass die Klägerin erst am 21. Oktober 2013, also beim dritten Arztbesuch seit dem geschilderten Ereignis, den Zusammenhang zu einem Unfallereignis hergestellt habe. Auch Frau Dr. H habe am 12. Dezember 2013 mitgeteilt, die Klägerin habe sich bei ihr am 15. August 2013 vorgestellt mit Schmerzen im rechten Handgelenk ohne Unfall. Prof. E habe in seinem Bericht vom 08. November 2013 ausgeführt, dass sich röntgenologisch keine Auffälligkeiten gezeigt hätten und der Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom bestehe. Er habe zwar ein stattgehabtes Zerrungstrauma der rechten Hand, eine axonale Schädigung des ramus muscularis thenans rechts und den Verdacht auf ein CRPS der rechten Hand diagnostiziert. Jedoch ergebe sich aus dem Bericht nicht, auf welches Ereignis ein solches Trauma zurückgeführt werden könne. Am 12. November 2013 sei eine erneute Vorstellung bei Dr. E zur Auswertung der MRT-Untersuchung vom 08. November 2013 erfolgt. Hier habe sich eine Narbenbildung nach CTS-Operation ohne Anhalt für eine Alteration (Veränderung) der Nerven und eine im Übrigen unauffällige Darstellung der Strukturen des Handgelenks und der Handwurzel, insbesondere ohne Anhalt von Traumafolgen gezeigt. Dr. E habe am 30. Dezember 2013 ausgeführt, dass sich im Rahmen der vorhergehenden Diagnostik eine axonale Schädigung des Ramus thenaris Nervus medianus gezeigt habe, die nach seiner Einschätzung offensichtlich im Rahmen des Unfalls stattgefunden habe. Er habe die Diagnose eines CRPS Typ Il der rechten Hand gestellt. Jedoch könne dem Bericht wiederum nicht entnommen werden, wann und wo das vermutete Unfallereignis aufgetreten sei. Der Verweis der Klägerin auf ein Gutachten vom 15. September 2014 aus einem Rentenverfahren sei ebenfalls nicht geeignet, die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen eines Unfallereignisses - wie von der Klägerin geschildert - zu begründen. In dem Gutachten seien die bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin dargestellt. Die Gutachterin habe jedoch selbst darauf hingewiesen, dass die Entstehung der Erkrankung aufgrund differierender Angaben der Klägerin zu verschiedenen Zeitpunkten nicht restlos aufklärbar sei.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 gerügt, dass in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2018 nach Verhandlungspause und nach erfolgter Zeugenvernehmung ein abweisendes Urteil verkündet worden sei, obwohl in der mündlichen Verhandlung von den Beteiligten keine Anträge gestellt worden seien.

Gegen das ihr am 23. März 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. April 2018 Berufung eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen: Am 09. August 2013 habe sich die Klägerin beim Ausmisten im Pferdestall ihrer Arbeitgeberin den Griff einer Forke in die Handfläche gestoßen. Da weder andere Mitarbeiter noch die Arbeitgeberin anwesend gewesen seien, und sie sich damit beruhigt habe, dass es ja nicht so schlimm sei, habe sie zunächst weitergearbeitet. Erst als am nächsten Tag die Schmerzen nicht aufhörten, habe sie die Rettungsstelle des Klinikums Dahme-Spreewald GmbH aufgesucht. Dort habe sie angegeben, seit Tagen zunehmende Schmerzen bei der Bewegung des rechten Unterarms zu haben. Wegen dieser Unterarmbeschwerden rechts habe sie dann Dr. R und Dr. H aufgesucht sowie am 07. November 2013 das UKB und hier auf den Vorgang beim Ausmisten einer Pferdebox mit plötzlichem Rückschlag der Mistgabel als akutes Schmerzereignis hingewiesen. Die Arbeitgeberin habe sich geweigert, das Ereignis als Arbeitsunfall bei der Unfallkasse zu melden. Daher habe die Klägerin am 21. Oktober 2013 selbst eine Unfallanzeige ausgefüllt, die Arbeitgeberin habe sich geweigert, zu unterschreiben. Nach der Vernehmung der Zeugin M in der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2018 habe das SG den Parteien kein rechtliches Gehör gewährt. Vielmehr habe die Vorsitzende nach der Beweisaufnahme und Beratung der Kammer, ohne dass die Beteiligten zum Ergebnis der Beweisaufnahme oder zu einer Einigungsmöglichkeit hätten Stellung nehmen können, insbesondere ohne dass Anträge gestellt worden seien, die Abweisung der Klage verkündet. Auch habe das SG seine Amtsermittlungspflicht verletzt, da es die Zeugin D nicht gehört habe. Dass der Unfall erst einige Wochen später gemeldet worden sei, sei lediglich darauf zurückzuführen, dass die Arbeitgeberin diesen in rechtswidriger Weise nicht gemeldet habe mit der Ausrede, sie sei bei dem Unfall nicht dabei gewesen. Dies könne der Klägerin jedoch ebenso wenig zum Nachteil gereichen wie die Tatsache, dass die Klägerin die Auswirkungen des Arbeitsunfalles zunächst unterschätzt und sich dann auf ihre Gesundung konzentriert habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Februar 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 2014 aufzuheben und 1. festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 09. August 2013 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat sowie 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 09. Februar 2014 hinaus Heilbehandlungen, Verletztengeld vom 09. August 2013 bis zum 08. Februar 2014 sowie Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 von Hundert ab dem 09. Februar 2014 aufgrund des Arbeitsunfalles vom 09. August 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die angegriffene Entscheidung, die sie für zutreffend hält.

Die Klägerin bezieht von der DRV seit dem 01. Dezember 2014 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Bereits unzulässig ist die Klage, soweit die Klägerin neben der Feststellung, dass es sich bei dem Ereignis vom 09. August 2013 um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat, auch eine Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Heilbehandlungen beantragt. Im Gegensatz zu den anderen mit der Leistungsklage begehrten Leistungen des Verletztengeldes sowie der Verletztenrente, fehlt es bezüglich der Heilbehandlungen für die insoweit zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage an einer angreifbaren Ausgangsentscheidung der Beklagten (§ 54 Abs. 1, 2, 4 SGG) sowie einem darauf basierenden Vorverfahren (§ 78 Abs. 1, 3 SGG). Die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 20. März 2014 ausdrücklich nur über Leistungen zur Teilhabe, Verletztengeld und Verletztenrente eine anfechtbare – verwaltungsaktmäßige – Regelung i.S.v. § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) getroffen, nicht jedoch über die Gewährung von Heilbehandlung, die insoweit in §§ 27 bis 34 SGB VII separat erfasst wird und nicht zu den Leistungen zur Teilhabe zählt (§§ 345 ff. SGB VII) (Bundessozialgericht, BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R -, zitiert nach juris Rn. 10 f.).

Im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg, da sie unbegründet ist. Der angefochtene Bescheid vom 20. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 2014 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Zur Überzeugung des Senats ist das angeschuldigte Ereignis vom 09. August 2013 nicht als Arbeitsunfall festzustellen, da es am hierfür notwendigen Vollbeweis des am 09. August 2013 stattgefundenen Unfallereignisses fehlt.

Rechtliche Grundlage für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Versicherte Tätigkeit ist dabei insbesondere die Beschäftigung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).

Dabei müssen die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 11/14 R –, juris). Dafür ist zwar keine absolute Gewissheit erforderlich; verbliebene Restzweifel sind bei einem Vollbeweis jedoch nur solange unschädlich, wie sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R - juris, mwN). Der Nachweis im Sinne eines Vollbeweises ist regelmäßig erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (BSG, Urteil vom 28. November 1957 - 4 RJ 186/56 - BSGE 6, 142; Urteil vom 17. März 1964 - 11/1 RA 216/62 - BSGE 20, 255; Urteil vom 9. November 1982 - 11 RA 64/81 - juris Rdnr. 12).

Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls einerseits sowie dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden andererseits genügt demgegenüber die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings eine bloße Möglichkeit (BSG, BSGE 103, 54 mwN). Dabei ist der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 - B 2 U 17/15 R - juris mwN).

Nach diesen Vorgaben kann das von der Klägerin angeschuldigte Ereignis vom 09. August 2013 nicht als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung festgestellt werden.

Zwar liegt hier - unbestritten - ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Verrichtung der Klägerin zur Zeit des behaupteten Ereignisses und der versicherten Tätigkeit als Pferdepflegerin gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor. Jedoch steht das behauptete Ereignis - die Klägerin habe sich den Griff einer Forke in die Handfläche der rechten Hand gestoßen - zur Überzeugung des Senates nicht iSd Vollbeweises fest. Vielmehr bleiben erhebliche Zweifel. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe im angefochtenen Urteil des SG Bezug und verweist zugleich auf diese (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nur ergänzend verweist der Senat darauf, dass sich seine erheblichen Zweifel insbesondere aus dem eigenen Verhalten und den widersprüchlichen Angaben der Klägerin selbst, die weder bei der Behandlung am Tag nach dem angeschuldigten Ereignis, am 10. August 2013 im Krankenhaus K W, noch bei den unmittelbar folgenden Behandlungen durch Dr. R am 12. August 2013, bei Frau Dr. H am 15. August 2013 sowie am 03. September 2013 bei Prof. Dr. F einen konkreten Unfall im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit deutlich als Auslöser/Ursache der Schmerzsymptomatik im Bereich der rechten Hand angegeben hat.

Insoweit geht der Senat mit der Argumentation der Beklagten im angefochtenen Bescheid davon aus, dass insbesondere die Durchgangsärztin Dr. H aufgrund ihrer jahrelangen praktischen Erfahrung mit den Verletzungsfolgen von Arbeitsunfällen dies bei Anamneseerhebungen gezielt eruiert, erfragt bzw. nachfragt und daher ihrer schriftlichen Mitteilung vom 12. Dezember 2013 gegenüber der Beklagten "Schmerzen rechte Hand/rechtes Handgelenk ohne Unfall" besondere Bedeutung zukommt.

Nicht zu erklären ist das Verhalten der Klägerin insbesondere auch, soweit sie nicht bei der ersten Vorstellung bei Dr. R wegen Beschwerden mit dem rechten Unterarm am 12. August 2013 einen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall erwähnte, ebenso nicht bei der zweiten Behandlung ca. zwei Monate später am 16. Oktober 2013 wegen derselben, gleichbleibenden Beschwerden, sondern sich erst bei der dritten Vorstellung, am 21. Oktober 2013, somit zweieinhalb Monate nach dem angeschuldigten Ereignis zu erinnern meint und Dr. R das – die im gesamten Zeitraum anhaltenden, behandlungsbedürftigen Beschwerden auslösende - Unfallereignis mitteilt.

Vom 21. Oktober 2013 datiert auch die Unfallanzeige der Klägerin, die am 31. Oktober 2013 mit dem Anschreiben der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin bei der Beklagten einging, nachdem – spätestens gegen Ende Oktober 2013 - ein Aufhebungsvertrag zum 31. Oktober 2013geschlossen worden war.

Die Umstände erhellen sich nicht durch die schriftlichen Aussagen der Zeuginnen D vom 12. Dezember 2013 und W vom 11. Dezember 2013 im Verwaltungsverfahren. Frau D hat bestätigt, dass sie am 10. August 2013 die Klägerin im Stall beim Misten getroffen und diese starke Schmerzen am Handgelenk angegeben habe. Die Zeugin D war folglich nicht beim angeschuldigten Ereignis zugegen und konnte keine eigenen Wahrnehmungen zu einem "Unfall" bezeugen. Auch die Zeugin W hatte am 10. August 2013 Schmerzzustände der Klägerin registriert. Soweit sie über die Äußerungen der Klägerin berichtet - diese habe sich die Verletzung am Tag zuvor beim Misten im Stall zugezogen - bekundet sie nicht ihre eigenen Wahrnehmungen, sondern nur solche vom Hörensagen durch die Klägerin, denn auch die Zeugin W war nicht beim angeschuldigten Ereignis zugegen. Beide schriftlichen Aussagen sind für die Aufklärung der konkreten "Unfall"-Umstände daher unergiebig. Eine weitere Zeugenvernehmung hatte der Senat daher nicht vorzunehmen.

Die Zeugenaussage der Mutter der Klägerin kann die Zweifel des Senates nicht ausräumen. Die Zeugin gab an, dass die Klägerin nach dem Krankenhausbesuch am 10. August 2013 zu ihr gekommen sei und ihr berichtet habe, sich beim Ausmisten am Vortag verletzt zu haben. Die Zeugin habe sie dann darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei diesem Ereignis um einen Arbeitsunfall handele und dieser zu melden sei. Von daher ist es für den Senat besonders fraglich, warum die Klägerin bei den kurz darauf folgenden Arzttermininsbesondere am 12. August 2013 bei Dr. R, sodann auch bei Dr. H und Prof. Dr. F - noch bis zum 21. Oktober 2013 von einem Unfall als Ursache der Beschwerden nichts gesagt hat. Es liegt außerhalb der praktischen Vorgehensweise von Ärzten, bei einer durch den Patienten geäußerten Unfallverursachung diese nicht zu dokumentieren. Zumal es sich hier um drei Ärzte handelt, die mit der Anamneseerhebung bei Arbeitsunfällen vertraut sind und die alle drei von einer Unfallverursachung - bis zum 21. Oktober 2013 - nichts erwähnt, sondern diese sogar explizit ausgeschlossen haben (Dr. H).

Angesichts dieser aktenkundigen Sachlage ist es für den Senat schlüssig, dass der im Rentenverfahren betraute Gutachter Dr. A in seinem Gutachten ausgeführt hat, dass die Entstehung der Erkrankung im Bereich der rechten Hand nicht restlos erklärbar ist aufgrund von differierenden Angaben der Versicherten/Klägerin zu verschiedenen Zeitpunkten. Er hält es zwar für sicher, dass der Daumenballenast des Nervens offensichtlich von Anfang an beteiligt war. Jedoch sei unklar, ob dieser akut traumatisch oder durch chronische Druckentwicklung geschädigt wurde.

Soweit in den Befundmitteilungen des UKB ab November 2013 sowohl unfallchirurgischer- als auch neurologischerseits das angeschuldigte Unfallereignis vom 09. August 2013 quasi als Beschwerdeauslöser angesehen und benannt wird, vermag dies die Zweifel des Senates am Unfallereignis nicht auszuräumen, da es sich insoweit um Angaben vom Hörensagen handelt, die nicht auf eigenen Wahrnehmungen der Ärzte über das Unfallereignis beruhen.

Vor diesem Hintergrund scheidet auch eine Zurechnung der Beschwerden im Bereich der rechten Hand als (sog. mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinn über § 11 SGB VII aus.

Nach § 11 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalles auch solche Gesundheitsschäden (oder der Tod) eines Versicherten, die u.a. durch die Durchführung einer Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung wesentlich verursacht wurden, welche zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet wurde. Hierzu hat das BSG in seinem Urteil vom 06. September 2018 klarstellend und überzeugend ausgeführt (zitiert nach juris Rn. 16 ff.):

"Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden oder der Tod des Versicherten infolge der Durchführung einer Heilbehandlung. Anders als § 555 Abs. 1 RVO setzt § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht mehr voraus, dass bei der Heilbehandlungsmaßnahme ein "Unfall" vorliegt, sodass auch Gesundheitsstörungen ohne neues Unfallereignis erfasst werden. § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden. Aber auch diese gesetzliche Zurechnung setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war (vgl BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1). Die Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII liegt vor, wenn der Unfallversicherungsträger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§ 26 ff SGB VII - nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform - bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme an einer solchen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers den Anordnungen der Ärzte folgend teilnimmt. Wie der Senat in seinem Urteil vom 5.7.2011 (B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1) ausgeführt hat, beruht die gesetzliche Zurechnung auf der (grundsätzlich auch mitwirkungspflichtigen) Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger oder diesem zurechenbar bewilligten oder angesetzten Maßnahme. Es kommt rechtlich nicht darauf an, ob die Heilbehandlungsmaßnahme durch den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (§ 26 Abs 5 S 1 SGB VII) über die Bewilligung eines Anspruchs auf diese Heilbehandlung bestand. Nicht notwendig ist deshalb, dass objektiv, dh aus der nachträglichen Sicht eines fachkundigen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich vorlagen. Auch objektiv nicht durch den Arbeitsunfall bedingte Heilbehandlungen können die Tatbestände des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder ggf § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII auslösen."

Insbesondere erfolgte die am 11. September 2013 durchgeführte ambulante Spaltung des Karpaltunnels rechts durch Frau Dr. H nicht in der Annahme, es würden hier therapeutische oder diagnostische Maßnahmen zur Behebung der Folge eines Arbeitsunfalles durchgeführt. Insoweit besteht aufgrund der Befundmitteilung von Frau Dr. He vom 12. Dezember 2013 kein Zweifel daran, dass Frau Dr. H nicht vom Vorliegen eines Unfalls ausging und daher auch gegenüber der Klägerin nicht den Eindruck erweckt haben kann, es würden hier Folgen eines Arbeitsunfalles behandelt.

Da ein Unfallereignis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nicht festzustellen ist, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Heilbehandlung (§ 26 ff SGB VII), Verletztengeld (§ 45 ff. SGB VII und Verletztenrente (§ 56 SGB VII).

Soweit die Klägerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dadurch rügt, dass sie nach der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme nicht mehr zu deren Ergebnis Stellung nehmen konnte und nach der Verhandlungspause sodann ein abweisendes Urteil verkündet wurde, ohne dass die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ihrer Anträge gestellt hätten, liegen Gründe für eine Zurückverweisung nicht vor (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG). Weder hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, ohne in der Sache zu entscheiden noch ist aufgrund des gerügten Mangels eine Beweisaufnahme notwendig. Soweit den Beteiligten durch den Ablauf der mündlichen Verhandlung vor dem SG rechtliches Gehör zum Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gewährt wurde, wurde dieser Mangel durch die mündliche Verhandlung vor dem LSG geheilt (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 33a f.). Zum anderen ist aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ersichtlich, dass über ihre Anträge im Schriftsatz vom 14. Mai 2014 hinaus weitere (Beweis-) Anträge hätten gestellt werden sollen, die durch die Prozessführung des SG vereitelt worden wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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