L 24 KA 39/19 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 11/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 39/19 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 16. Oktober 2018 (ausgefertigt am 1. März 2019, Az. BA 27s/17) wird angeordnet. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Alle Beigeladenen haben jedoch für ihre eigenen Kosten selbst aufzukommen. Der Wert des Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung des Sofortvollzuges eines zu ihren Gunsten ergangenen Ermächtigungsbeschlusses. Sie ist Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie. Sie ist als Ärztin in der ELklinikB tätig. Im Juni 2016 beantragte sie eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zur Betreuung von außerklinischen Beatmungspatienten überwiegend als Hausbesuche im Bereich der Beigeladenen zu 1), der KV Brandenburg.

Im Dezember 2016 beantragten die Beigeladenen zu 8) und 9), die in hausärztlicher Berufsausübungsgemeinschaft in O verbunden sind, die Anstellung von Dr. med. A B im Wege der Feststellung eines Sonderbedarfs für Innere Medizin/Pneumologie zur Versorgung außerklinisch beatmeter Patienten nach § 101 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. V. m. §§ 36, 37 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie; in der Neufassung vom 20. Dezember 2012 veröffentlicht im Bundesanzeiger BAnz AT 31.12.2012 B7 in Kraft getreten am 1. Januar 2013 zuletzt geändert am 16. Mai 2019 veröffentlicht im Bundesanzeiger BAnz AT 28.06.2019 B6 in Kraft getreten am 30. Juni 2019). Ergänzend beantragte der Beigeladene zu 9) eine weitere hälftige Zulassung als Facharzt für Innere Medizin/Pneumologie für den Fall, dass der Zulassungsausschuss für Ärzte für das Land Brandenburg bei der kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (Zulassungsausschuss) darüber hinaus einen weiteren Versorgungsbedarf für gegeben halten sollte.

Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 17. Mai 2017 ab. Diese erhob Widerspruch und teilte unter anderem mit, dass sie die geplante Tätigkeit am Standort des MVZ O der E Lklinik B ausführen wolle. Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2018 beantwortete sie Fragen des Antragsgegners, des Berufungsausschusses für Ärzte bei der kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg.

Mit Beschlüssen vom 30. August 2017 (gefertigt am 25. Oktober 2017) lehnte der Zulassungsausschuss auch die Anträge der Beigeladenen zu 8) und 9) ab. Deren Widerspruch wies der Antragsgegner mit Beschluss vom 16. Oktober 2018 (Az. BA 32s/17 und BA 33s/17) zurück.

Mit Beschluss vom selben Tag hat der Antragsgegner den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17. Mai 2017 aufgehoben und die Antragstellerin nach § 31a Abs. 1 Nr. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) für die Zeit vom 17. Oktober 2018 bis 31. Oktober 2020 für den KV-Bereich Brandenburg zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für folgende Leistungen wie folgt ermächtigt:

"Tätigkeitsort MVZ der ELklinik B in O, BStr auf Überweisung von zugelassenen Fachärzte für Innere Medizin mit dem SP Pneumologie sowie entsprechenden Ärzten in zugelassenen Einrichtungen nach § 95 Abs. 1 bzw. § 311 Abs. 2 SGB V zur Betreuung von außerklinisch beatmeten Patienten incl. von Hausbesuchen nach den GNrn. ( ). Einer Möglichkeit zur Überweisung an Fachärzte für HNO-Heilkunde wird zugestimmt."

Gegen die Beschlüsse des Antragsgegners erhoben die Beigeladenen zu 8) und 9) am 27. Dezember 2018 Drittwiderklage und Klage beim Sozialgericht Potsdam (SG).

Am 16. April 2019 hat die Antragstellerin beim SG einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 16. Oktober 2018 erhoben.

Das SG hat diesen Antrag mit Beschluss vom 3. Juni 2019 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt, der streitgegenständliche Beschluss sei zwar nicht (offensichtlich) rechtswidrig. Jedoch sei offen, ob wirklich eine Versorgungslücke bestünde, die im Rahmen der ambulanten Betreuung geschlossen werden könne. Auch sei die Antragstellerin nicht in ihrer beruflichen Existenz gefährdet.

Gegen diese ihr am 11. Juni 2019 zugestellte Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 11. Juli 2019.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Potsdam vom 3. Juni 2019 den Sofortvollzug des Beschlusses des Antragsgegners vom 16. Oktober 2018 anzuordnen.

Der Antragsgegner hat vorgetragen, den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung zu unterstützen.

Die Beigeladene zu 1) hat erklärt, den Antrag ebenfalls zu befürworten.

Die Beigeladene zu 8) und 9) halten die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Es handele sich um den Fall einer offensiven Konkurrentenklage. Ihre Drittwiderklage im Hauptsacheverfahren sei keinesfalls unzulässig. Es fehle hier jedenfalls an einem besonderen Vollzugsinteresse. Denn in der Sache liege ein Verstoß gegen § 116 SGB V i. V. m. § 31 Ärzte-ZV vor, da die Ermächtigung nur in den Räumen des Krankenhauses erfolgen dürfe. Rechtsprechung zu § 117 Abs. 2 SGB V könne aufgrund des anderen Regelungsgegenstandes nicht für eine KV-bezirksübergreifende Ermächtigung herangezogen werden. Auch verstoße die Ermächtigung gegen die Trennung des ambulanten vom stationären Sektors, wie sich dies unter anderem aus § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V ergebe. Durch den Beschluss werde die Antragstellerin als Krankenhausärztin zu einer ambulanten ärztlichen Versorgung in den Räumlichkeiten eines zur ambulanten Versorgung zugelassenen MVZ ermächtigt. Für einen Patienten, der in den dortigen Räumen behandelt werde, sei unklar, durch wen dies erfolge. Auch verstoße der Beschluss gegen datenschutzrechtliche Vorgaben bei den genannten Leistungserbringern (ermächtigte Ärztin einerseits und MVZ andererseits). Die Daten seien jeweils gesondert zu speichern und zu sichern. Der Beschluss verstoße zudem gegen § 36 Abs. 5 Bedarfsplanung-Richtlinie, weil hier von einem dauerhaften Versorgungsbedarf auszugehen sei.

In seiner Sitzung vom 17. September 2019 hat der Antragsgegner einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung als unzulässig abgelehnt, da bereits das hiesige Verfahren gerichtsanhängig sei.

II.

Die Beschwerde vom 11. Juli 2019 hat Erfolg.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist zulässig. Er ist statthaft. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung anordnen. Die Grundregel aufschiebender Wirkung nach § 86a Abs. 1 S. 1 SGG gilt nach der ausdrücklichen Regelung des § 86a Abs. 1 S. 2 SGG auch für rechtsgestaltende und feststellende Verwaltungsakte. Aufschiebende Wirkung bedeutet nicht nur, dass ein Verwaltungsakt nicht vollzogen werden darf, es tritt vielmehr allgemein eine Verwirklichungs- und Ausnutzungshemmung ein (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. Dezember 2016 – L 1 KR 268/16 B ER –, juris-Rdnr. 35 mit Bezugnahme auf Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Keller, SGG, 11. A. 2014 § 86a Rdnr. 5 mit weiterem Nachweis). Während des durch die aufschiebende Wirkung bedingten Schwebezustandes dürfen keine Folgerungen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden (BSG, Urteil vom 11. März 2009 -B 6 KA 15/08 R- juris-Rdnr. 12 mit weiteren Nachweisen). Bei einem statusbegründen Verwaltungsakt mit belasteten Dritten -so wie hier-, darf der Begünstigte keinen Gebrauch von der Begünstigung machen, konkret als Leistungserbringer bis zur rechtskräftigen Abweisung der Rechtsbehelfe Drittbetroffener noch nicht von seiner Teilnahmeberechtigung Gebrauch machen, soweit eine sofortige Vollziehung nicht angeordnet ist (BSG, a. a. O. Rdnr. 13).

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Im Hauptsacheverfahren kann sie sich -als Beigeladene- unter anderem auf ihre Rechte aus dem streitbefangenen Beschluss berufen (vgl. zur Antragsbefugnis bei Klagebefugnis in der Hauptsache Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Keller, SGG, 12. A. 2017, § 86b Rdnr. 8).

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Von Bedeutung ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung nur bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung, die einen Dritten entweder begünstigen oder belasten. Im zweiten Fall hat der von dem Verwaltungsakt Begünstigte ein Interesse an seiner sofortigen Vollziehung; der von ihm Belastete hat den Rechtsbehelf eingelegt und daher ein Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Bei der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG handelt es sich um eine gerichtliche Interessenabwägung nach pflichtgemäßem Ermessen, bei welcher die für und gegen einen Sofortvollzug sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen sind. Maßgeblich ist dabei primär, ob das Hauptsacherechtsmittel voraussichtlich erfolglos bleiben oder zur Aufhebung des angegriffenen Bescheides führen wird, weil dieser sich als rechtswidrig darstellt und auch ein Klägerrecht verletzt. Keinesfalls besteht ein öffentliches Interesse an der Vollziehung rechtswidriger Maßnahmen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. Dezember 2016 – L 1 KR 268/16 B ER –, juris-Rdnr. 45). Da jedoch nach § 86a Abs. 1 S. 1 SGG die aufschiebende Wirkung der Regelfall darstellt, rechtfertigt das Ergebnis der summarischen Prüfung, dass das Hauptsacherechtsmittel voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, für sich alleine nicht den Sofortvollzug. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG fordert für die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Sozialträger entweder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten oder ein öffentliches Interesse. Zusätzlich regelt § 97 Abs. 4 SGB V, dass der Berufungsausschuss die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse anordnen kann.

Hier überwiegen die Interessen der Antragstellerin und der Allgemeinheit am Sofortvollzug des Beschlusses des Antragsgegners gegenüber dem Interesse der Beigeladenen zu 8) und 9) am Fortbestand aufschiebender Wirkung. Angesichts der mutmaßlichen Rechtmäßigkeit des in der Sache streitgegenständlichen Beschlusses des Antragsgegners besteht ein gewichtiges öffentliche Interesse, eine bestehende Versorgungslücke zu Gunsten der aktuell betroffenen gesetzlich krankenversicherten Patienten zu schließen.

Die Klage der Beigeladenen zu 8) und 9) wird nach der im vorläufigen Rechtschutzverfahren alleine möglichen und gebotenen summarischen Prüfung eher keinen Erfolg haben. Dahingestellt kann dabei bleiben, ob diese zulässig ist. Allerdings spricht viel für eine Klagebefugnis der Beigeladenen zu 8) und 9): Zutreffend weisen sie und das SG darauf hin, dass sie im Hauptsacheverfahren nicht im Wege der defensiven Konkurrentenklage verhindern wollen, dass die Antragstellerin ihnen in ihrer jetzigen vertragsärztlichen (Hausarzt-)Tätigkeit künftig Konkurrenz machen darf. Sie wollen vielmehr im Wege einer aktiven Konkurrentenklage zur Beseitigung der auch aus ihrer Sicht bestehenden Versorgungsdefizite im fachärztlichen Bereich ein bis zwei Sonderbedarfszulassungen anstelle der Ermächtigung für die Antragstellerin erstreiten. Sie machen damit aus ihrer Sicht bestehende Zulassungsansprüche (vgl. § 95 Abs. 2 SGB V) geltend.

Ihre Klage wird aber eher keinen Erfolg haben, da durchgreifende Zweifel am Beschluss des Antragsgegners vom 16. Oktober 2018 nicht ersichtlich sind.

Grundlage der Ermächtigung ist § 116 SGB V i. V. m. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Danach können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Ermächtigungen kommen also in Betracht, wenn die ambulante Versorgung von den niedergelassenen Ärzten und den Medizinischen Versorgungszentren nicht gewährleistet ist (BSG, Urt. vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 14/05 R – juris-Rdnr. 16 mit weiteren Nachweisen). Eine Versorgungslücke kann sich nach der Rechtsprechung entweder daraus ergeben, dass in einem bestimmten Bereich zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken - Ermächtigung aus quantitativ-allgemeinen Gründen- oder daraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden - Ermächtigung aus qualitativ-speziellen Gründen. Daneben kann eine Ermächtigung auch erteilt werden um zu ermöglichen, dass im Einzelfall trotz eines an sich zahlenmäßig und qualitativ ausreichenden Leistungsangebots der zugelassenen Vertragsärzte wegen der Schwierigkeit der Diagnose oder Behandlung ausnahmsweise auf die Erkenntnisse und Erfahrungen der besonders qualifizierten Krankenhausärzte zurückgegriffen werden kann (so weitgehend wörtlich LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. September 2018 – L 3 KA 101/16 –, juris-Rdnr. 27 mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung).

Sowohl die Zulassungen von Vertragsärzten als auch die Erteilung von Ermächtigungen haben in erster Linie das Ziel, eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende sowie ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten in der fachlich gebotenen Qualität zu gewährleisten (§ 70 Abs. 1, § 72 Abs. 2 SGB V). Darüber, wie dieses Ziel am besten zu erreichen ist, befinden die hierzu berufenen Zulassungs- bzw. Berufungsausschüsse unter Beachtung der normativen Vorgaben, im Übrigen aber im Rahmen des diesen fachkundig besetzten Gremien eingeräumten und gerichtlicher Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraums (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 – B 6 KA 42/06 R –, BSGE 99, 145-154, juris-Rdnr. 27 mit Bezugnahme u. a auf BSGE 70, 167). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich, soweit für die Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum besteht, darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Grenzen der Auslegung eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 03. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, BSGE 122, 35-46, Rdnr. 24 mit weiteren Nachweisen). Das letztgenannte Gebot erfüllt der streitgegenständliche Beschluss vom 16. Oktober 2018. Das SG stellt zwar zutreffend fest, dass es in der Sache einer Darstellung der Erwägungen im Rahmen des "Beurteilungsermessens" fehlt, jedoch verweist der Beschluss ausdrücklich unter anderem auf die Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) vom 6. September 2018 (VV Bl. 24ff) und macht sich diese damit zu Eigen. Die Beigeladene zu 1) erläutert dort in einem Vergleich des Antrags auf Ermächtigung mit den Anträgen auf Sonderbedarfsanstellung bzw. –zulassung, weshalb die Ermächtigung für die Antragstellerin zur Betreuung der außerklinischen Beatmungspatienten, insbesondere bei invasiver Beatmung, die bislang nicht oder nur unzureichend erfolge, geboten sei, hingegen die von den Beigeladenen zu 8) und 9) angestrebte reguläre pneumologische Versorgung einerseits nicht erforderlich, andererseits gerade im Hinblick auf die Patienten mit invasiver Beatmung unzureichend sei. Auch werde die erforderliche Anbindung an das Beatmungszentrum (nur) durch die Antragstellerin leitliniengemäß erfolgen.

Soweit der Zulassungsausschuss und die Beigeladenen zu 8) und 9) die Auffassung vertreten, eine Ermächtigung für die Antragstellerin müsse ausscheiden, weil diese bei einem Krankenhaus außerhalb Brandenburgs beschäftigt sei bzw. die Sprechstunden im Krankenhaus stattfinden müssten, lässt sich dies dem Gesetz nicht entnehmen. Weder § 116 S. 1 SGB V noch §§ 30, 30a Ärzte-ZV stellen eine entsprechende Tatbestandsvoraussetzung auf. Durch die Aufgabenzuweisung an den Zulassungsausschuss nach § 96 SGB V wird lediglich bestimmt, dass die Ermächtigungen räumlich maximal auf den Bezirk der KV bzw. den Zulassungsbezirk beschränkt sind. Die Ärzte müssen ferner nur "in" einem Krankenhaus tätig sein. Ermächtigungsadressaten sind somit alle approbierten Ärzte, die aufgrund des Versorgungsauftrags der Einrichtung als deren Erfüllungsgehilfen kraft Anstellungsvertrag oder freiem Dienstvertrag in einem Krankenhaus tätig sein (Köhler-Hohmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 116 SGB V, Rdnr. 18). Eine Regelung zum Ort der ermächtigten Tätigkeit enthalten § 116 SGB V und §§ 31, 31a Ärzte-ZV hingegen nicht.

Durch den Umstand, dass der Zulassungsausschuss, wie beantragt – eine bloße Ermächtigung erteilt hat und keine Sonderbedarfszulassung, können die Beigeladenen zu 8) und 9) nicht in eigenen Rechten verletzt sein, selbst wenn § 36 Abs. 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie unbeachtet geblieben sein sollte. Entsprechendes gilt für die Sorge der Beigeladenen zu 8) und 9) um eine etwaige fehlende Trennung der Patientendaten in den für die Sprechstunden vorgesehenen Räumlichkeiten im MVZ sowie Irrtümern bei den Patienten, wer im Rechtssinne ihr ärztlicher Vertragspartner ist. Die Beigeladenen blenden dabei zudem aus, dass Praxisgemeinschaften, bei denen die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen gemeinsam genutzt und Hilfspersonal für mehrere Ärzte tätig sind, durchaus erlaubt sind. Diese müssen sich lediglich nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV auf die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal beschränken.

Die Ermächtigung überschreitet auch nicht die "Sektorengrenze" zwischen stationärer und ambulanter Behandlung. Die Ermächtigung gehört, wie sich bereits aus der Legalüberschrift des § 116 SGB V ergibt, (nur) zur ambulanten Behandlung. § 95 Abs. 1 SGB V stellt ausdrücklich dar, dass auch die ermächtigten Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.

Beurteilungsdefizite in der Sache sind ansonsten weder vorgetragen noch ersichtlich. Alle Beteiligten gehen insbesondere von einem bestehenden Versorgungsdefizit aus.

Wird danach also die Klage der Beigeladenen zu 8) und 9) voraussichtlich ohne Erfolg bleiben, überwiegt im Verhältnis dieser zur Antragstellerin das Interesse der letztgenannten, von der Ermächtigung bereits vor Bestandskraft des Beschlusses Gebrauch machen zu können das Interesse ihrer Konkurrenten, einen Wettbewerbsvorteil zu verhindern. Hinzu kommt jedoch, wie bereits einleitend ausgeführt, das öffentliche Interesse an einer möglichst raschen Beseitigung des bestehenden Versorgungsengpasses. Vor diesem Hintergrund kann die Frage, ob § 97 Abs. 4 SGB V gegenüber § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG die speziellere Regelung für die Sofortvollzugsanordnung durch die Zulassungsgremien darstellt und deshalb ein Sofortvollzug im ausschließlichen überwiegenden Interesse eines Beteiligten ausgeschlossen ist, sondern nur im öffentlichen Interesse an der Versorgungssicherheit erfolgen kann, dahingestellt bleiben (so bereits Beschluss des Senats vom 12. Juli 2019 – L 24 KA 30/19 B ER –, juris-Rdnr. 77).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dem Antragsgegner sind die Kosten als Unterlegenem im Sinne des § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen, obwohl er der Sache nach den Sofortvollzug für geboten hält. Zutreffend hat die Antragstellerin darauf verwiesen, dass er den Antrag hätte anerkennen können. Ein bereits bei Gericht anhängig gemachter Antrag nach § 86b Abs.1 S. 1 Nr. 2 SGG hindert den Antragsgegner nicht, von der Kompetenz und gegebenenfalls Pflicht nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zur Anordnung der sofortigen Vollziehung Gebrauch zu machen (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 27. Juni 2017 – L 24 KA 35/17 KL ER – juris-Rdnr. 47).

Die Streitwertentscheidung folgt für das Beschwerdeverfahren aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1, 2 GKG entsprechend VI Nr. 6.4 des Streitwertkatalogs (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, Streitwertkatalog 5. Aufl. 2017 [Stand: März 2017]; Überarbeitung des von der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte am 16. Mai 2006 auf Vorschlag des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz beschlossenen Streitwertkatalogs 2006).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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