S 73 KR 728/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
73
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 728/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV ist auch dann auf Antrag eines Arbeitnehmers/Arbeitgebers durchzuführen, wenn der andere Vertragspartner vor Antragstellung verstorben ist.
Nur wenn aufgrund des Todes des Vertragspartners nicht genügend Informationen für die Feststellung nach § 7a Abs 1 SGB IV vorliegen, kann die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens abgelehnt werden.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2017 verurteilt, das Statusfeststellungsverfahren aufgrund des Antrages der Klägerin vom 17.11.2016 betreffend des Zeitraumes vom 01.11.2008 bis 31.05.2014 durchzuführen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin als Betriebsleiterin in der "D.-Bar" in der Zeit vom 01.11.2008 bis zum 15.12.2014.

Die Klägerin war zunächst als Servicekraft und ab dem 01.11.2008 als Betriebsleiterin in der "D.-Bar" tätig. Sie schloss am 30.08.2008 mit Herrn B. D. eine Vereinbarung. Die Präambel dieser Vereinbarung lautete wie folgt: "Herr D. (Verpächter) und Frau Z. (Pächterin) haben einen Pachtvertrag über die "D. Bar" für den Zeitraum vom 15. Oktober 2008 bis zum 31.Dezember 2012 abgeschlossen. Dieser Pachtvertrag gilt lediglich im Außenverhältnis. Im Innenverhältnis ist weiterhin Herr D. der wirtschaftliche Eigentümer der "D. Bar". Frau Z. hat die Chance stufenweise eine 50%ige Partnerschaft an der "D. Bar" zu erwerben". Weiter hieß es in § 1 der Vereinbarung (Status quo): "Auch nach Abschluss des Pachtvertrages stehen die Einnahmen der "D. Bar abzüglich sämtlicher Ausgaben (auch Pacht, Lohn-, Umsatz- und Gewerbesteuer) und des Unternehmenslohns für Frau Z. ausschließlich Herrn D. zu. Frau Z. wird lediglich im Außenverhältnis die Unternehmerin sein. Sie wird das Gewerbe anmelden, die Betriebsaufnahmeanzeige bei Finanzamt tätigen, die Buchhaltung und die Steuererklärung durch einen Steuerberater fertigen lassen und allumfassend die Geschäfte führen". Die weiteren Regelungen in der Vereinbarung betrafen eine angestrebte 50%ige Partnerschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Am 20.01.2014 verstarb Herr B. D. Ab dem 01.06.2014 war die Klägerin alleinige Mieterin der "D. Bar". Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt die "D. Bar" alleine betrieb.

Am 17.11.2016 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung. Als Auftraggeber nannte sie den "Barbetrieb B. D." und teilte der Beklagten zugleich mit, dass die Firma geschlossen und der Inhaber verstorben sei.

Mit Bescheid vom 20.12.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihrem Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht entsprochen werden könne und ein Verfahren zur Statusfeststellung nicht durchgeführt werde. Eine verbindliche Beurteilung im Rahmen der Statusfeststellung setze voraus, dass sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer am Verfahren beteiligt werden müssten und ihnen die Möglichkeit gegeben werden müsse, sich insbesondere zur tatsächlichen Gestaltung des Auftragsverhältnisses zu äußern. Die sei aufgrund des Todes von Herrn B. D. nicht möglich.

Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass Herr B. D. Erben habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Regelung des § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV könnten die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliege. Soweit der Antrag auf Statusentscheidung nur von einem Beteiligten gestellt worden sei, sei der andere Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen (§ 12 SGB X). Beteiligungsfähig seien nach § 10 Nr. 1 SGB X natürliche und juristische. Personen, was voraussetze. dass diese leben (bei natürlichen Personen) beziehungsweise rechtlich existent sind (bei juristischen Personen). Vor diesem Hintergrund könne ein Statusfeststellungsverfahren, bei dem es sich ebenfalls um ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 8 SGB X handele, für eine im Zeitpunkt der Antragstellung bereits verstorbene beteiligte Person nicht durchgeführt werden, weil es an einem der nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV erforderlichen Beteiligten fehle.

Am 18.04.2017 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, es sei trotz des Todes von Herrn B. D. möglich, ein Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Der Geschäftsbetrieb sei nach dem Tod ihres Auftraggebers durch die Erbengemeinschaft fortgeführt worden. Beteiligungsfähig seien somit die Erben von Herrn B. D., insbesondere dessen Ehefrau, die mit Herrn B. D. gemeinsam während dessen Lebzeiten die Geschäfte geführt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Statusfeststellungsverfahren nicht durchgeführt werde. Dieses bestehe zwischen ihr und der Beklagten. Herr B. D. sei ohnehin nur zu beteiligen gewesen. Sie habe aufgrund der rechtlichen und sozialrechtlichen Folgen auch ein Feststellungsinteressen daran, ob sie für den entsprechenden Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen sei. Das Finanzamt klassifiziere aus der Treuhandvereinbarung ihre Tätigkeit als unselbstständige Arbeit. Es sei zudem auf ein Urteil des SG Berlin zu verweisen, in welchem es um den Anspruch gegen das Jobcenter auf existenzsichernden Leistungen eine Mitarbeiterin gegangen sei. Dort sei im Tatbestand festgehalten worden: "der Chef habe immer genau wissen wollen, wie viel sie gearbeitet habe".

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2017 zu verurteilen, das Statusfeststellungsverfahren aufgrund ihres Antrages vom 17.11.2016 betreffend des Zeitraumes vom 01.11.2008 bis 31.05.2014 durchzuführen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Widerspruchsbescheid. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass es zur Abklärung der Vorfrage zur Zulässigkeit eines Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 AGB IV nicht entscheidend darauf ankomme, zwischen wem das Antrags- bzw. Klageverhältnis bestehe, sondern nur, wer als Auftraggeber und Auftragnehmer hinsichtlich der vereinbarten Arbeitsleistungen(en) infrage komme. Beide Beteiligten seien in das Verwaltungsverfahren zur Statusfeststellung gemäß § 7a SGB IV einzubeziehen. Zur sachgerechten Durchführung des Verfahrens zur Vornahme der klägerseitig beantragten verbindlichen Statusklärung fehle es am Vorhandensein des einzubeziehenden weiteren Beteiligten. Auch aus den später vorgelegten Unterlagen hinsichtlich des Mietverhältnisses ab dem 01.06.2014 ergäben sich keine neuen Erkenntnisse. Ausgangspunkt der versicherungsrechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit seien die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten, so wie sie sich aus getroffenen Vereinbarungen ergäben und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen ließen. Eine objektive Beurteilung der tatsächlich gelebten Verhältnisse sei nur unter Einbeziehung der Verfahrensbeteiligten (Auftraggeber / Auftragnehmer) möglich. Insofern könne vorliegend ein Statusfeststellungsverfahren nicht durchgeführt werden, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung der zu beteiligende Auftraggeber bereits verstorben war und naturgemäß keine entsprechenden Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen machen könne.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert.

Am 09.01.2018 hat das Gericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführt. Der Rechtsstreit wurde vertagt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsprotokolle vom 09.01.2018 und vom 29.01.2020 sowie auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen ergehen, weil diese ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigt und gemäß § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf diese Möglichkeit hingewiesen wurden.

Die zulässige Klage Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist begründet. Der Bescheid vom 20.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durchführt.

Nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Entscheidung, ob eine Beschäftigung vorliegt, erfolgt durch die Beklagte auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles (§ 7a Abs. 2 SGB IV). In § 7a Abs. 3 bis 5 SGB IV ist das Verfahren vorgegeben. Zunächst teilt die Beklagte den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben (Abs. 3). Dann teilt die Beklagte den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern (Abs. 4). Zuletzt fordert sie die Beteiligten auf, innerhalb einer angemessenen Frist die Tatsachen anzugeben, die eine Widerlegung begründen, wenn diese die Vermutung widerlegen wollen (Abs. 5).

Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert das Statusfeststellungsverfahren hier nicht daran, dass der Auftraggeber vor der Antragstellung verstorben ist. § 7a SGB IV nennt "die Beteiligten" als Antragsberechtigte und als diejenigen, die Auskunft erteilen müssen. Gemeint sind mit Beteiligten i.S.d. § 7a SGB IV letztlich die "an einem auf Erbringung menschlicher Arbeit gerichteten Rechtsverhältnis, insbesondere also eines Arbeitsverhältnisses" beteiligten, also Auftragnehmer/Arbeitnehmer und Auftraggeber/Arbeitgeber (vgl. zu dem Begriff Berchtold, Verfahrensrechtliche Probleme des § 7a SGB IV, NZS 2014, 885).

Die Beteiligung des jeweils anderen Vertragspartners ergibt sich aber auch aus § 12 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. 2 S. 2 SGB X (vgl. zur Feststellung der Versicherungspflicht durch die Krankenkasse u.a. BSG, Urteil vom 22. Juni 1983 – 12 RK 73/82, Rn. 11; zur ausdrücklichen Feststellung der Versicherungspflicht im Betriebsprüfungsbescheid LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21. Dezember 2016 – L 2 R 326/15 –, Rn. 270; teilweise wird auch von einer Beteiligung gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X ausgegangen, BeckOK SozR/Weber, 55. Ed. 1.12.2019, SGB X § 12 Rn. 6-10). Nach § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X ist dann, wenn der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten hat, dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Unstreitig hat das Statusfeststellungsverfahren Rechtsfolgen sowohl für den Auftraggeber/Arbeitgeber, als auch für den Auftragnehmer/Arbeitnehmer.

Der Tod eines zu Beteiligenden hat jedoch zunächst nur die Folge, dass er nicht mehr beteiligt werden kann, nicht jedoch, dass das Verfahren schon von vornherein nicht mehr durchzuführen ist. Dabei ist es nach Auffassung der Kammer wichtig, zwischen dem unterschiedlichen Zwecken der Beteiligung zu unterscheiden. Das Beteiligungserfordernis hinsichtlich der Person, für die der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung hat (§ 12 Abs. 2 S. 2 SGB X), dient primär dem Zweck, dass diese Person dann auch im Verwaltungsverfahren schon die Möglichkeit erhalten soll, sich zu äußern und ggf. durch Vortrag weiterer Gesichtspunkte Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen. Die Beteiligung bzw. Hinzuziehung erfolgt also im Interesse der ebenfalls von der Entscheidung betroffenen weiteren Person. Dies zeigt sich schon daran, dass die Beteiligung nach § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X "auf Antrag" erfolgt. Lebt die ebenfalls betroffene Person nicht mehr, kann auch keine Beteiligung mehr erfolgen. Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Durchführung des Verwaltungsverfahrens.

In Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV erfolgt die Beteiligung dagegen nicht auf Antrag, sondern ist – zumindest hinsichtlich der am Auftragsverhältnis Beteiligten – gesetzlich vorgesehen. Der Grund für die Beteiligung ist neben der Regelung der Antragsbefugnis zunächst derselbe, wie für die Beteiligung nach § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X, nämlich weil die Entscheidung über den Status sowohl Rechtsfolgen für den Auftraggeber als auch für den Auftragnehmer auslöst (vgl. u.a. Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 7a SGB IV (Stand: 10.01.2020), Rn. 35, Rn. 66; Knospe in: Hauck/Noftz, SGB, 07/08, § 7a SGB IV, Rn. 18, jeweils unter Bezugnahme auf § 12 SGB X). Dass die Beteiligung Voraussetzung für die Durchführung des Verfahrens ist, ergibt sich daraus noch nicht.

Ein weiterer Grund für das gesetzliche zwingend vorgesehene Beteiligungserfordernis des jeweils anderen Vertragspartners ist die Sachverhaltsermittlung. Für das Statusverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 7a Abs. 2 SGB IV, § 20 SGB X). Hierbei fordert die Beklagten die Beteiligten auf, die zur Entscheidungsfindung erforderlichen Unterlagen zu übersenden (§ 7a Abs. 3 SGB IV). An dem Auftragsverhältnis sind immer mindestens zwei (juristische oder natürliche) Personen beteiligt, so dass auch beide Seiten diesbezüglich Informationen geben können. Die Beteiligten trifft insoweit eine Mitwirkungspflicht. Letztlich muss die Beklagte anhand der ihr von den Beteiligten übermittelten Unterlagen prüfen, ob diese eine ausreichende Entscheidungsgrundlage darstellen. Ist dies nicht der Fall und stehen der Beklagten keine Ermittlungsmöglichkeiten offen, kann sie keine Entscheidung treffen. Liegen der Beklagten keine, widersprüchliche oder nicht ausreichende Angaben der Beteiligten z.B. zum konkreten Inhalt der Tätigkeit vor, ist die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens durch Verwaltungsakt abzulehnen. Inwieweit sich einer der Beteiligten durch die bloße Verweigerung der Mitwirkung einer für ihn ungünstigen (weil z.B. zu Beitragsnachforderungen führenden) Statusfeststellungsentscheidung entziehen kann, ist hier nicht zu klären. Letztlich wird die Beklagte insoweit eine auf den Einzelfall bezogenen Entscheidung nach Maßgabe der allgemeinen Beweis- und Beweislastregeln treffen müssen (Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7a SGB IV, Rn. 118).

Nach Auffassung der Kammer ist es jedoch nicht unmöglich, das Statusfeststellungsverfahren durchzuführen, auch wenn man nur von einem der Beteiligten ausreichende Informationen erhalten kann. Eine zwingende Ablehnung der Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens lässt sich § 7a SGB IV nicht entnehmen (a.A. wohl Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 7a SGB IV (Stand: 10.01.2020), Rn. 35) und entspräche auch nicht dem Interesse des antragstellenden Beteiligten. § 7a Abs. 1 SGB IV sieht nur dann eine Einschränkung der Durchführung des Statusfeststellungsverfahren vor ("es sei denn), wenn die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hatte (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 1/18 R).

Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es bei der Frage, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, auch auf die gelebten, tatsächlichen Verhältnisse ankommt (für Viele BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 R 3/17 R, Rn. 13). Die tatsächlichen Verhältnisse lassen sich aber nicht allein durch die Vertragsparteien ermitteln. Vielmehr können hier auch weitere Mitarbeiter oder Kunden befragt werden. Sofern sich aufgrund des Todes eines Beteiligten letztlich nicht ausreichend ermitteln lässt, wie das Vertragsverhältnis gelegt wird, kann die Beklagte keine Feststellung treffen. Vorliegend sind jedoch von Vornherein keine Ermittlungen erfolgt. Dabei hätten durchaus Ermittlungsmöglichkeiten bestanden. Insbesondere die Erben des verstorbenen Herr B. D. hätten befragt werden können, zumal die Klägerin vorgetragen hatte, dass dies auch noch zu Lebzeiten des Herrn B. D. in der D. Bar vielfach anwesend waren.

Die Beklagte verhält sich zudem widersprüchlich, da sie in anderen Fällen auch nach dem Tod eines Beteiligten das Statusfeststellungsverfahren weiter durchführt. In der mündlichen Verhandlung teilte die Beklagtenvertreterin mit, dass die Durchführung des Verfahrens nur in den Fällen sofort abgelehnt wird, in denen einer der Vertragspartner bei Antragstellung bereits verstorben ist. Stirbt einer der Beteiligten während des Verfahrens, werde das Verfahren auch dann noch durchgeführt, wenn bislang noch keine Informationen von Seiten des verstorbenen Beteiligten übersandt wurden. In diesen Fällen fühlt sich die Beklagte also nicht daran gehindert, weitere Ermittlung hinsichtlich des Auftragsverhältnisses durchzuführen. Dieses Vorgehen lässt es stark vom Zufall abhängen, ob ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt wird. Zugespitzt unterscheidet sich die Situation, in der ein zu Beteiligender ein paar Tage vor der Antragstellung durch den anderen Vertragspartner stirbt, wohl letztlich kaum von der, in der der zu Beteiligende einige Tage nach der Antragsstellung verstirbt. In beiden Fällen fehlt eine Person, die weitere Auskünfte erteilen kann. Ungeachtet dessen hat die Klägerin vorgetragen, die Erben hätten nach dem Tod des Herrn B. D. am 20.01.2014 dessen Geschäfte übernommen. Zumindest ab diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte auch nach ihrer eigenen Rechtsauffassung eine Prüfung vornehmen müssen. Denn ab diesem Zeitpunkt wäre das Auftragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Erben zu überprüfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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