L 7 R 580/19 ZV

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 13 R 215/18 ZV
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 580/19 ZV
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - betriebliche Voraussetzung -
VEB Meliorationsbau X....
Beim VEB Meliorationsbau X.... handelte es sich weder um einen volkseigenen Massenproduktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen, noch um einen gleichgestellten Betrieb.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 7. August 2019 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 1952 geborene Kläger ist, nach einem Hochschulstudium in der Fachrichtung "Meliorationsingenieurwesen" an der Universität Y ... in der Zeit von August 1970 bis August 1974, seit 28. Juni 1974 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen; zudem wurde ihm mit Diplomurkunde vom 28. Juni 1974 der akademische Grad "Diplom-Meliorationsingenieur" verliehen. Er war vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Projektant im volkseigenen Betrieb (VEB) Meliorationsbau B ... beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Den am 9. Februar 2017 gestellten Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Juni 2017 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2018 ab: Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf tatsächliche noch auf fingierte Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz, da am 30. Juni 1990 die betriebliche Voraussetzung nicht vorgelegen habe. Der VEB Meliorationsbau B ... sei kein volkseigener Produktionsbetrieb oder gleichgestellter Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers habe weder die industrielle Fertigung von Sachgütern das Gepräge gegeben, noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen.

Die hiergegen am 6. März 2018 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig mit Urteil nach mündlicher Verhandlung vom 7. August 2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger sei zu Zeiten der DDR weder eine Versorgungsurkunde ausgehändigt worden, noch sei er tatsächlich nachträglich in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz einbezogen worden. Eine Einbeziehung aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wegen einer fingierten Versorgungsanwartschaft sei abzulehnen, da diese Rechtsprechung nicht überzeuge. Im Übrigen sei wohl auch die betriebliche Voraussetzung am 30. Juni 1990 hierfür nicht gegeben.

Gegen das am 3. September 2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. September 2019 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Der VEB Meliorationsbau B ... habe sich mit der massenhaften Herstellung von Meliorationsanlagen beschäftigt. Die Tätigkeit im Betriebsteil Projektierung sei irrelevant und nachrangig zu betrachten, da es sich bei diesem Arbeitgeber um einen Betriebsteil, also um eine nichtselbstständige Betriebseinheit, gehandelt habe. Bei einem nichtselbstständigen Betriebsteil sei zweifelsfrei und im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG und der allgemeinen Rechtsprechung vom Produktionscharakter des Stammbetriebes auszugehen. Vor diesem Hintergrund müsse die Voraussetzung "volkseigener Produktionsbetrieb" erneut geprüft werden. Des Weiteren sei der Fakt zu erwähnen, dass die erstinstanzliche Richterin auch grundsätzlich die diesbezügliche Rechtsprechung des BSG zu den abgeleiteten Versorgungsansprüchen grundsätzlich ablehne. Die Zeit des Klägers müsse daher als abgeleitete Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz ohne Einzelfallzusage anerkannt werden.

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 7. August 2019 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2018, zu verurteilen, seine Beschäftigungszeiten vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 im VEB Meliorationsbau B ... als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis, nicht allerdings in der Begründung, für zutreffend. Auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG liege die betriebliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft nicht vor.

Das Gericht hat zum konkreten Beschäftigungsbetrieb (VEB Meliorationsbau B ...) Betriebsunterlagen von der Beklagten beigezogen. Der Kläger hat eine schriftliche Erklärung des Zeugen X ... vom 22. Januar 2020 zum Gegenstand der Betriebstätigkeit des VEB Meliorationsbau B ... zu den Akten gereicht.

Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 30. Dezember 2019 jeweils zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Urteilsbeschluss angehört.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat konnte die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluss zurückweisen, weil das Sozialgericht durch Urteil entschieden hat, der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden zu dieser Vorgehensweise mit gerichtlichen Schreiben vom 30. Dezember 2019 zuvor gehört (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG) und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 62 SGG). Soweit der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. Januar 2020 ausführen ließ, er sei "mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbeschluss nicht einverstanden", hindert dies den Senat nicht durch Urteilsbeschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG zu entscheiden, weil zum einen die Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und zum anderen das Gericht die Beteiligten nach ihrer Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) nicht angefragt hatte.

II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Sozialgericht Leipzig die Klage mit Urteil vom 7. August 2019 im Ergebnis – nicht allerdings auch in der Begründung – zu Recht abgewiesen hat. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2018 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn er hat für den von ihm geltend gemachten Beschäftigungszeitraum vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Feststellung seiner Beschäftigungszeiten als Zeiten der fiktiven bzw. fingierten Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.

In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. dazu stellvertretend: BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes nach § 1 Abs. 1 AAÜG unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz, zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).

Der Kläger war bei In-Kraft-Treten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Einen "Anspruch" auf Versorgung (= Vollrecht) besaß er zu diesem Zeitpunkt nicht, weil schon kein "Versorgungsfall" (Alter, Invalidität) eingetreten war.

Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Dies hätte vorausgesetzt, dass er in das Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre. Eine solche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz konnte durch eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889, ber. S. 1239) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes, durch eine Rehabilitierungsentscheidung auf der Grundlage von Art. 17 des Einigungsvertrages oder durch eine Einzelentscheidung, zum Beispiel auf Grund eines Einzelvertrages (vgl. § 1 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 [DDR-GBl. Nr. 62 S. 487]), erfolgen. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.

Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen und vor Eintritt des Leistungsfalls ausgeschieden (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG kann – mangels tatsächlich erfolgter Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem – insbesondere auch nicht dadurch erfüllt werden, dass der Kläger vor seiner am Stichtag 30. Juni 1990 beim VEB Meliorationsbau B ..., ausgeübten Beschäftigung möglicherweise in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben beschäftigt war und aus dieser Beschäftigung später "ausgeschieden" ist.

Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31), weil er am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Ein solcher fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (DDR-GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (DDR-GBl. I Nr. 62 S. 487) von drei Voraussetzungen ab, nämlich von (1) der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und (2) der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der DDR am 2. Oktober 1990 (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 13).

Ausgehend hiervon war der Kläger nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, weil er am 30. Juni 1990 (und damit auch nicht im Zeitraum vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990) keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Zu diesem Zeitpunkt war er nämlich nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Die betriebliche Voraussetzung eines fingierten Anspruchs im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz ist nicht erfüllt.

Beschäftigungsbetrieb des Klägers am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990), und damit Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn – worauf es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein ankommt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 6, S. 13; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 27/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17) – war, ausweislich der vorliegenden arbeitsvertraglichen Unterlagen sowie der Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung, der VEB Meliorationsbau B ... Ausschließlich dieser Betrieb ist daher der Beurteilung zu Grunde zu legen. Auf einen unselbstständigen Betriebsteil dieses Beschäftigungsbetriebes hat weder die Beklagte noch das Sozialgericht abgestellt. Der – seinerseits zwar zutreffende – Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren geht daher insoweit gänzlich ins Leere und vermag zu keiner anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage zu führen.

1. Beim Beschäftigungsbetrieb des Klägers (dem VEB Meliorationsbau B ...) handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Hauptzweck des Betriebes war nämlich nicht die serienmäßige Produktion von Sachgütern im Bereich der Industrie oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen.

Entgegen der Ansicht des Klägers unterfallen dem Geltungsbereich der VO-AVItech und der 2. DB nur die Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, deren Hauptzweck (bzw. Schwerpunkt) auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. exemplarisch: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist neben den Merkmalen "Betrieb" und "volkseigen" maßgeblich durch das weitere Merkmal "Produktion (Industrie/Bauwesen)" gekennzeichnet. Zwar sprechen die Überschrift der Versorgungsordnung, ihr Vorspann ("Präambel") und ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 1 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des Wortlauts wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiteten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nicht in jedem volkseigenen Betrieb galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem "Produktionsbetrieb" gleichgestellt wurden, wird klar, dass die Versorgungsordnung und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe erfasste. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (DDR-GBl. I Nr. 111 S. 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6, S. 43 f.). Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie u.a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 VO-AVItech und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die DDR spätestens ab den 60er-Jahren und jedenfalls am 30. Juni 1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat. Hierauf weisen § 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 (DDR-GBl. I Nr. 15 S. 129) sowie § 41 Abs. 1 1. Spiegelstrich in Verbindung mit § 41 Abs. 2 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (DDR-GBl. I Nr. 38 S. 355) hin, welche die Kombinate, Kombinatsbetriebe und die übrigen volkseigenen Betriebe in der Industrie und im Bauwesen denen aus anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. im Handel, auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft) gegenüberstellen.

Ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie liegt nur vor, wenn der von ihm verfolgte Hauptzweck auf die industrielle, massenhafte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet war (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Es muss sich also um einen "Produktionsdurchführungsbetrieb" gehandelt haben, der sein maßgebliches Gepräge durch die unmittelbare industrielle Massenproduktion von Sachgütern erhalten hat (vgl. dazu explizit: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24).

Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens liegt nur vor, wenn ihm die Bauproduktion, mithin die unmittelbare industrielle Ausführung von Bautätigkeiten das Gepräge gegeben hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16). Industrie und Bauwesen waren in der DDR die "führenden" Produktionsbereiche (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 40). Erforderlich zur Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung ist daher, dass die unmittelbare Eigenproduktion dem Betrieb das Gepräge verliehen hat (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18 f.), wobei es sich um Massenproduktion im Sinne von massenhaftem Ausstoß standardisierter Produkte, die hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten, gehandelt haben muss (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46; BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Nach der VO-AVItech sollte nur die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen "schnelleren, planmäßigen Aufbau" der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO-AVItech). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Denn der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 35, S. 46 f.; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Dass nur eine unmittelbare industrielle Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art für die DDR und für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech von maßgeblicher Bedeutung war, spiegelt sich in dem "Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen" vom 14. Juni 1963 (DDR-GBl. II Nr. 63 S. 437) wider. Dort wurde auf die besondere Bedeutung des Bauwesens nach dem Produktionsprinzip unter anderem unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Bauwesen hingewiesen. Mit der Konzentration der Baukapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten sollte ein neuer, selbstständiger Zweig der Volkswirtschaft geschaffen werden, der die Organisierung und Durchführung der kompletten Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand hatte. Die Bau- und Montagekombinate sollten danach unter anderem den Bau kompletter Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchführen und jeweils die betriebsfertigen Anlagen und schlüsselfertigen Bauwerke bei Anwendung der komplexen Fließfertigung, der Schnellbaufließfertigung und des kombinierten und kompakten Bauens übergeben. Von wesentlicher Bedeutung war somit das (Massen-)"Produktionsprinzip" in der Bauwirtschaft. Demgemäß wurde in dem "Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen" vom 14. Juni 1963 (DDR-GBl. II Nr. 63 S. 437) unter anderem unterschieden zwischen der von den Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und den Baureparaturbetrieben andererseits, die im Wesentlichen zuständig waren für die Erhaltung der Bausubstanz, die Durchführung von Um- und Ausbauten sowie von kleineren Neubauten (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24). Damit hatte der Gesetzgeber der DDR im Bauwesen selbst zwischen massenhafter Neubauproduktion und sonstiger Bautätigkeit differenziert, weshalb es nicht ausreicht auf das Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus (7. Auflage, Neuausgabe 1989) zu verweisen, wonach unter "Bauproduktion", "sämtliche Bauarbeiten an Gebäuden, die als Neubau, Rekonstruktionsbau (einschließlich Modernisierung), Baureparaturen oder Abbruch von Bauwerken" (S. 127 im Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus) zu verstehen seien. Hinzukommt, dass auch im Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus ausdrücklich differenziert wird zwischen der Bauindustrie als wichtigstem Bereich der Bauwirtschaft, deren Produktion vorwiegend durch industrielle Fertigung von Bauwerken in Baukombinaten und Baubetrieben (Bau- und Montagekombinate, Spezialbaukombinate, Landbaukombinate und Wohnungsbaukombinate) gekennzeichnet ist (S. 125 im Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus), und der Baureparatur, die alle Baumaßnahmen zur Erhaltung und Modernisierung der Bausubstanz erfasst, die lediglich zur Teilreproduktion führt und die die Instandhaltung, Instandsetzung, Modernisierung und Teile der Rekonstruktion, die ausdrücklich als Rekonstruktionen im nichtproduzierenden Bereich deklariert wurden, umfasste (S. 128 im Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus).

Zwar handelte es sich beim VEB Meliorationsbau B ... um einen Baubetrieb, der auch organisatorisch dem Wirtschaftsbereich des Bauwesens zugeordnet war, nicht hingegen um einen solchen, dem die Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion nach dem fordistischen Produktionsmodell bzw. als Produktionsdurchführungsbetrieb das maßgebliche Gepräge verliehen hat. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den beigezogenen Betriebsunterlagen sowie aus den eigenen Angaben des Klägers und den Angaben des Zeugen X ...

Der VEB Meliorationsbau B ... wurde aufgrund des Beschlusses zur "Auflösung des VEB Gewässerunterhaltung und Meliorationsbau B ... und Bildung eines VEB Meliorationsbau B ... sowie Schaffung einer Spezialtiefbaukapazität" des Rates des Bezirkes B ... vom 22. Mai 1963 (Bl. 65-70 der Gerichtsakte) – in Umsetzung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 1 der "Verordnung über die Organisation des Meliorationswesens" vom 21. Juni 1962 (DDR-GBl. II Nr. 46 S. 397), wonach zur Unterstützung bei der Durchführung von Meliorationsmaßnahmen zum 1. Januar 1963 in jedem Bezirk ein VEB Meliorationsbau zu bilden war (Bl. 94 der Gerichtsakte) – als eigenständiger und rechtsfähiger Betrieb gebildet. Er wurde am 17. Oktober 1963 als rechtsfähiger Betrieb in das Register der volkseigenen Wirtschaft unter der Registernummer: 110-13-167 eingetragen (Bl. 89 der Gerichtsakte), zunächst dem Bezirkslandwirtschaftsrat B ..., später dem Rat des Bezirkes B ... (Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft) unterstellt und erhielt die Betriebsnummer: 07308010, später: 07308002 zugeteilt. Der Betrieb bestand bis nach dem 30. Juni 1990 fort. Seine Rechtsfähigkeit erlosch erst mit der Gründung der TAF GmbH-Bauunternehmung aufgrund Gesellschaftsvertrag vom 26. Juli 1991 in der Fassung vom 10. Dezember 1991 (Bl. 81-85 der Gerichtsakte) und Eintragung der GmbH ins Handelsregister des Kreisgerichts der Stadt Leipzig (HRB Nr. 307) am 20. Januar 1992 (Bl. 86-88 der Gerichtsakte).

Ausweislich der vorliegenden Betriebsunterlagen des VEB Meliorationsbau B ... ("Geschäftsbericht für das Jahr 1969" [Bl. 71-80 der Gerichtsakte] sowie "Bericht über die politisch-ideologische und ökonomische Entwicklung des VEB Meliorationsbau B ... im Jahre 1981" vom 24. Februar 1982 [Bl. 52-64 der Gerichtsakte]) oblagen dem Betrieb die Vorbereitung, Projektierung und Durchführung von Meliorationsbaumaßnahmen. Solche Meliorationsbaumaßnahmen umfassten beispielsweise - die Dränung (also Drainage), - die Vorflut, - die Beregnung und - den Wirtschaftswegebau. Als Projekte werden in den Betriebsunterlagen beispielhaft erwähnt: - Beregnungsanlagen durch Druckrohrleitungen, - Gülleverregnungsanlagen, - Entwässerungssysteme, - Wirtschaftswegebau, - Wasseraufbereitungsanlagen.

Dem korrespondierend führte der Kläger in seinem Schreiben vom 24. Juni 2018 (Bl. 22 sowie Bl. 103 der Gerichtsakte) aus, dass der VEB Meliorationsbau B ... bis 30. Juni 1990 die Aufgabe hatte, Bauwerke und bauliche Anlagen für landwirtschaftliche Betriebe aller Eigentumsformen zu erstellen. Dabei handelte es sich hauptsächlich um: 1. Dränanlagen (Schachtbauwerke, Auslaufbauwerke und andere Bauwerke), 2. Beregnungsanlagen (Pumpstationen und Sammelbecken), 3. Wirtschaftswege und Wirtschaftsstraßen (Regelquerschnitte, Schachtbauwerke, Brückenbauwerke) sowie 4. Güllebecken und andere bauliche Anlagen. Für alle Anlagen existierten Vorlagen und Musterprojekte sowie technische Vorschriften. Derartige Unterlagen wurden durch die Ingenieurbüros erstellt und mussten an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Der Anteil der meliorationstypischen Bauarbeiten schwankte entsprechend den staatlichen Vorgaben und dem Bedarf der landwirtschaftlichen Betriebe zwischen 70 bis 30 Prozent. Der Bedarf an großflächigen Dränanlagen war ca. ab 1980 befriedigt. Daneben wurden vom VEB Meliorationsbau B ... weitere bauliche Anlagen für landwirtschaftliche Betriebe, für die Erschließung von Wohngebieten, Städten und Gemeinden, für Unternehmen der Wasserwirtschaft und der Braunkohlenkombinate erstellt. Dabei handelte es sich hauptsächlich um tiefbauliche Anlagen, wie beispielsweise: - Pumpanlagen und Rohrleitungen zur Ableitung von Flüssigmist, - Desinfektionsdurchfahrtswannen und andere bauliche Ergänzungen, - Kanäle, Rohrleitungen und Pumpstationen in Siedlungsgebieten, - bauliche Anlagen und Gewässer zur Ableitung von Oberflächenwasser sowie - Neubau und Ertüchtigung von Brücken und Stegen im öffentlichen Verkehrsraum.

Auch der vom Kläger benannte Zeuge X ... führte in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 22. Januar 2020 (Bl. 106 der Gerichtsakte) aus, dass der VEB Meliorationsbau B ... bis 30. Juni 1990, Bauwerke und bauliche Anlagen für landwirtschaftliche Betriebe aller Eigentumsformen herstellte. Dabei handelte es sich hauptsächlich um: 1. Dränanlagen (Schachtbauwerke, Auslaufbauwerke und andere Bauwerke), 2. Beregnungsanlagen (Pumpstationen und Sammelbecken), 3. Wirtschaftswege und Wirtschaftsstraßen (Regelquerschnitte, Schachtbauwerke, Brückenbauwerke), 4. Güllebecken und andere bauliche Anlagen sowie 5. Unterstellhallen für landwirtschaftliche Maschinen, Lager- und Abstellflächen. Für alle Anlagen existierten Musterprojekte sowie technische Vorschriften. Derartige Unterlagen wurden durch Planungsbüros erstellt und federführend im Ingenieurbüro für Melioration zusammengefasst. Durch den Betriebsteil Projektierung des Betriebes wurden die Unterlagen an die örtlichen Gegebenheiten und die Erfordernisse der Auftraggeber angepasst. Der Anteil der meliorationstypischen Bauarbeiten schwankte entsprechend den staatlichen Vorgaben und dem Bedarf der landwirtschaftlichen Betriebe zwischen 75 bis 30 Prozent. Daneben wurden vom VEB Meliorationsbau B ... weitere bauliche Anlagen für landwirtschaftliche Betriebe, für die Erschließung von Wohngebieten, Städten und Gemeinden, für Unternehmen der Wasserwirtschaft und der Braunkohlenkombinate erstellt. Bei den Bauwerken handelte es sich hauptsächlich um tiefbauliche Anlagen, bei denen ebenfalls Musterprojekte und Vorschriften aus allen Bereichen genutzt wurden. Beispielsweise wurden im Betriebsteil Projektierung (durch den Kläger) folgende Anlagen geplant und danach durch andere Betriebsteile des VEB Meliorationsbau B ... realisiert: - Pumpanlagen und Rohrleitungen zur Ableitung von Flüssigmist, - Desinfektionsdurchfahrtswannen und andere bauliche Ergänzungen, - bauliche Anlagen und Gewässer zur Ableitung von Oberflächenwasser sowie - Neubau und Ertüchtigung von Brücken und Stegen im öffentlichen Verkehrsraum.

Sowohl die Betriebsunterlagen als auch die Angaben des Klägers sowie die Angaben des Zeugen X ... vermitteln damit ein einheitliches und umfassendes Bild von den umfangreichen und vielfältigen Aufgaben des Betriebes, der vorrangig Bauleistungen im Bereich des Meliorationswesens und anderer landwirtschaftlicher und sonstiger Tiefbaumaßnahmen sowie der baulichen Erschließung erbracht hat.

Aus den vielfältigen Betriebsaufgaben wird deutlich, dass der VEB Meliorationsbau B ... zwar Bautätigkeiten in Form des Baus von Entwässerungsanlagen, Bewässerungsanlagen, Beregnungsanlagen, Güllebecken, Desinfektionswannen, Kanälen, Rohrleitungen und Pumpstationen sowie im Rahmen der Schaffung entsprechender Infrastrukturen im Rahmen der baulichen Erschließung von Wirtschaftswegen, Wirtschaftsstraßen und Siedlungsgebieten verrichtete. Dabei handelte es sich zum einen jedoch nicht nur um Neubauten, sondern auch um Rekonstruktionsbauten, die einer massenhaften industriellen Herstellung von vorherein nicht zugänglich sind, zumal der Verkehrswege-, Erschließungs- und Infrastrukturbau allein der Verbesserung der Infrastruktur diente und keine Massenproduktion von Bauwerken darstellte (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22). Zum anderen lagen dem Drainageanlagen-, Beregnungsanlagen- und Erschließungsbau keine standardisierten und automatisierten Herstellungsprozesse zu Grunde, da diese Bautätigkeiten stets auf die topographischen Gegebenheiten Rücksicht nehmen mussten und die Bauausführung stets den örtlich spezifisch anzutreffenden Rahmenbedingungen folgte, wie sowohl der Kläger als auch der Zeuge X ... im Übrigen jeweils ausführten. Die spezifischen Bauwerke des Drainageanlagen-, Beregnungsanlagen- und Erschließungsbaus mussten deshalb sowohl die jeweils spezifischen Gegebenheiten als auch – wie der Zeuge X ... hervorhob – die jeweiligen Erfordernisse der konkreten Auftraggeber berücksichtigen. Dass es sich bei den projektierten und errichteten sowohl spezifischen als auch den jeweiligen Erfordernissen der Auftraggeber angepassten Bauwerken des Drainageanlagen-, Beregnungsanlagen- und Erschließungsbaus um "fließbandartige Standardware" handelte, ergibt sich weder aus den Betriebsunterlagen noch aus den Angaben des Klägers oder des Zeugen X ... Massenhafter Ausstoß standardisierter Neubauten infolge automatisierter, serienmäßig wiederkehrender und damit industrieller Herstellungsprozesse entsprechend dem fordistischen Produktionsmodell hat dem Betrieb somit nicht das Gepräge verliehen. Dies beruht – nachmals zusammengefasst – auf folgenden Überlegungen: Auch wenn in der Zeit des Bestehens des Betriebes eine relevante Anzahl von (Neu-)Bauten errichtet wurden, handelte es sich überwiegend um konkrete (gegebenenfalls umfangreiche und wirtschaftlich sowie gesellschaftlich bedeutsame) Einzelvorhaben an konkreten und verschiedenen Standorten, die immer nach dem konkreten Wunsch des Auftraggebers und in Abhängigkeit von der vorgefundenen baulichen Situation und den örtlichen Verhältnissen ausgeführt wurden. Dies erforderte nicht ausschließlich den Einsatz standardisierter Bauteile, sondern auch individueller und spezifischer Bauleistungen. Erfasst von der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz ist hingegen nur die Bauindustrie, deren Bauproduktion auf die industrielle Fertigung von Bauwerken in Baukombinaten und Baubetrieben (Bau- und Montagekombinate, Spezialbaukombinate, Landbaukombinate und Wohnungsbaukombinate) ausgerichtet war. Auch die vom Kläger und vom Zeugen X ... betonte Verwendung von vorgefertigten und standardisierten Bauteilen (möglicherweise sogar nach Bautypenreihen) sowie der Einsatz von größeren Baumaschinen führen noch nicht dazu, dass eine Massenproduktion im Bereich des Bauwesens im Sinne der Rechtsprechung des BSG angenommen werden kann. Gerade weil nicht jeder Baubetrieb ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens im Sinne dieser Rechtsprechung war, genügt es nicht, dass der Beschäftigungsbetrieb Bauwerke jeglicher Art unter Verwendung von Betonfertigteilen und vorgefertigten Teilkomponenten sowie unter Einsatz von größeren Baumaschinen errichtet hat. Gerade auch die Angaben des Klägers sowie des Zeugen X ... zu den unterschiedlichsten Bauwerksarten (Dränanlagen, Beregnungsanlagen, Wirtschaftswege, Wirtschaftsstraßen, Güllebecken, Pumpanlagen, Rohrleitungen, Desinfektionsdurchfahrtswannen, Kanäle, Pumpstationen, Brücken und Stege, ) machen deutlich, dass von einer gleichförmigen, massenhaft standardisierten Bautätigkeit, die nur in marginalem Umfang einer projektmäßigen Anpassung und Vorbereitung bedurfte, nicht ausgegangen werden kann.

Soweit der Kläger als Bauproduktionsleistungen sämtliche Inbetriebsetzungs- und Montageleistungen des Betriebes verstanden wissen will, handelte es sich insoweit lediglich um Dienstleistungen und nicht um Massenproduktion nach dem fordistischen Produktionsmodell in Form der Produktionsdurchführung. Auch die Rekonstruktions-, Reparatur- und sämtliche Projektierungs- und Rationalisierungsleistungen sind keine Sachgüter herstellenden Aufgaben nach dem fordistischen Produktionsmodell. Denn Betriebe, die schwerpunktmäßig Dienstleistungen für die Produktion anderer Betriebe und damit unabdingbare Vorbereitungs- oder Begleitarbeiten für den Produktionsprozess erbrachten, erhalten dadurch nicht den Charakter eines Produktionsdurchführungsbetriebes und erfüllen nicht die betriebliche Voraussetzung (so für Projektierungsbetriebe zuletzt und explizit: BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; so explizit für Rationalisierungsbetriebe: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22; so explizit für Dienstleistungsbetriebe allgemein: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 17; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28).

Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Einordnung des Beschäftigungsbetriebes des Klägers (nach der vom Sozialgericht Leipzig in einem anderen Verfahren [S 10 RS 932/13] eingeholten Auskunft des Bundesarchivs vom 12. Februar 2014 im Zeitraum von 1978 bis einschließlich Juni 1990, Bl. 19 sowie 51 der Gerichtsakte) nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR in die Wirtschaftsgruppe 20228 (Betriebe für den Bau von Meliorationsanlagen). Neben den aus den Betriebsunterlagen und den Angaben des Klägers hervorgehenden Aufgaben des VEB Meliorationsbau B ... ist auch die Anknüpfung an die Zuordnung des Betriebes in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR ein geeignetes abstrakt-generelles Kriterium der Bewertung der Haupttätigkeit des Beschäftigungsbetriebes des Klägers (vgl. dazu auch: BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 4 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, RdNr. 11, wonach der Zuordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR die Bedeutung einer Hilfstatsache zukommen kann, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden kann). Dies ergibt sich vor allem aus dem Vorwort zur Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR für das Jahr 1985, die im Bundesarchiv zugänglich ist und die belegt, dass bereits die DDR im Rahmen ihrer ökonomischen Planung und statistischen Abrechnung eine Einteilung der Betriebe nach ihren Hauptaufgaben (ihrer Haupttätigkeit) im System der erweiterten Reproduktion (und damit nach ökonomischen Gesichtspunkten) vorgenommen hat. Danach erfolgte die Zuordnung der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten - Betriebe, Einrichtungen, Organisationen u.a. - unabhängig von der Unterstellung unter ein Staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und der sozialökonomischen Struktur. Die Systematik der Volkswirtschaftszweige war damit frei von möglichen Veränderungen, die durch verwaltungsmäßige Unterstellungen der Betriebe und Einrichtungen hervorgerufen werden konnten. In der Systematik der Volkswirtschaftszweige wurde die Volkswirtschaft der DDR in neun Wirtschaftsbereiche gegliedert: 1. Industrie, 2. Bauwirtschaft, 3. Land- und Forstwirtschaft, 4. Verkehr, Post und Fernmeldewesen, 5. Handel, 6. sonstige Zweige des produzierenden Bereichs, 7. Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Vermittlungs-, Werbe-, Beratungs-, u.a. Büros, Geld- und Kreditwesen, 8. Wissenschaft, Bildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen und 9. staatliche Verwaltung, gesellschaftliche Organisationen. Die Zuordnung der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten zu den Gruppierungen erfolgte entsprechend dem Schwerpunkt der Produktion bzw. der Leistung oder dem Hauptzweck der Einrichtung, wobei jede Einheit nur einer Gruppierung zugeordnet werden konnte, mithin der Hauptzweck des Betriebes dazu ermittelt werden musste. Sie wurde von den Dienststellen der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik in Zusammenarbeit mit den Fachorganen festgelegt. Eine Änderung der Zuordnung bedurfte der Zustimmung der für den Wirtschaftszweig verantwortlichen Fachabteilung der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik und sollte nur dann erfolgen, wenn die Hauptproduktion des Betriebs grundsätzlich umgestellt worden war. Gerade diese Zuordnung der einzelnen Beschäftigungsbetriebe im Rahmen der Systematik der Volkswirtschaftszweige bildet ein wesentliches, von subjektiven Elementen freies, aus dem Wirtschaftssystem der DDR selbst stammendes Kriterium zur Beurteilung des Hauptzwecks eines Betriebes um festzustellen, ob für einen fiktiven Einbeziehungsanspruch in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz die nach der vom BSG herausgearbeiteten verfassungskonformen Auslegung erforderliche betriebliche Voraussetzung erfüllt ist. Soweit danach eine Zuordnung des Beschäftigungsbetriebes des Klägers, des VEB Meliorationsbau B ..., zur Wirtschaftsgruppe 20228 (Betriebe für den Bau von Meliorationsanlagen) vorgenommen wurde, ist diese Wirtschaftsgruppe gerade nicht dem produzierenden Bereich der Industrie oder des Bauwesens zugeordnet. Die in der Wirtschaftsgruppe 20228 erfassten Betriebe befassten sich schwerpunktmäßig mit dem Bau von landwirtschaftlichen Vorflutern und Nebenanlagen sowie von Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen durch. Die statistische Einordnung des Betriebes in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR korrespondiert damit mit den sich aus den Betriebsunterlagen und den Angaben des Klägers ergebenden Hauptaufgaben des Betriebes und kann daher als bestätigendes Indiz deklariert werden. Dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers gab somit nicht – wie vom BSG für einen bundesrechtlichen Anspruch für erforderlich erachtet – die industrielle Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodells (vgl. ausdrücklich: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6, S. 29, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23) bzw. die massenhafte Produktionsdurchführung (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25), das heißt die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern bzw. der massenhafte Ausstoß von Neubauwerken das Gepräge.

Soweit der Kläger schließlich sinngemäß ausführte, der Sprachgebrauch der DDR habe einem Wandel und stetigen Veränderungen unterlegen, weshalb unter den Begriff der Produktion sämtliche Tätigkeiten im Rahmen des Produktionsprozesses zu subsumieren seien, so dass es nur auf den Begriff der Produktion an sich ankomme, wozu auch die Erbringung von produktiven/materiellen Leistungen zähle (vgl. dazu auch: Lindner, "Das Märchen von der Massenproduktion", RV [= Die Rentenversicherung] 2012, 107-115; im Ergebnis ebenso: Schmidt, "Technische Intelligenz: Die widersprüchliche Rechtsprechung des BSG zum Produktionsbegriff bei der betrieblichen Voraussetzung für die Rechtsanwendung des AAÜG", RV 2011, 141, 144), trifft dies zum einen ausweislich der vorherigen Erörterungen nicht zu. Und zum anderen würde dies im vorliegenden Zusammenhang, träfen die Ausführungen zu, zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen. Denn selbst wenn der ökonomische Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 den Produktionsbegriff in einem weiten oder erweiterten Sinn verstanden haben sollte, kann dieser nicht zu Grunde gelegt werden, weil er von der Versorgungsordnung nicht inkorporiert worden ist. Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen ergibt sich nach Auffassung des BSG aus einem Umkehrschluss zu § 1 Abs. 1 der 2. DB, weil anderenfalls die Gleichstellung nicht produzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre. Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb musste auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern oder Bauwerken ausgerichtet gewesen sein. Das BSG setzt industriell und serienmäßig wiederkehrend ausdrücklich gleich (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das BSG unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40, S. 46 f.). Daher ist für die Zuordnung zu den Produktionsbetrieben weder auf die tatsächliche Handhabung durch die Organe und Betriebe der DDR, noch auf ein weites ökonomisches Verständnis in ökonomischen Kompendien der DDR, sondern auf den staatlichen Sprachgebrauch abzustellen, wie er sich aus den einschlägigen Verordnungen der DDR zum Bereich der volkseigenen Betriebe erschließt; diesbezüglich wird nochmals auf die oben eingangs ausführlich dargelegten leitenden Grundlinien zur Interpretation des Begriffs "Produktionsbetrieb" verwiesen. Deshalb waren volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens nur solche, die – neben etwaigen anderen Aufgaben – durch eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern oder Bauwerken mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen im Sinne des fordistischen Produktionsmodells bzw. im Sinne der standardisierten und automatisierten industriellen Massenproduktion (Produktionsdurchführungsbetrieb) ihr Gepräge erhalten haben. Somit kann nicht einem Produktionsbegriff in einem weit verstandenen Sinne gefolgt werden. Diese Wertung, dass unter Produktion die Erbringung von produktiven/materiellen Leistungen verstanden worden sei, mag zwar dem in der DDR vielfach üblichen und aus den Bekundungen des Klägers erkennbar hervorgehenden, offen praktizierten Sprachgebrauch entsprochen haben, wird jedoch dem nach der – bereits angeführten – höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgeblichen Auslegungskriterium, nämlich dem aus den Verordnungen ersichtlichen staatlichen Sprachgebrauch, nicht gerecht. Dass das danach erforderliche fordistische Produktionsmodell bzw. die standardisierte und automatisierte industrielle Massenproduktion später nicht mehr tragend gewesen sei, da es im Verlauf der DDR-Geschichte immer wieder veränderte Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik gegeben habe, wie der Kläger sinngemäß ausführt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn, dass die nach der Rechtsprechung für die Auslegung maßgeblichen Regelungen der zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der AVItech, die sich aus den Texten der VO-AVItech und der 2. DB ergeben, bzw. die für ihr Verständnis maßgeblichen DDR-Verordnungen zum Bereich der volkseigenen Betriebe den immer wieder veränderten Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik angeglichen worden seien, ist nicht ersichtlich, insbesondere im Hinblick auf die seit ihrem Erlass unverändert gebliebene VO-AVItech und die 2. DB (BSG, Beschluss vom 22. Juni 2010 - B 5 RS 94/09 B - JURIS-Dokument RdNr. 12). Von Belang sind allein die Entwicklungen des versorgungsrechtlichen Sprachgebrauchs (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21).

Einer Einvernahme des Zeugen X ... im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, wie vom Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2020 angeregt, bedurfte es nicht, weil das Gericht sowohl die vom Kläger als auch die von dem Zeugen X ... (in ihren jeweiligen schriftlichen Ausführungen vom 24. Juni 2018 [Bl. 22 und 103 der Gerichtsakte] sowie vom 22.01.2020 [Bl. 106 der Gerichtsakte]) vorgetragenen Tatsachen der rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes im konkret zur Beurteilung anstehenden Einzelfall zu Grunde legt und weder von den Tatsachenangaben abweicht, noch den Tatsachenvortrag für nicht glaubhaft hält. Das Gericht gelangt lediglich zu einer anderen als vom Kläger – gewünschten oder erhofften – rechtlichen Wertung. Die rechtliche Bewertung vorzunehmen, ob die vom BSG für erforderlich erachtete Massenproduktion von Bauwerken vom konkreten Beschäftigungsbetrieb forciert wurde, ist ausschließlich Aufgabe des Gerichts und kann weder durch Zeugenaussagen, noch durch Angaben des Klägers ersetzt werden. Soweit deshalb sowohl der Kläger als auch der Zeuge X ... teilweise sinngemäß ausführten, der Betrieb habe Massenproduktion im Bereich des Bauwesens betrieben, ist dies kein Tatsachenvortrag, sondern eine rechtliche Wertung, an die das Gericht in keiner Weise gebunden ist. Vor diesem Hintergrund ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem ausdrücklichen "Antrag" der Kläger-Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 28.01.2020 (Bl. 105 der Gerichtsakte), den "Herrn X ..., als Zeuge in der oben angeführten Sache zur Beweislegung [zu hören], dass es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt hat", um keinen Beweisantrag handelt. Denn bei dem ausdrücklich benannten Beweisthema ("dass es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt hat") handelt es sich um ein untaugliches Beweisthema, weil es nicht zu beweisende Tatsachen benennt, sondern eine dem Beweis nicht zugängliche Rechtsanwendung beinhaltet. Für die Beurteilung von Rechtsfragen sind Zeugen auch kein geeignetes Beweismittel; Zeugen können lediglich Tatsachen bekunden. Die Beurteilung der Rechtslage sowie der konkreten Rechtsfrage, ob im konkreten Fall des Klägers die Voraussetzungen des § 1 AAÜG am streitentscheidenden Stichtag (30. Juni 1990) deshalb vorliegen, weil es sich bei dem konkreten Beschäftigungsbetrieb (VEB Meliorationsbau B ...) um einen Produktionsdurchführungsbetrieb mit massenhafter Produktion im Bereich des Bauwesens gehandelt hat, ist ausschließlich Aufgabe des Gerichts.

2. Beim Beschäftigungsbetrieb des Klägers handelte es sich auch nicht um einen, den volkseigenen Produktionsbetrieben im Bereich Industrie oder Bauwesen, gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde nicht in der Regierungsverordnung getroffen, sondern der Durchführungsbestimmung überantwortet (vgl. § 5 VO-AVItech). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den volkeigenen Betrieben gleichgestellt: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien. Der VEB Meliorationsbau B ... kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden, da Drainageanlagen-, Beregnungsanlagen- und Erschließungsbaubetriebe nicht aufgeführt sind. Eine Einbeziehung der Drainageanlagen-, Beregnungsanlagen- und Erschließungsbaubetriebe hätte nur erfolgen können, wenn die nach § 5 VO-AVItech ermächtigten Ministerien die Regelung in § 1 Abs. 2 der 2. DB dahingehend ergänzt hätten. Das ist nicht der Fall.

Um das Analogieverbot, das aus den Neueinbeziehungsverboten in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 Einigungsvertrag) und dem Einigungsvertrag (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a) Satz 1 Halbsatz 2 zum Einigungsvertrag) folgt, nicht zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts "strikt am Wortlaut zu orientieren" (so nachdrücklich: BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 4 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, RdNr. 14; ebenso: BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 16/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; im Übrigen so bereits auch: BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Für die Antwort darauf, ob das Versorgungsrecht – aus welchen Gründen auch immer – bestimmte Betriebsgruppen einbezogen oder nicht einbezogen hat, kann nur auf die sprachlich ab-strakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihrer Durchführungsbestimmungen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 42/01 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27).

Eine Erweiterung des Kreises der gleichgestellten Betriebe ist daher nicht möglich. Zum einen ist nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 der 2. DB die Aufzählung der dort genannten Betriebe abschließend. Zum anderen ist eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 geltenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR, auch soweit sie willkürlich gewesen sein sollten, durch die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt nicht zulässig, worauf das BSG wiederholt hingewiesen hat (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 68). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die in nunmehr ständiger Rechtsprechung des BSG aufgestellten Grundsätze im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht beanstandet (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 - NVwZ 2006, 449 und vom 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - NVwZ 2005, 81). Nach Auffassung des BVerfG war es zulässig, dass sich das BSG am Wortlaut der Versorgungsordnung orientiert hat und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der DDR angeknüpft hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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