L 1 KR 59/19 WA

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 8 KR 1311/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 59/19 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für den Zeitraum November 2006 bis Mai 2009, dass seine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ohne Berücksichtigung der von seinem ehemaligen Arbeitgeber gezahlten Abfindung bemessen werden.

Der am 18. Mai 1947 geborene Kläger ist als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten zu 1 gegen Krankheit und bei der Beklagten zu 2 in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Er war als Vorstand der inzwischen insolventen AG tätig. Am 19. November 2001 wurde er seines Amtes enthoben, am 18. Februar 2002 wurde sein Anstellungsverhältnis fristlos gekündigt. Im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Wirksamkeit beider Maßnahmen schloss er mit dem Rechtsnachfolger seines ehemaligen Arbeitgebers einen Aufhebungsvertrag. Danach wurde das Anstellungsverhältnis einvernehmlich mit Wirkung zum 31. Mai 2000 beendet, der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von insgesamt 3.246.703,40 EUR. Die Abfindung wurde in Form einer Einmalzahlung in Höhe von 2.083.514,42 EUR, einer Übertragung von Aktien im damaligen Wert von 559.638,77 EUR sowie von jährlichen Zahlungen in Höhe von jeweils 61.355,03 EUR über einen Zehnjahreszeitraum, beginnend mit dem 1. Dezember 2003 geleistet (vgl. § 2 des Aufhebungsvertrags).

Der Kläger, dessen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bis zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden waren, beantragte am 27. März 2002 die Festsetzung einkommensabhängiger Beiträge. Er gab monatlich Einnahmen aus Grundbesitz, Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.281 EUR sowie Zinseinnahmen in Höhe von 213 EUR an. Auf dieser Grundlage wurden die Beiträge bis zum 30. Oktober 2006 festgesetzt.

Der Kläger hatte zwischenzeitlich seine Einkommenssteuerbescheide für 2002 und 2003 vorgelegt, die bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 93.531,- EUR bzw. 61.355,- EUR auswiesen, ohne dass dies zu einer Änderung der Beitragsfestsetzung geführt hatte. Am 25. Oktober 2006 legte er den Einkommensteuerbescheid für 2004 vor, der wiederum einen Bruttoarbeitslohn von 61.355 EUR auswies. Daraufhin setzte die Beklagte zu 1 ohne Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 17. Januar 2007 die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. November 2006 auf insgesamt 534,37 EUR und ab dem 1. Januar 2007 auf insgesamt 555,75 EUR fest. Sie ging dabei von Gesamtbezügen oberhalb der maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze aus. Der Bescheid erging ausdrücklich auch im Namen der Beklagten zu 2.

Mit seinem Widerspruch brachte der Kläger vor, bei dem im Steuerbescheid ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn handele es sich um den jährlich bezogenen Teil der Abfindung, der kein Arbeitslohn aus einem laufenden Arbeitsverhältnis sei. Die Abfindung sei auch sonst nicht als beitragspflichtige Einnahme zu behandeln. Sie entschädige ihn dafür, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen und mithin kein Arbeitsentgelt aus ihr habe erzielen können. Ebenso wenig wie bei einem Pflichtmitglied könne bei ihm eine reine Entschädigungsleistung zur Beitragsbemessung herangezogen werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2008 wies die Beklagte zu 1 den Widerspruch zurück. Die Abfindung sei bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen, denn der Kläger könne sie für seinen Lebensunterhalt verwenden. Bei einem freiwillig Versicherten wie dem Kläger sei die Abfindung auch dann zu berücksichtigen, wenn sie ihn für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigt habe. Von einer Beitragsnachforderung für die Zeit vor dem 1. November 2006 sahen die Beklagten letztlich ab.

Am 28. November 2008 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Abgesehen von der jährlichen Abfindungszahlung hat er bis einschließlich Mai 2009 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und aus Kapitalvermögen erzielt, die summiert unter der jeweils maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze gelegen haben. Die Beklagten haben die von ihm geschuldeten Beiträge weiterhin aufgrund der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt. Seit der Vollendung seines 62. Lebensjahres am 18. Mai 2009 bezieht der Kläger Provisionen und Versorgungsbezüge, deren Summe wieder oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. November 2011 als unbegründet abgewiesen. Die Beitragsfestsetzung der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Insbesondere sei der monatlich ausgezahlte Teil der Abfindung beitragspflichtig. Dabei handele es sich zwar nicht um Arbeitsentgelt, denn die Abfindung könne zeitlich nicht der Beschäftigung zugeordnet werden. Es handele sich aber um eine Einnahme, die der Kläger zum Lebensunterhalt verbraucht habe oder habe verbrauchen können. Damit sei sie nach § 19 Abs. 4 Satz 2 der Satzung der Beklagten beitragspflichtig. Ihrer Einordnung als beitragspflichtige Einnahme stehe schließlich keine besondere Zweckbestimmung entgegen, denn eine solche sei hier nicht getroffen worden. Eine Entschädigung des Klägers für den Verlust sozialer Besitzstände stehe nicht im Vordergrund, dafür sei der jährlich gezahlte Teil der Abfindung sehr hoch. Da die Zahlungen bis zum Erreichen des regulären Pensionsalters festgelegt worden seien, hätten sie den Charakter eines laufenden Einkommens oder einer vorgezogenen Pension.

Das Urteil ist dem Kläger am 26. März 2012 zugestellt worden. Am 14. April 2012 hat er dagegen Berufung eingelegt. Er trägt vor, weder fehle es an der erforderlichen Zweckbindung noch sei mit der Abfindung ein tarifvertraglicher oder sonstiger Anspruch auf Zahlung einer Firmenrente oder eines frühen Vorruhestandsgeldes abgegolten worden. Es handele sich um eine reine Entschädigungszahlung wegen der vorzeitigen Beendigung seines Anstellungsverhältnisses, das anderenfalls noch bis zum 30. September 2003 gewährt hätte. Die Höhe der Abfindung habe sich an seinem zuletzt bezogenen Entgelt orientiert. Man habe berücksichtigt, dass für ihn mit 53 Jahren die Aussicht auf einen neuen Arbeitsplatz nicht gut gewesen sei. Dass ein Teil der Abfindung zeitlich gestreckt ausgezahlt worden sei, stehe ihrer Qualifizierung als reine Entschädigungsleistung nicht entgegen und habe womöglich steuerrechtliche Gründe gehabt. Der Kläger rügt zudem die Generalklausel in § 19 Abs. 4 Satz 2 der Satzung der Beklagten als nicht ausreichend bestimmt, denn sie erfasse auch Bezüge, die unstreitig nicht zu einer einnahmeorientierten Bemessungsgrundlage zählen würden wie Unterhaltszahlungen, Schmerzensgelder und Geschenke.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. November 2011 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids vom 17. Januar 2007 in der Fassung des Bescheids vom 28. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2008 sowie des Bescheids vom 22. Dezember 2008 a. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 18. Mai 2009 nach Maßgabe der gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen einkommensgerecht festzusetzen; b. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 18. Mai 2009 nach Maßgabe der gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen einkommensgerecht festzusetzen; und dabei jeweils die vom Kläger bezogenen Abfindungszahlungen in Höhe von 61.355,03 EUR jährlich nicht zu berücksichtigen sowie ihm zu viel entrichtete Beiträge zu erstatten

Die Beklagten beantragen jeweils, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts im Ergebnis wie in der Begründung für zutreffend und hebt hervor, anders als bei einer Pflichtversicherung könnten bei einer freiwilligen Versicherung auch Abfindungen zu den beitragspflichtigen Einnahmen gerechnet werden.

Das Landessozialgericht hat über die Sache am 12. September 2013 mündlich verhandelt und darauf hingewiesen, dass eine mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbare Sache des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. März 2013 (Az. L 5 KR 135/12) vor dem Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 12 KR 14/13 R anhängig sei und daher angeregt, das vorliegende Verfahren ruhend zu stellen. Dieser Anregung sind die Beteiligten gefolgt, das Verfahren wurde daraufhin in der Sitzung durch Beschluss ruhend gestellt und am 26. März 2014 nach der Aktenordnung ausgetragen. Am 16. Mai 2019 hat die Beklagte das Verfahren wiederaufgenommen und ihren Antrag aus dem Berufungsverfahren wiederholt. Zuvor hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 16. April 2019 auf eine von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung von Leistungsansprüchen des Klägers mit offenen Beitragsforderungen reagiert und die Einrede der Verjährung geltend gemacht. Bei Ruhen des Gerichtsverfahrens werde die Verjährungsunterbrechung beendet, sodass zwischenzeitlich Verjährung eingetreten sei. Die Beklagte möge mitteilen ob und gegebenenfalls auf welcher Basis sie sich eine Einigung mit dem Kläger vorstellen könnte.

Die Beklagte trägt vor, dass das fragliche Verfahren vor dem BSG nicht mehr anhängig sei, da die Revision zurückgenommen und das besagte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen rechtskräftig geworden sei. Die fraglichen Beitragsforderungen seien nicht verjährt. Die Regelung von § 251 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO -, die das Ruhen des Verfahrens anordnete, sei auf das sozialgerichtliche Verfahren nicht übertragbar, wenn das Ruhen vor dem Hintergrund einer zu erwartenden obergerichtlichen Entscheidung in ähnlicher Sache beantragt werde, da dies einen offensichtlich anderen Sachverhalt darstelle. Auch finde die hierzu ergangene Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung, da hier die speziellere Norm von § 52 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X – einschlägig sei. Hiernach hemme ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen worden sei, die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung ende mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung. Damit sehe § 52 SGB X im Gegensatz zu § 204 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – gerade keine Beendigung der Verjährungshemmung bei fehlendem Weiterbetreiben des Prozesses vor. Dies sei vor dem im Sozialgericht herrschenden Amtsermittlungsprinzip auch folgerichtig. Hier hemme der noch nicht rechtskräftige Beitragsbescheid vom 17. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2008, mit dem über die Beitragsbemessung ab dem 1. November 2006 entschieden worden sei, die Verjährung.

Die Beklagte erklärte sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verweist daraufhin auf seinen bisherigen Sachvortrag und ergänzt noch, dass es um die Frage, wie die anderweitige Erledigung im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X zu definieren sei, ankomme. Folge man der Rechtsprechung des BGH liege eine anderweitige Erledigung auch dann vor, wenn lediglich aus prozesswirtschaftlichen Erwägungen der Ausgang eines Musterprozesses abgewartet werde, da es die Parteien in der Hand hätten, den zeitweiligen Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede zu verabreden. Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärte er sich ebenfalls einverstanden.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG im schriftlichen Verfahren entscheiden.

2. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich ebenso wie das Urteil des Sozialgerichts als rechtmäßig. Zu Recht hat die Beklagte der Beitragsberechnung die jährlichen Einkünfte des Klägers aus dem Aufhebungsvertrag dort Nr. 2 "Abfindung" zugrunde gelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht in vollem Umfang Bezug auf die Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil vom 29. November 2011 (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend weist der Senat noch auf folgendes hin: 1. Da der Kläger seit der Vollendung seines 62. Lebensjahres unstreitig Einnahmen oberhalb der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze hat, erstrebt er bei verständiger Würdigung seines Gesamtvorbringens eine Beitragsbemessung ohne Berücksichtigung der Abfindungsleistungen und Erstattung zu viel gezahlter Beiträge nur für die Zeit vom 1. November 2006 bis zum 18. Mai 2009. Für den davorliegenden Zeitraum hat die Beklagte keine Erhöhung der Beiträge – mehr - gefordert. Der Antrag des Klägers ist in zeitlicher Hinsicht entsprechend beschränkt. Streitgegenstand der so verstandenen Klage ist nicht nur der Bescheid vom 17. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2008, sondern auch jeder folgende Beitragsbescheid, der den streitbefangenen Zeitraum abdeckt. Die Folgebescheide haben den ursprünglichen, zeitlich nicht begrenzten Beitragsbescheid bzw. den ihnen jeweils vorhergehenden Folgebescheid ersetzt und sind damit gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

2. Die so verstandene Klage, die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässig ist, ist jedoch unbegründet. Die angegriffenen Bescheide erweisen sich ebenso wie das Urteil des Sozialgerichts als rechtmäßig.

2.1. Die angegriffenen Beitragsbescheide sind in formeller Hinsicht rechtmäßig. Zwar wurde der Beitragsbescheid vom 17. Januar 2007 nur unter dem Briefkopf der Beklagten zu 1 erlassen und war diese nicht zuständig, über die Höhe der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zu entscheiden, deren Träger die rechtlich selbstständige Beklagte zu 2 ist. Doch machten die Beklagten von der Möglichkeit des § 46 Abs. 1 Satz 4 und 5 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI – Gebrauch, einen gemeinsamen Beitragsbescheid zu erlassen. Diese zum 1. Juli 2008 eingeführte Vorschrift war bei Erlass des Widerspruchsbescheids bereits in Kraft. Der Beitragsbescheid vom 17. Januar 2007 enthält den ausdrücklichen Hinweis, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung im Namen und im Auftrag der Beklagten zu 2 festgesetzt werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Folgebescheide einen entsprechenden Hinweis enthalten. Obgleich im Widerspruchsbescheid ein solcher Hinweis fehlt, ergibt sich bei einer Auslegung, die sich an dem im Beitragsbescheid erkennbar gewordenen wirklichen Willen der Beklagten zu 1 orientiert, dass diese auch insoweit im Namen der Beklagten zu 2 handelte.

Die bei Erlass des Bescheids vom 17. Januar 2007 noch fehlende Anhörung wurde im Widerspruchsverfahren nachgeholt und ist damit gemäß § 41 Nr. 3 SGB X unbeachtlich. Bei Erlass der Folgebescheide, die lediglich die veränderten Beitragssätze und die veränderte Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigten, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 4 SGB X von einer Anhörung der Klägerin abgesehen werden, denn insoweit erließen die Beklagten gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl.

2.2. In materieller Hinsicht sind die Beitragsbescheide nicht zu beanstanden. 2.2.1. Insoweit richtet sich die Bemessung des vom Kläger geschuldeten Krankenversicherungsbeitrags nach § 240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes – GRG – vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477). Über § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI gilt die Vorschrift auch für die Bemessung seines Beitrags zur sozialen Pflegeversicherung. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Kasse geregelt (Abs. 1 Satz 1), wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt (Abs. 1 Satz 2). Die Satzung muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (Abs. 2 Satz 1).

Zur Anwendung kommen die Satzungen der Beklagten in der ab dem 1. Januar 2006, dem 1. Januar 2007 bzw. dem 1. Januar 2008 gültigen Fassung. Diese enthalten keine speziellen Regelungen zu Abfindungen. Nach ihrem jeweils gleichlautendem § 19 Abs. 4 Satz 1 sind beitragspflichtige Einnahmen der freiwillig versicherten Mitglieder die Gesamtbezüge. Ihnen zuzurechnen sind nach § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung.

2.2.2. Nach dem Wortlaut dieser Generalklausel gehören die jährlichen Abfindungszahlungen zu den beitragspflichtigen Gesamtbezügen des Klägers. Denn es handelte sich zumindest um Einnahmen, die er zum Lebensunterhalt verbrauchen könnte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er sie tatsächlich hierfür verwendet hat oder ob er dazu nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gezwungen war, sondern lediglich darauf, ob dieser Teil der Abfindung dem Lebensunterhalt zu dienen geeignet war (vgl. BSG 9.6.1998, B 1 KR 22/96/R, Juris, bezogen auf § 61 Abs. 1 SGB V). Davon ist auszugehen. Selbst wenn der Kläger die jährlichen Abfindungszahlungen wegen seiner gesamtwirtschaftlichen Situation nicht für seinen Lebensunterhalt benötigte, standen sie ihm doch hierfür zur freien Verfügung. Das wird von ihm auch nicht in Abrede gestellt.

2.2.3. Die jährlichen Abfindungszahlungen gehören auch nicht zu den Leistungen, die bei der Beitragsbemessung unberücksichtigt bleiben müssen, so dass die Beklagten sie in ihren Satzungen nicht zu beitragspflichtigen Einnahmen bestimmen könnte. Zu diesen zwingend beitragsfreien Leistungen gehören nur diejenigen Leistungen, die bei wertender Betrachtung nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds bestimmen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 21.12.2011, B 12 KR 22/09 R, Juris, ständige Rspr.). Das ist zum Beispiel angenommen worden für Beschädigtengrundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz (vgl. BSG, Urteil vom 24.1.2007, B 12 KR 28/05, Juris m.w.N.; 21.10.1980, 3 RK 53/79, Juris), die Witwenabfindung nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BSG, Urteil vom 22.5.2003, B 12 KR 12/02 R, Juris) sowie für die nach dem Bundessozialhilfegesetz an Sozialhilfeempfänger gewährte Hilfe in besonderen Lebenslagen (vgl. 23.11.1992, 12 RK 29/92, Juris).

Bei der gebotenen wertenden Betrachtung sind die vom Kläger bezogenen jährlichen Abfindungszahlungen mit derartigen Leistungen nicht vergleichbar und zwar auch dann nicht, wenn und soweit es sich dabei um eine reine Entschädigungsleistung handeln sollte. Die zu § 180 Abs. 4 RVO entwickelte Rechtsprechung hat bei Abfindungen, die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden, noch zwischen einem "Arbeitsentgeltanteil" und einem "sozialen Anteil" unterschieden: Während der "Arbeitsentgeltanteil", der den vorzeitigen (vor dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist) Wegfall des Arbeitsentgelts ausgleicht, zur Beitragsbemessung für die Zeit nach Beendigung der Beschäftigungsverhältnisses herangezogen werden konnte, ist der "soziale Anteil", der für den Verlust sozialer Besitzstände, insbesondere des Arbeitsplatzes entschädigt, beitragsfrei geblieben (vgl. BSG, Urteile vom 28.4.1987, 12 RK 50/85; 23.2.1988, 12 RK 34/86; 21.2.1990, 12 RK 20/88; 21.2.1990, 12 RK 15/89, alle in Juris).

Diese Rechtsprechung ist jedoch seit Einführung des § 240 SGB V überholt (ebenso bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.1.2012, L 16 KR 9/11 nachfolgend BSG, Urteil vom 15.10.14, B 12 KR 10/12 R, Juris; vgl. auch Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, § 240 Rn. 45). Denn bei der Beitragsbemessung ist nun nicht mehr auf den Zweck der Leistung abzustellen. In den Blick zu nehmen ist wegen § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V vielmehr die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds, die von seinen Einnahmen und nicht von seiner Bedarfssituation bestimmt wird (vgl. BSG 24.1.2007 – B 12 KR 28/05 – Juris; 19.12.2000 – B 12 KR 1/00 R – Juris; jeweils m.w.N. auch zum zuvor unter § 180 Abs. 4 RVO geltenden Maßstab, ständige Rspr.). Es braucht deshalb auch nicht weiter aufgeklärt zu werden, ob die jährlichen Abfindungszahlungen die vorzeitige Aufhebung des Beschäftigungsverhältnisses ausgleichen, ob sie den Kläger für den Verlust sozialer Besitzstände entschädigen oder ob und ggf. mit welchen Anteilen sie beiden Zwecken dienen. Denn auch wenn und soweit es sich um eine "reine" Abfindung handeln sollte, erhöhen die jährlichen Abfindungszahlungen doch in ihrem vollen Umfang die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers. Die Abfindung orientiert sich nach seinem plausiblen Vorbringen insgesamt an seinen zuletzt bezogenen Vorstandsbezügen. Gerade die jährlichen Zahlungen, mögen sie auch auf einer steuerrechtlichen Gestaltung beruhen, ersetzen vollständig oder zumindest anteilig das bislang bezogene Entgelt. Dafür spricht insbesondere ihre Laufzeit, die zehn Jahre über die ursprünglich vereinbarte Dauer des Anstellungsverhältnisses hinausgeht und bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters des Klägers von 65 Jahren währt, und der Umstand, dass auch dieser Teil der Abfindung vererbbar war (vgl. § 2 des Abfindungsvertrags). Die Abfindungszahlungen sind, anders als staatliche Entschädigungsleistungen wie die Beschädigtengrundrente, auch nicht von einer ideellen Komponente geprägt. Ebenso wenig gibt es einen Anhaltspunkt dafür, dass gerade die jährlichen Abfindungszahlungen einen besonderen finanziellen Bedarf des Klägers abdecken sollen, der über seinen allgemeinen Lebensunterhalt hinausgeht. Vielmehr ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise davon auszugehen, dass sie, wie die Abfindung insgesamt, der – durch die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses notwendig gewordenen – allgemeinen Bedarfsdeckung des Klägers und seiner Familie dienen. Die Beklagten waren demnach berechtigt, die jährlichen Abfindungszahlungen durch autonomes Satzungsrecht als beitragspflichtige Einnahme zu bestimmen. Die Satzungsbestimmung der Beklagten in § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 der Satzungen 2006 bis 2008, die alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte ausdrücklich benennt, schließt die Abfindungszahlung mit ein und bewirkte bei freiwilligen Mitgliedern die Einnahmen anzusetzen, die bei vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen waren und die daher gemäß § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. mindestens auch bei freiwillig Versicherten berücksichtigt werden mussten, oder um darüber hinaus andere Einnahmen der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen, die bereits in der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden waren (vgl. BSG 21.12.2011, B 12 KR 22/09 R, Juris, ständige Rspr.).

Die streitbefangenen Abfindungszahlungen hatten auch eindeutig den Charakter einer Einnahme zum Lebensunterhalt (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.3.2013, L 5 KR 135/12, Juris), weil sie nach dem Inhalt des Aufhebungsvertrages vom Zeitpunkt dessen Abschlusses bis zum Eintritt des Ruhestandes des Klägers gezahlt werden sollten und – so der Kläger selbst – berücksichtigen sollten, dass es ihm angesichts seines fortgeschrittenen Alters schwer fallen könnte eine angemessene neue Beschäftigung zu finden.

2.3. Die Beitragsfestsetzung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 war ebenfalls rechtmäßig.

2.3.1. Seit dem 1. Januar 2009 obliegt es dem GKV-Spitzenverband, die einheitliche Beitragsbemessung zu regeln, vgl. § 240 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes – GKV-WSG – vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378). Im streitbefangenen Zeitraum bis zum 18. Mai 2009 galten die "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)" in der Fassung vom 27. Oktober 2008 (im Folgenden: BeitrVerfGrsSz a.F.). Bei Letzteren handelt es sich um untergesetzliche Normen, die grundsätzlich eine ausreichende und die Beteiligten bindende Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung sind (vgl. grundlegend BSG 19.12.2012 – B 12 KR 20/11 R – Juris).

2.3.2. Dass die Beklagten die vom Kläger bezogenen jährlichen Abfindungszahlungen bei der Beitragsbemessung berücksichtigten, entspricht der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 BeitrVerf-GrsSz a.F. Danach sind als beitragspflichtige Einnahmen unter anderem alle Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. § 4 Nr. 1 BeitrVerfGrsSz a.F. zählt dazu Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden.

2.3.3 Diese Vorgaben in den BeitrVerfGrsSz a.F. stehen mit höherrangigem Recht im Einklang und sind insbesondere von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt (ebenso bereits LSG Nordrhein-Westfalen 26.1.2012 – L 16 KR 9/11, Urteil BSG vom 15.10.2014, - B 12 KR 10/12 R – juris). Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-WSG ist bei der Regelung der Beitragsbemessung sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt, ohne dies auf bestimmte Einkunftsarten zu beschränken. Insbesondere lässt sich der Vorschrift keine Begrenzung auf einen fiktiven "Arbeitsentgeltanteil" entnehmen. Da die jährlichen Abfindungszahlungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers mitbestimmten und die Unterscheidung zwischen ihrem "Arbeitsentgeltanteil" und ihrem "sozialen Anteil" wie ausgeführt überholt ist, hat der GKV-Spitzenverband das ihm eingeräumte Gestaltungsermessen dahin ausüben dürfen, Abfindungen in voller Höhe der Beitragsbemessung zu unterwerfen.

2.4. Die Beklagten ordneten die jährlichen Abfindungszahlungen korrekt den entsprechenden Beitragsmonaten zu. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BeitrVerfGrsSz a.F. waren sie als einmalige Einnahmen mit einem Zwölftel des Jahresbetrags monatlich anzusetzen, was 5.112,92 EUR entsprach. Schon damit überschritten die beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung, die in den streitbefangenen Jahren deutlich unter 4.000,00 EUR betrug. Dass die Abfindungszahlungen nach § 5 Abs. 5 BeitrVerfGrsSz a.F. nur bis zur Höhe des zuletzt vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogenen Entgelts heranzuziehen waren, führt zu keinem anderen Ergebnis; die Vorstandsbezüge des Klägers lagen unstreitig oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze.

3. Die Ansprüche der Beklagten sind auch nicht verjährt. Zwar hat der Kläger die Einrede der Verjährung im vorliegenden Verfahren geltend gemacht und dies auf den langen Zeitraum von 2013 bis 2019, in welchem das Verfahren auf entsprechende übereinstimmende Anregung der Beteiligten zum Ruhen gebracht worden ist, gestützt. Die Ansprüche der Beklagten bestehen jedoch fort, da sie auf Verwaltungsakten beruhen. Zu Recht beruft die Beklagte sich auf § 52 Abs. 1 SGB X, der wie folgt lautet: "Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung." Dabei ist entscheidend, dass nicht der Verwaltungsakt, sondern der diesem zugrunde liegende Anspruch des Sozialleistungsträgers der Verjährung unterliegt. Dieser Anspruch wird durch den Erlass eines Verwaltungsakts in seiner Verjährung gehemmt. Die Hemmung der Verjährung bewirkt nach der Definition in § 209 BGB, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in den Lauf der Verjährungsfrist mit einberechnet wird. Die Verjährungsfrist verlängert sich also "rechnerisch" um den Zeitraum der Hemmung, indem dieser zu ermittelnde Zeitraum an den regulären Fristablauf "angehängt" wird. Voraussetzung für den Eintritt der Hemmung ist, dass die Verjährung schon begonnen hat. Dabei ist Anknüpfungspunkt für den Beginn der Hemmung nach Absatz 1 Satz 1 der Erlass des Verwaltungsakts (§ 31 Satz 1 SGB X). Erlassen ist der Verwaltungsakt, wenn er dem Schuldner bekanntgegeben ist (§ 37 SGB X) und damit Wirksamkeit (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X) erlangt. Die Hemmung endet zum einen bei Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts. Unanfechtbar ist der Verwaltungsakt, wenn er nicht mehr mit Widerspruch oder Klage angefochten werden kann, weil die entsprechenden Fristen verstrichen sind, oder wenn ein Widerspruchs- bzw. ein Klageverfahren rechtskräftig abgeschlossen wurden. Zum anderen endet sie 6 Monate nach anderweitiger Erledigung des Verwaltungsakts. Alternativ benennt die Norm als Ende der Hemmung "sechs Monate nach anderweitigen Erledigung" des Verwaltungsakts. Beispiel einer "anderweitigen Erledigung" kann sein, dass sich die Behörde und der Verpflichtete nach Erlass des Verwaltungsakts über eine abweichende Regelung geeinigt haben. Daneben kommen u.a. der Eintritt einer auflösenden Bedingung, die Rücknahme oder Aufhebung des Verwaltungsakts als anderweitige Erledigung i.S.d. § 52 SGB X in Betracht (vgl. Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 52 SGB X). Der Zeitraum, in dem ein Verfahren bei Gericht ruht, wird in der einschlägigen Norm ausdrücklich nicht benannt. Auch gibt es anders als bei § 45 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I – keinen Verweis auf die Vorschriften zur Verjährung im BGB, die für die Sichtweise des Klägers herangezogen werden müssten. Das ist auch konsequent, denn § 45 SGB I betrifft die Ansprüche auf Sozialleistungen – der Bürger – und deren Verjährung nicht aber die Geltendmachung von Ansprüchen durch die Sozialleistungsträger in Form eines Verwaltungsakts. In diesem Sinne hat sich auch das BSG positioniert (Urteil vom 6. September 2006 – B 6 KA 40/05 R –, Rn. 15 f):

"Die Anwendung einzelner Verjährungsvorschriften, insbesondere der über die Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung, auf Ausschlussfristen ist trotz der Unterschiede zwischen Verjährung und Ausschlussfrist nicht ausgeschlossen und auch im bürgerlichen Recht anerkannt (vgl zB BGH - Urteil vom 4. März 1994 - EBE/BGH 1994, 127, 128 mwN; ebenso für die Anwendung des § 206 BGB aF (Ablaufhemmung) auf eine öffentlich-rechtliche Ausschlussfrist: BSG SozR 2200 § 1418 Nr 9 S 23). Demgemäß hat bereits die ältere Rechtsprechung des BSG zum Kassen-/Vertragsarztrecht die Möglichkeit einer Unterbrechung (nach altem Recht) der vierjährigen Ausschlussfrist für Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide in entsprechender Anwendung der verjährungs-rechtlichen Vorschrift des § 209 Abs. 1 BGB (aF) anerkannt (BSGE 76, 285, 289 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170 f). Für die Hemmung der Verjährung reicht der Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen aus. Zwar verweist § 45 Abs. 2 SGB I nF auf die sinngemäße Anwendung der Verjährungsregelungen im BGB und damit auch auf diejenigen über die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung (§ 204 BGB nF), während nach § 45 Abs. 3 SGB I auch dem Antrag auf die Sozialleistung oder der Erhebung des Widerspruchs hemmende Wirkung zukommt. Diese Bestimmungen sind jedoch auf die Konstellation bezogen, dass derjenige, der eine begünstigende Leistung von einer Behörde erstrebt, bestimmte Maßnahmen zur Sicherung seines Anspruchs ergreifen muss. Sie geben unmittelbar keine Antwort auf die Frage, wie eine Behörde verhindern kann, dass eine fristgebundene, den Betroffenen belastende Maßnahme infolge Fristablaufs nicht mehr durchgesetzt werden kann. Die gerichtliche Geltendmachung, die § 204 Abs 1 Nr 1 BGB nF für die Verjährungshemmung fordert, ist insoweit nicht erforderlich. Das ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften.

Nach § 52 Abs 1 Satz 1 SGB X hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Festsetzung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs. Sofern die zuständige Behörde den Anspruch durch Verwaltungsakt realisieren darf (dazu näher Engelmann in: von Wulffen (Hrsg), SGB X, 5. Aufl 2005, § 52 RdNr 9), reicht der Erlass dieses Verwaltungsaktes aus, um die Hemmung der Verjährung zu bewirken. Die Behörde muss zur Erreichung dieses Zwecks keine besonderen Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen oder Leistungsklage erheben (vgl Engelmann, aaO, RdNr 2). Zwar ist § 52 Abs 1 SGB X hier nicht unmittelbar einschlägig, weil öffentlich-rechtliche Befugnisse wie der Erlass von Prüfbescheiden in der Wirtschaftlichkeitsprüfung oder von Honorarrichtigstellungsbescheiden nicht der Verjährung unterliegen (BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 für die Wirtschaftlichkeitsprüfung). Da aber nach der Rechtsprechung des Senats die Ausschlussfrist im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfung und Honorarberichtigung die Funktion übernimmt, die in anderen Rechtsbereichen der Verjährung zukommt ( BSG aaO ), muss parallel dazu auch der Erlass eines Verwaltungsakts für die Wahrung einer Ausschlussfrist ausreichen, wenn - sofern Verjährungsrecht anwendbar wäre - ihm eine entsprechende Wirkung zukäme (zur Wahrung einer Ausschlussfrist durch Verwaltungsakt s auch § 26 Abs 1 Satz 1 letzter Halbsatz bzw § 160 Abs 1 Satz 1 letzter Halbsatz Handelsgesetzbuch)."

Somit kann der Kläger sich weder mit Erfolg auf Regeln des Krankenversicherungsrechts noch auf die Einrede der Verjährung gegen die ihn belastenden Beitragsbescheide durchsetzen. Die Berufung ist somit zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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