S 39 P 60/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
39
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 39 P 60/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 P 4/04
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Pflegegeld gemäß Pflegestufe I aus der gesetzli¬chen Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch 11. Buch (SGB XI).

Der im Juli 1956 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Er leidet unter Gehbehinderungen bei Morbus Bechterew.

Das Sozialamt der Stadt E bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 24.07.2000 Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe I ab dem 19.05.2000. Mit Bescheid vom 25.07.2000 hob das Sozialamt der Stadt E seine Leistungsgewährung rückwirkend auf, da die Beklagte für die Lei¬stungsgewährung zuständig sei. Der Leistungsgewährung(durch das Sozialamt der Stadt E lag zugrunde ein Gutachten der Ärztin der innerer Medizin X vom 07.06.2000. Die Gutachterin kam darin zu dem Ergebnis, dass ein Hilfebedarf von 45 Minuten täglich in der Grundpflege bestehe. Der Kläger benötige Hilfe einmal täglich bei der Teilwäsche abends sowie einmal täglich beim Duschen/Baden. Darüber hinaus zweimal pro Tag beim Anziehen der Socken und Schuhe, ferner Hilfe bei der Begleitung außer Haus.

Nach der Abgabe des Verfahrens an die Beklagte veranlasste diese eine Unter-suchung und Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversiche-rung Nordrhein (MdK Nordrhein). Die Begutachtung fand am 06.10.2000 in Form eines Hausbesuches durch Q statt. Er ermittelte in seinem Gutachten vom 23.10.2000 einen Hilfebedarf von insgesamt 10 Minuten in der Grundpflege. Es seien nur Teilhilfen beim Duschen/Baden sowie beim Anziehen und Auskleiden erforderlich. Der Kläger benötige nur geringfügige Teilhilfen bei der Grund¬pflege. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I seien nicht erfüllt.

Gestützt auf dieses Gutachten lehnt die Beklagte mit Bescheid vom 30.10.2000 den Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen der Pflegestufe I seien nicht erfüllt. Der Hilfebedarf in der Hauswirtschaft stehe im Vordergrund.

Hiergegen legte der Kläger am 01.12.2000 Widerspruch ein. Im Verlaufe des Wi-derspruchsverfahrens veranlasste die Beklagte eine erneute Begutachtung durch den MdK Nordrhein. Die Begutachtung fand erneut in Form eines Hausbesuches am ] 04.09.2002 durch die Gutachterin C statt. Diese ermittelte in ihrem Gutachten vom 25.09.2002 einen Hilfebedarf von 15 Minuten in der Grundpflege. Sie führte aus, große Teile der Grundpflege seien noch eigenständig möglich. Der Kläger benötige lediglich Teilhilfen bei der Ganzkörperwäsche sowie beim Du¬schen. Ferner Hilfe beim An- und Auskleiden. Dies ergebe insgesamt einen Hil¬febedarf von 15 Minuten täglich. Gestützt hierauf wies die Beklagte den Wi- derspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2002 zurück. Nach den vorliegenden Gutachten des MdK seien die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht er¬füllt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der am 18.09.2002 erhobenen Klage. Die zunächst wegen Untätigkeit erhobene Klage änderte der seinerzeitige Bevoll-mächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 10.01.2003 in eine Klage auf Gewäh-rung von Pflegegeld der Pflegestufe I ab dem 01.03.2001 um.

Das Gericht hat zur Aufklärung des Gesundheitszustandes und des Hilfebedarfs des Klägers zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes von dem Internisten N vom 04.04.2003. N verneinte einen Hilfebedarf bei sämtlichen Verrichtungen der Grundpflege. Sodann veranlasste ( das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens von I gemäß Beweisanordnung vom 24.04.2003. Die Sachverständigen suchte den Kläger am 09.07.2003 zu Hause auf. Er wurde jedoch hier nicht angetroffen. Der Ver¬such einen erneuten Begutachtungstermin durchzuführen, scheiterte, da der Kläger den vorgeschlagenen Untersuchungstermin gegenüber der Sachverständigen auch nach Aufforderung des Gerichts und seines Bevollmächtigten nicht bestä¬tigte. Die Sachverständige sandte daraufhin die Akten unerledigt an das Ge¬richt zurück. Der seinerzeitige Bevollmächtigte des Klägers wurde mit Schriftsatz vom 25.07.2003 auf die Mitwirkungspflichten des Klägers hingewie¬sen. Mit Schreiben vom 15.09.2003 wurde auch der Kläger persönlich auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen; wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Schreiben Bezug genommen. Der Kläger meldete sich erst mit Schriftsatz vom 03.11.2003 und damit zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung am 05.11.2003 erneut. Er führte aus, er habe vergeblich auf die Sachverständige I gewartet; wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Schriftsatz vom 03.11.2003 Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.11.2003, von dem der Kläger be-nachrichtigt worden ist, ist der Kläger weder erschienen noch vertreten gewe¬sen. Dem schriftlichen Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.10.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2002 zu verurteilen, ihm - dem Klä¬ger - ab März 2001 Leistungen nach Pflegestufe I zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Bescheid weiterhin für rechtmäßig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den In¬halt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Obwohl der Kläger den Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.11.2003 nicht wahrgenommen hat, konnte die Kammer an diesem Tag mit dem Vertreter der Be¬klagten verhandeln und auch eine Entscheidung treffen, da der Kläger mit der Terminsmitteilung, auf diese sich im § 124 Abs. 1, 126 des Sozialgerichts¬gesetzes (SGG) ergebende Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid vom 30.10.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2002 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen aus der so¬zialen Pflegeversicherung nicht zusteht.

Voraussetzung für die Zahlung von Pflegegeld ist gemäß § 37 Abs.1 SGB XI, dass Pflegebedürftigkeit im Sinne von § 14 SGB XI vorliegt. Ferner muss nach § 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI für die Pflegestufe I ein Mindestmaß an Hilfe¬bedarf bei der Grundpflege bestehen. Diese Voraussetzungen sind bei dem Klä¬ger nicht erfüllt.

Nach § 14 Abs. 1 SGB XI sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI solche Per¬sonen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtun¬gen, die Abs. 4 der Vorschrift in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufteilt. Der Kläger benötigt für die gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtun¬gen im Bereich der Grundpflege sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Ver¬sorgung zwar Hilfe. Derzeit ist jedoch eine erhebliche Pflegebedürftigkeit nicht zu erkennen.

Gemäß § 15 Abs. 1 sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I zuzuordnen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Ver¬richtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirt¬schaftlichen Versorgung benötigen. Nach den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien (PfIRi) ist für die Leistungen in der Pflegestufe I erforderlich, dass der wöchentliche Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflege¬person für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen der Grundpflege, haus¬wirtschaftlichen Versorgung und Pflegeunterstützenden Maßnahmen benötigt, im Tagesdurchschnitt mindestens 1 1/2 Stunden betragen muss, wobei der grund¬pflegerische Aufwand mit mindestens 46 Minuten gegenüber dem hauswirtschaft¬lichen Aufwand im Vordergrund stehen muss. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger eindeutig nicht. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme besteht bei ihm lediglich ein Hilfebedarf der unter den erforderlichen 46 Minuten im Bereich der Grundpflege liegt. Nach den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des MdK Nordrhein vom 06.10.2000 und vom 04.09.2002 benötigt er lediglich Teilhilfe im Bereich der Körperpflege und der Mobilität. Die Teilhilfe beschränkt sich auf Hilfelei¬stungen bei der Ganzkörperwäsche und beim Duschen. Dies verursacht einen Hil¬febedarf von 9 Minuten täglich und einen weiteren Hilfebedarf beim An- und Auskleiden von 6 Minuten täglich. Der damit bestehende Hilfebedarf von 15 Minuten in der Grundpflege erreicht bei weitem nicht die erforderlichen 46 Mi¬ nuten der Pflegestufe I.

Die Kammer schließt sich sowohl hinsichtlich der festgestellten Gesundheits-störungen als auch der Beurteilung des Hilfebedarfs durch die Gutachten des MdK an. Die Kammer hatte keine Veranlassung, an der Richtigkeit ihrer Beur¬teilung zu zweifeln. Ihre Darlegungen sind schlüssig und sorgfältig begrün¬det. Es besteht insbesondere kein Widerspruch zu dem Gutachten, welches auf Veranlassung des Sozialamtes der Stadt E von X im Juni 2000 erstattet wurde. Auch sie ermittelte lediglich einen Hilfebedarf von Teilwäsche am Abend sowie Hilfe beim Duschen. Ferner bestehe ein Hilfebedarf beim An- und Auskleiden der Socken und Schuhe. Der so ermittelte Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege erreicht keinesfalls die erforderlichen 46 Minuten täglich. Dies wird bestätigt durch den beigezogenen Befundbericht des Inter¬nisten N. Sein Befundbericht gibt keinen Anlass, einen weitergehenden Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege anzunehmen. Weitergehende Gesundheits¬störungen oder eine Veränderung des Hilfebedarfs konnte mittels einer weite¬ren Beweiserhebung durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht festgestellt werden. Die in Auftrag gegebene Begutachtung durch die Sachver¬ständige I scheiterte an der Mitwirkung des Klägers. Ein Untersu¬chungstermin kam trotz mehrfacher Schreiben sowohl des seinerzeitigen Bevoll¬mächtigten des Klägers, des Gerichts und des Sachverständigen nicht zustande. Dem Gericht ist kein Grund ersichtlich, welchen den Kläger daran hinderte, schriftlich oder telefonisch einen Untersuchungstermin mit der Sachverständi¬gen zu vereinbaren oder sich zumindest bei Gericht zu melden. Aus dem An¬schreiben der Sachverständigen vom 06.08.2003 ergab sich eindeutig, dass der Kläger um Bestätigung des vorgeschlagenen Untersuchungstermins am 23.09.2003 bis zum 15.08.2003 gebeten wurde. Eine entsprechende Rückmeldung erfolgte je¬doch nicht.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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