S 11 EG 5/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 EG 5/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 EG 4/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klagen werden abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig sind ein Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für ihr 2014 geborenes Kind B. und die Erstattung von Elterngeld für das 2010 geborene Kind C. im Umfang von 4.262,16 EUR wegen des Aufenthalts der Klägerin und ihrer Familie in den USA während des Elterngeldbezugszeitraumes ab 28.01.2011 bis 31.07.2015.

Die Klägerin ist Mutter der Kinder D. (geboren 2008), C. (geboren 2010) und B. (geboren 2014).

Mit ihrem Ehemann und der Familie hielt sich die Klägerin vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 in den USA auf. Der Ehemann der Klägerin, E. E., war in dieser Zeit bei der F., Inc., F Straße, F-Stadt, MI 48326, USA, beschäftigt. Ausweislich einer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der F. AG G-Stadt vom 19.08.2014 wurde vom Ehemann der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 mit dem o. g. Unternehmen in den USA ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen. Währenddessen ruhte das Arbeitsverhältnis mit der F. AG in Deutschland. Zugleich wurde bescheinigt, dass der Ehemann der Klägerin nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses wieder bei der F. AG in Deutschland in den normalen Geschäftsbetrieb integriert sei.

Auf den von der Klägerin am 11.11.2014 für ihr am xx.xx.2014 in den USA geborenes Kind B. gestellten Antrag zur Gewährung von Elterngeld teilte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27.02.2015 mit, der Antrag auf Elterngeld für das Kind B. werde abgelehnt. Der Anspruch hänge u. a. davon ab, dass die Klägerin ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG). Den Wohnsitz begründe jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehabe, die darauf schließen lasse, dass er diese Wohnung beibehalten und benutzen werde (§ 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I). Ein Wohnsitz liege nur vor, solange eine Wohnung vorhanden sei, die für die Verhältnisse der Betreffenden ausreichend ausgestattet sei. Wer sich im Ausland aufhalte, behalte seinen Wohnsitz dann bei, wenn die Wohnung im Inland auch bei vorzeitiger Rückkehr sofort wieder genutzt werden könne und der Auslandsaufenthalt voraussichtlich in der Regel ein Jahr nicht überschreiten werde oder tatsächlich nicht überschreite. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen lassen würden, dass er an diesem bestimmten Ort oder in diesem bestimmten Gebiet nicht nur vorübergehend verweile (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Die Klägerin habe ihren Lebensmittelpunkt im Ausland und weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so dass Elterngeld nicht zustehe.

Mit Schreiben vom 16.03.2015 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, es bestehe nach wie vor ein Wohnsitz in A-Stadt und damit in Deutschland und die vorhandene Wohnung könne jederzeit wieder bezogen werden. Ihr Ehemann sei lediglich von F. ins Ausland entsandt und kehre mit der Familie im Juli 2015 zurück. Er sei auch in Deutschland noch einkommensteuerpflichtig, zahle Rentenversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge und deshalb bestehe ein Elterngeldanspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Dazu führte er aus, die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid, mit dem über den Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) entschieden worden sei, nicht zu beanstanden sei. Grundlage dieser Entscheidung seien die eigenen Angaben der Klägerin im Antrag sowie die von ihr eingereichten Unterlagen gewesen. Nach § 1 Abs. 1 BEEG habe Anspruch auf Elterngeld, wer

1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe,
2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebe,
3. dieses Kind selbst betreue und erziehe und
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübe.

Anspruch auf Elterngeld habe nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG zu erfüllen,

1. nach § 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliege oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert sei.

Dies gelte nach § 1 Abs. 2 Satz 2 BEEG auch für mit der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten. Nach den eingereichten Unterlagen lebe die Klägerin mit ihrem Ehemann seit 01.01.2011 bis voraussichtlich 31.07.2015 in den USA, wo der Ehemann der Klägerin im Auftrag der F. AG bei der F., F Stadt, USA, tätig sei. Während des Auslandseinsatzes ruhe das Arbeitsverhältnis mit der F. AG und in den USA sei ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden. Während der Dauer des Auslandaufenthaltes erhalte die Klägerin nach ihren Angaben zwar im Bundesgebiet weiterhin eine bezugsfertige Wohnung aufrecht. Da die Klägerin aber nach den gültigen rechtlichen Vorgaben weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe und die Ausnahmetatbestände nach § 1 Abs. 2 BEEG ebenfalls als nicht nachgewiesen anzusehen seien, sei mit dem angefochtenen Bescheid die Ablehnung des Antrags erfolgt. Gemäß § 1 Abs. 1 Ziffer 1 BEEG habe Anspruch auf Elterngeld nur derjenige, der einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Für die Begriffe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes würden die Bestimmungen des § 30 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gelten. Hierbei seien in erster Linie die tatsächlichen Verhältnisses des Antragstellers maßgeblich. Erklärten Absichten oder Vorstellungen eines Antragstellers könne nur solange und insofern Bedeutung beigemessen werden, als nicht tatsächliche oder rechtliche Umstände einer Verwirklichung derselben entgegenstehen würden. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen lassen würden, dass er an diesem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Gebiet nicht nur vorübergehend verweile (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Dabei könnten im Einzelfall auch zwei Wohnsitze nebeneinander bestehen (vgl. auch § 7 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen sei (BSG Soz.-Recht 5870, § 1 Nr. 7; Mrozynski, SGB I, § 30 Rd.-Nr. 18) und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden seien. Auf die ordnungsbehördliche Meldung eines Wohnsitzes beim Einwohnermeldeamt komme es nicht an (BSG Soz.-Recht 5870, § 1 Nr. 4). Es komme auch nicht auf die Verfügungsgewalt über die eigene Wohnung an, sondern auf eine körperliche Anwesenheit von gewisser Dauer. Nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts in einem Urteil vom 28.05.1997 (14/10 RKg 14/94) zur Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes eines Leistungsempfängers könne in der Regel bei Auslandsaufenthalten von nicht mehr als einem Jahr davon ausgegangen werden, dass ein Schwerpunkt der Lebensverhältnisse weiterhin am bisherigen Wohnort liege, sofern Vorsorge dafür getroffen worden sei, dass eine dauerhafte Rückkehr in die Wohnung jederzeit möglich sei. Dagegen reichten nach Auffassung des BSG bei länger als einem Jahr andauerndem Auslandsaufenthalt die Feststellung der Rückkehrabsicht und die Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung allein nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen. Für diesen Fall sei auch bei Beibehaltung des daneben bestehenden Inlandswohnsitzes davon auszugehen, dass nicht nur vorübergehend der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse im Ausland begründet werde und somit für die Dauer des Auslandsaufenthaltes kein Wohnsitz in Deutschland vorliege. Auf der anderen Seite reiche die Feststellung, dass ein Auslandsaufenthalt ausschließlich der Durchführung einer bestimmten Maßnahme diene, er deshalb von vorn herein zeitlich beschränkt sei und der Betroffene die Absicht habe, nach dem Abschluss der Maßnahme an den bisherigen Wohnort zurückzukehren allein nicht aus, vom Fortbestand des bisherigen Wohnsitzes während des Auslandsaufenthaltes auszugehen. Die Feststellung der Rückkehrabsicht besage grundsätzlich nichts darüber, ob der Inlandswohnsitz während des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes beibehalten oder aufgegeben und nach der Rückkehr neu begründet werde. Der Inlandswohnsitz werde in solchen Fällen nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort habe (keine Wohnsitzbegründung am Ort des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr habe, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse verfüge und einer davon am bisherigen Wohnort liege (zwei Wohnsitze). Auch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten würden, änderten daran nichts (zu § 205 RVOaF BSG Soz.-Recht 2200, § 205 Nr. 65; zum BKGG BSG Soz.-Recht 5870, § 1 Nr. 7, insoweit bestätigt von BSG Soz.-Recht 3-5870, § 1 Nr. 9; BSG Soz.-Recht 5870, § 2 Nr. 32; BSG Soz.-Recht 3-5870, § 2 Nr. 33; BSG, Urteil vom 07.09.1988 – 10 RKg 4/87 in SozSich 1989, 318; zur vergleichbaren Regelung im Bundeserziehungsgeldgesetz BSG, Urteil vom 03.11.1993 14b Reg 5/93). Von einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland im Sinne des Gesetzes könne unter Würdigung der bestehenden Sach- und Rechtslage bei der Klägerin nicht ausgegangen werden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG bestehe ein Anspruch auf Elterngeld auch ohne eine der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG zu erfüllen, wenn der Anspruchsberechtigte nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliege oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert sei. Dies gelte auch für mit der berechtigten Person in einem Haushalt lebenden Ehegatten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestehe die hierfür erforderliche Ausstrahlung dann, wenn der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibe, wesentliche Elemente des Beschäftigungsverhältnisses erfüllt würden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richte (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, Rd.-Nr. 24). Von einer Ausstrahlung könne dann nicht ausgegangen werden, wenn bei einer konzerninternen Entsendung die im Ausland ansässige Tochtergesellschaft eine juristische Person sei, der entsandte Arbeitnehmer in den Betrieb dieser Gesellschaft eingegliedert sei und diese Tochtergesellschaft das Arbeitsentgelt zahle (vgl. BSG, Urteil vom 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, Rd.-Nr. 28). In Anlehnung an die vorzitierte gängige Rechtsprechung des BSG habe das Landessozialgericht Darmstadt mit Urteil vom 27.11.2013 (L 6 EG 4/11) entschieden, dass ein zu dem inländischen Arbeitgeber nur noch bestehendes Rumpfarbeitsverhältnis für die Annahme eines Ausnahmetatbestandes im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG nicht ausreichend sei. Entsprechend der hier vorliegenden Unterlagen handele es sich im Falle der Klägerin bzw. ihres Ehemannes nicht um eine Entsendung im Sinne der gesetzlichen Vorgaben. Es bestehe während des Auslandsaufenthalts vielmehr nur noch ein Rumpfarbeitsverhältnis, so dass auch unter Berücksichtigung der Ausführungen zum Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld nicht mehr erfüllt seien.

Für das 2010 geborene Kind der Klägerin, C., hatte der Beklagte endgültig mit Bescheid vom 02.08.2013 für die Zeit vom 28.07.2010 bis 27.07.2011 (1.-12. Lebensmonat des Kindes) der Klägerin monatlich 710,36 EUR Elterngeld bewilligt. Nachdem der Beklagte im Rahmen der erneuten Beantragung von Elterngeld (für das Kind B.) vom Auslandsaufenthalt der Klägerin erfahren hatte, teilte er dieser (nach vorheriger Anhörung vom 23.03.2015) mit Bescheid vom 27.05.2015 mit, die Leistungen seien nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 4 Abs. 4 BEEG entfallen. Das der Klägerin mit Bescheid vom 02.08.2013 gewährte Elterngeld werde mit Wirkung ab 28.01.2011 entzogen, da bei der Klägerin zumindest eine der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG nicht mehr erfüllt seien. Zugleich werde das Elterngeld nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückgefordert. Nach den eingereichten Unterlagen lebe die Klägerin mit ihrem Ehemann seit 01.01.2011 bis voraussichtlich 31.07.2015 in den USA, wo der Ehemann der Klägerin im Auftrag der F. AG bei der F., F-Stadt, USA tätig sei. Während des Auslandeinsatzes ruhe das Arbeitsverhältnis mit der F. AG und in den USA sei ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden. Nach den gültigen rechtlichen Vorgaben habe die Klägerin weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und die Ausnahmetatbestände nach § 1 Abs. 2 BEEG seien ebenfalls als nicht nachgewiesen anzusehen. Da bei der Klägerin von einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland im Sinne des Gesetzes unter Würdigung der bestehenden Sach- und Rechtslage nicht ausgegangen werden könne, bestehe nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG ein Anspruch auf Elterngeld nur dann, wenn der Anspruchsberechtigte oder sein Ehegatte nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht auch im Ausland weiter unterliege. Auf Grundlage ständiger Rechtsprechung des BSG und auf Grundlage eines Urteils des Landessozialgerichts Darmstadt vom 27.11.2013 (L 6 EG 4/11) sei bei einem zu dem inländischen Arbeitgeber nur noch bestehenden Rumpfarbeitsverhältnis der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG nicht erfüllt. Beim Ehemann der Klägerin bestehe gerade während des Auslandsaufenthaltes nur noch ein Rumpfarbeitsverhältnis, so dass auch unter Berücksichtigung der klägerseitigen Ausführungen zum Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld nicht mehr erfüllt seien. Der Anspruch auf Elterngeld ende mit dem Ablauf des Monats, in dem eine der Anspruchsvoraussetzungen entfallen sei (§ 4 Abs. 4 BEEG). Ab 28.01.2011 stehe somit kein Elterngeld mehr zu. Rechtsmäßig gezahlt worden sei das Elterngeld an die Klägerin vom 1. – 6. Lebensmonat des Kindes C., also vom xx.xx.2010 bis zum xx.xx.2011. Bei monatlichen Zahlungen von 710,36 EUR ergebe sich ein zustehendes Elterngeld in Höhe von 4.262,16 EUR. Für die restlichen 6 Bezugsmonate bestehe wegen des Auslandsaufenthaltes kein Anspruch mehr. Die Klägerin habe daher die Überzahlung in Höhe von 4.262,16 EUR gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 03.06.2015 Widerspruch ein und machte geltend, der Auslandsaufenthalt habe erst im 5. Lebensmonat des Kindes begonnen. Demzufolge sei der Auslandsaufenthalt im Beantragungszeitraum deutlich geringer als ein Jahr gewesen.

Mit Schreiben vom 27.07.2015 hörte der Beklagte die Klägerin erneut zur Rückforderung von Elterngeld an mit der Maßgabe, dass als Aufhebungsnorm statt der genannten Bestimmung des § 48 SGB X richtig § 45 SGB X anwendbar sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2015 teilte der Beklagte der Klägerin mit, der Bescheid vom 27.05.2015 werde umgedeutet in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X und darüber hinaus werde der Widerspruch zurückgewiesen. Dazu führte der Beklagte aus, in der Elterngeldangelegenheit des Sohnes der Klägerin C., sei mit Bescheid vom 02.08.2013 die abschließende Berechnung des der Klägerin zustehenden Elterngeldes in Höhe von monatlich 710,36 EUR erfolgt. Im Rahmen des Antrages der Klägerin auf Gewährung von Elterngeld für den Sohn B. sei bekannt geworden, dass sich die Klägerin mit ihrem Ehemann und den Kindern bereits seit Januar 2011 in den USA lebe. Anspruch auf Elterngeld habe, wer u. a. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe (§ 1 Abs. 1 Nr. BEEG). Anspruch auf Elterngeld habe aber auch, wer ohne diese Voraussetzung zu erfüllen nach § 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliege oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert sei (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG). Dies gelte nach § 1 Abs. 2 Satz 2 BEEG auch für mit der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG berechtigten Person in einem Haushalt lebenden Ehegatten. Nach den eingereichten Unterlagen lebe die Klägerin mit dem Ehemann seit dem 02.01.2011 bis voraussichtlich 31.07.2015 in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo der Ehemann der Klägerin im Auftrag der F. Aktiengesellschaft bei der F. in F-Stadt tätig sei bzw. gewesen sei. Während des Auslandseinsatzes ruhe das Arbeitsverhältnis mit der F. AG und in den USA sei ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden. Da die Klägerin ab dem 02.01.2011 weder den Wohnsitz noch den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe und der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs. 2 BEEG ebenfalls nicht erfüllt sei, sei mit dem Bescheid vom 27.05.2015 der Entzug des mit Bescheid vom 02.08.2013 bewilligten Elterngeldes ab dem 28.01.2011 und die Rückforderung des zu Unrecht gezahlten Elterngeldes in Höhe von 4.262,16 EUR erfolgt. Zunächst sei festzustellen, dass für die Rücknahme des Bescheides vom 02.08.2013 nicht § 48 SGB X, sondern § 45 SGB X die rechtliche Grundlage bilde, da der Auslandsaufenthalt bereits zum Zeitpunkt der Erteilung des Bewilligungsbescheides bestanden habe und somit die Entscheidung vom 02.08.2013 von Beginn an rechtswidrig gewesen und nicht erst durch eine wesentliche Änderung nach Erteilung dieses Bescheides rechtswidrig geworden sei. Insofern sei der Bescheid vom 27.05.2015 in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X umzudeuten. Die erforderliche Anhörung sei am 27.07.2015 erfolgt. Hierzu habe die Klägerin nur geäußert, dass es nicht ihre Absicht gewesen sei, den Umzug dem Beklagten nicht ordnungsgemäß anzuzeigen. Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder rechtlich erheblichen Vorteil begründe oder bestätigt habe (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig sei, dürfe er nach § 45 Abs. 1 SGB X, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt dürfe nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei. Das Vertrauen sei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Auf Vertrauen könne sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt habe,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe.

Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe. Sowohl in dem der endgültigen Festsetzung vorausgehenden Teilbescheid vom 20.09.2010 als auch in dem Bescheid vom 02.08.2013 sei die Klägerin auf ihre Mitteilungspflichten bei Änderung der Verhältnisse hingewiesen worden. Trotz dieser ausdrücklichen Hinweise sei eine Mitteilung über die Wohnsitzänderung von der Klägerin nicht angezeigt worden. Wegen dieses grob fahrlässigen Verhaltens könne sie sich daher nicht auf Vertrauen berufen im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Es würden sich auch keine Gründe erkennen lassen, die einen Verzicht auf eine Rücknahme der rechtswidrigen Entscheidung begründen würden, so dass das öffentliche Interesse an der Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides überwiege. Soweit die Klägerin ihren Widerspruch damit begründe, dass nach ihrer Auffassung der Auslandsaufenthalt für den verbleibenden Bezugszeitraum unter einem Jahr liege, müsse dem entgegen gehalten werden, dass unter Berücksichtigung der aktuell gültigen Rechtsprechung bereits ab Beginn des Umzuges in die USA nicht mehr von einem Wohnsitz in Deutschland ausgegangen werden könne, da nach dem Arbeitsvertrag des Ehemannes bereits von Beginn an festgestanden habe, dass der Auslandsaufenthalt voraussichtlich bis zum 31.07.2015 andauern werde. Mit Ablauf des 6. Lebensmonates entfalle daher der Anspruch auf Elterngeld, da in diesem Lebensmonat eine der Anspruchsvoraussetzungen entfallen sei (§ 4 Abs. 4b BEEG). Von einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland im Sinne des Gesetzes könne unter Würdigung der bestehenden Sach- und Rechtslage ab dem 02.01.2011 nicht mehr ausgegangen werden und dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden.

Mit der am 13.05.2015 beim Sozialgericht Kassel eingegangen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Ablehnung des Antrages auf Elterngeld für das Kind B. (S 11 EG 5/15) und mit der am 10.09.2015 bei Gericht eingegangenen Klage gegen die Rückerstattung des Elterngeldes für das Kind C. (S 11 EG 11/15). Mit Beschluss vom 28.01.2016 hat das Gericht beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Zur Begründung der Klagen trägt die Klägerin vor, aus ihrer Sicht sei der Wohnsitz in Deutschland trotz des Auslandsaufenthaltes nicht aufgegeben worden. Die Wohnung in A Stadt sei in der ganzen Zeit voll ausgestattet und jederzeit bezugsfertig gewesen und auch während des Auslandsaufenthaltes wiederholt zu Besuchen genutzt worden. Der Aufenthalt in den USA sei von vorn herein zeitlich begrenzt gewesen und es habe von vorn herein durchgehend die Absicht zur Rückkehr bestanden. Den Umzug in die USA habe die Klägerin nicht absichtlich verschweigen wollen. Wegen des Umzugstrubels und der Beibehaltung der Wohnung in A-Stadt habe sie an ihre Verpflichtung zur Umzugsmitteilung gegenüber dem Beklagten nicht mehr gedacht. Der Aufenthalt in den USA sei zunächst nur für 2 Jahre vorgesehen gewesen. Es sei zu einer zweimaligen Verlängerung der Arbeitstätigkeit ihres Mannes in den USA gekommen. Großkonzerne wie F. würden ihre Mitarbeiter grundsätzlich mindestens 2 Jahre, meist auch 3 Jahre, ins Ausland schicken. Einjahresverträge seien in der Wirtschaft überhaupt nicht mehr üblich. Wenn das BSG eine Wohnsitzbeibehaltung nur noch bei einjährigem Auslandsaufenthalt annehme, so entspreche das nicht mehr den heutigen Gepflogenheiten in den Großkonzernen. Die gesetzlichen Bestimmungen und die Rechtsprechung würden insoweit an der Realität vorbei gehen. Jungen Familien mit Kindern, die vor und nach dem Auslandsaufenthalt in Deutschland lebten, würden dadurch Elterngeldansprüche abgeschnitten. Auch während des Auslandsaufenthaltes sei der Ehemann der Klägerin in Deutschland einkommensteuerpflichtig gewesen. Er habe auch in Deutschland noch Rentenversicherungsbeiträge gezahlt. Ferner seien Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden. Auch sei klar gewesen, dass der Ehemann der Klägerin sofort nach Rückkehr wieder seinen früheren Arbeitsplatz bei F. in Deutschland haben werde. Im Juli 2015 sei die Klägerin mit der Familie wieder nach A-Stadt zurückgekehrt. Zumindest im Juli bestehe daher noch ein Anspruch auf Elterngeld. Die Annahme des Beklagten, es habe nur ein Rumpfarbeitsverhältnis mit F. in Deutschland bestanden, sei unrichtig. Alle Kosten des Auslandeinsatzes seien von F. in Deutschland bezahlt worden. Und es müsse noch einmal betont werden, dass Auslandseinsätze von einem Jahr oder weniger nicht der Realität in der heutigen Wirtschaft entsprechen würden.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 27.02.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 19.08.2014 bis 18.08.2015 Elterngeld in gesetzlichem Umfang für das Kind B. zu gewähren,
den Bescheid vom 27.05.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.

Dazu führt der Beklagte aus, soweit die Klägerin argumentiere, dass der Aufenthalt in den USA von vorn herein nicht auf Dauer, sondern für einen befristeten Zeitraum geplant gewesen sei, sei dem zu entgegnen, dass dies bei der getroffenen Entscheidung sowohl zur Ablehnung des Elterngeldes als auch zur Rückforderung von Elterngeld Berücksichtigung gefunden habe. Nach der Bescheinigung des Arbeitgebers des Ehemannes der Klägerin vom 19.08.2014 habe der Aufenthalt in den USA vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 gedauert. Elterngeld für das Kind B. sei für die Lebensmonate 1 bis 12 dieses Kindes beantragt worden, wobei die Anspruchsvoraussetzungen jeweils von Beginn des Anspruchsmonates an erfüllt sein müssten. Das Kind B. der Klägerin sei 2014 geboren worden und vollende den 12. Lebensmonat am xx.xx.2015. Unter Berücksichtigung der im Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 ausführlich dargelegten Rechtsprechung des BSG zur Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts bei länger andauernden Auslandsaufenthalten seien die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Ziffer 1 BEEG im Falle des Kindes B. für den beantragten Bezugszeitraum gar nicht und im Falle des Kindes C. für 6 Monate des Bezugszeitraumes nicht (mehr) erfüllt. Hinsichtlich der Einwände der Klägerin zur rechtlichen Würdigung des Arbeitsverhältnisses (Rumpfarbeitsverhältnis/Entsendung) des Ehemannes werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 hingewiesen. Die Ausführungen der Klägerin enthielten keine Gesichtspunkte für eine abweichende Entscheidung. Hinsichtlich der Elterngeldablehnung für das Kind B. werde daher im Übrigen auf den Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 und hinsichtlich der Elterngelderstattung für das Kind C. auf den Widerspruchsbescheid vom 17.08.2015 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten der Verfahren S 11 EG 5/15 und S 11 EG 11/15 sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, soweit deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht beim Sozialgericht Kassel erhobenen und miteinander verbundenen Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten vom 27.02.2015 und 27.05.2015 jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2015 bzw. 17.08.2015 sind sowohl hinsichtlich der Ablehnung des Elterngeldantrages für das Kind B. als auch hinsichtlich der Rücknahme der Elterngeldbewilligung und Elterngelderstattung für das Kind C. sachlich und rechtlich nicht zu beanstanden. Wegen des USA-Aufenthalts der Klägerin und ihrer Familie im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 sind die Voraussetzungen der Elterngeldbewilligung bei dem Kind B. im gesamten beantragten Bezugszeitraum vom 19.08.2014 bis 18.08.2015 nicht und im Falle des Kindes C. ab dessen 7. Lebensmonat, nämlich ab 28.01.2011, nicht mehr gegeben. In den genannten Bezugszeiträumen ist das Erfordernis des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin in Deutschland gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG ebenso zu verneinen, wie die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG, weil der Ehemann der Klägerin nach § 4 SGB IV während des USA-Aufenthalts nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterlag.

Trotz der Beibehaltung der voll ausgestatteten Wohnung in A-Stadt während des USA-Aufenthalts der Klägerin und ihrer Familie ist den Ausführungen des Beklagten zur Verneinung der Annahme eines Wohnsitzes während des Auslandsaufenthaltes im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 in den Widerspruchsbescheiden vom 29.04.2015 und 17.08.2015 voll umfänglich zu folgen. Das Gericht macht sich diese Ausführungen gänzlich zu Eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab. Ergänzend ist zu dem Problem der Beibehaltung des Wohnsitzes während des Auslandsaufenthaltes auszuführen, dass bei einem zunächst für 3 Jahre vorgesehenen Auslandsaufenthalt, der anschließend noch zweimalig auf insgesamt 4 Jahre und 7 Monate verlängert wurde, auf Grundlage der vom Beklagten in den genannten Widerspruchsbescheiden ausführlich zitierten und behandelten Rechtsprechung, insbesondere des Bundessozialgerichts, unter keinem rechtlichen und sachlichen Gesichtspunkt von einer insoweit rechtswirksamen Beibehaltung des Wohnsitzes im Sinne der Elterngeldbestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG ausgegangen werden kann. Daran ändern auch nichts die Einwände des Ehemannes der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2016. Hier hat dieser vorgetragen, Großkonzerne würden ihre Mitarbeiter heutzutage insbesondere aus Kostengründen wenigstens 2, meistens aber 3 Jahre und länger bei Konzerntochterunternehmen im Ausland einsetzen. Soweit der Ehemann der Klägerin damit eine Anpassung der Rechtsprechung an die heutigen Gepflogenheiten der Großkonzerne bei Entsendung der Arbeitnehmer ins Ausland einfordert und zugleich eine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber Antragstellern sieht, denen (noch) der Abschluss von Einjahresverträgen für einen Auslandseinsatz möglich ist, verkennt er den Ansatz der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinsichtlich der Annahme der Beibehaltung des Wohnsitzes im Inland bei einem längeren Auslandsaufenthalt. Abgesehen davon, dass das Bundessozialgericht in älteren Entscheidungen in bestimmten Konstellationen auch noch bei einem zweijährigem Auslandsaufenthalt eine anspruchsbegründende Beibehaltung des Wohnsitzes im Inland angenommen hat, ist in der jüngeren Rechtsprechung die Grenze bereits bei einem von vorn herein mehr als einem Jahr dauernden Auslandsaufenthalt gezogen worden. Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an. Dies bedeutet jedenfalls für die Beurteilung des klägerischen Falles, dass bei einem von vorn herein für 3 Jahre geplanten Auslandsaufenthalt, der dann auch noch zweimal auf insgesamt 4 Jahre und 7 Monate verlängert worden ist, ferner unter Beachtung der Entfernung zwischen Inlands- und Auslandswohnsitz und schließlich unter Berücksichtigung des Umstands, dass Familienbesuche in der bisherigen Wohnung nur unregelmäßig und sporadisch stattgefunden haben, dass während des Aufenthaltes der Familie E.-A. in den USA auch aus Sicht der erkennenden Kammer von einer Wohnsitzbeibehaltung in A-Stadt nicht ausgegangen werden kann.

Auch bei fehlendem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland sieht das BEEG nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 vor, dass im Falle einer während des Auslandsaufenthaltes weiter bestehenden Bindung über das Sozialversicherungsrecht in Deutschland dennoch ein Elterngeldanspruch bestehen kann. Zu Recht verneint der Beklagte aber das Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme dieser Ausnahmebestimmung im Falle der Klägerin und ihres Ehemannes. Ganz zweifellos ergibt sich aus der in den Verwaltungsakten des Beklagten vorliegenden Bescheinigung der F. AG G-Stadt vom 19.08.2014, dass sich der Ehemann der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit einem in den USA ansässigen Tochterunternehmen von F. befunden hat. Nach den eigenen Angaben des Arbeitgebers ruhte das Arbeitsverhältnis des Ehemannes der Klägerin mit der F. AG Deutschland während dieser Zeit und wurde erst nach Rückkehr aus den USA wieder aufgenommen. Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass bei dieser Konstellation die Voraussetzungen für die Annahme des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG (Nrn. 2 und 3 dieser Vorschrift kommen von vorn herein nicht in Betracht) ebenfalls nicht als erfüllt angesehen werden können. Die hierzu in den Widerspruchsbescheiden vom 19.04.2015 und 17.08.2015 vom Beklagten ausführlich gemachten Ausführungen werden ebenfalls vom Gericht vollumfänglich geteilt und bedürfen auf Grundlage des § 136 Abs. 3 SGG keiner Wiederholung. Ergänzend auszuführen ist, dass auch nach Ansicht der erkennenden Kammer der Ehemann der Klägerin während der Auslandstätigkeit in den USA gerade deswegen nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht im Sinne des § 4 SGB IV unterlag, weil es nämlich an den Voraussetzungen einer Entsendung mangelt. Eine solche liegt jedenfalls nur dann vor, wenn vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber in Deutschland besteht und dieses Beschäftigungsverhältnis während der Zeit der Entsendung fortbesteht und es nach Beendigung der Entsendung weitergeführt werden soll. Weiter wird gefordert, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch (weiter) in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt und wesentliche Elemente des Beschäftigungsverhältnisses im Inland erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet (BSG, Urteil vom 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R und BSG vom 07.11.1996, 12 RK 79/94). Das deutsche Sozialversicherungsrecht gilt im Ausland grundsätzlich dann nicht, wenn auch bei einer konzerninternen Entsendung die Tochtergesellschaft, mit der der Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, eine juristische Person ist und der entsandte Arbeitnehmer in den Betrieb dieser Gesellschaft eingegliedert ist und diese das Arbeitsentgelt zahlt (BSG vom 07.11.1996 und 05.12.2006 a. a. O.). Genau dies war aber beim Ehemann der Klägerin der Fall. Arbeitgeber während des Auslandsaufenthaltes war nicht mehr – wie bisher – die F. AG in Deutschland, sondern eine rechtlich verselbständigte Tochtergesellschaft, die F., mit der der Ehemann der Klägerin auch den befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Der Ehemann der Klägerin war dann auch für dieses insoweit rechtlich selbständige F. Unternehmen in den USA tätig und auch entsprechend dort eingegliedert. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass nach der Bescheinigung der F. AG G-Stadt vom 19.08.2014 das Arbeitsverhältnis des Ehemannes der Klägerin mit der F. AG in Deutschland nur geruht hat. Denn jedenfalls die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses, d. h. die Erbringung der Arbeitsleistung und die Zahlung des Gehalts erfolgten für und durch das Unternehmen der F. Der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses des Ehemannes der Klägerin lag damit in den USA und ist nicht in Deutschland verblieben.

Der Einwand des Ehemannes der Klägerin, es seien Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung in Deutschland entrichtet worden, ist insoweit unerheblich. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zur Beitragsentrichtung zur Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass für den Ehemann der Klägerin (auf welchen Grundlagen auch immer) lediglich ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag nach Maßgabe des § 28a SGB III bestanden hat. Diese Beitragsentrichtung besteht jedenfalls nicht aufgrund einer Arbeitnehmerpflichtversicherung aus einem Arbeitsverhältnis. Auch die Beitragsentrichtung zur Rentenversicherung beruht nicht auf einer Sozialversicherungspflicht oder Versicherungsberechtigung in Deutschland im Rahmen einer Entsendung unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 SGB IV mit entsprechendem Beschäftigungsverhältnis in Deutschland. Aus der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigung "D/USA 101" (vgl. Bl. 36 der Verwaltungsakte II/1) ergibt sich, dass sich der Ehemann der Klägerin in Anwendung von Artikel 6 des deutsch/amerikanischen Sozialversicherungsabkommens von amerikanischen Sozialversicherungs- und Medicare-Abgaben hat befreien lassen. Diese Bescheinigung der deutschen Einzugsstelle, der Techniker Krankenkasse, vom 27.03.2013 umfasst zudem den gesamten Auslandsaufenthalt der Klägerin und ihrer Familie vom 01.01.2011 bis 31.12.2015. Im Falle einer Entsendung im Sinne des § 4 Abs. 1 SGB IV wäre der Ehemann der Klägerin gar nicht in den USA versicherungspflichtig gewesen, so dass dann auch keine Anwendung der Ausnahmeregelung erforderlich gewesen wäre. In einem solchen Fall hat das Hessische Landessozialgericht in einer Entscheidung vom 27.11.2013 (L 6 EG 4/11), dem sich die erkennende Kammer vollumfänglich anschließt, daher auch entschieden, dass lediglich von einem zum inländischen Arbeitgeber (in diesem Fall zur F. AG in Deutschland) nur noch ein Rumpfarbeitsverhältnis bestehe und dass ein solches für die Bejahung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG nicht ausreiche.

In der genannten Entscheidung hat sich das Hessische Landessozialgericht auch mit verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Gleichbehandlungsgesichtspunkte des Artikel 3 Abs. 1 GG (Grundgesetz) bei Auslandswohnsitz und Auslandstätigkeit befasst. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Betroffenen – wie der Klägerin – gegenüber Anspruchsberechtigten, die ihr Kind im Inland erziehen, hat das Hessische Landessozialgericht gleichwohl nicht gesehen. Unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 88, 87 bis 103; Beschlüsse vom 20.04.2011, 1 BvR 1811/08 und 09.11.2011, 1 BvR 1853/11) hat es ausgeführt, dass der Gesetzgeber (auch im BEEG) in nicht zu beanstandender Weise für den Leistungsexport an ein der inländischen Sozialversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis und damit an einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland anknüpfen durfte und dass dies eine sachgerechte Abgrenzung darstelle. Insbesondere hat es darauf hingewiesen, dass zu berücksichtigen sei, dass dem Gesetzgeber im Bereich der steuerfinanzierten Sozialleistungen bzw. der gewährenden Staatstätigkeit, auch im Hinblick auf die Familienförderung, eine weite Gestaltungsfreiheit zukomme. Diesen Ausführungen hat die erkennende Kammer nichts hinzuzufügen.

Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 27.05.2015 auch zutreffend entschieden, dass die Elterngeldgewährung für das Kind C. ab dessen 7. Lebensmonat ab dem xx.xx.2011 wegen des ab 02.01.2011 erfolgten Auslandsaufenthaltes der Klägerin rechtswidrig war. Da die endgültige Bewilligungsentscheidung für das Elternkind bezüglich des Kindes C. erst am 02.08.2013 ergangen ist, und der Auslandsaufenthalt bereits Anfang Januar 2011 erfolgte, hat der Beklagte zutreffend darauf abgestellt, dass diese Bewilligungsentscheidung für die Zeit ab dem 7. Lebensmonat des Kindes, d. h. ab dem xx.xx.2011, von Anfang an im Sinne von § 45 SGB X rechtswidrig war. Den Ausführungen des Beklagten zur Anwendbarkeit des § 45 SGB X, insbesondere zum fehlenden Vertrauensschutz der Klägerin nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, zur Annahme eines grob fahrlässigen Verhaltens in Bezug auf die Nichtmitteilung der Wohnsitzverlegung und schließlich zu den Ermessenserwägungen i. V. m. der Rücknahme der rechtswidrigen Entscheidung, schließlich auch zum Umfang der Erstattungsforderung im Widerspruchsbescheid vom 17.08.2015 und im angefochtenen Bescheid vom 27.05.2015 folgt die erkennende Kammer, macht sich diese Ausführungen vollumfänglich zu Eigen und sieht auch insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 136 Abs. 3 SGG ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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